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von 150 und eine Breite von 40 Meilen erstrecken. Die amerikanische Volsvertretuug beschäftigt sich mit Maßregeln zur Linderung der hier durch entstandenen Noth. vaterländisches. — Dresden. Die feierliche Verabschiedung der Stände versammlung fand am Mittwoch mittags 12 Uhr im kgl. Residenz schlosse statt. Bei der sich anschließenden Landlagstafel brachte Se. Maj. der König den ersten Trinkspruch auf das Landeswohl und auf die allergetreueste Stüudeversammluug. Hierauf toastete der Präsident der ersten Kammer, v. Zchmen, auf die Gesundheit und das Wohl Sr. Maj. des Königs und der Präsident der zweite» Kammer, Bür germeister Haberkorn, auf das Wohl I. Maj. der Königin und auf das Wohl des königlichen Hauses. Dem Laudtagsschlnsse war am Vormittag eiu öffentlicher Gottesdienst in der evangelischen Hoskirche vorausgegangen, bei welchem Obcrhosprediger Dr. Kohlschütter die Predigt hielt. — Ans Löbau wird nachstehendes tragisches Ereigniß gemeldet: Am Dienstag, den 28. Februar, wurden der hiesige 32 Jahr alte Chaussee-Jnspector Fröhlig mit feiner 25 Jahr alte» Frau und dem 2 Jahr alten Kinde todt in ihrer Wohnung im Bette liegend poli zeilich aufgehoben. Fröhlig hat im Emverständuiß feiner Frau zuerst fein Kind, darauf seine Frau und dann sich selbst durch Cyankali vergiftet; an dem Kinde sind außerdem noch zwei Dolchstiche zu sehen. Die That scheint aus Furcht vor einer Föhlig zu erwartenden Strafe Wegen eines Vergehens gegen H 176 3 des Reichsstrafgesetzbuchs ge schehen zu sein. — Lieber in Deutschland Hunger leiden als in Amerika! — diesen Gedanken führen übereinstimmend, wie die „Dr. Nachr." schreiben, mehrere Briefe Ausgewanderter aus, die denselben von ihren hier Zurückgebliebenen zugestellt worden. Die Uebcrfüllung aller Berufs zweige ist drüben, jenseits der großen Wasserfläche genau so wie hübe«', auf jeden ausgeschriebenen Posten, sei es als Marklhelfer, Kommis, Handwerker, Lehrer oder was sonst, melden sich Hunderte von Bewerbern. Was aber in Amerika weil übler bestellt ist, als in Deutschland, das ist die obrigkeitliche Fürsorge für die Hülfsbe- dürftigen und das Armenwcscn. Kein Mensch hat Mitlcideu mit den Unglücklichen, die beschäftigungslos und darbend durch die Straßen jchleichen, keine Behörde nimmt sich der Verarmten an. — Hilf Dir selbst! ist der einzige Trost, den man diesen Verunglückten zuruft. Wie viele ihrer elend verderben, darüber cxistirt keine Statistik. Gering aber kann ihre Zahl nicht fein. Taufende der Auswanderer kommen bereits entblößt aller Mittel drüben an; sie sind für die Ausbeutung gewissenloser Agenten nichts als eine lebendige Waare. Die Sklaverei, für die Schwarzen abgeschafft, lebt neu auf in dem Handel mit weißen Menschen. Schon ihr Transport von gewissen europäischen (hollän dischen und englischen) Häfen aus, ihre Behandlung auf den Schiffen, ihre Weiterbeförderung in das Innere Nordamerikas ist eine ununter brochene Kette schamloser Vergewaltigung. Diese Mißhandlung und Ausbeutung Unschuldiger verdiente weit mehr die Entrüstung, als die angeblichen Judcnhetzen in Rußland, an denen die „Gehetzten" selbst die größte Schuld tragen. Jene Briefe Ausgewanderter warnen in ergreifender Weise vor dem Verlassen der Hcimath, um in Amerika dem meist sicheren Versinken in Noth und Elend entgegcnzugeheu. Ob diese Warnungen und lebendigen Beispiele viel helfen? Wer weiß? Der Drang nach Westen ist nun augenblicklich in Deutschland beson ders lebhaft; das ist bedauerlich, da eine Kolonisation