Volltext Seite (XML)
„Alte" sprach er, „verdirb mir den heutigen Tag nicht! Du weißt, ich habe nichts gegen Constanze, das Mädchen ist gut und brav und Edgar würde gewiß glücklich mit ihr werden; — allein — doch über das Kapitel sprechen wir später, und hoffentlich gelangt es zu ebenso friedlichem Abschluß als das heutige." Die Oberförsterin gab sich vorläufig damit zufrieden. „Nun wollen's hoffen. — Sieh, Alter," fuhr sie, nach der Straße deutend, fort, „ist das nicht der Justizrath, der da kommt?" Des Oberförsters Augen folgten der angegebenen Richtung. „Du hast leider recht," sprach er mürrisch, „er ist's — doch geh und laß uns allein." „Was mag er nur wollen?" „Werdens ja sehen. — Etwas Gutes ists sicher nicht, darauf möchte ich schwören." Kaum hatte die Oberförsterin das Zimmer verlassen, so trat der Justizrath ein. „Ah, guten Tag, mou ebsr umi! Freut mich, daß ich Sie zu Hause antreffe," begann er, dem Oberförster die Hand reichend. Der Oberförster that, als habe er die dargereichte Hand nicht bemerkt. „Guten Tag, Herr Justizrath!" erwiederte er ruhig, „was bringen Sie mir?" „Mich selbst, das heißt, einen Freund, der es gut mit Ihnen meint." „So?" fragte der Oberförster gedehnt. „Zweifeln Sie daran?" „Je nun, ich habe wenigstens noch keine Beweise davon." „Hätten Sie sich nur die Mühe genommen, etwas besser um sich zu sehen, so würden Sie es gewiß heraus gefunden haben. Doch zur Sache. Wir können doch nicht belauscht werden?" „Lauschen?" sprach der Oberförster, „das Wort mag man anders wo kennen, bei mir nicht." „Nun also, kann ich mich Ihnen anvertraueu?" „Das kann Jedermann." „Jetzt noch eine Frage, können Sie von Ihren Grillen abgehen?" „Die Hand darauf! Wenn Sie mir eine Grille beweisen, so lege ich sie ab." „Das ist schön! Sie sollen einen dankbaren Mann an mir finden. Sie sind ein wackerer Mann." „Nur weiter, Herr Justizrath." „Sie sehen — Luxus und Lebensbedürfnisse aller Art steigen von Jahr zu Jahr —" „Das kümmert mich wenig." „Allerdings, Sie sind bescheiden." „Das soll Jeder sein." „Freilich, freilich! - Ich indessen bin eine obrigkeitliche Person; ich muß doch Figur machen." „In Gottes Namen, thuu Sie das." „Sehen Sie — man hat auch Kinder, denen man etwas hinter lassen will. Sie wissen, ich mußte, um zu meinem Gelbe zu kommen, das verschuldete Schloß übernehmen und —" „Herr Justizrath, lassen Sie mich über das Kapitel schweigen." „Ja, ja, Sie sind auch der Meinung, ich hätte das Schloß nicht übernehmen sollen; allein —" „Ich bitte nochmals," unterbrach ihn der Oberförster ernst, „das machen Sie mit Gott und Ihrem Gewissen ans." „Nun ja — man will doch auch leben." „Nach Verdienst!" „Nach Verdienst! — Ja, ja, recht so! nach Verdienst. Sehen Sie, wenn Sie auf dem Punkte Ihre Grillen ablegen wollten, so würde uns beiden an Verdienst nicht fehlen." Nach einer kleinen Pause fuhr der Förster fort: „Was kann ich dabei thun?" „Sehen Sie, so ein Baum — ich meine die mächtigen Riesen von Eichen — der ist Doch kein lebender Mensch und hat, wenn er abgehauen wird, kein Gefühl." „Freilich nicht." „Aber einige Hundert solcher hochstämmiger Riesen