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Vermischtes. * In Wünschendorf bei Weida erschlug am 19. April ein Vater seinen Sohn im Zorn. — In Wüstfalke bei Gera ist eine Frau ein gezogen worden wegen des Verdachts, daß sie ihr Kind hat verhun gern lassen. * Hirschberg. Der Buchdruckereibesitzer Pfund entdeckte am 17. d. M. spät abends einen Menschen an seinem Schreibpult, der ihm soeben eine Brieftasche mit 560 M. gestohlen hatte. Als der Dieb sich entdeckt sah, warf er einen Hammer nach Pfund, wobei er aber, ohne letzteren zu treffen, einen Spiegel zertrümmerte. Das Geschäfts personal kam nunmehr dem Prinzipal zu Hilfe und nahm den Ein brecher fest. Bei seiner Verhaftung stieß derselbe, welcher sich im Ver hör Gustav Richter nannte, schwere Verläumdungen gegen Herrn Pfund aus. Auch der letztere gab an demselben Abend seine Aussage ab. Der Vorfall hatte aber den älteren Herrn dermaßen alterirt, daß er am 18. früh in den Fluthen des Zackens seinen Tod suchte. In einem hinterlassenen Briefe bleibt Pfund auf seiner abgegebenen Aussage be stehen und bezeichnet die Verläumdungen des Einbrechers als schänd liche Lügen. Den Tod will er nur deswegen gesucht haben, weil die an ihm verübte Schlechtigkeit ihm das Verweilen unter den Menschen verleide. * Karlbad. Am Sonntag vor 8 Tagen vergnügten sich zwei Bergleute, indem sie mit einem Revolver nach der Scheibe schossen. Hierbei entlud sich unversehens ein Schuß und die Kugel fuhr dem einen der Schützen in die Brust. Der Thäter holte schleunigst einen Arzt herbei, ging dann aufs Gericht und stellte sich dem Richter. Es wurde sofort eine Untersuchung des Falles vorgenommen, da der Ver letzte noch vernehmungsfähig war. Rührend war es, wie dieser um Schonung für seinen Kameraden, den er als ganz schuldlos bezeichnete, bat. Leider ist der Schwerverwundete, welcher eine Frau und 6 Kinder hinterläßt, seinen Leiden erlegen. Dieser Fall kann abermals als Warnung dienen für diejenigen, welche bei der Handhabung geladener Waffen die Vorsicht vergessen. * Mann: „Weiß der Kukuk, wegen unseres Hausmädchens, der hübschen Karoline, hab ich nun schon sechs Kutscher fortschicken müssen!" Frau: „Aber warum schickst Du denn die Karoline nicht sort?" Aufopferung von Leben und Gesundheit sich erarbeiten kann. Als charakteristisch für das gewerbsmäßige Landstreicherthnm, von welchen: auch unsere Gegend heimgesucht wird, wird aus guter Quelle folgende Episode mitgetheilt: Auf einer hiesigen Herberge ist erzählt worden, daß ein Bettler, der in einem Städtchen in unserer Nähe gegen die ihm von der Polizeibehörde auferlegte Strase Einspruch erhob, in dem hiesigen Gefängnisse Stiefeln für seine unbekleideten Füße erhalten habe; — seitdem ist das Städtchen ein beliebter Ausflugsort für unsere Vagabunden, die nun das Beispiel des Fechtbruders nachahmen und deren Mängel in der Bekleidung wohl oder übel auf Staatskosten beseitigt werden müssen. Derartige Vorkommnisse werden allerdings sich wiederholen, so lange die Freiheitsstrafe bei zulänglicher Verpfle gung und, was die Hauptsache, ohne strenge Arbeit als einziges Strafmittel gegen Vagabunden angewandt wird. — Es ist nunmehr definitiv bestimmt, daß die Uebungen der Ersatzrejervisten 1. Klasse im Bereiche des 12. (königl. sächs.) Armee corps, und zwar sür Diejenigen, welche zur ersten zehnwöchentlichcn Uebung herangezogen sind, am 14. August d. I., und für Diejenigen, welche zu einer zweiten vierwöchentlichen Uebung einzubernfeu sind, am 5. Oktober d. I. beginnen werden. — Freiberg. In Naundorf hat sich am Freitag Vormittag ein schreckliches Ereigniß zugetrageu. Die Tagarbeiterin K., welche im 37. Lebensjahre steht, lebte mit ihrem Halbbruder, dem Bergar beiter F., seit circa 8 Jahren unter einem Dache. Kurz nach 8 Uhr Morgens wurde die K. von ihrem Bruder zum Krämer geschickt, der etwa eine Viertelstunde entfernt wohnt. Als sie ihre Wohnung ver lassen, war der Bruder uoch in derselben, ebenso wie ein kleiner, noch nicht ganz 1 Jahr alter Knabe, welcher noch vollständig gesund iu seiner Wiege lag. Von dem Krämer nach etwa dreiviertel Stnudeu zurückgekehrt, fand sie die Wobustube verschlossen und den Schlüssel dort, wo sie ihn zu verstecken pflegten wenn sie