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stümmelten Ueberreste, in Tücher eingewickelt, aus dem Bahnhof Steglitz in einen Möbelwagen gehoben und per Axe nach Berlin zum Obduk tionshaus geschafft. Schließlich wurden große Leintücher herausge bracht, in denen nur abgerissene Gliedmaßen, Köpfe, Arme und Beine lagen. Der Zugführer des Courierzuges konnte den in voller Fahr geschwindigkeit fahrenden Zug nicht mehr trotz Contredampfes zum Stillstehen bringen, war aber von der Katastrophe so erschüttert, daß er auf der nächsten Station um seine Ablösung nachsuchte. Dort wur den auch die Räder und Trittbrete des Courierzuges von den Blut flecken und Kleiderfetzen gereinigt. Auf eine Viertelstunde weit zerstreut lagen neben den Geleisen die Gliedmaßen, Ringe, Uhren, Ketten und Pretiosen, die zum Theil erst Montag früh aufgelesen wurden. All Berliner Zeitungen bringen Artikel über das Unglück und habene Sammlungen eröffnet. Die „Post" polemisirt dabei gegen die Ber liner Fortschrittspartei, welche im Landtage die Gelder für den Um bau des Bahnhofes in Steglitz nicht bewilligte. — Aus der Fülle dessen, was sich bei diesem Eisenbahnunglück in wenigen Sekunden er eignete, nur einiges Wenige. Zu den Ersten die den Bahndamm be traten, gehörte eine Gesellschaft von 25 Personen, Unteroffiziere der Feuerwerkerschule mit ihren Damen. Vier von ihnen sind ein Opfer der Katastrophe geworden. Die Braut eines der Geretteten hatte schon das rettende Trittbret des Personenzuges erreicht, als der durch den Courierzug erzeugte Wind sie zurückriß und ihr Schicksal besiegelte. Von einer Familie, Vater, Mutter und 3 Kindern, ist nur ein 14jähriger Knabe gerettet worden. — Einer Frau waren beide Beine abgefahren. Nur noch schwach zuckend wird sie in den Wartesaal 2. Klasse getragen, wo sie noch in den letzten Zuckungen von einem todten Kinde ent bunden wurde. Auf dem Transport nach Berlin haucht sie ihren Geist aus. Der Berliner Scharfschützenverein „Freundschaft" hatte am selben Tage in Steglitz sein Vogelschießen gefeiert. Vor Allem geehrt wurde der neue Schützenkönig, ein Herr Heinrich. Er und seine vier Schützenbrüder gehörten zu denen, die am ersten den Bahndamm be traten, alle 5 wurden erfaßt und als Leichen auS dem entsetzlichen Gewirr hervorgezogen. Ein Vater hatte seinen kleinen Sohn auf dem Arm, während die Mutter vorausgeeilt war. In demselben Moment braust der Zug heran, die Frau verschwindet unter den Rädern, dem Mann entfällt vor Schreck das Kind, er selbst sinkt halbohnmächtig zusammen. Als er wieder erwacht, sieht er diese neben sich, Gesicht an Gesicht, die Leiche seiner Frau, das kleine Kind ist verschwunden, schon glaubt er, daß auch der Knabe der Katastrophe zum Opfer ge fallen, als er plötzlich leises Wimmern hört und unter andern Ver letzten — selbst völlig unverletzt seinen Liebling vorfindet. Ein Mann aus der Bellealliancestraße, ein schlichter Arbeiter, hat mit seiner Frau und seinem Kinde eine Landpartie gemacht, seine Frau geht über den Perron, um in den Zug zu gelangen, er kommt langsam mit seinem 9jährigen Knhben hmterdrein. Da, ein Schrei des Entsetzens, das Unglück ist geschehen, die Frau ist überfahren und getödtet. Montag kommt er nach Steglitz heraus, um noch einmal die Frau zu sehen. Der Knabe sängt bitterlich an zu weinen, er kann es nicht begreifen, daß es die Leiche seiner Mutter sein soll, traurig hebt der Maiin das Linnen von dem Gesichte; „Adieu Mama!" rief der Knabe tiefschluch zend, er erkannte seine liebe Mutter. — Von einer wunderbaren Er rettung eines Vaters mit zweien seiner Kinder weiß ein Korrespon dent Folgendes zu berichten. Der Vater stand mitten auf dem Geleise und zwar zwischen den beiden Schienensträngen, als die Kinder beim Ueberschreiten des einen Schienenstranges, durch die nachfolgende Menge gestoßen, stolperten und fielen, der Vater bückte sich, die Kinder hoch zuheben, da brauste der Courierzug heran, der Mann fühlt einen