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Gurkenkerne in eine mitten im Beet gezogene, etwa 5 Ctm. tiefe Rille, ! je 10 bis 12 Ctm. von einander entfernt, und zwar ohne alle Bei mischung von Humuserde oder verrottetem Dünger. Die ganz trocken eingelegten Kerne bleiben, ohne begossen zu werden, so lange liegen, bis die bereits im Steigen begriffene wärmere Temperatnr und etwas Regen sie zum Keimen bringen. Sollte dieser Regen, was jedoch nur selten der Fall, gar zu lange ausbleiben, so übergieße man die Saat furchen ein oder zwei Mal bis zum Keimen der Kerne mittelst der Brause. Die bis zu Ende Mai aufgekommenen Gurkenpflanzen werden nun gemeinschaftlich mit dem nun schon ziemlich starken Salat seicht be hackt, gejätet, und nach Bedürfniß, wo sie zn dicht stehen, ansgehoben und an einer zufällig leergebliebenen Stelle mit dem vollen Ballen eingepflanzt, so daß nunmehr der Zwischenraum zwischen je 2 Garten pflanzen 50 Ctm. beträgt. Knrz darauf beginnt man mit der Salat ernte; nach derselben aber behackt man das ganze Beet oberflächlich und reinigt es von Strünken und Blattresten. Bei dieser Gelegenheit wird auch die Erde etwas an die Gnrkenpflanzen herangezogen. Das Begießen soll nur ausnahmsweise und in höchst dringenden Fällen vorgenommen werden. Sobald aber das Erdreich durch einen stärkeren Regen fest geworden ist, fo wird es auf 5 Ctm. Tiefe gelockert. Durch die Einzelstellung der Pflanzen, verbunden mit sorgfältiger Lockerung und Reinhaltung des Bodens, ist der Luft, Wärme und Feuchtigkeit der ungehinderte Zutritt in den Boden vollkommen gesichert, und die natürliche Folge davon ist, daß die über alle Erwartung stark sich aus breitenden Gurkenpflanzen in wenig Wochen die Beete vollends über decken. Alle die reichen Seitentriebe aber, wenn man gelegentlich etwas nachhilft, sind einander durchaus nicht im Wege, und man kann un gehindert zwischen ihnen arbeiten und die Früchte abnehmen. Schließlich ist noch zu bemerken, daß sich diese Methode in den kälteren Gebirgslagen, in denen der Sommer bedentend kürzer und die Nachtfröste oft noch im Mai die Gurkenpflanzung zerstören würden, nicht anwenden läßt. Hier wird man nicht umhin können, die Aus saat Anfang Mai einzeln in kleine Blumentöpfe vorzunehmen und dieselben im Mistbeet oder warmen Zimmer so lange zu lassen, bis keine Fröste mehr zu befürchten sind, also etwa bis Anfang Juni. Erst in dieser Zeit, selbst wenn sie schon Blüthen angesetzt haben sollten, werden sie mit dem Erdballen ausgepflanzt nnd weiterhin in der vorher beschriebenen Weise behandelt. 51 eine Wahl. Erzählung von Ludwig Habicht, Verfasser der Romane: „Aus der Grenze", „der rechte Erbe". Es ist sehr hübsch, mehrere Häuser zu besitzen, ini Kasten zahllose Aktienpapiere zu haben und nun seine ganze Thätigkeit auf das Miethe einnehmen und Kouponabschneiden zu beschränken, und doch, wie viele dieser Unglücklichen schleppen ein Dasein hin, um das sie wahrhaftig der ärmste Arbeiter nicht zu beneiden brauchte. Man hat einen ungeheuren Haufen Geld zusammengescharrt, oder noch bequemer, es sich von den lieben Eltern zusammenscharren lassen, und nun es darauf ankommt, aus dieser vortheilhaften Lage einen wahrhaften Genuß zu ziehen, wissen diese Leute weder mit dem ange- häuften Gelde, noch mit sich selber etwas anzufangen, langweilen sich tödtlich auf ihren vollen Kästen, ärgern sich entsetzlich über den