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Wochenblatt für. für die Königl. Amtshauptmannschast zu Meißen^das Königl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. Dreiundvierzigster Jahrgang. Erscheint »ichentltch 2 Mal Dientt«- und Freitag. LtonnementspreiS v erteljährlich 1 Mark. Eine »inrelne Nummer k»stet 10 Pj. ^»seratenannahme Nentag» «.Donnerstags »i» Ritt-, 12 Uhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal Dienstag und Freit«, Abonnemenl-»rei» vierteljährlich 1 M«rk Ein« einzelne Nummer — . kostet^O Pf. Wilsdruff, Thuruudt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Nr. 85. Dienstag, den 23. Oktober 1883. Verordnung, betreffend die Vergütung der Schlachtsteuer in denjenigen NothschlachtfäNen, in welche» nach der Verordnung vom 4. März 1881 Entschädigung zu gewähren ist. Das Ministerium des Innern erachtet in der Billigkeit begründet, daß den Besitzern solcher, auf Anordnung der Polizeibehörde ge- tödteter Rinder, für welche nach Maßgabe der, zu Ausführung des Reichsgesetzes vom 23. Juni 1880 erlassenen Verordnung vom 4. März 1881 — Gesetz- und Verordnungsblatt von 1881, Seite 13 — Entschädigung zu gewähren ist, auch die in solchen Nothschlachtfällen zu entrichtende Schlachtsteuer vergütet werde. Es ergeht daher hierdurch an alle Polizeibehörden, welche die auf das Entschädigungswerk bezüglichen Berechnungen aufzustellen haben, Verordnung, von jetzt an in diese Berechnungen auch die Beträge der von den Besitzern der getödteten Rinder zu entrichten ge wesenen Nothschlachtsteuer mit einzustellen. Dresden, am 9. Oktober 1883. Ministerium des Kunern. v. Nostitz-Wallwitz. Bekanntmachung, Rinderpest betr. Nachdem amtlicher Mittheilung zufolge die Rinderpest in einem Gehöfte zu Breslau konstatirt worden ist, findet sich das Ministerium des Innern veranlaßt, auf § 4 des Reichsgesetzes vom 7. April 1869, Maßregeln gegen die Rinderpest betr., der folgendermaßen lautet: „Jeder, der zuverlässige Kunde davon erlangt, daß ein Stück Vieh an der Rinderpest krank oder gefallen ist oder daß auch nur der Verdacht einer solchen Krankheit vorliegt, hat ohne Verzug der Ortspolizeibehörde Anzeige davon zu erstatten. Die Unterlassung schleu nigster Anzeige hat für den Viehbesitzer selbst, welcher sich dieselbe zu Schulden kommen läßt, jedenfalls den Verlust des Anspruchs auf Ent schädigung für die ihm gefallenen oder getödteten Thiere zur Folge", sowie darauf andurch besonders aufmerksam zu machen, daß Zuwiderhandlungen, sowie Beihülfen und Vorschubleistungen zu solchen, nach 8 8 des Sächsischen Gesetzes vom 30. April 1868 mit Gefängnißstrafen bis zur Dauer eines Jahres zu ahnden sind., Dresden, am 17. Oktober 1883. Ministerium -es Innern. Für den Minister: v. Charpentier. Von dem unterzeichneten Königlichen Amtsgerichte soll den 4. Januar 1884 das dem Haus- und Feldbesitzer Mdolf Oswald «Kießlich in Herzogswalde zugehörige HauS- und Gartengrundstück Nr. 2 des Katasters und Nr. 2 des Grund- und Hypothekenbuches für Herzogswalde vormals Oberreinsberger Antheils, welches Grundstück am 14. October 1883 ohne Berücksichtigung der Oblasten auf 26V« Mark — gewürdert worden ist, nothwendiger Weise versteigert werden, was unter Bezugnahme auf den an hiesiger Gerichtsstelle aushängenden An schlag hierdurch bekannt gemacht wird. Wilsdruff, am 17. Oktober 1883. Königliches Amtsgericht. vr. davAlvtk. Nächsten Donnerstag, den 25. Oetober -S. Js>, Nachmittags 6 Uhr, öffentliche Sitzung -eS Stadtgemeinde- rath». Wilsdruff, am 22. Oktober 1883. Der Stadtgemeinderath. Ficker, Brgmstr. Tagesgeschichte. Aus Friedrichsruhe wird gemeldet, das dortige Telegraphen amt habe bis 12 Uhr Nachts Dienst! Es ist das ein sicheres Zeichen, daß der Reichskanzler sich wieder mit vollem Eifer den Geschäften widmet und selbst wieder die obere Leitung der Reichsangelegenheiten in die Hand genommen hat. Was in dem stillen Friedrichsrnh frei lich geplant und berathen wird, bleibt vorläufig noch der Welt ver borgen, aber es ist doch so viel bekannt geworden, daß nun endlich die Arbeiten für das neue Arbeiterunfallversicherungsgesetz in der Hauptsache abgeschlossen sind und zwar in einer Weise, die erhoffen läßt, daß in der nächsten Reichstagssession dies große Werk zum Ab schlusse gelangt, nachdem schon mehrere Jahre hin und her darüber discutirt ist, ohne daß ein sonderlicher Fortschritt bemerklich war. Die Provinz. Korr, schreibt über die Ausbreitung der fakultativen Innungen: Die Daten über die Zahl neugebildeter und in der Bil dung begriffener Innungen lehren, daß die Bewegung bisher wesent lich