im Osten jetzt viel hoffnungsreicher erscheint. Tue Donauländereien und die Balkan- Halbinsel überhaupt enthalten bei ihrer dünnen Bevölkerung, bei dem Rcichthum an Naturprodukten und der Fruchtbarkeit des Bodens weit günstigere Vorbedingungen sür eine vortheilhafte Ansiedlung deutscher Kolonisten. Nach diesem ergiebigen Wirkungsfelde sollte man systema tisch den Strom der deutschen Auswanderung zu leiten suchen. — Der frühere sozialistische Redacteur und Agitator Otto Walster, welcher bekanntlich nach Amerika auswanderte und drüben über dem großen Wasser verschiedene sozialistische Organe leitete, scheint in der Schule des Lebens eine bedeutende Wandlung durchgemacht zu haben. In einer Zuschrift an ein Dresdner Blatt betont derselbe wenigstens, „daß er sich nun seit zwei Jahren gleich vielen Anderen von einer Gesellschaft zurückgezogen habe, welche die Welt refvrmireu wolle, während sie in Wahrheit nicht im Stande sei, ihre eigenen kleinen An gelegenheiten mit Vernunft zu verwalten." — Bernstadt. Beim hiesigen k. Gerichtsamte wurden die beiden 20 Jahre alten Burschen Reißner und Werner aus Dittersbach ein geliefert, welche dringend verdächtig sind und ihre That auch bereits eiugcstandeu haben sollen, in der Nacht nach dem Fastnachtsdienstage des Wcbersche Gut in Brand gesteckt und allerlei groben Unfug, durch Zerstörung von Zäunen, Dachrinnen rc. und Verlegung der Wege verübt zu haben, und zwar aus Verdruß darüber, daß man sie für ein au jenem Abende vom Lese- und Gesangverein des Ortes im Gasthofe zur „Grünen Aue" veranstaltetes Kränzchen nicht zutritts fähig erachtet hat. — Greiz. Im Laufe dieser Woche werden mehrere vor Jahr und Tag nach Amerika ausgewanderte Familien hierher in die Heimath zurückkehren. Dieselben haben im neuen Welttheile jenseit des Meeres die gehofften Goldberge nicht vorgefunden und wollen sich nunmehr lieber hier durch ihrer Hände Arbeit ernähren als dort darben. WcrmischteS. * Fünf Marinecadetten unternahmen am 26. Februar bei stür mischem Südwest eine Segelfahrt in der Kieler Bucht, das Boot kenterte und die Cadetten Crepin, v. Stößer und Quistorp ertranken, Werkmeister und Stahmer wurden gerettet. * Selbstmorde. Im Laufe von 14 Tagen sind in Berlin nicht weniger als 28 Selbstmorde »nd an einem einzigen Tage sieben Selbstentleibungen vorgekommcn. * Wegen Spielens in der sächsischen Lotterie wurden dieser Tage in Breslau 5 Personen zu je 3 Mark Strafe vcrurtheilt. Dec Vorsitzende des Gerichtes war der Ansicht, daß dieses Vergehen die mildeste Verurtheilnng verdiene. Die Verurtheiltcn werden die Strafe gern bezahlen, — sie haben nämlich auf das gemeinschaftlich gespielte Loos 200,000 Mark gewonnen. * In Simbach ist ein Kalb mit zwei Zungen ans die Welt ge kommen. Gottlob nur ein Kalb! Denn wenn cs jemand anderes wäre und es groß und am Ende gar eiu , welches Zungendrefche»! Welchen Lärm macht schon eine Zunge! * In Herrnsheim bei Worms starb eii r alte Bettlerin, die nie mals Jemand in ihr Kämmerlein halte sehen lassen. Man erbrach die Thüre und fand sie todt in verfaultem Stroh und Unrath. Es war kein Tisch und kein Stuhl da, aber in dem Stroh ein Päcklein und in dem Päcklein eine Summe von 8000 Mark. * Wiedergefunden. Eine Jüdin, welche bei den letzten Exzessen in Warschau um ihr Hab und Gut gekommen war, begegnete dieser Tage, wie man der „L. Z." entnimmt, auf der Straße einem Manne, welcher Federbetten trug; diese Federbetten erregten sofort die Auf merksamkeit der Passantin in hohem Maße, weil sie glaubte, die ihr abhanden gekommenen