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01-Frühausgabe Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 27.06.1908
- Titel
- 01-Frühausgabe
- Erscheinungsdatum
- 1908-06-27
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Lizenz-/Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-19080627017
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-1908062701
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-1908062701
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-06
- Tag 1908-06-27
-
Monat
1908-06
-
Jahr
1908
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LezugSPrei» Morgen-Ausgabe 8, Nnzeig«-Pr«o I»r «a ilto«», d«rch «a«« «i W»-«B Locher «-»0»»» (»» —«tomittzrüch S II., »nailich 1 M.: «»««id, I (m««n< und «d«d«) r>er«t» titdritch «.«) «.. aummlich I.M «t. v»rch du M»k d«t«h««. (!t »al tL-Ilch) t»»«^«ld Druhchlmids »»» der deutich«» Notimt«» »»naliLdrlich S.L«., -»«NtchI,7S «. «Ulchl. Last, biftestgeu», itr Ortzerratch » L S« », Uil^ani 8 k »irnrltthrlich. lUrv« <« 8<i- au», DLue««rr, d<» Doaaaftaal«». Italia», Lurawdur,, Ntedarlantx, N»r»xtze», Skit- Und, S<Uo«d«», Scd»«-, u»» kpäniaa I» alle» wrt-en ktaale» »« bereit durch dt» «M». M. erdtltlich. «dmru»m«b«>nr«dm«! », d»i »»U«n rrllaer», Mltalen, Spediteur«» an» L»uad»»Se!I«7i, iowt« BallL»ter» »»» vrUftrllg«»». Lte «tuMiu dt»»u»«r kost« ich chf^ ^ed»«t»» «» «»editt»»: ZatzaruiU^ff« 8. »aiepdo» «r. lEL »r. IE. »r. l«».. MpMerTagMall Haudelszeitung. Amtsblatt -es Rates und des Nolizeiaurtes -er Stadt Leipzig. »Ml a»»»trr» Sv V1-. «Ich«»»» vuu« »«» UiM»»d dv«., «i^e» 7S V- »kilai»— llv M. IrlrnUr». vetzdrdach a «»rltche» Lev M ch veilagezedttdr bM. ». lauie»» e^il. Ved- aedühr. «eichtft*a»»ei-e» «» devorzu«'«- Strlle n» vratl« erh»ht. «ad«» »ach Lari FesteneUt» «ultet« ktuaev nicht »urtlk. aejoge» w«Vr» Ftr da» Lrlcheine» an ir»üu»t«» Lagea »»d Vllltze» »ird lri»- »arautt« Ldenunmn ni ch»»ech«.«»»ah»>,, U»ch»a«»»t«tz v. d«t »»»tlichmi Ailiate» ». Le» In»««». chaupl-chMal« verlt»! tarl ra»t«r. Herzagl. iftayr. ch«s»»» dand lluu, Lttz»wftra!>e iS, lrelephan VI, dir. <608). chaupt-LMate Dredde, Serstrade <1 Lletevdo» Nr. 176 Sonnabend 27. Zuni 1908. 102. Jahrgang. Da» wichtigste. * Die Rosenaus st ellung im Leipziger Palmcngarten wird deute vormittag von dem Protektor, Herrn Bürgermeister Dr. Ditlrich, feierlich eröffnet. * In Deutsch-Südwestafrika sollen Diamanten ge funden worden sein. sS. Dtsche. Kol.) * Die diesjährige Konferenzder Bischöfe findet in Fulda am 11. August statt. » * Der französische Senat har die Vorlage über den R ü ck- kaufder We st bahn mit 155 gegen 118 Stimmen angenommen. sS. Letzte Dep.) * Die Rektoren der Universitäten der Sch wciz beschlossen, eine scharfe Kontrolle hei der Aufnahme ausländischer Studenten einzuführen. * In Frankreich mehren sich die Stimmen für die Beibe haltung der Todes st rase und Verwertung des Guyot Dessaigne- Gcsetzentwurfes, der sic abschafste. * Der Ausschuß der französischen Kammer empfiehlt dieErmäßi. gung der Briestaxe zwischen Frankreich und Eng- land von 25 auf 10 Centimes und der Telegraphengebühr von 20 aus 10 Centimes das Wort. * In der Stadt Parma droht ein neuer gewerblicher Streik. iS. Ausl.) * Der deutsche Gesandte in Teheran machte den Schah darauf aufmerksam, das? bei Fortdauer der Unruhen das Leben und das Eigentum der Fremden gefährdet würden, und das; ver Handel schweren Schaden erleide . Es verlautet, das; auch Vie Gesandten der anderen Staaten sich diesem Schritte anschließen werden. * Rach der Meldung eines Londoner Blattes dauert die