Volltext Seite (XML)
Wochenblatt für für Erscheint wöchentlich 2 Mal Dienstag und Freitag.) AbonncmentspreiS vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer ksstet^O Pf. Jnseratenannahme Montags ».Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag AbonncmentSprei- vierteljährlich 1 Mark Eine einzelne Nummer — kostet^ Ps Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden. siir die König!. Amtshauptmannschast zu Meißen, das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. Zweinn-vierzigster Vahrgang. Nr. 55. Dienstag, den 11. Jiili 1882. Nisten ^Donn^erstag, den Vuli -s. Vs., Nachmittags 6 Uhr, öffentliche Sitzung -es Sta-tgemeinLerathS» Der Stadtgemeinderath. Ficker, Brgmstr. Tagesgeschichie. Berlin, 6. Juli. Der „Reichsanzeiger" publizirt den Erlaß über die Aufnahme einer Anleihe von 29 675 405 Mark für die Ver waltung des Reichsheeres, der Marine und die Reichseisenbahnen. Die Nachricht von einer für den Herbst anberaumten Konferenz der deutschen Finanzminister — also von einer Wiederholung der Heidelberger und Koburger Konferenz — gilt als nicht unwahrschein lich, wenn auch die Bestätigung noch abgewartet werden muß. Nach dem das Tabakmonopol abgelehnt worden ist und nachdem der Reichs tag durch Annahme der Resulution Bennigsen auch jede weitere steuer liche Belastung des Tabaks zur Zeit wenigstens entschieden abgelehnt hat, würde es kaum befremden können, wenn die Finanzminister der Einzelstaaten sich über die zur Durchführung der Steuerreform einzu- fchlagenden Wege von neuem zu verständigen suchten. Der neue preußische Finanzministcr, Herr Scholz, ist ein Schle sier von Geburt. Im Mühlerfchen Kultusministerium hat er sieben Jahre gearbeitet, ohne befördert zu werden, was mau aber keineswegs auf einen Mangel an Fähigkeiten zurückführeu darf. Es soll vielmehr ein damals sehr gefürchteter weiblicher Einfluß im Spiele gewesen sein. Der Minister Camphausen übernahm den damaligen Assessor sofort in das Finanzministerium. Dort wurde Scholz bald die lei tende Kraft in der Etatsabtheilung. Scholz war neuen Etatsansprü chen gegenüber hart und zähe wie Eisen, immer aber so verbindlich in der Form, daß er nach allen Seiten hin persönlich eine äußerst günstige Stellung behielt. Als er, zunächst als Unter-Staatssekretär, das Reichs-Schatzamt bei seiner Abtrennung vom Reichskanzler-Amt übernahm, hatte Jedermann, der die Verhältnisse genau kannte, den Eindruck, daß die Wahl des Reichskanzlers auf den richtigen Mann gefallen fei. Die jetzige Gestalt des Reichshaushaltsetats ist sein Werk. Technisch gilt er den Ausgaben seines neuen Amtes für durchaus ge wachsen. Er ist ein Mann im Anfang der fünfziger Jahre, gilt aber für kränklich. Er foll eine große Arbeitskraft sein und sich, auch wenn er leidend ist, nicht schonen. Andererseits sagt man ihm nach, daß er an die ihm unter gestellten Beamten sehr große Anforderungen stelle. Das Vertrauen des Fürsten Bismarck besitzt er in hohem Grade. Der „Germ." wird als bestimmt mitgetheilt, daß an einer pro zentualen Börsensteuer und der Erhöhung der Branntweinsteuer bereits gearbeitet wird. Die „Kr.-Ztg." redet einer Erhöhung der Personenfahrttarife auf den Staatsbahnen das Wort, und zwar fcheint sie dieselbe in der Form der Abschaffung der vierten Wagen klasse empfehlen zu wollen. Eine Erhöhung in den ersten beiden Kläffen würde dem Blatte als wenig ergiebig erscheinen. Die „Nationalliberale Correspondenz" illustrirt in folgender drastischer Weise die Einmüthigkeit der „großen" liberalen Partei: „In den fortschrittlichen Blättern finden wir ans den verschiedensten Wahlkreisen fortgesetzt Berichte über Wahlvorbereitungen und Candidaten- aufstellungnn der „vereinigten