wiederzuerkennen. Sie wandte sich an einen Polizeisvldaten und veranlaßte, daß der Träger der Betten mit dem oorpus ckvlioli zum nächsten Pvlizeibureau geführt wurde, wo sie ihre Annahme, daß die betreffenden Betten ihr Eigenthum seien, durch näheren Augenschein bestätigt fand; der Mann, welcher die Betten in einen: Magazin erstanden Halle, verlangte, daß die Frau irgend ein besonderes Kennzeichen angebe. Wohlan, sprach die Frau, in meinen Betten waren in einem Zipfel 400 Rubel eiugcuäht, wenn diese hier vorhanden sind, dann wird dieser Umstand wohl das beste Kennzeichen sein! Man trennte das Bett auf, fand die 400 Rubel vor, und die Frau zog frohlockend mu dem wiedergefundenen Eigenthnm von dannen. * Präsident Garfields Nachlaß. Wie sich nachträglich hcrausgestcllt hat, ist der ermordete Präsident Garfield nicht so arm gestorben, wie man geglaubt hatte. Außer seinem schönen Hanse in Washington und seiner Farm in Mentor im Staate Ohio hat er ein bewegliches Vermögen im Betrage von 100,000 Dollars hinterlassen. Seine Wittwe wird mit Hiuzurechnnng der erhaltenen Schenkungen und des Gehaltes des Präsidenten für ein Jahr ein Vermögen von einer halben Million Dollars besitzen, so daß von der Bewilligung einer Pension völlig Umgang genommen werden kann. * Eine vermißte Leiche. Aus Brünn wird berichtet: Ein mysteriöses Verbrechen in Woikowitz bei Seelowitz macht großes Aufsehen. Der Wvikowitzer Mühlenbesitzer R. entließ vor Kurzem einen seiner Gesellen, welcher infolgedessen aus Rache bei Gericht anzeigte, der Mühlenbesitzer habe vor vier Jahren seine eigene Gattin durch Gift ermordet. Die Untersuchung wurde eingcleitct, und man wollte die Leiche der thatsächlich vor vier Jahren verstorbenen Müllersgatlin ex- humiren. Doch als man das Grab auf dem Woikowitzer Friedhöfe öffnete, fand man wohl den Sarg, aber in demselben keine Leiche. Die Untersuchung wird in der streuslen Weise fortgesetzt. * Eiu Berliner Jüngling aus den besseren Ständen hatte sich zu Neujahr das „Vergnügen" gemacht, der 18 Jahre alten Tochter eines Lehrers eine Karte ganz schamlosen Inhalts zuzusenden. Das Schöffen gericht hat sich daraushin veranlaßt gesehen, diesen Herrn zu vier Monaten Gesängniß zu verurtheilen. * Was für Einfälle die Amerikaner haben! Macht doch einer den Vorschlag, auf den Grabstein jedes Verstorbenen den Namen des Arztes zn setzen, der ihn behandelt hat. * Ueber einen Rabenvater in des Wortes schlimmster Bedeutung wurde in Berlin vor dem Schöffengericht verhandelt. Der Schuh macher Orlofsky hatte seine Kinder ans erster Ehe in brutalster Weise mißhandelt. Er hatte sie geschlagen, daß ihr Fleisch ganz und gar zerrissen war und sie darnach mit Füßen getreten, ohne daß sic die Veranlassung zu einer strengen Züchtigung gegeben, so daß sich mit leidige Nachbarn der unglücklichen Kinder erbarmten. Der Gerichts hof sprach denn auch eine exemplarische Strafe gegen den unnatür lichen Vater aus, in dem er ihn zu 4 Jahren Gesängniß verurtheilte. * Vier Personen verbrannt. Am 21. Februar früh in der 6. Stunde kam in Peterswalda (Schlesien) in einer Baumwollspinnerei Feuer aus, welches de» größten Theil des Etablissements einäscherte. Leider sind dabei 4 Arbeiterinnen im Alter von 16—18 Jahren in den Flammen umgekommen. Einige Personen, die sich durch Herab- fpringen aus höheren Stockwerken vor dem Feuertode retteten, haben schwere Verletzungen erlitten, und eine größere Anzahl hat Brand wunden davon getragen. * Der Soh» einer Bürgerfamilie zu Cassel, welcher auswärts konditionirte, stattete