Verlust von einem Silbergroschen und bleiben inmitten dieses Reichthums so bettelarm, daß sie wahrhaftig jeder bemitleiden möchte, der ihr tröst, loses Hindämmern genauer kennt. Es genügt nicht allein, seinen Kindern viel Geld zu hinterlassen, sondern auch das Talent und die Einsicht, von diesen metallenen Schätzen den vernünftigsten Gebrauch zu machen und dazu gehört, daß den lieben Sprößlingen gelehrt wird, wie sie auch ihr Herz und ihren Geist fortwährend bereichern können, damit sie zuletzt wirklich die so schwere Kunst verstehen, ohne jeden Ansporn, ein müßiges Leben zu führen. Fritz Bölkner war ebenfalls das bedenkliche Glück zugefallen, einen großen Reichthum zu besitzen, den er sich nicht durch eigene Arbeit erworben und den er deshalb auch niemals wahrhaft schützen gelernt hatte. Er fand es ganz selbstverständlich, daß ihn das Schicksal so weich gebettet und fühlte nicht einmal im Vergleich mit tausend ande ren das Behagen seiner sorgenfreien Lage. Im Gegentheil hatte er alle Ursache, mit seinem Geschick unzufrieden zu sein. Der Vater war in seiner Jugend als armer Hausknecht nach Berlin gegangen, hatte sich dort durch Glück nnd Fleiß, später durch allerhand Wuchergeschäfte und furchtbare, schmutzige Knauserei ein sehr bedeutendes Vermögen zusammengeschlagen nnd war zum Verdruß des Sohnes erst gestorben, nachdem Fritz bereits das dreißigste Jahr erreicht und mit Ungeduld auf das weit frühere Ableben des „Alten" gewartet hatte. Zwischen dem Vater und seinem einzigen Sohne, halte ohnehin nie ein zärtliches Verhältniß bestanden. Der alte Bölkner war froh, daß ihm seine in der Provinz zurückgebliebene Schwiegermutter den Jungen abnahm und für feine Erziehung sorgte, wenn sich ein solches Wort in diesem Falle überhaupt anwenden ließe. Fritz war bei seiner Großmutter wild ausgewachsen; — die alte Frau hatte Besseres zu lhun, als sich sich um ihren Enkel zu kümmern, sie mußte einem bedeutenden Kramgeschäft allein vorstehen und natür lich bestand all' ihre Liebe darin, daß ihr Enkel nirgends mit Hand anlegen durfte und sich auf feine Weise langweilen oder amüsiren konnte, je nach seiner Wahl. Das phlegmatische Temperament Fritzens neigte mehr zn der ersteren Lebensauffassung; sie kostete wenigstens nicht soviel Anstren gung, obwohl er in derThat oft nicht wußte, wie er den lieben langen Tag hinbringen sollte. Der alte Bölkner kümmerte sich nicht weiter um seinen Sohn; er war glücklich, daß er ihm gar nichts kostete und die Schwiegermutter ihm niemals mit dem Wunsche um eine Beisteuer lästig fiel; er konnte damit ein hübsches Sümmchen ersparen; — wie viel seinem Sohne dabei verloren ging, daran dachte er nie. Und doch liebte er ihn, ja soweit in seinem versteinerten Herzen überhaupt noch ein Gefühl auf tauchte, gehörte es seinem theuren Fritz. Ihm einmal ein hübsches Vermögen zusammenzuscharren, das seine Zukunst sicherte, war ja das Ziel seines eifrigen und rastlosen Strebens und Erwerbens. Daß er in dieser Weise seinem Sohne die Grundlage jedes wahren und echten Lebensglückes, die in einer tüchtigen Geistes- und Seelenbildung allein besteht, in rücksichtsloser Beschränktheit entzog, fiel ihm gar nicht ein. Er glaubte, wie viele Eltern, daß er mit der Erwerbung eines vollen Geldsackes dem geliebten Sohne das Universalmittel hinterlassen werde, das vor jedem Uebel, vor jedem irdischen Unglück schützt. Und doch braucht der