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Mitgefühl des Königs habe sich im größten Glanze gezeigt, als er sich selbst an den Schauplatz des Unglücks begeben habe, Gott werde ihn dafür segnen. Der König habe telegraphisch geantwortet, das Wort des Kaisers tröste und stärke ihn und knüpfe die Bande der Bewunderung und Freundschaft noch enger, die ihn mit dem Kaiser verbänden. Ein Augenzeuge beschreibt den Augenblick des Erdbebens auf Ischia in ergreifender Weise. „Kein Gehirn erfaßt den Eindruck und kein Wort giebt ihn wieder, den wir erlebt. Es heißt gar nichts, zu fügen, wir sind mit dem Schreck davongekommen; es war der er starrende Eishauch der Vernichtung, der über uns ging. Wir saßen in einer hölzernen Laube neben einem Gewölbe aus Stein. Da hebt sich der Tisch in die Höhe, die Petroleumlampe geht in einem Bogen gegen meine Frau. Gleich darauf eine Lufterschütterung, ich weiß nicht, ob Donner, Gerassel, Krach, aber man dachte an einen einschla genden Blitz, der uns in Entsetzen jagte; wir klammerten uns an die steinernen Pilaster nnd fühlten uns hin- und hergeschlenkert wie Bar bierpinsel. Der Krach kam von der einstürzenden Stadt, in einem Nu war Alles geschehen, die ganze Katastrophe kann nach unserer Schätzung kaum drei Secunden gewährt haben. Und nach dem Krach etwa fünf Minuten Todtenstille! Dann aber ein Geschrei, Jammern, Hülferufen, daß man sich das Herz aus der Brust hätte reißen mögen. Wir fühlten, daß wir noch am Leben waren und strebten, halb be wußtlos, unsere Glieder zu bergen. Schon der erstickende Staub trieb zur Flucht. Wir erreichten die Straße, während schwere Ge wölbe und Boden hinter uns einbrache», und suchten über Trümmer und Geröll den Weg aufwärts. Verstümmelte Körper, abgerissene Gliedmaßen waren zwischen blutigen Mauerstücken zu erkennen. Ab gründe thaten sich auf. Wir erreichten eine freie Stelle oben am Ort, wo ein hölzerner Schuppen uns Schutz gegen die nächtliche Kälte bieten konnte. Es war ein fortwährendes fernes Donnern, Sausen, Rau schen im Gebirge über uns. Riesige Massen Erdreichs lösten sich von den Hängen, und Felsen rollten in die Tiefe. Wir hatten uns an zahlreichen Erdspalten vorbeigewunden und erwarteten, daß uns die Tiefe verschlänge oder ein Erdrutsch erdrücke. Im Orte leuchteten ein zelne Feuersbrünste auf; die Hunde heulten, während die Menschen still geworden waren, dann wurde auch das eine oder andere der heu lenden Thiere durch einen rollenden Fels, eine einstürzende Mauer zum Schweigen gebracht. Am andern Morgen fanden wir unsere Wohnung halb eingestürzt, die Hausfrau unter den Trümmern be graben. Wir flohen entsetzt von dem Orte des Schreckens." Das Revolutionswesen in Spanien scheint größere Dimen sionen angenommen zu haben, als man nach den ursprünglichen Berichten annehmen wollte. Wie nämlich aus Madrid gemeldet wurde, hat der König ein Dekret unterzeichnet, durch welches in ganz Spanien die konstitutionellen Garantien ausgehoben werden und das Ministerium autorisirt wird, den Belagerungszustand überall da zu proklamiren, wo eS die Verhänguug desselben nothwendig finden wird. Der Höchst- kommandirende und der Präfekt von Bajadoz sind ihrer Stellungen enthoben worden. Auch in Altkastilien geht es los. In einer Vorstadt Barcelonas fand desgleichen eine Ruhestörung statt. Man wird nicht fehlgehen, wenn man annimmt, daß