Stoß durch einen weichen Gegenstand, wurde auf die Erde gedrückt und konnte kaum noch über das Gräßliche seiner Lage nachdenken, als auch der rasende Zug über ihn und seine Kinder hinweggefahren war. Der Mann war vor Schreck und Todesangst kaum seiner Sinne mächtig, erst nach einigen Augenblicken sah er, daß er sich inmitten zerfetzter Menschen, von Blut überströmt befand. Er rief nach seinen Kindern und bemerkte, daß er fast über denselben lag; sie gaben, zu Tode er schreckt, zitternde Antworten, doch Vater und Kinder waren, wenn auch etwas im Gesicht, an Händen und Füßen geschunden, unversehrt; sie verdanken ihre Rettung dem Umstande, daß sie inmitten des Geleises zu liegen kamen und weder von den Rädern der Maschine noch von den Trittbretern erfaßt wurden. Von dem Marschall v. Manteuffel, Stadthalter in Elsaß-Loth ringen, hat man oft gesagt, er habe wie Götz von Berlichingen eine eiserne Faust, sie stecke aber in einem seidenen Handschuh. Die Fran- zöslinge im Reichslande hatten bisher nur den Handschuh kennen ge lernt und sind schier erschrocken, daß plötzlich auch etwas von der Faust zum Vorschein kommt. Der französische Klub in Metz, der im Dunkeln konspirirte und in welchem die deutschfeindlichen Hetzereien gebraut worden sind, ist aufgelöst worden, und Antoine, der thierärzt- liche Schreier, Hetzer und Prahler, fühlt den Daumen auf seinem Auge. Man sagt sogar, der Bezirkspräsident v. Flottwell in Metz suche seinen Abschied nach, weil er habe hören müssen, er habe zu wenig Schneid. Die „Moskauer Zeitung", einen Artikel des „Standard" über die Sedanfeier besprechend, sagt, seit einigen Jahren sei das Ge rücht der Möglichkeit eines französisch-russischen Bündnisses als Gegen gewicht gegen ein deutsch-österreichisches verbreitet. Frankreich hatte nicht den Muth, seine wahren Interessen in Aegypten zu Vertheidigen, wie könnte Frankreich Deutschland gegenüber etwas Ernstes unterneh men. Der Wankelmuth und die Ohnmacht der französischen Regierung seien wohlbekannte Thatsachen, welche Macht würde eine Allianz anf- fuchen, deren Bestand keinen Tag sicher sei. Weshalb sollte Rußland eine solche Allianz aufsuchen? Was gehe es Rußland an, wenn die Chauvinisten von Revanche für Elsaß-Lothringen träumten? Wenn Frankreich seine frühere herrschende, Rußland gegenüber aber stets feindliche Stellung jetzt eingebüßt habe, welche Tollheit könnte Ruß land antreiben, russisches Blut zu vergießen für dies absurde Ziel für seinen Feind und erhöhen auf Kosten einer Macht, die der stete Bun desgenosse Rußlands gewesen und deren Interessen mit denjenigen Rußlands bezüglich der europäischen Politik solidarisch verknüpft fei. Das „Toryblatt" stimme auffällig mit der polnischen Presse überein, die auch stets die Absichten Rußlands auf Deutschland ausspreche und Mißtrauen zwischen Deutschland und Rußland zu erregen suche. Sonntag Nachmittags 3 Uhr brach in den großen Holzdepots der Rossauer Lände in Wien ein großes Schadenfeuer aus, bei dem die Löscharbeiten durch die unerträgliche Hitze und den Sturmwind fehr erschwert wurden; mehrere Häuser wurden von den Flammen er griffen. Zur Mitwirkung bei den Löscharbeiten wurden alle freiwilli gen Feuerwehren der Vororte herbeigerufen; die gefährdeten Objekte wurden schließlich durch 200 Geniesoldaten demolirt. Abends 10 Uhr war der Brand zwar lokalisirt, der Feuerschein aber immer noch weit hin sichtbar. Der Schaden beträgt mehrere Millionen. Das Feuer wurde durch den ausgebrochenen Orkan von neuem angefacht; es sind 4 ausgehnte Holzplätze nebst Gebäuden niedergebrannt. Sämmtliche Feuerwehren Wiens und Umgebung, sowie eine starke Truppenmasse wirkten mit, bis der Brand endlich lokalisirt wurde. Einige Personen sind verletzt. Linz, 3. September. Heute Nacht, während 10,OM Personen auf dem Ansstellungsplatze promcnirten, brach plötzlich bei heiterem sternhellen Himmel um 10 Uhr eiu Sturm los, welcher auf dem Ausstellungsplatze furchtbar