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Wochenblatt für Erscheint »»chentlich S Mal Dienst«« und Freitag. Abonnement-Preis vierteljährlich 1 Mark. Ein« einzelne Nummer kostet IO Pf. Jnseratenannabme Montag« «. Donnerstag« bi« Mittag IS llhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal Dienstag und Freitag AbonnememsprciS vierteljährlich 1 Mar Eine einzelne Nummer — . kostet 10 Pf. Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden. für die König!. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. Dreiun-vierzigster Jahrgang. 1883. Rr. 91. Dienstag, den 13. November Bekanntmachung, die Wahl von Bezirkstagsabgeordneten aus den Höchstbesteuerten betr. Für die mit Ende dieses Jahres infolge Ablaufs der gesetzlichen Wahlperiode als Vertreter der Höchstbesteuerten aus hiesiger Be zirksversammlung ausscheidenden Herren Rittergutsbesitzer Klopfer auf Robschütz, Stadtrath Kurtz in Meißen, Rentier Miersch in Paltzschen, Oeconomierath Steiger in Meißen und Mühlenbesitzer Discher in Niedereula, sowie für den aus dem Bezirke verzogenen Herrn Rittergutspachter Rotzberg in Zfchochau und den verstorbenen Herrn Bankier Kröber in Meißen sind die erforderlichen Ergänzungswahlen vorzunehmen, wozu Sonnabend der 8. Dezember dieses Jahres Vormittags 1V Uhr hiermit anberaumt wird. Die stimmberechtigten Höchstbesteuerten des hiesigen Bezirks werden daher hierdurch eingeladen, zu nurgedachtem Zeitpunkte im Saale des GasthosS zur Sonne hier sich einzufinden und die Wahl unter Leitung des unterzeichneten Amtshauptmanns vorzunehmen, wobei bemerkt wird, daß diejenigen Stimmberechtigten, welche bis Vormittags 11 Uhr des obengedachten Tages in dem Wahllokale sich nicht einge funden haben, von der Theilnahme an dieser Wahl ausgeschlossen sind. Endlich wird gemäß 8 7 des Gesetzes, die Bildung von Bezirksverbänden und deren Vertretung betr., vom 21. April 1873, noch darauf aufmerksam gemacht, daß die Liste der obengedachten Stimmberechtigten an hiesiger Kanzleistelle zur Einsicht ausliegt, und daß etwaige Einsprüche gegen diese Lieste bei deren Verlust spätestens bis 24. November -ieseS Jahres allhier anzubringen sind. Meißen, am 25. Oktober 1883. Königliche Amtshauptmannschaft. v. Bosfe. Bekanntmachung. Behufs der vorzunehmenden Ergänzungswahl des mit Ende dieses Jahres ausscheidenden dritten Theiles der Stadtverordneten und deren Ersatzmänner ist eine Liste der stimmberechtigten und wählbaren Bürger hiesiger Stadt angefertigt worden und hängt dieselbe vom 15. bis 30. dieses Monats im hiesigen Rathhause zu Jedermanns Einsicht aus. Etwaige Einsprüche dagegen sind rechtzeitig und spätestens bis mit 21. dieses Monats bei dem unterzeichneten Bürgermeister an zubringen. Nach Ablauf der gedachten Auslagezeit wird die Liste geschlossen, auch werden alle bis dahin in dieselbe nichtIeingetragenenlBürger von der Wahl ausgeschlossen, sowie auch etwaige bis dahin nicht erledigte Einsprüche unberücksichtigt gelassen werden. Wilsdruff, den 12. November 1883. Der Bürgermeister. Ficke«. Wilsdruff, 12. November 1883. Die hochfestlichen Tage, welche die evangelisch-lutherischen Christen schon lange herbeigesehnt hatten und für deren festliche Begehung überall die großartigsten Vorbereitungen getroffen waren, sind nun schon an uns vorübergerauscht, werden aber sicher in aller ev. Christen Herzen noch lange einen herrlichen Nachklang haben. Auch unsere Stadt ist nicht zurückgeblieben, sondern hat den 400jährigen Geburts tag unseres theuern Dr. Martin Luther in würdigster Weise gefeiert. Die Festlichkeiten wurden Sonnabend Vormittag 10 Uhr mit einem Schulaktus eingeleitet, wozu sich außer den Behörden aus der Bürger schaft eine fehr zahlreiche Zuhörerschaft eingefunden hatte; der Schul saal war mit den bekränzten Bildern Luthers und Melanchthons ge schmückt. Mit dem Gesänge „Eine feste Burg ist unser Gott" wurde die Feier eröffnet, hierauf folgte Gebet durch Herrn Schuldirektor Gerhardt, dann Deklamationen der Kinder und wiederum Gesang, worauf Herr Oberlehrer Bang die Festrede hielt. In klarer und fesselnder Weise verstand es der verehrte Redner, den Kindern so recht ans Herz zu legen, was ihnen der große Reformator und theure Gottesmann Dr. Martin Luther gebracht und was sie ihm dafür schuldig seien. Auf alle anwesenden Erwachsenen und gewiß auch auf die Kinderwelt machte das herrliche Bild, welches der Redner von Luther entwarf, einen tiefgehenden Eindruck und rief bei Allen die rechte Feststimmung hervor. Nach der Festrede fanden wiederum Deklamationen statt, die Feier aber schloß mit dem Gesang: „Das Wort sie sollen lassen