fvrtgingen. Als sie nun die Stubenthüre öffnete, sah sie ihr kleines Kind an einem Stricke am Ofen aufgehängt, bereits kalt und leblos. Auf dem Tische standeu die Worte: „Lebt wohl", von der Hand ihres Bruders geschrieben. Man verniuthete nun sogleich, daß Letzterer sich auch das Leben ge nommen haben würde, sie suchten und fanden ihn erhängt in kauern der Stellung auf dem Oberboden. Es unterliegt keinem Zweifel, daß der Bergarbeiter F. erst das Kind und dann sich selbst getödtet hat, und erblickt man die Ursache zu dieser That darin, daß er Tags vor her wegen Veruntreuung von Pulver aus der Arbeit entlassen wurde. — Von Leipzig ans wird die Agitation gegen die Einführung des Tabakmonvpols sehr kräftig geführt. Nachdem die Handelskammer in Vertretung des Großhandels ihr abfälliges Gutachten abgegeben hatte, hielten die dort sehr zahlreichen Tabaks- und Cigarrenarbeiter mehrere Versammlungen ab, um gegen das Monopol zu protestiren. Damit begnügten sie sich aber nicht, sondern setzten eine erfolgreiche Agitation unter ihren Bernfsgenosseu i» ganz Deutschland ins Werk und ihre Petition gegen das Tabakmonopol wie gegen jede weitere Zoll- und Steuererhöhung auf Tabak, hat bereits ohne Berlin und Hamburg 50 000 Unterschriften erhalten. Eine ähnliche Petition hat der „Verein Leipziger Kaufleute" an die sächsische Regierung, wie au den Bundesrath und Reichstag gerichtet. — Ueber den Aufschwung der Stickereibranche im Vogtlande wird fortdauernd nur Günstiges geschrieben. Wer nur einigermaßen im Stande ist, sucht eine oder zwei Maschinen zu stellen. So stehen jetzt in Adorf, Klingenthal, Falkenstein, Schneeberg je 180, in Auerbach 160, in Plauen aber über 1400 Stickmaschineu. Auf den Dörfern und den angrenzenden Ortschaften Böhmens wird auch viel in dieser Branche gearbeitet. — In den letzten Tagen ist der sozialistische Agitator Bebel von der Staatsanwalt zn Dresden wegen des Vergehens der Maje stätsbeleidigung in Anklagezustand versetzt worden. Bebel hat in einem Flugblatte, dessen ganze Auflage konfiszirt wurde., sich in den stärksten Ausdrücken über das Sozialistengesetz, das vom Kaiser unterzeichnet ist, ergangen, und es hat gleichzeitig auch der Bundesrath, der sich ebenfalls beleidigt sieht, Strafantrag gestellt. * In Kairo hat sich vor einigen Tagen, wie die dortigen Blätter melden, folgende pikante Affaire zugetragen: Die durch ihre seltene Schönheit allgemein bekannte sechzehnjährige Tochter eines griechischen Kaufmanns dieser Stadt machte eines Nachmittags in Be gleitung ihrer Gouvernante und zwei ihrer Brüder eine Spazierfahrt vor die Stadt. Ihnen folgte bald eine Karosse, in der ein junger Manu mit zwei Dienern saß. Unterwegs verließ nun das junge Mäd chen in Begleitung der Gouvernante den Wagen, um längs des Nil users zu promenireu. Einige Minuten nachher verließ auch der junge Mann mit seinen Dienern die Karosse, worauf diese auf das Mädchen zueilten, dasselbe an den Armen ergriffen und mit Gewalt in den Wagen trugen, der nun in Eile auf und davon fuhr. Der Vater des Mädchens avisirte sogleich die Polizei von dem Vorgefallenen, die noch am selben Abend die Geraubte in einem griechischen Kaffeehause, wo mau sie verborgen hielt, auffand. Der Entführer war der in der Stadt residirende griechische Konsul. * Ende Mai heißts: Zum Himmel schauen wir hinauf! denn da ist der neue Komet auch für das unbewaffnete Auge sichtbar. Anfangs Juni wird er vollends eine großartige Erscheinung und viel leicht schon am Tage sichtbar. Am 8. Juni ist er nur850000 geo graphische Meilen von der Sonne entfernt und verschwindet dann all mählich wieder. * Das Geburtstagsgeschenk. Eine hübsche junge Dame wurde in der Gesellschaft wegen ihres Stumpfnäschens geneckt. — „Nun ja," sagte sie, „die Fa^on gefällt mir auch grade nicht; aber es ist ein Geburtstagsgeschenk und da muß mau es doch behalten." * Verzweiflung an Welt und Leben — wie viele Anlässe lind Gründe hat sie, namenllich in einem wimmelnden Anieiseuhanfen wie Berlin. Im März haben 50 Menschen jeden Alters, Standes und Glaubens ihrem Leben ein Ende gemacht im April sogar 63, also jeden Tag zwei Menschen. Es gab Tage, an denen 5—6 Leute durch eigene Hand endeten. * Eine praktische Verwerthung von