Schreckensherrschaft in Teheran fort. Eine Tante deS Schahs beging Selbstmord. sS. d. bes. Art.) Der luftige ALrieg» Herr Rudolf Ndarlin. der Regierungsrat und Posadowsky-Gegner, der einen unerwarteten Dank vom Hause Bülow erlebt bat, entschädig! sich setzt durch eine womöglich noch gesteigerte Produktivität mit un- aünsiiaen Schlaglichtern aus die „Ziellosigkeit" der offiziellen deutschen Politik Immer neue Probleme sieht das nur aufs Gigantische gerichtete Auae des Autors austaucheu, und alle »»erden mit der unfehlbaren Rudolf Martinschen Sicherheit beantwortet, die das Kennzeichen des Genies und der Naivität ist. Heute hat Rudolf Martin, der große Trager, den politischen Klippschülern mit drohend erhobenem Zeige- nnaer eine neue Aufgabe gestellt und sie bei Friedrich Engelmann in Leipzig gleich drucken lassen: „Stehen wir vor einem Weltkrieg?" Da der Leier vor Spannung es doch nicht bis zum Schluß des Artikels ausbalten würde, um die Antwort, die die Welt bedeutet, zu erfahren, iei sic hier gleich vorwcggenommen: Herr Martin sagt nicht ia und nicht nein. „Mir kommt es nicht darauf au, zu sagen, wie in Wirklichkeit die Dinge laufen werden, mir kommt es nur darauf an, aus- uivrechen. wie nach meinem Wunsche die Dinge gehen sollten", sagt Rudolf Martin, während der mitteleuropäische Zeitgenosse wahrschein lich mit uns größeren Wert darauf legen würde, wenn cs Herrn Rudolf Martin gerade auf das Umgekehrte angekommen wäre. ?lber das stört ihn nicht, und er fährt ein paar Seiten weiter fort: „Der Weltkrieg tonn vermieden werden, aber es ist nicht wahrscheinlich, daß er ans- bteiben wird." Und dann isi Herr Rudolf Martin so gütig, uns genau aiiseinanderzusetzen. auf welche Weise der Krieg durch Deutschland ver mieden werden kann, nämlich so: Deutschland soll dem britischen Reiche das von König Eduard erstrebte Protektorat über Arabien, Südpersien und Afghanistan genehmigen. Es soll das französische Protektorat über den östlichen Teil von Marokko und damit die Herstellung eines mäch tigen französischen Reiches in Nordafrika vom Mittelländischen Meer bis zum Nigerflnß konzedieren. Es soll mit Oesterreich-Ungarn und England die Türkei austeilen und für sich Konstantinopel und die asiatischen Besitzungen der Türkei bis auf die schon an England ge gebenen unter Kontrolle nehmen und außerdem natürlich die westliche Hälfte von Marokko sich zuziehen. Herr Rudolf Martin bat nämlich hcransgefunden. daß die augenblickliche Lage sehr ernst ist. Er bat ferner entdeckt, daß Eduard VH. ein sehr intelligenter König ist, und daß er uns einkreisen will. Mit Frankreich und Rußland, Dänemark, Italien bat er sich schon verabredet. Fehlt nur noch Oesterreich-Ungarn, dos er nächstens uns ansspannen wird, um es der großen antideutschen Koali tion zuznsühren, die dann die Aufteilung Marokkos, Persiens und der Türkei ohne uns in die Hand nehmen würde, wenn nicht eben zu rechter Zeit Herr Rudolf Martin gekommen wäre, der diesen Plan vereitelt und Deutschland den Weg vorzeichnet, aus dem es mit Weltkrieg ober ohne ihn zum Weltreich wird. Deutschland soll sofort an Frankreich berantreten mit dem Vorschläge der Teilung Marokkos England wird natürlich sofort seine Genebmigimg erteilen, wenn Deutschland ihm die schon erwähnten Konzessionen macht, und sollte es wider Erwarten dos nicht tun, so soll Deutschland ein Jahr warten und dann die Frage aber mals anschneiden. „Im Falle der erneuten Ablehnung wird sodann Tentschland selbst die westliche Hälfte Marokkos besetzen und unter sein Protektorat nehmen. Es bedarf keiner Erwähnung, daß