stahn". Nach dem Schulaktus wurden an sämmtliche Schulkinder Lutherbilder zur Erinnerung an den Festtag vertheilt. — Die zweite Feier des Tages bestand in der Pflanzung einer Luthereiche von Seiten des Stadtgemeinderathes in der Nähe, der alten Mädchenschule, wozu sich nicht nur sämmtliche Theilnehmer vom Schulaktus, sondern auch zahlreiche andere Theilnehmer einge funden hatten, außerdem auch die obersten Schulklassen betheiligt waren, hier hielt die Weiherede H^r Bürgermeister Ficker. In kräftigen begeisterten Worten betonte der Redner ebenfalls die Bedeutung des hochwichtigen Tages und wünschte, daß diese Eiche, welche wachsen, grünen und gedeihen möge, für unfere Stadt allezeit sein solle ein Erinnerungszeichen an den 400jährigen Geburtstag des großen Re formators Dr. Martin Luther, auch Herr Pastor Dr. Wahl, Herr Schuldirektor Gerhardt und einige Vorstände von Vereinen widmeten der Eiche sinnige Sprüche. Auch diese Weihe wurde mit Gesang er- öffnet und geschlossen. — Von Nachmittags 1 bis 2 Uhr fand Ein lauten des Festes mit allen Kirchenglocken statt, woran sich ein vor bereitender Gottesdienst anschloß. Sonntag früh 4 bis 5 Uhr fand wiederum Festlauten statt; vom Rathhausthurm wurde früh 7 Uhr vom Stadtmusikchor der Choral „Eine feste Burg ist unser Gott" ge blasen; um halb 9 Uhr fand vom Schulplatze aus unter Glockengeläut ein Festzug nach dem Gotteshause statt, woran sich alle Corporationen mit ihren Fahnen betheiligten. Unser jetzt wahrhaft schönes Gottes haus aber war fast nicht im Stande, alle die Andächtigen zu fassen, welche gekommen waren, um hier an heiliger Stätte aus dem beredten Munde des Festpredigers von dem theuern Gottesmanne Dr. Martin Luther zu hören. Nachdem das herrliche Lied „Eine feste Burg ist unser Gott" brausend mit Posaunenbegleitung erklungen war und von der Liedertafel zwei schöne Lieder gesungen worden waren, hielt Herr Pastor Dr. Wahl die Festpredigt; mit geistigem Feuer entrollte der verehrte Redner ein Bild von dem Leben und Wirken des theuern Gottesmannes Dr. Martin Luther und legte dar, welcher Segen für die ganze Christenheit daraus ersprossen sei, zu innigem Danke an diesem Festtage gegen den allmächtigen Gott auffordernd. Nach der Predigt fang die Liedertafel nochmals ein liebliches Lied. Der schöne Schmuck der Kirche, die erwähnten Gesänge und die lange Zeit ver mißte Posaunenbegleitung des Hauptliedes, alles dies trüg dazu bei, daß diese kirchliche Feier zu einer wirklich hohen Festfeier sich gestaltete. Nachmittags fand Festzug der Schuljugend nach der Kirche statt, um auch dieser hier die hohe Bedeutung der Lutherjubelfeier ans Herz zu legen. — Sonntag Abend fand im Saale zum goldnen Löwen großes Festspiel statt, veranstaltet vom Lehrerkollegium und ausgeführt von den 4 Oberklassen der hiesigen Bürgerschulen. Schon lange vor Be ginn der Feier war der Saal nicht nur ge- sondern fast überfüllt von Besuchern aus allen Ständen von Stadt und Land. Jedes wollte die lieben Kleinen spielen sehen und singen hören. Und wahrhaftig, die Kleinen haben ihre Sache gut gemacht; nicht allein die Gesänge und Deklamationen wurden gut zu Gehör gebracht und beifällig aüf- genommen, sondern ganz besonders das herrliche theatralische Festspiel „Die Wittenbergische Nachtigall" prächtig ausgeführt. Man muß diese liebliche kostümirte Kinderschaar, die hübschen Schnitter und Schnitterinnen, die wandernden Handwerksgesellen, die aufgewichsten Studenten und ernsten Mönche gesehen haben, man muß gesehen ha ben, mit welch hübschem Anstand und theils bewundernswerther Sicher heit sie ihre wechselseitigen Gesänge und Spiele ausführten, um dann zu sagen, sie müssen einen guten Lehrmeister gehabt haben, und gewiß, es gebührt die Ehre des Gelingens des ganzen Festabends dem Herrn Schuldirektor Gerhardt, welcher sich auch noch durch seinen mit tiefem Gefühl gesprochenen Prolog verdient gemacht hat. Wir freuen uns aber auch, daß unserer Schule durch das reichlich geflossene Entree ein so ansehnlicher Ertrag zugeflossen ist, welcher, wie wir hören, theils zur Anschaffung von Schulbedürfnissen für arme Kinder Verwendung finden foll. Wir können diesen kurzen Bericht nicht schließen, ohne der Freude Ausdruck zu geben, daß nicht allein die Festtage mit letzt gedachtem Festspiel der Jugend einen recht würdigen, ja lieblichen Ab schluß fanden, sondern auch, daß unsere Stadt mit seiner Lutherfeier sich andern Städten würdig zur Seite stellen kann. Allen aber, Alt und Jung, möge die Erinnerung an das herrliche Jubelfest, an den 400jährigen Geburtstag unseres theuern Dr. Martin Luther, unver geßlich bleiben.