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LL^Zweites Blatt. Wochenblatt für für die Königl. Amtshauptmannschast zu Meißen, das Königl. Amtsgericht und den Stadtrath zn Wilsdruff. Zweiundvierzigster Jahrgang. Erscheint wöchentlich 2 Mal DienStag und Freitag. Abvnnementspreit vierteljährlich 1 Marl. Eine einzelne Nummer k»stet 10 Pf. Jnseratenannakme Montags u. DonncrStagS bis Mittag IS Uhr. Erschein: wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag.) Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mark Eine einzelne Nummer — .... kostetet) Pf Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Nr. 32. Freitag, den 21. April 1882. T agesgeschichte. Der deutsche Reichstag ist nun wirklich zu einer Frühjahrssession auf den 27. April nach Berlin einberufen und wird also einige Zeit zugleich mit der preußischen Volksvertretung tagen müssen, da letztere noch Arbeit genug zu bewältigen hat. Die Vorlagen, welche der Be- rathung im deutschen Parlament harren, sind zahlreich und zum Theil tiefgreifender Natur. Wenn es wahrscheinlich ist, daß der umgearbei tete Entwurf über die Unfallversicherung der Arbeiter schließlich doch, wenn auch mehrfach in verändeter Gestalt, zur Annahme gelangen wird, so besteht nirgends in der Presse ein Zweifel darüber, baß das Tabaksmonopol vom Reichstag mit einer imposanten Mehrheit ab gelehnt wird. Dagegen steht die vorherige Annahme im Bundesrath zu erwarten, nachdem Bayern sich nun definitiv für das Monopol ausgesprochen haben soll. Kaum glaublich klingt es aber, wenn man der Regierung in München unterlegt, sie sei im Grunde gegen das Monopol, wolle aber im Bundesrath dafür stimmen, um in Berlin nicht reichsfeindlich zu erscheinen, oder, weil es ungefährlich sei, im Bundesrath für das Monopol zu stimmen, da dasselbe im Reichstag zweifellos fallen werde. Die schöne, kürzlich erst im Bau vollendete Panzerfregatte der deutschen Kriegsflotte „Carola" langte am 8. Februar in dem Hafen von Adelaide an. Die Freude der dortigen Deutschen darüber, daß das erste deutsche Kriegsschiff Südaustralien berührte, war ungemein groß und es fehlte daher auch nicht an einer Reihe von Festlichkeiten zur Begrüßung der Besatzung der „Carola", die täglich Sendungen von Liebesgaben an Früchten und Cigarren an Bord erhielt. Zur beabsichtigten allgemeinen Begrüßung ging der Dampfer „Adelaide" mit 250 Passagieren, den deutschen Sängern, Liedertafel und Quartett- verein an Bord, in See. Köstlicher Sonnenschein, wolkenloser Himmel, spiegelglatte Fluth gestalteten die Fahrt zu einer unvergleichlich schönen. Unter den Klängen des Schifferlicdes von Eckert legte um 3 Uhr die „Adelaide" an die „Carola" bei. Die gegenseitige Begrüßung nach Herstellung der Verbindung zwischen den beiden Schiffen war eine überaus herzliche, und in tiefergreifenden Worten gab Dr. Mücke den Gefühlen unserer Landsleute gegenüber der Besatzung der „Carola", derzeitigen Vertretern des theuren Vaterlandes in den fernen Gewässern Süd-Australiens, Ausdruck. Ein Hoch auf den wackern Führer und die Mannschaft der „Carola" und auf das thenre deutsche Vaterland bekräftigte diese Gefühle. Die vereinigten Sänger sangen darnach den „Tag des Herrn". Während im gastlich geöffneten Salon das Comito bewirthet wurde, bestiegen die Passagiere der „Adelaide" sämmtlich die „Carola", die erst spät wieder verlassen wurde. Bemerkenswerth ist das übereinstimmend befriedigende Urtheil, welches auch von eng lischen Sachverständigen dem Schiff und seiner Mannschaft gewidmet wurde: „Nun begreife ich," sagte ein englischer Schiffskapitän, „die Siege der deutschen Armeen »nd bin überzeugt, daß die Flotte gleiche Heldenthaten verrichten