abgehauen und verkauft, giebt eine tüchtige Summe. — Nicht wahr?" „Das wohl! Doch nur weiter!" „Nun — so eine Summe, wohl verwaltet und angelegt, die kann alte, ehrliche Diener warm halten und vor allen Sorgen schützen; verstanden?" „Nicht ganz." „Jede Summe zu gleichen Theilen für Sie und mich. Dagegen bekomme ich erforderlichen Falles Ihr Zeuguiß, wie ich es jedesmal vorschreibe." „Tod und Teufel!" brauste der Oberförster auf, „das wagen Sie mir in meinem Hause zu sagen?" „Nun, mein werther Freund?" fragte der Justizrath verlegen. „Der Satan ist Ihr Freund, ich nicht! In Ihrer Amtsstube, wo die Gerechtigkeit blinde Kuh spielt, mögen Sie Ihren Bauern ein X für ein U weißmachen, aber wenn Sie einen alten, treuen Diener des Fürsten zu Schurkenstreichen verleiten wollen, so soll Ihnen — Herr, wenn das Gastrecht nicht wäre, so lägen Sie jetzt über Hals und Kopf vor meinem Hause." „Was ist das?" „Die Wahrheit, Herr Justizrath!" „Nun denn — wir waren bei dem, was ich Ihnen sagte, ohne Zeugen und —" „Fürchten Sie nicht, daß ich es je erwähnen werde," rief der Oberförster ergrimmt, „denn ich schäme mich selbst, daß mir so etwas gesagt werden konnte." „Kein Wort mehr davon," entgegnete der Justizrath, „jetzt habe ich von Dienstsachen mit Ihnen zu reden." „Und die wären?" „Es muß zur Deckung der Gemeindebedürfnisse für 6000 Thaler Holz aus dem Gemeindewalde geschlagen werden." „Das kann nicht sein! So lange ich noch ein Wort mitzureden habe, geschieht es nicht, Herr Justizrath." „Die Gemeinde hat Schulden, es muß sein." In diesem Augenblicke trat der Ortsrichter ein, der Oberförster fuhr, ohne ihn zu sehen, fort: „Schulden! Das ist das alte Lied! Aber wie sie gemacht worden sind und wer sie gemacht hat, das ist ein Artikel, wobei uns die Haare zu Berge stehen!" „Herr Oberförster!" rief der Justizrath, „wem soll das gelten?" „Wens trifft!" „Sie sprechen vom Holze," nahm jetzt der Ortsrichter das Wort; „nehmen Sie mir es nicht übel, Herr Justizrath, aber es geht wahr haftig nicht an." „Wird Er gefragt?" schrie ihn der Justizrath an. „Leider nein! Aber es geht wider mein Gewissen und ich werde nicht schweigen! Schulden bezahlen? Verantworte es vor Gott, wer sie gemacht hat. Wenn der Herr Oberförster die schöne Baumpflan zung nicht gemacht hätte, unsere Kinder und Kindeskinder müßten uns verfluchen." „Hahaha!" lachte der Justizrath, „wenn Ihr doch mit der mise rablen Baumpflanzung nicht prahlen wolltet!" „Wie?" rief entrüstet der Oberförster, „eine miserable Baum pflanzung? Ich habe zwar nur Zweige in die Erde gesetzt, Sie haben ganze Berge geschrieben und scheiben lassen. In dieser Zeit sind meine Zweige Stämme geworden. Nun hören Sie: Wenn Sie auch Ihre ganze Amtsregisträtur an den Ort fahren lassen, wo mein Wald steht, so liefere ich Ihnen, darauf haben Sie mein Wort, für jede Rechts verdrehung, für jedes umgestoßene Testament, für jede geplünderte Stiftung, für jedes bezahlte Urtheil — für jedes liefere ich Ihnen hundert gerade, gute und gesunde Stämme. Nun wisse» Sie ja selbst, daß dazu vielemal hundert Stämme dazu gehören. — Also ist wohl die Baumpflanzung so