Cigarrenenden. Es ist, wie Jedermanu weiß, uoch gar nicht so lauge her, daß mau damit begann, die abgeschnittencu Spitzen der Cigarren zu Humanitäten Zwecken zu sammeln, seit jener Zeit ist aber in dieser Art der Industrie ein großer Fortschritt gemacht worden. In Frankreich hat sich an allen denje nigen Orten, wo Leute zusammenkommen, um zu rauchen, ein Industrie zweig gebildet, der der Beachtung wohl werth sein dürfte. Man sammelt nämlich die in den Straßen und öffentlichen Orten achtlos fortgeworfenen Reste von Cigarren und Cigarretten, um sie an Gärt ner und Hortikulturisteu zu verkaufen, welche jene Reste der Tabaks blätter zur Ausräucherung ihrer Gewächshäuser verwenden. Letzthin aufgemachte Statistiken haben gezeigt daß mehr als 500 Personen sich an der Ausübung der erwähnten Sammelbeschäftigung betheilige» und dabei auf einen Tagesverdienst von 4—5 Franks rechnen dürfen. Die Sammelnden beginnen ihren Rundgaug meistentheils früh morgens und lesen alle Cigarrenendchen auf, denen sie auf dem Pflaster der Hauptstraßen begegnen. Andere Personen haben einen Kontrakt mit dem Bedienungspersonal des Hotels und Klubs geschlossen und erhalten alle an jenen Orten fortgeworfenen Cigarretten- und Cigarrenenden gegen baare vorher festgesetzte Bezahlung. Alle diese Cigarrenüber- bleibsel werden zunächst einem Prozeß unterzogen, der sie von aller Asche und jeglichem Staub, sowie von sonstigen Unreinigkeiten säubert, sodaß nichts anderes als reine Tabaksblätter übrig bleiben. Nunmehr wird das Produkt gewogen und zu einem Preise verkauft, der sich auf etwa ein Fünftel der seitens der Regierung für in ihren Fabriken an gefertigte Cigarren und Cigarretten stellt. Das Resultat des Verkaufs dieser Tabaksrestc beläuft sich auf nicht weniger als 750 000 Franks, nnd ist das gewonnene Produkt zn Raucherungszweckeu, zu denen es werden soll vollstängig ausreichend, da seine Qualität dabei gar keine Rolle spielt. Daß diese von uns geschilderte Art der Industrie auch in andern großen Städten eine Zukunft haben dürfte, ist wohl kaum zu bezweifeln. * Ein ungeheurer Justizirrthnm. Bor neun Jahren wurde iu dem unweit von Lanciano im Neapolitanischen gelegenen Dorfe Mozzagrogna der dortige Gutsbesitzer Antonio Bighela meuchlings er mordet. Der Verdacht, diese Blutthat begangen zu haben, fiel auf den Nachbar des Ermordeten, Angelo Maria Zuccarini, der auch richtig, da die Aussagen einiger Zeugen diesen Verdacht noch bestärkten, zu lebenslänglicher Baguohast verurtheilt wurde. Der Unglückliche rannte nach Verlesung des Urtheils mit dem Kopfe an die Wand und wollte sich denselben zerschmettern, woran er jedoch von der Wache verhindert wurde. Vor einigen Wochen starb nun in diesem Dorfe ein Bauer nnd bald darauf auch dessen Gattin, die auf dem Sterbebette vor Zeugen aussagte, daß ihr Gatte mit Hilfe seines Nachbars Malatesta den Bighela auf Anstiften des eigenen Brudes Bernardino ermordet haben. Bernardino und Malatesta wurden jetzt zu zwanzigjährigem Bagno vernrtheilt. Der unglückliche Zuccarini hat also acht Jahre unschuldig auf der Galeere geschmachtet. * Es ist bekannte Sache, daß sich manche Handwerksburschen beim Bäcker für Bäcker, beim Fleischer für Fleischer und so weiter ausgeben, um ein größeres Geschenk zu erhalten. Wird nach ihren Papieren gefragt, so wollen sie dieselbe ans der Herberge liegen haben, erbitten sich zum Holen, kehren aber nicht wieder. Kürzlich wurde in Gräfen thal ein solcher Geschäftsreisender recht in die Enge getrieben. Zu einem Fleischer kommt ein schneidiges Handwerksbürschen und „spricht das Handwerk an". Nachdem er eine Gabe von 20 Pf. erhalten, fordert ihn der Meister auf, ein Kalb zu schlachten. Bleich und zitternd folgt er in den Hof, als ihm da das Messer gereicht wird, siöhnt er: „Ich kann das Kalb nicht schlachte», ich bin ja — ein Schneider." Der gutmüthige Fleischermeister lachte und ließ den Helden ungehindert weiter ziehen. Kirchcimachrichten aus Wilsdruff. Am Sonntag Jubilate predigt Vormittags Herr k. Winter aus Röhrsdorf. Nach dem 2. Einlauten Beichte und nach der Predigt Com- munion. Nachmittags 1 Uhr «Katechismusunterredung mit der konfirmirten Tugend. Nedaction, Druck und Verlag von H. A. Berger in Wilsdruff.