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Wochenblatt für für Rr. 73 1883 Dienstag, den 11. September Erscheint wöchentlich 2 Mal Dienstag und Freitag. Abonnemcntspreis vierteljährlich I Mark. Eine einzelne Nummer k-ste^O Pf. Jnseratenannahme Montag» ».Donnerstags bi» Mittag 12 Uhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal Dienstag und Freitag Abonneinenlsprcls vierteljährlich 1 Mark Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratenannahme Montags u. Donnerstag» bis Mittag 12 Uhr. Landgericht II. persönlich in die Hand genommenen Recherchen haben ergeben, daß keinen der dienstlich betheiligten Beamten auch nur das geringste Verschulden trifft. Dagegen scheint mit Sicherheit erwiesen, daß die getödteten Artillerieunteroffiziere die Barriere geöffnet haben. Bei dem Oeffnen der Barriere soll allerdings noch ein Unteroffizier von der Feuerwerkschule mitgewirkt resp. soll er die Stange vollends zurückgeschoben haben, derselbe ist aber nicht ermittelt und würde auch nach der Lage der Sache nicht strafbar sein. Aus allen diesen Grün den ist von Einleitung einer gerichtlichen Untersuchung abgesehen worden. Der „B.B.-C." schreibt: „Nachdem die sterblichen Ueberreste der Verunglückten wieder zusammengesetzt worden, ergiebt sich ein Ueber- schuß von — drei Händen. Die vierzig Todten haben alle ihre Hände, drei Hände sind noch vorhanden, ein Beweis, daß mindestens noch zwei Personen mehr ums Leben gekommen sind, als man ver- muthete, zwei Personen, die von dem Zuge so zerstückt worden sind, daß von ihnen Nichts weiter übrig geblieben ist. Die Direktion der Potsdamer Eisenbahn verdient Anerkennung für einen Schritt, den sie unmittelbar nach der Feststellung der Jndentität der Getödteten gethan. Sie hat durch Beamte bei den Hinterbliebenen aller Verunglückten nachfragen lassen, ob augenblickliche Noth vorhanden sei, um eveutuell sofort Hilfe und Beistand zu leisten. Die Eisenbahn-Katastrophe in Steglitz giebt dem königlichen Eisenbahn-Betriebsamt Berlin-Magdeburg Anlaß zu einer Warnung an das Publikum, die auch anderwärts recht sehr der Beachtung em pfohlen sei: „Dieser traurige Vorfall," schreibt die genannte Behörde, „giebt uns Veranlassung, dem Publikum recht dringend ans Herz zu legen, sich bei der Rückfahrt von seinen Sonntags-Ausflügen per Bahn alles Drängens und Anstürmens zu enthalten Es werden ja sämmtliche Reisende unzweifelhaft zurückbefördert, und wenn dies wirk lich einmal etwas später geschieht, als beabsichtigt war, so ist dabei wohl zu bedenken, daß die sichere Bewältigung des so ungemein starken Sonntagsverkehrs vor Allem von der ruhigen Haltung des Publikums abhängt und daß bei hastigem Ansturm ein Unglück, wie das vorlie gende, leicht eintreten kann. Nach einer Publikation des Berliner Lokalkomitee's sind an Gaben für Ischia ferner eingegangen: von dem Prinzen Wilhelm 200 M., außerdem in Berlin bis zum l. September incl. bei der Reichshaupt bank 63,724 M., dabei vom Berliner Lokalkomitee 52,000 M.; bei den Reichspostanstalten 4121 M. Außerhalb Berlins bis 31. August incl. sind eingegangen: bei den Reichsbankanstalten 36,911 M., bei 3l36 Reichspostanstalten 83,212 M., zusammen 188,170 M. Kommt noch hierzu der Betrag des ersten Gabenverzeichnisses im Betrage von 146,038 M„ so ergiebt das die Gesammtsumme von 334,209 M. Ueber einen schrecklichen Jrrthum der Justiz berichtet man aus dem Zuchthause zu Werden (Rheinlande). Dort