hier eine revolutionäre Bombe zu früh geplatzt ist. Die Aufstandsversuche in Spanien gelten für beendet. Die französische Regierung hat angeordnel, daß Insurgenten, welche auf französisches Gebiet übertreten, entwaffnet und in Perpignan internirt werden. Die Insurgenten in Urgel hatten die Unverschämtheit, an Grevy zu telegraphiren, um Namens republikanischer Brüderlichkeit sein Wohlwollen zu reklamiren. Vaterländisches. — Se. Maj. der König hat den wegen Ermordung seines Kindes f. Z. vom Schwurgericht zum Tode verurtheilten Handarbeiter Lorenz aus Crossen zu lebenslangem Zuchthaus begnadigt. — Nach einer Miltheilung der „Zitt. Nachr." hat in Eich graben ein Sommergast seine Frau erschossen. Der Bedauernswerthe spielte mit dem geladenen Gewehr eines Grenzaufsehers, welches sich plötzlich entlud. — Vom Strike der Tischlergehülfen in Chemnitz meldet das dortige „Tgbl.": Beim Beginn desselben stellten 111 Mann die Arbeit ein, diesen schlossen sich in den folgenden Tagen noch 23 an, sodaß am vorigen Sonnabend die Gesammtzahl der Strikenden 134 betrug. Da inzwischen mehrere Meister den Forderungen der Stri kenden ihre Zustimmung gegeben und infolge dessen deren Gehülfen die Arbeit wieder ausgenommen haben, da ferner nach Auswärts viele Gehilfen verlangt wurden und solche denn auch von hier in auswär tige Werkstätten abgegangen sind, so ist gegenwärtig die Zahl der Strikenden weit geringer. Dieselben halten übrigens infolge dieses Rückganges ihre Lage für eine nicht ungünstige und hoffen, in der nächsten Zeit noch um so reichlicher unterstützt zu werden, als ihnen ein Theil der Gehilfen, welchen von ihren Meistern die Forderungen bewilligt worden sind, thatkräftige Unterstützung zugesagt hat. — Lengefeld, 8. August. Im April wurde der 24jährige, ver- heirathete Hausbesitzer August Klemm aus Pobershau am Kirchsteige nach Zöblitz mit zerschossenem Kopfe todt aufgefunden, man nahm seitdem allgemein an, daß sich der Unglückliche mittelst eines Doppel- terzerols durch 2 Schüsse in den Kopf in der Nacht vom 5. bis zum 6. April selbst den Tod gegeben habe; irgend ein Motiv der schauer lichen That konnte man jedoch nicht auffinden. In voriger Woche ist nun ein Einwohner von Pobershau wegen dringenden Verdachts, an dem Unglücklichen einen Mord begangen zu haben, verhaftet und in das Gefängniß des Königl. Landgerichts in Freiberg abgeführt worden. Der Mitwissenschaft resp. der Theilnahme an dem Morde verdächtig sind auch die Mutter und die Schwester des Verhafteten am vergangenen Sonnabend gefänglich eingezogen worden. Durch Worte, welche der eigene Bruder des Verhafteten hatte fallen lassen, soll man dem Verbrecher auf die Spur gekommen sein. (Annab. Wbl.) — Meißen. Superintendent Dr. Kunze hier feierte am 6. Angust im engeren Kreise sein 40jähriges Amtsjubiläum und wurde aus diesem Anlasse am Morgen durch ein Ständchen und im Laufe des Vormittags durch seine Kollegen in der Stadt, sowie durch De putationen des Kirchenvorstandes, des Stadtrathes, der Geistlichen und Patrone seiner Ephorie festlich begrüßt. — Am Sonnabend beging Herr Webermeister Weber und dessen Ehefrau in Zschopau das Fest ihrer diamantenen Hochzeit. — In Altlöbau hat sich am 9. d. ein ca. 13jähriger Knabe aus Furcht zu erwartender Strafe im elterlichen Hause erhängt. — Die Jagdkarten für das am 1. September d. I. beginnende