eine gewaltsame Hinderung Dentschlands die Eröffnung des Weltkrieges bedeuten würde " „Besetzen?" wird der erstaunte Leser fragen. Nun natürlich „besetzen", nämlich mit den auf Martinsche Anregung inzwischen erbauten Luft schiffen. Der Deutsche Kaiser hat den Reichstag einberufen, „um die Be- willigung von einer Milliarde Mark für den lchlennigen Bau von Molorliistwhr-engen aller Arten zu erhalten. Die Einrichtung von BerkehrSluftliuieu durch das Reich und die Begründung von 10 Lust- schifferregimentern an Stelle des gegenwärtigen Lustschifferbataillons wird der nächste Schritt Deutschlands zur Lösung der marokkanischen und orientalischen Frage sein." „Auf eine Verbesserung der Motor- lustschifsahrt braucht Deutschland nicht zu warten. Tic Leistungen der Technik sind schon heute viel weiter, als cs zur Landung einer Armee in England erforderlich ist. Die deutsche Luftmacht kann sich den allcr- gunstigsteu Tag zu der Landnug in England aussuchen." Herr Rudolf Martin Hal die festländische Kanalküste England gegenüber durch die deutschen Truppen erobern lassen, und von dort aus soll nun England erobert werden. Die Martinschen Kalkulationen sind ebenso einfach, wie amüsant. Er rechnet ans: „Aus 2000 Alnittinium-Lustlchisscu könnte Deutschland 100 000 Mann und aus 5000 halbstarreu uno unstarren Molorballons zu je 10 Mann 50 000, insgesamt also 150 000 Mann in einer halben Stunde während der Nacht von Calais nach Dover werfen." Das würde nuu allerdings schon nach der Martinschen Berechnung nicht eine Milliarde, 'andern zwei Milliarden Mark kosten. Doch kommt es ia au; solche Bagatellen, wenn es sich um die Austeilung der Welt handelt, nicht an. Aber Herr Martin denkt nicht nur an die Luftballons, sondern auch an die flugmaschinellcn Möglichkeiten: „Aus 100 000 Flngmaschinen, die sür je 2 Personen eingerichtet sind, kann Tentschland im Falle eines Krieges mit England 200 MO Mann Infanterie innerhalb einer halben Stunde während der Nacht von Calais nach Dover Wersen. Eine solche Flugmaschine kostet nicht mehr als 20 MO lt , IM MX) Flngmaschinen also kann sich Deutschland mit einem Kostenaufwand von 2 Milliarden Mark Herstellen. In einem Weltkrieg würde Deutschland 2 Milliarden Mark auf Flugmaschinen ohne Gasballons nnd 2 Milliarden Mark aus Motorballons zu verwenden haben, um eine Armee von 350 MO Mann in einer halben Stunde während der Nacht von Calais nach Dover transportieren zu können." Man sieht also, daß der Deutsche Kaiser mit seiner geforderten lum pigen Milliarde nur den vierten Teil dessen haben will, was doch nun einmal nach Herrn Martin nötig sein wird. Und wir nehmen es Herrn Martin wirklich übel, daß er dem Kaiser nicht gleich die vier Milliarden vorschlägt. Ueber technische Schwierigkeiten geht Herr Martin spielenü hinweg, indem er sie durch verblüffende Logik besiegt. Z. B.: „Wenn beute eine Jlugmaschinc zwei Personen mehr als einen Kilometer trägt, so ist kein technischer Grund vorhanden, der eine Fluglinaschine für fünf oder zehn Personen als unmöglich erscheinen ließe." Nun siebt auch Herr Rudolf Martin die Möglichkeit, „daß England so gut wie Deutschland mit seinen reichen sinanzicllen Mitteln Motor-Luftschiffe und Flugmaschinen Herstellen und kaufen könnte". Aber auch da weiß der Autor Rat, denn „England besitzt nicht die Landarmer, welche eS ans dem Luftwege zu einem entscheidenden Schlag nach Deutschland wer fen könnte". Und die andere, immerhin nicht unbestreitbare Schwierig keit, woher denn Deutschland die 100 000 und einigen Jlugmaschinen- Lenkcr nehmen will, hat Herr Martin