wird, wie das Landheer, wenn ihr Gelegenheit geboten wird. Mit solchen Männern, solcher Disciplin, solchen Offi zieren und solchen Schiffen ist Alles zu leisten!" Theaterbrand in Schwerin. (Privat-Telegramm des „Deut schen Tageblattes"). Am Sonntag Abend 8^/4 Uhr brach während der Vorstellung „Robert und Bertram" bei starkem Besuche durch bis her unermittelt gebliebene Entstehungsursache auf dem über dem Bühnen raume des Hoftheaters befindlichen Boden Feuer aus. Dem Theater- Publikum wurde zunächst eröffnet, daß eine Störung eingetreten sei und das Ersuchen an dasselbe gestellt, daß Hans alsobald zu verlassen. Die eiserne Kourtine wurde mit Präzision herabgelassen, so daß auf diese Weise der Heerd des Feuers begrenzt und jedes weitere Unglück verhütet wurde. Das Theater brannte bis auf die Umfassungsmauern ans. Der Großherzog forderte von der Brüstung seiner Loge zur Ruhe und Besonnenheit auf und befahl einen Walzer zu spielen. Der Großherzog mar einer der Letzten, welcher das Haus verließ. Das Benehmen des Publikums war in Folge des Beispiels des Großherzogs mustergültig. Der Feuerwehrmann Berger wird vermißt; vermuthtich ist er unter den Trümmern begraben. Die Theaterkasse, Bibliothek, Musikalien wurden besonders durch die Bemühungen des Lieutenants von Voigt-Rhetz gerettet. Wir fügen aus anderen, bisher zugänglich gewordenen Berichten hinzu, daß der Großherzog bis 11 Uhr auf der Brandstätte blieb, ferner ein Nebenhaus, das in Brand gerieth, gelöscht wurde. Auch das bedrohte Museum wurde gerettet. Das ganze Offizierkorps hat sich aufs Rühmlichste gehalten: es blieb bis zur Leerung des Hauses sitzen. Aus Allem geht hervor, daß dieser Un glückstag für Schwerin doch zugleich ein Tag dauernden Ruhmes für diese Stadt, für Se. Königl. Hoheit den Großherzog Friedrich Franz, wie für ganz Mecklenburg genannt werden muß. Ein Volk, das eine folche Haltung im Angesichte der größten Gefahr bewahrt, das ist kern gesund, das ist großartigen Charakters, das ist ein leuchtendes Beispiel und zugleich ein Trost und eine Hoffnung für das Vaterland. Es lebe Mecklenburg und sein geliebter, edler, herrlicher Fürst! Vor Kurzem sah New-Jork ein großartiges Leichenbegäugniß. Den Sarg trugen der Gouverneur, die Bürgermeister und die ersten Kaufleute; die Notabilitäten der Stadt, der katholische Erzbischof, die Geistlichkeit aller Bekenntnisse, Waisenkinder aller Farben, ein Zug von Zehntausenden gaben das Geleite. Während der Zug sich vor dem Börsengebäude vorbeibewegte, wurde das Geschäft auf eine halbe Stunde unterbrochen. Diese höchsten Ehren galten einer einfachen alten Frau, die niemals ein Seidenkleid oder einen Glacehandschuh getragen, deren Name aber feit Jahrzehnten vom Volksmund gesegnet ist als eine seltene Wohlthäterin. Es war Margaret Hunghery. Als barmherzige Schwester Pflegte sie einst einen reichen Katholiken, der durch ihre Hingebung und Selbstlosigkeit so gerührt wurde, daß er beschloß, sie auf dem Todtenbett zu heirathen, um sie als seine Erbin in den Stand zu setzen, seine Reichthümer zu wohlthätigen Hand lungen zu verwenden. Ihre Obern enthoben sie ihrem Gelübte und gestatteten ihr die Ehe, die sofort durch den Tod getrennt wurde. Das ererbte Vermögen verwendete sie nun ausschließlich zu Werken der Barmherzigkeit. Sie gründete am Hafen ein großartiges Kost und Logirhaus für Arbeiter und Seeleute, denen sie zu billigen Preisen Kostund Wohnung bot, jeden einzeln mit Rath und That unterstützend. Unzählbar ist die Zahl derjenigen, in deren Geschick sie rettend eingriff. Sie gründete drei große Waisenhäuser und verwendete Hunderttausende auf andere Stiftungen. Einen Knaben aus ihren Waisenhäusern