miserabel nicht." „Gut, Herr Oberförster, ich gehe," sprach ergrimmt der Justizrath, „aber diesen Tag werde ich Ihnen gedenken!" „Thun Sie, was Ihnen beliebt!" rief der Oberförster dem Ab gehenden nach und schritt dann erregt im Zimmer auf und ab. „Herr Oberförster," nahm der Ortsrichter das Wort, „denken Sie an Ihre Gesundheit — ich kann nicht ermessen, was aus der Gemeinde werden sollte, wenn wir Sie verlören. Sie haben sich wieder ereifert und geärgert." „Anfangs wohl," entgegnete ruhig der Alte, „zuletzt habe ich ibm die Wahrheit tüchtig gesagt und darauf ist mirs recht wohl gewor den. — Hat mir doch der Elende Sachen gesagt — ich schäme mich, sie wieder zu erzählen. Möchte nur in aller Welt wissen, wie doch der Teufel zu dem Engel von Tochter gekommen ist. Sie ist ein Mädchen so recht nach dem Herzen Gottes und hat keinen Bluts tropfen von ihrem Vater. Edgar dauert mich — aber so lange der Justizrath kein anderer geworden ist, so lange kann aus einer Ver bindung der Beiden nichts werden." Jetzt trat auch der Pastor ein. „Ich sei, gewährt mir die Bitte, in Eurem Bunde der Dritte," sprach er scherzend. „Nun, haben Aerger gehabt?" sprach er, dem Oberförster zum Gruße die Hand entgegenstreckend. „Denken Sie sich die Naivität, Herr Pastor," entgegnete der Oberförster, in die dargebotene Rechte einschlagend, „der Narr ver langt, daß für sechstausend Thaler Holz aus dem Niederwalde ge schlagen werden soll." „Ich fürchte nur, Ihr edler Eifer wird Ihnen wenig helfen." „Oho!" brauste der Oberförster auf, „das wollen wir sehen! Ich mache meine Eingabe und bei Gott — gelingt es ihm durch Bestech ungen, daß diese uck ^otu gelegt wird, seht — so wahr ich Ferdi nand Felsner heiße — so sollen seine Knochen auch uä gelegt werden." „Gemach, lieber Freund!" „Nun, soweit wirds wohl nicht kommen. Der Fürst ist ein edler wackerer Mann — Gott segne ihn — und ich werde ihm sagen, daß er die langen Klauen der ihn umgebenden Raubthiere etwas ver schneidet. — Doch jetzt von etwas Anderem." Der Oberförster schritt zur Thür und sie öffnend rief er: „Wilhelm!" Bald darauf trat ein Jägerbursche ein. „Ist Arthur noch nicht zurück?" „Nein, Herr Oberförster; Ihr Sohn Edgar ist mit zwei Jägern aufgebrochen, ihn zu suchen." „Gut, sende meine Frau her," Der Jäger ging und kurze Zeit darauf trat die Oberförsterin ein. „Nun, Alter, was giebt's?" fragte sie. „Heute Verlobung, Mutter, und will's Gott in vier Wochen Hoch zeit! — Jetzt hole Frieda und bringe einige Flaschen Wein. Mir ist jetzt wieder wohl, da ich unter lieben Freunden bin. Die Mutter und Frieda, Ihr leistet uns Gesellschaft, hoffentlich kommen auch Edgar und Arthur bald zurück." Der Pastor sah nach der Uhr. (Forts, folgt.) Interessante Zeitungs - Lektüre. Das täglich zweimal in einer Morgen- und Abend - Ausgabe erscheinende „Ber liner Tageblatt" nebst seinen 3 werthvollen Beiblättern: illustrirtes Witzblatt „VI-IL", illustr. belletrist. Sonntagsblatt „Deutsche Lesehalle" und den „Mit- theilungen überLandwirthfchast, Gartenbau und Hauswirthschast" bietet in der Reichhaltigkeit, Mannigsaltigkeit und Gediegenheit seines Inhalts die