längst berücksichtigt, indem er kalkuliert: „Heute dürsten bereits 10 000 Kraftfahrzeuge im Deutschen Reiche vorhanden sein. Einschließlich der noch militärpflichtigen Be sitzer dürsten also mindestens 60 000 Männer sich auf die Leitung und Behandlung eines Automobils verstehen." Diese 60 000 nimmt Herr Rudolf Martin als Stamm der Luftschiff-Führer und erobert mit ihnen glatt England. Man kann nicht umhin, zugleich tief erschüttert und hoch erhöbe» zu werden durch die Martinschen Perspektiven des kriegerischen Weltbrau- des, den die deutsche Luftmacht mit Dynamitpatronen löschen soll. Der eigentliche Sieger aber in dem luftigen Kriege wird .Herr Rudolf Martin sein. Heil! Die Eröffnung -es preußischen Landtage». Ueber die von nns bereits telegraphisch kurz gemeldete Eröffnung liegt uns noch folgender ausführlicher Drahtbericht vor. Berlin, 26. Juni. Im Saale des Abgeordnetenhauses waren die Mitglieder beider Häuser zahlreich versammelt. Um 11 Uhr betrat das Staatsministerium de» Saal. Ministerpräsident Fürst v. Bülo w verlas folgende Allerhöchste Botschaft: „Der Kaiser uno König haben mich zu beauftragen geruht, den Land- tag der Monarchie zu eröffnen und am Beginn des neuen Abschnittes der parlamentarischen Arbeiten in seinem Namen willkommen zu heißen. Seine Majestät hoffen, im Herbst dieses Jahres den Landtag persönlich begrüßen zu können. Nachdem das Abgeordnetenhaus durch Allerhöchste Verordnung vom 1. Juni 1908 ausgelöst ist, sind in Ausführung des Artikels 51 der Verfassung die beiden Kammern gegenwärtig versammelt worden. Ein Gesetzentwurf über die Erhebung von Abgaben d u r ch die evangelischen Landeskirchen wird Ihrer Be schlußfassung unterbreitet werden. Er soll dazu oienen, innerhalb der von den kirchlichen Instanzen beschlossenen Gehaltsaufbesserungen be dürftigen Geistlichen schon jetzt Vorschüsse znwenden zu können. Aus Befehl des Kaisers und Königs erkläre ich den Landtag der Monarchie für eröffnet." Der Präsident des Herrenhauses, v. Manteuffel, brachte hierauf das Kaiser hoch aus, in das die Versammelten begeistert einstimmten. Darauf hielten die beiden Häuser getrennte Sitzungen ab. Herrenlmus. Ter Präsident der letzien Session, Freiherr o. Manteuffel, er öffnet die Sitzung nm 1 Uhr mit einem Kaiserhoch. Auf Antrag des Freiherrn von Lucius wird das bisherige Präsidium durch Akklamation wiedergswählt. Damit ist die Tagesordnung erschöpft. — Nächste Sitzung heute nachmittag l^i Uhr. Schluß 1 Uhr 30 Min. Zweite Sitzung. Am Ministertisch: Holle Bei der einmaligen und Schluy- beratnng des Gesetzentwurfes, betreffend Erhebung neuer Umlagen zn lande-skirchlichen Zwecken für das Etatsjahr I9M. erklärt Minister Holle, das Gesek solle vom 1. April 1908 ah rückwirkende Kraft erlangen. Die Erträgnisse anS den Umlagen sollen sür die Besoldnngsverbesiernng der evangelischen Geistlichen bestimmt sein und den Älterszulageklassen überwiesen werden mit »er Ermächtigung, daraus Gehaltsvorschüsse zu zahlen an bedürftige Geist- siche und solche, die in der sicheren Annahme daß eine Erhöhung der Pfarrbeioldung erfolaen würde, gelderiorderndc Dispositionen, nament- Uch im Interesse ihrer Künder, getroffen hätten Er bitte um Annahme der Vorlage. Darauf wird die Vorlage unverändert angenommen. Dec Termin der nächsten gemeinsamen Schlußsitzung wird Leu Mitgliedern später bekanntgegeben. Schluß 2 Uhr 15 Min. Abgeordnetenhaus. Alterspräsident Ho brecht sSzuman hatte abgelehnts eröffnet die ecsie Sitzung nm 12!4. Uhr mit einem Kaiserhoch. sDarauf erscheinen die Sozialdemokraten im Saal.) Die Vereidigung der