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Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden für die König!. Amtshanptmannschast zu Meißen, das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruss. Dreiundvierzigster Jahrgang. Erscheint wöchentlich 2 Mal Dienstag und Freitag. Abonnementspreis verteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer ksstet^O Ps. Jnseratenannahme MontagS u. Donnerstags bis Mittag 12 llhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal Dienstag und Freitag. Abonnemenispreis vierteljährlich I Mark Eine einzelne Nummer kostetet) Pf. Jnseratenannahme MontagS u. Donnerstag« bis Mittag 12 Ubr. Wochenblatt Wilsdruff' Tharandt, Rr. 7«. Freitag, den 21. September 1883. Tagesgcschichte. Im Jahre 1848, wo es bekanntlich ans Theilen gehen sollte, sand sich bei Rothschild auch wirklich ein Arbeiter ein, der vom „Bruder Rothschild" sein Theil beanspruchte. Hier hast Du Dein „Theil", sagte Rothschild, indem er dem Manne einen Thaler in die Hand drückte, mehr kommt nicht auf Dich. Wer an der Hand der Steuerlisten die Probe auf diese Rechnung machen konnte, hat gewiß gefunden, daß sie richtig war. Die heutigen Steuerlisten ermöglichen sogar, die Summe auszurechnen, die auf jeden Unbemittelten käme, wenn das Vermögen aller Reichen, das Einkommen von 10,000 Mark an gerechnet, unter sie getheilt würde. Dieser Antheil würde sich auf etwa 50 Mark belaufen. Diese 50 Mark wären aber voraussichtlich sehr bald bei den Meisten wieder verschwunden. Hätte man nun vor 50 Jahren eine derartige Theilung vorgenommen, so würden wir heute keine Eisenbahnen, keine Großindustrie, keinen Welthandel haben, während andererseits auch das ganze Staatsleben mit seiner Verwal tung, äußeren Macht, sammt Künsten und Wissenschaften, lahmgelegt worden wäre. Reichthum und Großkapital haben daher auch ihre gute Seite in der Welt. In Berlin wie in Wien wird gleichzeitig von der Regierung alles Mögliche gethan, um über unser Verhältniß mit Rußland zu beruhigen. Namentlich werden die Beziehungen der drei Regierungen unter einander als befriedigend dargestellt. Im Ratbe des Kaisers Von Rußland hat ja allerdings die Friedenspartei gesiegt, und deren Ausdruck ist der Minister des Auswärtigen, v. Giers, der nächstens auf seiner Reise nach Italien Wien und Berlin besuchen wird. Das ist Alles recht schön und gut; man darf nicht zweifeln, daß die drei Regierungen den aufrichtigen Wunsch hegen, den Frieden zu erhalten. Aber was kann das helfen, wenn Rußland nicht aufhört auf der Bal kanhalbinsel sich Uebergriffe zu erlauben, die mit dem Berliner Ver trage von 1878 nicht in Uebereinstimmung zu bringen sind? Na mentlich in Bulgarien verwickeln sich die Dinge immer mehr, und Rußland scheint sich anzuschicken, den Fürsten Alexander wie eine ge schlagene Puppe bei Seite zu werfen. Und dem würden doch die Vertreter des Berliner Vertrags von 1878 schwerlich ganz unthätig zusehen können. Der russische Militärbevollmächtigte Fürst Dolgorucki ist von Kopenhagen nach Berlin zurückgekehrt und hat sich zu den Manövern nach Merseburg begeben. Die Reise des Fürsten ist mit dem Plan der Zusammenkunft des deutschen Kaisers mit Kaiser Alexander in Verbindung gebracht worden; jetzt taucht mit großer Bestimmtheit die Nachricht auf, daß diese Zusammenkunft noch im Laufe dieses Monats und zwar in Kiel in Aussicht steht. Während in ganz Elsaß-Lothringen die amtliche Geschäfts sprache seit einiger Zeit die deutsche Sprache war, befanden sich die Gemeinden Metz und Diedenhofen bisher noch im Ausnahmezu stand, indem die französische Sprache als die amtliche Geschäftssprache im Gebrauch war. Es ist in der deutschen Presse öfters darauf hin gewiesen worden, welche Unbequemlichkeiten es für die eingewanderte Bevölkerung mit sich bringen mußte, wenn sie beispielsweise im Ver kehr mit dem Standesamte den Gebrauch der deutschen Sprache nicht