wüthete. Hütten wurden der Bedachung beraubt, das zweite Portal wurde ganz auf eine Seite gedreht. Auf dem Platze entstand eine Panik, Alles flüchtete, oas Gas verlöschte und nur das elektrische Licht erhellte die durch Staub verdunkelte Szene. Einzelne Personen wurden von herabstürzenden Trümmern leicht verwundet. In der Stadt zerbrachen Tausende von Fenster scheiben, Bäume wurden entwurzelt, Rauchfänge herabgestürzt. Heute früh waren die Straßen mit Glassplittern und Ziegelstücken bedeckt. Der Sturm zerriß zahlreiche Fahnen. — In Kirchberg bei Obermühl brannten vorgestern Mittags fünf Häuser und die Kirche ab, in Wei terfeldern 13 Häuser. In dem letzteren Orte beträgt der Schaden 50,OM fl. Aus Rom vom 2. Sept, schreibt man: Heute früh 8 Uhr wurde ein starker Erdstoß, Dauer 2 Sekunden, in Frascati gespürt. Es ist jedoch keinerlei Schaden vergekommen. Die Bevölkerung war entsetzt und flüchtete aus den Häusern ins Freie. Viele Römer, welche sich in Frascati zu Sommerfrische befanden, kehrten nach Rom zurück. Der Stoß wurde gleichzeitig auch dort wahrgenommen. Die Cholera liegt in Unteregypten in den letzten Züge», dage gen breitet sie sich in der von der Seuche bisher verschont gebliebenen Provinz Oberegypten immer mehr aus. Im Uebrigen nehmen jetzt die Verhältnisse im Pharaonenlande eine geregeltere Gestalt an und auch der Beduinenaufstand am Rothen Meer ist rasch wieder unter drückt worden. — In einem offiziellen Bericht ist festgestellt worden, daß seit dem Ausbruch der Cholera bis Sonntag im Ganzen 27,318 Personen an der Cholera gestorben sind. Von den englischen Trup pen sind 140 Mann gestorben. Dublin, 4. Sptember. Auf einem Gute, unweit von New-Roß, wurde der Versuch gemacht, vierzig Erntearbeiter zu vergiften, weil dieselben sich geweigert hatten, ihren Arbeitgeber bei feinen Erntear beiten im Stiche zu lasten. Zwei sind bis jetzt gestorben, sechsund dreißig schwer erkrankt. Aus eingehenden Depeschen, welche über das Erdbeben in der Sunda-Straße (Niederländisch-Jndien) jetzt vorliegen, ersieht man, daß das dortige Erdbeben-Unglück alles bisher Dagewesene und die schlimmsten Befürchtungen übersteigt. Von 25,OM Chinesen, die z. B. in dem Chinesenviertel von Batavia wohnen, haben ungefähr 5000 ihr Leben verloren. In Anjer sollen außer den Eingeborenen 8M Europäer das Leben eingebüßt haben. In Tamerang schätzt man die Zahl der umgekommenen Japanesen auf 1800. Viele Ortschaften und Städtchen, sowie ganze Inseln, sind zerstört. Alles in Allem wird angenommen, daß mehr als 75,OVO Personen bei dieser Katastrophe das Leben verloren haben. In einer Chiffonmanufaktur in Cincinnati hat eine große Feuersbrunst stattgefunden, bei welcher 8 Frauen und 1 Mann ums Leben kamen. Kircheiiilachllchten aus Wilsdruff. Am 16. Sonntage nach Trin. predigt Vorm. Herr ?. vr. lVskI. Nachmittags ^atechismusunterredong mit ver konfirm. Jugend. „Herr Apotheker Richard Brandt in Zürich. Sage besten Dank „für mir gelieferte Schachteln Ihrer Schweizerpillen, wodurch ich von „meinem Magenleiden und Knrzathmigkeit völlig befreit bin. Sommer- „feld, den 26. Mai 1883. G. Wodarer, Töpfermeister. „Ich bescheinige hiermit der Wahrheit gemäß, daß ich die von „Herrn Rich. Brandt hergestellten Schweizervillen gegen Unterleibs- „störungen mit dem besten Erfolg genommen habe und kann die- „felben jedem derartig Leidenden aufs Wärmste empfehlen. M.-Glad- „bach, den 14. Mai 1883. Joh. Manderfeld, Kaufmann." „Herrn R. Brandt! Die mir übersandten Pillen habe ich ange- „wandt gegen Herzklopfen und Magenleiden, diefelben haben sich „gegen oben genannte Leiden glänzend bewährt. Achtungsvoll Frau „Joh. Toennessen. Wesel, den 15. Juni 1883. Bekanntlich kostet die Schachtel R. Brandtsche Schweizerpillen 1 Mark in den Apotheken. Reuen trocknen Hafer kaufen stets zu Tagespreisen Tharandt. öic ILiiU». Fntterartikel empfehlen zu billigen Preisen Tharandt. L LLiiUn. 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