neu einoe- tretenen Abgeordneten erfolgt in einer der nächsten Sitzungen. Der Präsident macht darauf aufmerksam, daß diejenigen Abgeordneten, die diesen Eid nicht leisten würden, von den Sitzungen auszuschließen sein würden. Eingegangen sind zwei Anträge Borgmann sSoz.) au/ Einstellung der Festungshaft bzw. des Strafverfahrens gegen die Abgg. Liebknecht tSoz.) unv Le inert fSoz.) Gegen den Vorschlag des Alterspräsidenten, außer der Wahl deS Präsidiums auch die erste und zweite Lesung der Gehalts- Vorlage für die Geistlichen auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung zu fetzen, erhebt Borgmann fSoz.) Widerspruch. Es bleibt aber nach längerer Geschäslsordnungsdebatte, an der sich die Abgg. Heyde- brand und Pori'ch beteiligen, bei dem Vorschlag des Präsidenten, da der Widerspruch nicht genügend Unterstützung findet. Nächste Sitzung: Sonnabend 2 Ubr. lWahl des Präsidiums, Gehaltsvorlage für di- Geistlichen und die beiden sozioldemokratischeu Anträge.) Ter Leniorenkonvent des Abgeordnetenhauses wird sich am Sonnabend schlüssig machen, ob der vorliegende Gesetzentwurf heute in drei Lesungen hintereinander oder erst am Dienstag nnd Mittwoch mit Innehaltung der Respektfristen beraten werden soll. Bon dieser Entscheidung hängt es ab, wann der Schluß der Session einlritt. Aoloniale» arr» Frankreich. (Von unjerem Pariser D-Korrefpondenteu.) Paris, 21 Juni. Frankreich Hal noch nicht genug mit seinen afrikanischen und asiati schen Kolonien, und bevor diese völlig kultiviert und unterjocht sind, «acht es neue Felder sür überseeische militärische Aktionen. Es täte vielleicht gut daran, ehe es seine Truppen nach Marokko wirft, etwas mehr Ordnung in den indo-chinefifchen Ländern zu schaffen nnd dort die unermeßlichen Reichtümer des Bodens wirklich der Zivilisation zu gänglich zu machen. Gerade hat es ein Ultimatum »ach Peking geschickt, worin es die Absetzung deS Vizekönigs Si Leang, der die Pro vinz Nuchan verwalte!, fordert, weil er angeblich frcmzofcnfeindlich ge sinnt fei und feine Truppen in der Verfolgung der sogenannten Re- formisten, wvhlbcwaffneter revolutionärer chinesischer Scharen, die feit langen Zeiten gegen die Mandschns kämpfen, über die Grenze der französischen Kolonie bis nach Phaleng vorrückcn ließ, wo sic mit dem regulären Militär der Republik wiederholt in Konflikt kamen nnd der Leutnant Weigand mir sechs Tirailleurs getötet wurde. Edina ba' in Paris wissen lassen, daß es den Vizekönig für einen seiner tüchtigsten Administratoren hält und Kat sich auch beklagt, daß Frankreich aus seinem Ivnkinesischen Gebiet die Bildung der aufständischen Scharen dulde. Für die Ermordung des französischen Offiziers bor cs icsion Ciilschnldignng und die Bestrafung der Mörder au. Um ihrem UUr- maium mehr Nachdruck zn geben, hat die Republik Befehle erteilt, daß mit den chinesischen Revolutionären auf tongkinesifchem Gebiet gründ lichst aufgeräumt werde. In ihrem Vertrag mit Japan vom Jahre 1L07, worin sich beide Länder gegenseitig ihren asiatischen Besitz garan- tierten, hat die Republik ausdrücklich ihre Berechtigung anerkennen lassen, in den Grenzlaudcn Tonglings uno Cbinas ihre Polizei auszu- üben, genau wie sie dies auf der Älgcciraskonferenz sür die algerisch marokkanischen Grenzgebiete durchsetzte. Die chinesischen Reformisten sahen sich am 18. Juni östlich von Lao-Kai von 150 Tirailleurs unter dem Kommandanten Lecrcux angegriffen. Zuerst ließ sich ein Drnpv von 78 chinesischen Aufständischen obnc weiteres entwaffnen, doch bald erschienen 600 Reformisten, die von den französischen Offizieren