ist der Sträfling Martin von Rhee vor Kurzem, weil sich seine Unschuld herausgestellt hat, freigelassen worden. Rhee ist nach Hamburg übergesiedelt woselbst eine Zeitung einen Aufruf für denselben erläßt, anstatt daß der Staat für die Jrrthümer seiner Richter auskommen müßte, in welchem über diesem Fall Folgendes mitgetheilt wird: Am Sonntag, den 11. Nov. 1878, wurde zu Tönisberg, Kreis Kempen, Rheinprovinz, die Ehefrau Leuber in ihrer Wohnung, während der Ehemann die Kirche besuchte, ermordet und beraubt vorgesunden. Der Verdacht fiel auf Martin von Rhee, welcher mit dem Manne der Frau Leuber bekannt war, und welcher sein Alibi z. Z. nicht genau angeben konnte. Thatsäch- liche Beweise wurden nicht erbracht. Martin von Rhee wurde von dem Schwurgericht zu Cleve, wo die Verhandlung stattfand für schuldig gefunden und zu 15 Jahren Zuchthaus verurtheilt. Eine Revision gegen das Urtheil wurde verworfen. Das ganze Besitzthum desVer- urtheilten ging in den 5 Jahren, wo fortwährend nach neuen Beweis mitteln für die Unschuld des Verurtheilten geforscht wurde, für Anwalts kosten verloren. Die Mutter des Angeklagten starb in Kummer über das Unglück ihres Sohnes. Im Vollbewußtsein seiner Unschuld wandte sich der arme Mann an den Kaiser und von dem Kaiser wurde sofort bestimmt, eine neue Untersuchung einzuleiten. Inzwischen erkrankte der wahre Thäter. Auf dem Todtenbette gestand derselbe sterbend die verübte Mordthat ein. Martin von Rhee, welcher wohl das Mit leid eines jeden fühlenden Menschenherzen finden wird, hatte aber un gefähr 5^ Jahre in Untersuchungshaft und im Zuchthause abbüßen müssen. Tagesgeschichte. Wie ein Berichterstatter der „Börsen-Ztg." meldet, wird die Steg litzer Eisenbahnkatastrophe ein gerichtliches Verfahren nach keiner Richtung hin zur Folge haben. Die vom Ersten Staatsanwalt am Die neuesten Forschungen über unsern nächsten Himmelskörper. Wohl auf jeden Menschen macht der geheimnißvolle Zauber einer mondhellen Nacht einen tiefen Eindruck. Mag das Mondeslicht die Eisgletscher der Alpen mit magischem Glanze überziehen, mag es die rauschenden Wogen des Meeres mit Millionen silbernen Perlen bedecken, mag es den aus thaufeuchten Wiesen aufsteigenden Nebel in einen weißen gespenstisch wallenden Schleier verwandeln, mag es im hohen Forst riesige schwarze Schlagschatten werfen, überall auf der Erde verleiht das Licht des Mondes der Gestalt der Erde einen überirdi schen Charakter, überall gießt es eine feierliche Ruhe aus, überall ver setzt es den Menschen mitten hinein in die erhabene Stille des Wel- tensabbaths und giebt ihm einen Vorschmack der ewig Gott anbetenden Geisterstlllr. Was Wunder, daß schon seit Altersher'sorschende Geister dem Monde tiefer ins Antlitz zu schauen versucht und die merkwürdige Gestalt desselben zu ergründen und zu erklären versucht haben. Die alten Indier glaubten im Monde einen Hasen zu erblicken, späterhin sprach man von einem Mann im Monde und erzählte sich mancherlei wunderliche Sagen von ihm. Die Philosophenschule der Pythogoräer hielt nach orientalischer Vorstellung, die heute noch in Persien zu Hause ist, den Mond für einen Spiegel, aus dem das zurückstrahleude Bild der Erde uns entgegentrete. Die späteren griechischen Philosophen kamen zu der richtigen Erkenntniß, daß der Mond eine andere Erde sei mit Bergen und Thalern. Die Gestalt dieser Berge konnte natür lich erst nach Erfindung des Fernrohres beobachtet