liberalen Parteien". Es ist uns unter diesen Candidaten der „vereinigten liberalen Parteien" noch nicht eine einzige nationalliberale, nicht einmal eine sezessionistische Kandidatur begegnet. Der Abgeordnete Eugen Richter hat dieser Tage im Verein „Waldeck" vor dem Aufgehen in dem „großen liberalen Brei" gewarnt. Wir möchten auch unseren Parteigenossen empfehlen, diesen „Brei" bei der Aufstellung vereinigt-liberaler Candidaten etwas näher zu untersuchen." „Wie ich Dir, so Du mir!" können diejenigen Herren ausrufen, welche die Resultate der Berufsstatistik vom 5. Juni zusammen- steüen fallen. Sie haben mit einer unglaublichen Zahl von Druck fachen, mit einer Fülle von verwickelten Einzelbestimmungen, durch die selbst ein gebildeter Mann sich nur unter große:» Müheaufwand hin durchfinden konnte, den Leuten die Ausfüllung der Formulare erschwert und Viele thatsächlich verwirrt gemacht. Nun sind die Zählbogen und Gewerbekarten zurückgekommen, und das Volk hat den Statistikern redlich heimgezahlt; denn die Angaben zeigen so viele auffällige Wi dersprüche, daß die Reihe des Verwirrtwerdens jetzt an den Stati stikern ist. So läßt sich das Berl. Tgbl. vernehmen, dem man inso fern beistimmen kann, als die deutsche Statistik so trefflich sie auch sein mag, an einer großen Umständlichkeit leidet, die ihren Gebrauch selbst dem Fachmann außerordentlich erschwert nnd hauptsächlich daran schuld ist, daß der Deutsche an dieser wichtigsten aller Hilfswissen schaften (kein Fach kann sie entbehren) so wenig Geschmack findet. Frankfurt a. M„ 4. Juli. Ein Fang, bei welchem die hiesigen Behörden in erster Linie betheiligt waren, ist neuerdings gemacht worden, welcher auf das Unzweifelhafteste darthut, daß derjenige Zweig der deutschen Revolutionäre, welcher in Most seinen Repräsentanten und Führer hat, sich anschickt, seine Lehren in's Praktische zu über tragen, d. h. nach dem Muster der nihilistischen Terroristen zu arbeiten. Es wird noch erinnerlich sein, daß 1880 gelegentlich der Anwesenheit des Kaisers bei der Eröffnung unseres Stadttheaters aufrührerische Schriften verbreitet wurden. Seit jener Zeit wurde der revolutionären Propaganda, die namentlich von der Schweiz und London aus hier betrieben wurde, scharfe Aufmerksamkeit geschenkt, die schließlich zu Entdeckungen führte, welche geeignet sind, ein grelles Licht auf die Thätigkeir des Londoner Agitationskomitees zu werfen. Neuerdings tauchen hier resp. in der Umgebung zwei Individuen auf, die, obschon unter falschen Namen reisend — das eine Individuum hat hier im Gasthof von Wörner logirt — doch als Emissäre der Most'schen Gruppe erkannt wurden. Nachdem sie einige Zeit hier sich aufge halten, begab sich der Eine, ein gewisser Balthasar Grün, nach Kassel, der Andere, ein Schlosser Rinke, nach Darmstadt. Beide wurden in den genannten resp. Orten festgenommen und die Untersuchung, die vorgenommen wurde, führte zu dem Resultate, daß man in den Röcken eingenäht Rezepte zur Anfertigung von Dynamit, Zeichnungen zur Anfertigung von Dynamitbomben, Rezepte zur Anfertigung von Blau säure und Anleitung, wie Kugeln und grobes Schrot mittels Blau säure vergiftet werden können, fand. Die ganz nach nihilistischem Vorbilde gehaltenen Anleitungen wären unvollständig gewesen, wenn nicht auch Geheimschriften bei den Verhafteten entdeckt worden wären, die weitere Aufschlüsse wohl noch geben dürften. Rinke ist ein alt bekannter Agitator nnd Balthasar Grün hatte es verstanden, die all gemeine Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, als die Kommunards in Paris ihn als aus Bertin ausgewiesen feierten; er ließ sich das ge- fallen, obschon nicht er, sondern ein anderer Grün seinerzeit aus Berlin