die Herausgabe der beschlagnahmten Gewehre verlangten. Da dies ver- weigert wurde, umzingelten sie in der Nacht das Lager der Tirailleurs und eröffneten daS Feuer darauf. Im Kampfe fielen zwei Offiziere, zwei Sergeanten nnd eine große Zahl der eingeborenen Soldaten. Tic Reformisten sollen 50 Tote gehabt haben. Sofort nach Bckanntwerocii dieser blutigen Schlacht wurde von Saigon aus der Befehl zur Zu sammenziehung aller verfügbaren Truppen an der chinesischen Grenze gegeben. Der „Mat in" erinnert daran, daß ihm schon im letzten T-' >moei aus Tongkina geschrieben wurde: „Die chinesischen Angelegenheiten sieben sehr schlecht: wenn die Reformisten unterliegen, wird Tongking bald von Tausenden von wohlbewafsneten Chinesen überflutet werden, die wir nicht imstande sind, zurückzudrängen, weil es nns an weißen Truppen mangelt. Vor vierzehn Tagen wurden 10000 Manier- gcwchre und eine Million Kartmchen über Tongking nach Emna mn- geführt. Tas ist von unserer Seite wirklich sträflicher Leichtsinn." Der „Matin" fügt Hinz«: „Als die französische Verwaltung un gehindert diese Waffen und Munitionsvorräte, die für die anti- dynastischen chinesischen Rebellen bestimmt waren, dnrchlicß, entblößte sie gleichzeitig, ohne sich über ihre Verantwortlichkeit klar zn we-den, die chinesisch-tongkincsische Grenze." Am 16. Februar schrieb der gleiche Korrespondent: „Ich bin der Ansicht, daß man einen außerordentlich schweren politischen Fehler beging, als man die meisten Grenzvosien räumte und in Masse die europäischen Soldaten nach Hanse einschisste. wie dies seit Monaten geschieht. Die französischen Parlamente vo tierten im letzten Jakr die Herabsetzung der Effektivstärke im änßentcn. Orient. Tie Wirkungen dieser gefährlichen Maßregel machen sich >ept grausam fühlbar. Besonders der Posten von Lao-Kai wurde von der Artillerie und den weißen Truppen geräumt. Von da an war dem Einfall der revolutionären Chinesen eine breite Tür geöffnet, von der sie, ohne sich zu genieren, profitierten. Das Schlimmste ist. daß dic'e Zwischenfälle die sortglimmendc Erregung unter den Eingeborenen Tang- kinas anzufachen drohen. Der Haß wird durch geheime Wühlerei n:>ch verstärkt, wo schon die unerträgliche Steuerlast und die Lebensteueruna ihn genügend schüren. Es geht etwas wie ein Erschauern durch die Reisfelder in der Tiefebene von Song-Koi nnd die Hochtäler und Wäl- der von Den-Tbe, wo der Bandit De Than nur den günstigen Moment abwartet, nm das Zeichen zu einem nationalen Aufftand zu geben." Der Wafsenschmnggel wird also auch hier offen zugegeben Be kanntlich haben die Bcni Snasien sich bei ihrem Angriff auf alfleriicku'm Gebiet jünpst französischer Schnellfeuergewehr«; bedient. Kann man den chinesischen Reformisten ibre Wut verdenken, wenn die Franzosen ihnen hente zebntansend Gewehre nnd eine Million Kartuschen her- kaufen und sie morgen zwingen wollen, diese teuer erstandenen WaEen wieder berauszugeben, obne ihr Geld znrückznbekmnmen? Die eurv- väische Zivilisation bat entschieden ihre zwar spaßbasten, aber mit der Logik nicht zn vereinbarenden Momente! - Der „Rappel" schreibt: „Bald werden unsere Truppen gegen die Beamten der chinesischen Re- gicrung ausgesandt, bald gegen die Feinde dieser Regierung. Tie öffentliche Meinung Frankreichs wird sich fragen, wvzn das dort nn'en vergorene Blut dienen lall. Die tnnakinesischc Grenze ist nicht bedroht: i.i dec blutigen Affäre von Lao-Kai übten wir da^ Polizeimand't i us, das Herr Pichon unS in dem ^ranko-japanischen Vertrag von 1907 zn-
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