werden. Galiläi war der erste, der die ringförmige Bildung der Mondberge bemerkte. Kepler hielt sie für Kunstbauten der Mondbewohner, für Städte, von kreisförmigen Wällen umgeben. Diese Ansicht konnte natürlich nur Vermnthung sein, weil ihr alle wissenschaftliche Begründung fehlte. Die erste wissenschaftliche Erklärung der Moudoberfläche gab der Engländer Robert Hooke. Er sagte, (1667) aus dem heißen Innern des Mondes seien Dämpfe ausgebrochen, welche Wälle aufwarfen und Löcher zurückließen. Er machte die Probe dazu mit siedendem Ala baster. Dieser wirft Blasen auf und beim Erkalten bleiben ähnliche runde Löcher stehen, wie man sie auf dem Monde in riesigen Dimen sionen beobachtet. Allein diese Ansicht konnte nicht Stand halten, denn Blasen von 10 bis 30 Meilen Durchmesser könnten sich nicht so lange halten, bis die Erkaltung eingetreten wäre. Dieser unhalt baren Ansicht gegenüber kam eine andere zur Herrschaft, zuerst von Aepinus aufgestellt, daß die Ringgebirge des Mondes ähnlich entstanden seien, wie die feuerspeienden Berge unsrer Erde, durch gewaltsame Er hebung feuerflüssiger Massen, welche nach ihrer Erkaltung einen ring förmigen Krater, ähnlich dem des Vesuv, zurückließen. Der Astronom Schröter glaubte, bei seinen Beobachtungen sogar Veränderungen wahr zunehmen, welche von einer fortdauernden Thätigkeit der Feuerberge auf dem Monde zeugen sollten. Der ältere Herschel meinte sogar einmal einen Feuerausbruch an einem Mondvulkan bemerkt zu haben. Mädler allerdings hielt diese letztere Beobachtung für optische Täu schung, gab aber zu, daß auf dem Monde unerklärte Erscheinungen zu Tage träten. Seitdem man die Mordgebirge, von deren grotesker Gestaltung, von deren wunderbarer Beleuchtung die Astronomen mit wahrem Entzücken erzählen, seitdem man diese durch die riesigen Fern rohre uns so nahe gerückten Mondgebirge durch photographische Auf- nahmen näherer wissenschaftlicher Untersuchung unterworfen hat, hat man auch die Veränderungen, die auf dem Mond noch vor sich gehen, genauer feststellen können. So haben Neison und Klein konstatirt, daß ein Krater verschwunden ist und ein neuer von 3 englischen Meilen im Durchmesser sich gebildet hat. Ein anderer Krater wurde bald leer, bald gefüllt gesehen. Doch wurde keine Lichterscheinung dabei bemerkt, woraus vermuthet werden muß, daß Rauchwolken, die aus der Tiefe des noch glühenden Innern aufsteigen, die Oeffnung des Kraters geraume Zeit füllen und sich dann niederschlagen. Wilsdruff, Tharaudt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden Von dem unterzeichneten Königlichen Amtsgericht soll den 27. September 1883 die dem Maurer Friedrich Eduard Schanze in Neutanneberg zugehörige Häuslernahrung Nr. 2 des Katasters, Nr. 2 des Grund- und Hy pothekenbuches für Neutanneberg, welche am 17. Juni 1883 ohne Berücksichtigung der Oblasten auf 7SVO Mark —- gewürdert worden ist, nothwendiger Weise versteigert werden, was unter Bezugnahme auf den an hiesiger Gerichtsstelle aushängenden An schlag hierdurch bekannt gemacht wird. Wilsdruff, am 23. Juni 1883. Königs. Sachs. Amtsgericht das. Di. LlavKloU'. Nächsten Donnerstag, Len IS. September rs. Ks., Nachmittags 6 Uhr, öffentliche Sitzung des Stadtge- meinderaths. Wilsdruff, am 10. September 1883. Der Stadtgemeinderath. Ficker, Brgmstr. für die Königl. Amtshauptmannschast zu Meißen, das Königl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. Dreinndvierzigffer Jahrgang.