aus das nördliche und einen Theil des mittleren Deutschlands beschränkt geblieben ist. Preußen (mit 225 eingereichten und 1113 in Vorbereitung begriffenen Jnnungsstatuten) das Königreich Sachsen, Oldenburg, einzelne thüringische Herzogthümer und Hamburg haben das Houptkontingent zu den neuen Innungen geliefert. In Württem berg sind bis jetzt 3, in Baden 6 Innungen in Vorbereitung begriffen, in Hessen und Lippe liegen gar keine bezüglichen Absichten vor, we- nig zu merken ist in Mecklenburg, Waldeck, Bayern. Allerorten im evangelischen Deutschland beschäftigt man sich ein gehend mit den Vorbereitungen zu der im nächsten Monat stattfin denden Feier des 400jährigen Geburtstages Luthers. Lntherkirchen, Lutherstiftungen, Lutherstatuen rc. sollen das Andenken des großen Reformators äußerlich festhalten, während dasselbe im Herzen der Protestanten nicht nur Deutschlands, sondern auch der ganzen übrigen Welt auch ohne eine derartige äußerliche Mahnung unvergändlich fort leben wird. Zu wünschen wäre, daß die kirchliche Feier am 10. No vember überall in derselben Weise begangen würde, um auch auf diese Weise die Einheit der Protestanten Deutschlands in der Verehrung Luthers darzuthun. Es ist jedenfalls als ein bedeutender Fortschritt in den Anschau ungen der englischen Kreise über Deutschland im Allgemeinen sowie speziell über die Bedeutung des Reichskanzlers Fürsten Bismarck an zusehen, wenn ein den ministeriellen Kreisen nahestehendes Londoner Blatt, die „Pall Mall Gazette", sich anerkennend über die deutsche Friedenspolitik ausspricht und von derselben wirklich überzeugt ist. Andererseits verdient Beachtung, was über Rußland gesagt ist. Das Blatt schreibt: „Wir erfahren aus zuverlässiger Quelle, daß, allen gegentheiligen, mit Zähigkeit in Umlauf gesetzten Gerüchten zum Trotze, die Beziehungen zwischen den Regierungen Deutschlands und Rußlands selten herzlichere waren, als sie es gegenwärtig sind. Wenn auch der Kaiser von Rußland dem österreichisch-deutsch-italieni schen Friedensbunde nicht förmlich beigetreten ist, so befindet sich die russische Regierung dennoch in voller Uebereinstimmung mit den Zwecken der Allianz, welche die Erhaltung des statug guo und des europäischen Friedens anstreben. Die Befürchtungen, welche in eini gen Pariser Kreisen und anderwärts vorherrschen, daß Fürst Bismarck im nächsten Frühjahre aggressive Pläne ins Werk zu setzen gedenkt, finden in den anderen Hauptstädten Europas unbedingt keinen Glauben. Dew deutschen Reichskanzler handelt es sich einzig und allein um die Erhaltung des Friedens." Die'französische Kriegsflotte soll gegenwärtig aus 209fer tigen bewaffneten Dampfern bestehen, darunter 48 Panzerschiffe, 73 Kreuzer, 45 Transportschiffe rc. Die Panzerschiffe bestehen aus 21 Schlachtschiffen ersten Ranges, 13 Panzerschiffen 2. Klasse, 8 Panzern für die Küstenvertheidigung und 6 schwimmenden Batterien. Zu den Kreuzern gehören auch die Kanonenboote. Sieht man von den Trans portschiffen ab, so stellt sich die Zahl der Kriegsschiffe auf 164. Wenn davon nichts blos auf dem Papiere steht, so wäre dies allerdings eine furchtbare Macht, die z. B. der deutschen Kriegsflotte mehr als das Doppelte überlegen sein würde. Die entsprechende Zahl Dampfer der deutschen Kriegsflotte beläuft sich nämlich auf 75. — Sind die Franzosen nicht die wunderlichsten Leute von der Welt? Erst hängen sie Anzeigen an den Schaufenstern aus, daß den Deutschen nichts solle verkauft werden und nun, wo man in Deutschland erklärt, von den Franzosen auch nichts kaufen zu wollen, da schreien sie Zeter und Mordio über die Halsabschneiderei. Nebenbei aber trösten sie sich, daß die Deutschen in mancher Hinsicht ohne Paris gar nicht bestehen könnten, insbesondere was Modesachen betreffe. Die France liefert über dieses Thema einen vermeintlich geistreichen Leitartikel, der aber in Wahrheit in der affenartig-grimmassirenden Manier gehalten ist, in welche ein großer Theil der französischen Blätter seit längerer Zeit verfallen ist. In Petersburg hat am Donnerstag in Gegenwart des kaiser lichen Hoses und unter ganz besonderem Ceremoniell die Grundstein legung für die am Platze der Ermordung Kaiser Alexander II. zu erbauende Kapelle stattgefunden. In sämmtlichen Kirchen der Resi denz fand ein Todtenamt für den ermordeten Monarchen statt. Ein furchtbares Erdbeben suchte am Montan den l6. d. M. die ganze Halbinsel von Smyrna bisTschasme heim. DieDörfer zwischen Tschasme und Urla wurden zerstört, über 1000 Menschen sind umgekommen, 20,000 sind obdachlos und nothleidend. Smyrna und Chios haben weniger gelitten.