seine« Ettern einen Besuch ab und griff eines Abends mit der Hand an den noch heißen Cyliuder an einer Lampe. Las dadurch entstandene Blüschen stach er mit einer Stahlfeder ans, wodurch eine Blutvergiftung eintrat, so daß der Finger amputirt werden mußte, nm de» Arm zu retten. — Dienstag den 7. März findet in Eisenberg bei Moritzburg Roß- und Viehmarkt statt. Musikalisches. Wilsdruff. Heute sei unS gestattet, nochmals auf das nächsten Sonntag Abend im goldnen Löwen stattfindende Gesangs-Concert und dabei gleichzeitig ans das in heutiger Nr. befindliche Programm hinzuweisen. — In Herrn Thomas- czeck lernte die Dresdner Bogenschntzeng esellschast gelegentlich eines Familienabends zunächst einen sehr tüchtigen Baritonisten kennen mit schöner klang, voller Stimme, bei einem Fond, der noch zu großen Doffnungcn berechtigt. Der selbe sang die Arie des Grasen aus „Figaros Hochzeit" und zwei Lieder von dem jugendlichen begabten Komponisten Heubner, don denen die erste eine vorzügliche Schule erkennen ließ, während die Lieder in ihren textlichen Gegensätzen einen gün stigen Einblick in die Auffassungen des Sängers als Liedersänger gestatteten. — Aus Loschwitz wird berichtet: Vorige Woche, welche im Vergnüglichen fast an jedem Tage für hiesigen Ort Neues brachte, schloß mit einem Concert derOpern- und Concertsängerin Fräulein Eleonore Thomasczeck und ihres Bruders, Herrn Hans Thomasczeck, Stud. der Opernschule des Dresdner Conservatoriums, mit Unterstützung der Herren Cantor Pohle und Tonkünstler Müller. Von Freunden edlen Gesanges war der Saal im unteren Burgberge bis auf wenige Plätze gefüllt. Das Programm brachte Nummern aus den Opei n „der fliegende Holländer", „Mar garethe", „der Troubadour", „das Nachtlager von Granada" und „die Hochzeit des Figaro", sowie Lieder verschiedener älterer und neuerer Componisten. Herr Th., dessen umfangreiche mächtige Baritonstimme in jüngster Zeit wiederholt rühmende Erwähnung gefunden hat, sang auch hier mit großer Sorgfalt und machte der Schule seines bewährten Lehrers, Herrn Professor Scharfe, alle Ehre. Der junge Künstler hat jedenfalls eine schöne Zukunft in Aussicht, wenn er so fleißig sort- studirt. Fräul. Th. hat eine zierliche Sopranstimme mit schönem Umfang und ist wohl geschult. Die Töne der höchsten Lage erfordern bei der liebenswürdigen Sängerin noch besondere Sorgfalt; Pianos und Pianissimos waren ausgezeichnet. Wie sich Herr Th. in Liedern von Fr. Schubert auch als trefflicher Liedersänger vorsührte, so geschah das von Fränl. Th. in gleicher Weise ganz besonders in Rob. Schumanns stimmungsvoller „Dichterlicbe" und in den gefühlsmnigcn Liedern von F. W. Pohle uns Mattei. Herr Müller trug zu großer Ueberraschung noch mehrere Piecen sür Trompete (rechte Hand) und Clavier (linke Handl vor und zwar mit gutem Ansatz und Ton. Der junge Künstler erfreut sich überdies einer ausgezeich neten Phantasie. Zu Vorstehendem brauchen wir wohl nichts weiter hinzuzufügen, als daß dasselbe geeignet ist, auch die Gesangsfreunde von hier und der Umgegend zu veranlassen, die jungen Künstler nächsten Sonntag zu hören. Möge der Besuch ein recht zahlreicher sein. Kircheunachrichten aus Wilsdruff. Am Somttcig Reminise. Vormittags predigt Herr p. Ul'. tVakI. Nachmittags 1 Uhr predigt derselbe. Monat Februar. Getauft: Johanne Helene, Earl Robert Heinrich's, Bürgers ! und Schneiders hier, Tochter; Anna Emma, Gustav Hermann Tei- i chert's, ans. Bürgers und Tischlers hier, Tochter; Auguste Emma, j August Gustav Horney's, Maurers hier, Tochter; Max Otto, Ernst