junge Erbe in unseren Tagen vor allen Dingen auch noch soviel Einsicht und Verstand, um das mühelos überkommene Gut auch zusammenzuhalten. Deshalb kargte und darbte der alte Bölkner so viel zusammen, als irgend möglich; er ließ sich keine Mühe und Anstrengung verdrie ßen, sein Vermögen zn vergrößern und als er endlich starb, war sein Sohn Besitzer von vier stattlichen Hänsern der Residenz, die allein schon eine so bedeutende Rente abwarfen, daß Fritz ein gemachter Mann war, aber dazn kam noch ein Kasten voll Aktien, die vollends dem jnngen Erben ein mehr als behagliches Dasein sicherten. Fritz Bölkner verließ seine Großmutter und ihren Kramladen in der Provinz, um künftig den Berliner Rentier und Hausbesitzer zu spielen. Er hatte mit Sehnsucht auf diese Stunde gewartet nnd die Nachricht von dem Tode seines Alten entlockte ihm nicht eine einzige Thrüne, obwohl er ihm auf dem Kirchhofe ein großartiges Denkmal sitzen ließ und darauf in goldenen Lettern seinen heißen Schmerz um den zu früh Verlorenen Ausdruck lieh. Hatte doch Fritz seinen Vater nie ordentlich gekannt und sieb auch nie recht mit ihm vertragen. Wenn er einmal in die Residenz zum Besuch kam, schien der Alte zwar sehr erfreut, daß sein Junge ein stattlicher Bursche zu werden versprach, aber bald zeigte er sich unzu frieden über den entsetzlichen Müßigang seines Fritz, der während fei nes Besuches nicht die geringste Neigung zeigte, seinem Vater an die Hand zu gehen und der alte Bölkner war immer froh, wenn er den „faulen Strick", wie er ihn nannte, wieder los wurde. Jetzt endlich war Fritz Bölkner fein eigner Herr; — er brauchte gar nichts zu machen, wenn er nicht das Koupvns-Abschneiden und das Hinkcitzeln der Miethsquittungen für eine Arbeit hielt. Der junge Mann hatte sich äußerlich rasch entpuppt und die Pro vinz völlig abgestreift. Sein Vater war in der Kleidung über den Hausknecht niemals hinausgekommen und noch als reicher Hausbesitzer gern in Holzpan toffeln und Drillichjacke herumgelausiu, um so größere Sorgfalt wandte Fritz auf seine Toilette. Er kleidete sich nach der neusten Mode, Halle die gesuchtesten Schneider und Schuster für sich gewonnen und sein ganzes Aeußere verrieth den Mann, der nach dem Preise einer Sache nie ängstlich zu fragen brauchte. Auch liebte er es, seinen Reichthum zur Schau zu stellen, soweit es ohne große Uebertrnbnng möglich war. An seinem Finger funkelte ein kostbarer Brillantriug und seine Busennadel zeigte einen Diamant von ziemlichen: Werth. Natürlich fehlte auch eine prächtige Uhr mit schwerer, goldener Kette nicht. Genug, Fritz Bölkner hatte es verstanden, aus dem Sohn d r Provinz, der nachlässig und und ärmlich in einem schmutzigen Kram laden gehockt, einen Gemleman zu machen, dessen äußere Erscheinung in der besten Gesellschaft nicht den mindesten Anstoß erregen konnte. Auch seine Manieren ließen nicht viel zu wünschen übrig, er konnle zwar nicht ganz den Provinzler verlengnen, — eine gewisse Befangen heit, ein schüchternes, blödes Auftreten war ihm geblieben; aber gerade damit machte Fritz Bölkner auf Viele den Eindruck eines bescheidenen anspruchslosen Menschen und bis zu einem gewissen Grade hatten sie Recht. Nach einem zweijährigen Aufenthalt in der Residenz mochte der dreinuddreißigjährige Mann wohl selbst fühlen, daß seine Erziehung eine sehr mangelhafte gewesen. Durch seinen Reichthum, den Besitz seiner vier Häuser, kam