nahm sie an Kindesstatt'an, weil er ihr als treuer Helfer zur Seite stand und ihr Werk in ihrem Geiste fortsetzen wird. Vaterländisches. Wilsdruff. Der Geburtstag unseres allverehrten Königs Albert wird auch dies Jahr in unserer Stadt durch ein Festmahl im Gast hof zum weißen Adler gefeiert werden; auch wird am frühen Morgen eine festliche Reveille und Vormittags 11 Uhr Concertmusik auf dem Marktplatze stattfinden. — Dresden, 19. April. Se. Maj. der König ist heute Vor mittag 10 Uhr aus Varese, über München kommend, mit dem Courier- zuge hier eingetroffen. — Bezüglich der Länge, sowie des Gewichts und Werthes der Kette unserer Kettenschleppschifffahrts-Gesellschaft erfährt der P. A., daß die von Außig bis Hamburg gelegte Kette eine Länge von ca. 650 Kilometer aufweist, etwa 7,000,OM Kilogramm wiegt und eine Anschaffungs-Ausgabe von ca. 4 Millionen Mark verursachte. Wir glauben, daß diese Notiz in weiteren Kreisen auf Interesse rechnen darf. — Vor Kurzem brachte eine Frauensperson ein ungefähr 5 Jahre altes Mädchen Al einem gewissen Steglich in Wehrsdorf bei Schirgis walde mit der Bitte, dasselbe zu behalten, bis sie von Schirgiswalde wieder zurückkomme. Das Kind wurde jedoch nicht wieder abgeholt, sondern von sehr nahen Beziehungen des Obengenannten zu dem Kinde gesprochen, was die Ehefrau Steglich's so in Zorn versetzte, daß sie, obwohl selbst kinderlos, das Kind derartig mit Schlägen mißhandelte, daß es todt hinfiel, worauf die Furie es in den Abtritt warf. — In Zwickau ist die Mulde in den Kohlenschacht „Vereint Glück" eingetreten, das Wasser stieg von Minute zu Minute immer höher; viele Bergleute sind infolge dessen brodlos geworden. — Nach der vom Ministerium des Innern veröffentlichten sta tistischen Uebersicht über die bei den 180 Sparkassen des Königreichs Sachsen im Monat Februar a. c. erfolgten Ein- und Rückzahlungen, betrugen die ersteren 7,123,815 Mark, die letzteren 6,098,600 Mark. In den ersten beiden Monaten dieses Jahres wurden demnach 19,756,480 Mark Einzahlungen und 16,162,744 Mark Rückzahlungen geleistet, d. h. gegen denselben Zeitraum des Vorjahres wurden 1,108,145 Mark mehr eingezahlt und 144,130 Mark weniger zurückgefordert. — Der den Lesern des vielverbreiteten Ameisenkalenders wohl bekannte Schriftsteller Theodor Drobisch, welcher auch längere Zeit (1859—1872) als Mitredakteur bei den Dresdener Nachrichten thätig war, ist am Sonnabend in seinem 70. Lebensjahre nach schwerer Krankheit verstorben. Durch seine humoristischen, sowie auch durch seine religiösen poetischen Arbeiten, hatte der Dahingeschiedene sich eine große Popularität erworben. — Die „Sächs. Landw. Ztg." vom Generalsekretär von Langs- dorff macht angesichts eines zu erwartenden Maikäferjahres auf die Nothwendigkeit des Sammelns aufmerksam. Bei aller Unvollständigkeit des Sammelns wurden im Jahre 1864 in den Amtshauptmannschaften Leipzig 4936^ Scheffel, Grimma 3979^ Scheffel, Döbeln 2863'/z Scheffel zusammengebracht und vertilgt. Man schätzt die Zahl der also unschädlich gemachten Maikäfer auf 508 866 MO. Das Sammeln wurde in der Amtshauptmannschaft Grimma mit 1640,17 Mark be zahlt und stellte sich somit der Scheffel auf ca. 41 Pfennige. Der reelle Werth des Scheffels Maikäfer zur Mistbereitung stellt sich auf 1,50 Mark. — Freiberg. Kürzlich fanden drei Aufsichtspersonen von Him- melsfürst Fundgrube, der Untersteiger Gustav Moritz Seifert, der Mauersteiger Ernst Friedrich Schröder und der GängsteigerJohann Ernst Beckert ihren Tod, indem sie im dasigen Neuschacht auf un erlaubte Weise das eine, auf ihre Anordnung vom andern abgeschlossene Fördergestelle zur Ausfahrt benutzten und durch infolge eigens be-