interes santeste und anregendste Lektüre. In Folge dessen vermochte es sich einen festen Stamm von ca. 70,000 Abonnenten zu erwerben lind gleichzeitig zu der gelesensten und verbreitetsten Zeitung Deutschlands emporzuschwingen. Tie große Verbrätung des „Berliner Tageblatt" liefert außerdem den besten Beweis, daß es die Be dürfnisse des zeitungslesenden Publikums im weitesten Maße zu^ befriedigen weiß. Die besonderen Vorzüge des 1." bestehen vornämiich in Folgendem: Täg lich zweimaliges Erscheinen als Morgen- und Abendblatt, wovon letzteres bereits mit den Abcndzügcn befördert wird und womit den Abonnenten außerhalb Berlins sehr gedient ist. — Freisinnige, von allen speziellen Fraktionsrücksichten unab hängige politische Haltung, die dem „Berliner Tageblatt" es gestattet, zu jeder einzelnen Frage sein objektives Urtheil sreimüthig abzugeben. — Zahlreiche Spe zialtelegramme von eigenen Correspondenten an den Hauptweltplätzen, durch welche das „Berliner Tageblatt" mit den neuesten Nachrichten allen anderen Zei tungen stets voran zu eilen im Stande ist. — Ausführliche Kammerberichte des Ab geordneten- und Herrenhauses, sowie des Reichstags. Eine kurzgefaßte resumircnde Ucbersicht folgt den Verhandlungen bis kurz vor Beginn des Drucks des Abendblatts. — Vollständige Handelszeitung, sowohl die Börse als den Produkten- und Waarenhandcl umfassend, nebst einem sehr ausführlichen Kurszettel der Ber liner Börse. Wollberichte, Konkurs-Nachrichten rc. — Ziehungslisten der Preußischen und Sächsischen Lotterie, sowie Auslassungen der wichtig sten Loospapiere, sofort nach erfolgter Ziehung. Patent-Ertheilungen. — Graphische Wetterkarte nach telegraphischenMittheilungcn der Deutschen See warte vom selben Tage, erscheint bereits in der Abend-Ausgabe. — Militärische und Sportnachrichten. Personal-Veränderungen der Civil- und Mililar-Be- amten. Ordens-Verleihungen. — Reichhaltige und wohl gesichtete Tages- Neuigkeiten aus der Reichshauptstadt und den Provinzen, interessante Gerichts verhandlungen, die auch das Bedürfniß nach einer unterhaltenden und über die Tagesereignisse orientirenden Lektüre täglich befriedigen. — Theater, Kunst, Literatur und Wissenschaft finden im täglichen Feuilleton des „Berliner Tage blatt" sorgfältige Behandlung in geistvoll geschriebenen Feuilletons hervorragender Schriststeller; auch erscheinen darin die Romane und Novellen unserer ersten Autoren, so veröffentlicht das „Berliner Tageblatt" im Laufe des 3. Quartals die neueste Novelle von He^ss, „David und Jonathan", den neuesten spannenden Roman von Sakckuiu lAoeUliaussa, Der Haushofmeister." ZE" Alle neu hinzutretcnden Abonnenten erhalten außerdem den bereits ver öffentlichten größeren Theil des Romans „Im Sonnenschein" von Ludwig Habicht gegen Einsendung der Abonnementsquittung gratis und kraneo nachgeliefert. "MLi Alan abonnirt zu dem enorm billigen Abonnementspreise von nur 5 Mark 25 Pf. für das Vierteljahr bei allen Neichs-Postanstalten. Schleunige Anmeldung ge boten, damit die Zusendung des Blattes vom 1. Juli ab Pünktlich ersolge. Redaction, Druck und Verlag von H. A. Berger in Wilsdruff.