er mit einer Menge Menschen in Berührung, die ihn alle in geistiger Beziehung überragten. Sie wußten so viel und er fast gar nichts. Wenn sie mit ihm eine Unterhaltung über die verschiedenartigsten Dinge anknüpften, kam es ihm Plötzlich zum Bewußtsein, wie viel — er nicht gelernt hatte. Die Leute iuteressirten sich für alles, für die verschie- densteu Gegenstände, für Politik, Literatur, Kunst, Philosophie, spra chen mit ihm darüber, in der Voraussetzung, daß er als gebildeter, junger Mann über das Alles „nu tüit" sei und er hatte Mühe und Noth, ein paar nichtssagende Worte hinzuwerfen, um seine geistige Blöße, wenn irgend möglich, etwas zu verdecken. Diese Unwissenheit all den Leuten gegenüber, mit denen er in Verkehr trat, machte ihn äußerst schüchtern und schweigsam und gab ihm damit den Anstrich großer Bescheidenheit. In der Provinz, besonders in einer kleinen Stadt, würde er seine geistige Aemnth niemals gefühlt haben; dort hätte er den Geldprotzen »»gescheut herauskehee» können und man würde seinem Reichthum den nöthigen Respekt erwiesen, jedes seiner Worte, selbst die dümmste und albernste Aenherung bewundert haben, denn sie kam ja aus dem Munde eines Maunes, der durch sei» Vermögen, ein paar hunderttausend Thaler, Allen imponirte; in der Hauptstadt dagegen fiel der Reichthum Fritz Bölkners nicht so ins Gewicht; es gab da viel, viel Reichere, und dadurch kam der junge Rentier niemals dazu, sich gehörig aufzn- blühen, wie es Leute in einer kleinen Stadt fertig bekommen, die durch den Besitz von ein paar Tausenden sich weit über die Menge erhaben dünken. In der Residenz fühlte er selbst Handwerkern und Arbeitern ge genüber seine Unwissenheit. Sie hatten in de» vielen Vereinen durch den vielseitigen Verkehr manches gelernt, was ihm völlig unbekannt geblieben war, genug, er hatte überall das niederdrückende Bewußtsein, daß sein Vermögen hier nicht die Geltung fand, die er erwartet. Trotz dem konnte er sich nicht mehr von der Hauptstadt trennen. Das bunte Leben und Treiben Berlins gefiel ihm, und er dachte mir Entsetzen an jene Zeit zurück, wo er sich so schrecklich gelangweilt nud dafür nirgends ein Heilmittel gefunden hatte. Hier winkten ihm jedoch aller hand Zerstreuungen, die ihm über jede müßige Stunde hinweghalfen und er war reich genug, um sich selbst das Aussuchen des Vergnügens bequem zu machen. Ganz spurlos war auch schon an seinem innern Menschen der Aufenthalt in der großen Stadt nicht vorübergegangen. Der Besuch von Theatern, Vorlesungen, der Verkehr mit all den gebildeten Leuten, die er kennen gelernt, hatte etwas an ihm herumgeschliffen und bei der nöthigen Vorsicht konnte er schon über manches mitreden, obwohl er bei passenden Gelegenheiten den aufmerksamen Zuhörer vorzog. Eigenthümlich genug war es bisher dem jungen Rentier nicht ge lungen, bei Damen Eindruck zu machen. Man konnte freilich Fritz Bölkner keinen hübschen Mann nennen er >var kaum mittler Größe, ueigte schon zur Wohlbeleibtheit und sein dicker, runder Kopf mit den stark hervortretenden Backenknochen, seine kleinen, etwas verschwommenen Augen, die großen Hände und Füße, das Alles gereichte seiner Erscheinung nicht gerade zur Empfehlung; aber der kleine dicke Herr verfügte über ein Vermögen von mehreren Hunderttausenden — seine zukünftige Frau konnte rückhaltlos den größten Luxus treiben und doch hatte Fritz bisher bei Damen wenig Glück gehabt.