fordern konnten, sondern es der Gefälligkeit des Standesbeamten oder seines Vertreters überlassen blieb, ob er sich der deutschen Sprache be dienen wolle oder nicht. Die neuesten Verordnungen des Statthalters machen nun endlich vom 1. Januar 1884 ab diesem unerquicklichen Zustande ein Ende, indem von dem genannten Termin ab sür die Gemeinden Metz und Diedenhofen sowohl, als auch für das Amts gericht und die Gerichtsvollzieher in Metz die bisherigen Ausnahmen in Betreff der ärmlichen deutschen Geschäftssprache außer Wirsamkeit gesetzt sind. Es unterliegt wohl keinem Zweifel, daß diese Verord nungen infolge des jüngsten Antoine'schen Gebührens hervorgerufen worden sind, und es erfüllt die eingewanderten deutschen Kreise mit hoher Genugthuung, daß den Französlingen neuerdings etwas schärfer auf die Finger gesehen wird; diesen wird die statthalterliche Verord nung natürlich als eine Vergewaltigung erscheinen, und das Geschrei dagegen wird in der französischen Presse nicht ausbleiben. Jedenfalls ist es für die weitere Entwicklung des Deutschthums in hohem Grade ersprießlich, daß die französische Sprache als die amtliche Geschäfts sprache für die Zukunft beseitigt ist. Da die Mehrzahl der Mitglieder des Metzer Gemeinderathes nun der deutschen Sprache nicht mächtig ist, so ist man gespannt darauf, ob dieselben ihr Amt niederlegen werden oder nicht, da mau annimmt, daß auch die Verhandlungen des Gemeinderathes zukünftig in deutscher Sprache geführt werden fallen. In einem der „Vossischen Zeitnng" zugegangenen Schreiben wird hervorgehoben, daß Deutschland trotz der starken Vermehrung seiner eigenen Bevölkerung dasjenige Land in Europa ist, welches nach Frankreich die meisten Fremden beherbergt. Frankreich zählt 1,010,000 Ausländer, Deutschland 280,000, Rußland 160,000, England 140,000, Oesterreich 115,000. „Tas deutsche Reich besitzt also," wird hierzu be merkt, „Hilfsquellen und Annehmlichkeiten genug, um eine so beträcht liche Zahl Ausländer anzulocken. Zum Wenigsten besitzen wir die Tugend der Gastfreundschaft. In Deutschland ist noch nie, seit Men schengedenken, eine Hetze gegen Ausländer ins Werk gesetzt worden, niemals ist es Jemandem eingefallen, einen Ausländer seine Eigen schaft als Fremder irgendwie fühlen zu lassen. Die deutschen Arbeiter klagen nicht darüber, daß ihnen durch Polen, Italiener, Schweden, Belgier u. s. w. das Leben verkümmert werde. In den deutschen Schulen sind Ausländer bereitwillig zugelassen, der Staatsdienst steht ihnen offen wie den Einheimischen. Kurz, nirgendwo wird bei uns ein Unterschied zwischen Einheimischen und Ausländern gemacht; das Wort „Leben und leben lassen" wird bei uns praktisch geübt. In der Presse hat es nie eine Ausländerfrage gegeben, wie dieselbe namentlich in Rußland und Frankreich stehend geworden ist. Auch in England haben schon mehrfach die Tagesblätter sich gegen die „deutsche Inva sion" erheben zu müssen geglaubt, obwohl in England schwerlich doppelt so viel Deutsche leben dürften, als Engländer in Deutschland." Der „Standard" bringt die folgende, ihm aus Paris zugegangene sensationelle Notiz: „Während die Pariser die Möglichkeit eines Krieges mit China erörtern, übersehen sie eine weit größere und ihnen näher liegende Gefahr. Die Zusammenkünfte des Kaisers von Oester, reich und Deutschland, des Fürsten Bismarck und des Grafen Kalnoky, des Königs von Italien und des Fürsten Hohenlohe hätten ihnen zur Warnung dienen sollen, daß ihnen eine Gefahr weit näher ist, als China. Rumänien, Serbien, Italien und Spanien sind nun Mitglie der der deutsch - österreichischen Allianz geworden, und ich habe alle Ursacke, zu glauben, daß dieses Bündniß bald ein praktisches Resultat zeitigen wird. Es wird vielleicht nicht diese Woche und nicht den nächsten Monat zu Tage treten, es wird aber bestimmt nicht lange wären, ehe die deutsche Regierung mit einem Vorschläge hervortreten