gewiesen worden ist. Die Persönlichkeit des Balthasar Grün gewinnt noch an Interesse durch die Thatsache, daß die Pariser Polizei ihn requirirt, weil er im Verdachte stehen soll, an einer in Paris im Februar d. I. stattgehabten Ermordung einer Frau Cäcilie Michard betheiligt zu sein. Nach den bei dem preußischen landwirthschaftlichen Ministerinm eingelaufenen Ernteaussichts-Berichten ist durchweg der Stand der Winter- wie der Sommersaaten ein befriedigender, großentheils sogar ein vorzüglicher. Auch die Futterernte, Heu und Klee, ist reichlich. Die Hagelschäden beschränken sich auf kleinere Landstriche. Wenn nicht während der nunmehr bevorstehenden Ernte noch besondere Schädlich keiten eintreten, so ist auf eine Ernte zu hoffen, wie sie seit vielen Jahren dem Landwirth nicht beschieden war. Die Spannung, mit welcher die Entwickelung der Dinge vor Alexandrien in der ganzen Welt entgegengesehen wird, steigert sich von Tag zu Tag. Die von dem englischen Admiral gemachte Dro hung des sofortigen Bombardements auf Alexandrien scheint doch Ein druck gemacht zu haben. Nach einer Meldung hätte der Kommandant der Alexandrinischen Garnison dem Admiral Seymour schriftlich ver sichert, daß die angeblichen feindlichen Handlungen nicht unternommen worden seien, auch nicht stattfinden würden; dieser Versicherung ist der Ausdruck des Vertrauens in des Admirals wohlbekannte Humanität hinzugefügt. Der Admiral hat darauf erwidert, er werde jeder Wie deraufnahme der Arbeiten mit Nachdruck entgegentreten. Inzwischen hat der Befehl des Sultans gewirkt, und sind einer Mittheilung zu folge die Arbeiten an den Forts eingestellt worden. Der französische Konsul bemüht sich, den Ausbruch der Feindseligkeiten zu verhindern. Der Sultan scheint die Eventualität einer türkischen Intervention doch ins Auge zu fassen, und zwar für den Fall, daß die Konferenz eine europäische Expedition nach Egypten beschließen sollte. Sobald mit diesem Ausweg Ernst gemacht würde, glaubt, wie man annehmen muß, der Padischah noch das Prävenire fpielen zu können, indem er eine entprechende Truppenzahl zur sofortigen Einschiffung nach dem Nil bereit hält. Arabis angekündigte Absicht, nach Konstantinopel zu gehen, ist neueren Nachrichten zufolge von ihm bisher noch nicht kundgegeben, ihm vielmehr von übereifrigen englischen Korrespondenten angedichret worden. Ueberdies ist die Mittheilung, daß der Sultan den egyptischen Kriegsminister zu sich entboten habe, noch keineswegs beglaubigt. Die englischen und französischen Rüstungen dauern zwar fort, doch sehen sowohl der englische, wie der französische Premier die Lage ihren eig nen Erklärungen zufolge durchaus nicht für so gefahrdrohend an, um kriegerische Eventualitäten zu befürchten. Man hegt dort die Hoffnung, daß der Sultan und die egyptische Regierung es nicht zum Aeußersten kommen lassen werden. Die in Frankreich durch den General Farre, den Kriegsminister im Ministerium Gambetta, bei der Armee abgeschafften Trommeln werden wieder eingeführt; der Oberkriegsrath hat dies in feiner letzten, unter Borsitz des Präsidenten Grevy abgehaltenen Sitzung beschlossen. Bereits am 14. d. wird bei der großen Revue auf dem Rennplatz von Lvngchamps der langentbehrte Trommelklang erschallen. General Michael Skobelew, der in der letzten Zeit wegen seines ausgesprochenen Deutschenhasses viel von sich reden machte, ist im Hotel Dussaux in Moskau am Herzschlag gestorben. Die Leiche wird auf dem Gute des Verstorbenen in Spaßk im Gouvernement Rjäsan beigesetzt. Aus Petersburg geht der „Pol. Korr." vom 6. d. die M:t- theilung zu, daß im Marineministerium eine geheime Druckerei entdeckt worden ist. Zugleich wurden 9000 mit dem Namen Konstantinowitsch