wird, welcher ganz Europa zu überraschen berufen ist. Eine Persön- , lichkeit, welche das Vertrauen des deutschen Reichskanzlers genießt, - Versicherte mir, daß Deutschland und Oesterreich und die anderen Mit- ! glieder der Allianz beabsichtigen, einen Kongreß einzuberufen, um eine allgemeine Entwaffnung herbeizuführen. Wann dieser Donnerkeil unter dem Mantel der Friedfertigkeit niederfahren wird, kann ich nicht sagen; allein ich höre, daß Oesterreich, Spanien und Jta'ien dem Vorschläge ihre Zustimmung ertheilt haben, und daß auch die eng- ! lische Regierung etwas von dem Projekte weiß. Rußland hat gleich falls davon gehört, und der Staatsstreich in Bulgarien wird dadurch verständlicher. Der deutsche Kriegerbund hatte dem deutschen Kronprinzlichen Paare zur silbernen Hochzeit einen Fonds zur Gründung eines Krie ger-Waisenhauses überreicht, zu dem Deutsche aus allen Erdtheilen beigetragen hatten, und der sich jetzt auf rund 70,000 M. beläuft. Jetzt hat nun der Herzog von Sachsen-Meiningen in hochherziger Weise Schloß Römhild bei Meiningen zur Errichtung des Krieger- Waisenhauses zur Disposition gestellt, so daß das Institut bald ins Leben treten wird. Am Fuße des Schlosses liegt ein freundliches Städtchen gleichen Namens. Einer unbegreiflichen Unvorsichtigkeit fielen in Mainz am 17. d. M. drei Menschenleben zum Opfer. In dem Abortgewölde eines Geschäftsmannes in der Neustadt war eine Verstopfung eingetreten, die der Lehrling beseitigen sollte, zu welchem Behufe derselbe in die Grube stieg. Kaum war der Bursche unten, so erstickten ihn die Gase, nur noch einige Hilferufe konnte er ausstoßen. Auf diese sprang ein in der Nähe beschäftigter Gehilfe in das Gewölbe, welcher sofort von demselben Schicksal ereilt wurde. Nicht genug hiermit, stieg nun der Geschäftsmann selbst zur Rettung der Beiden in die Grube, wo ihn alsbald das gleiche Loos traf. Es ist gerade unbegreiflich, wie trotz der vielen traurigen Fälle dieser Art immer wieder dieselbe Unvor sichtigkeit begangen wird. Essen. Die Rheinisch-Westfälische Zeitung meldet, daß in der Nacht vom 18. zum 19. d. M. in dem Flötz „Präsident" der Zeche „Massen Tiefbau" bei einer Explosion 15 Bergleute getödtet und 3 verwundet wurden. Eine größere Anzahl wird vermißt. Waterländisches. Wilsdruff, 18. September. Bei der heutigen indirecten Wahl zur Gewerbekammcr erhielten der Reihenfolge nach Stimmen: Stock fabrikant Osw. Hoffmann, Stellmachermstr. I. Galle, Rathsmühlen- besitzer Th. Müller, Buchdruckereibes. Berger, Fabrikant Wilh. Krippen stapel, Amtszimmermstr. Partzsch, Stellmachermstr. Dinndorf und Rie- mermstr. Frohne. Galle lehnte die Wahl ab; Hoffmann und Müller nahmen die Wahl an. Gewählt haben 24, vor drei Jahren 9; das Resultat wäre demnach günstig zu nennen. Die Betheiligung muß aber noch viel besser werden! In den Restaurants wird immer noch viel raisonnirt — und an Ort und Stelle nicht gehandelt. — Im Gewerbeverein wird binnen Kurzem der Bericht der Handels- und Gewerbekammer einer Durchsicht unterzogen und soll darauf hinge arbeitet werden, daß unserer Stadt darin später die gebührende Be rücksichtigung findet, bis jetzt ist dies nicht der Fall. nn. — Nachdem nunmehr das Ergebniß der Ergänzungswahlen zu der Zweiten Kammer des sächsischen Landtags bekannt geworden, ist daraus zu ersehen, daß 16 konservative, 3 nationalliberale und 6 fort schrittliche Abgeordnete, außerdem 1 Altliberaler, welcher bisher noch nicht erklärt hat, welcher Partei im Landtage beizutreten er gesonnen ist, 1 Abgeordneter, welcher im Allgemeinen als „Liberaler" gewählt worden ist, und von dem ebenfalls noch keine Erklärung vorliegt, welcher Fraktion er sich anschließen wird, und 1 Sozialist gewählt worden sind. — Nossen. Am Freitag Vormittag begab sich die Ehefrau des Handarbeiters Eulitz am sogenannten Kronberge in die Stadl um Ein käufe auf dem Wochenmarkt zu besorgen. Zu Hause hatte sie während