Jagdjahr 1883/84 sind aus Kartonpapier von rehbrauner Farbe her gestellt. — Für die Erlangung einer normalspurigen Eisenbahn Berthels dorf-Eppendorf besteht bekanntlich schon seit längerer Zeit ein rühriges Komitee. Dasselbe unternahm in vergangener Woche, in Begleitung der Landtagsabgeordneten May-Pohlenz und Müller-Frei berg, eine Besichtigung der projektirten Linie und überzeugte sich dabei von Neuem, daß der Verkehr auf den an der Linie liegenden Straßen sehr rege ist, und den aller anderen von Freiberg ausgehenden Straßen übertrifft, daß schon jetzt bedeutende Fabriken der Gegend, wie die Spielwaarenfabriken in Eppendorf, die Leinenindustrie in Großhart mannsdorf und Stuhlbauerei und Cigarreufabrikation ebendaselbst, durch den Bau der Eisenbahn bedeutend gewinnen und somit die Industrie dieses Theiles des Erzgebirges wesentlich gefördert werden wird. — Die Bauten auf der Festung Königstein haben wiederum ein Opfer gefordert, indem am Freitag der vorigen Woche ein Hand arbeiter, namens Oswald Hoffmann, ca. 80 Fuß hinab in die Tiefe stürzte und dabei am Kopfe derartige Verletzungen erlitt, daß er am nächsten Tage verstarb. — Der diesjährige Geschäftsbericht der Handels- und Gewerbe kammer zu Dresden beschäftigt sich u. A. auch mit der Frage, ob die Lohnsätze gestiegen seien und kommt zu dem Resultate, daß dies nur in seltenen Fällen bemerkt worden, daß jedoch der Gesammtver- dienst infolge gesteigerter Arbeitsgelegenheit und voller Ausnutzung der Arbeitskraft des Einzelnen sich gehoben. Unter etwa 800 befragten Vertretern von Groß- und Kleingewerben haben die überwiegende Mehrzahl der Auskunftsertheiler die Löhne der gewerblichen Hilfsar beiter gegen das Vorjahr als unverändert bezeichnet. In der Haupt sache seien es die in ihrem Fache tüchtigsten Verfertiger von Spezia litäten, welche dauernd gesucht und deshalb besser bezahlt würden. In einigen Zweigen gab es Ueberarbeit über das normale Pensum bezw. Arbeitszeit, welche bei sonst unveränderten Akkord- oder Zeit löhnen einen vermehrten Gesammtdienst ermöglichte; in anderen wurde trotz herabgesetzter Lohneinheit aus letztgedachtem Anlaß noch der seit herige Wochenverdienst erzielt. Vereinzelt ist eine schwach weichende Tendenz der Löhne zu bemerken gewesen, wie z. B. im Braun- und Steinkohlenbergbau, in einem Theile der Glasindustrie (Plauenscher Grund), in der Bleizucker- wie in der Zündhölzchenfabrikation, in einem Theile der Weberei, der Färberei, der Strohflecht- und der Holzwaarenindustrie, theilweise sogar in den Baugewerken und Buch druckereien. Als eine erfreuliche und für die wirthschaftliche Gesammt- lage bedeutungsvolle Erscheinung sei aber schließlich die Thatsache zu vermerken, daß es an Verdienst schaffender Gewerbsarbeit während der letzten beiden Jahre nicht gefehlt hat, daß längere Arbeitspausen nirgends, weder für Unternehmer noch für Arbeiter eingetreten sind und daß die gewerbliche Leistungsfähigkeit des Dresdner Bezirks nicht nur extensiv, sondern auch intensiv in den bezeichneten Jahren ganz beträchtlich gesteigert worden ist. Die wirthschaftliche Gesammtlage knnn nach alledem, wenn auch nicht normal, so doch als befriedigend bezeichnet werden. — Donnerstag in den frühen Morgenstunden brannte in Strehlen die Dampfmahlmühle bis auf die Umfassungsmauern nieder. Die Strehlener Feuerwehr war nach Ausbruch des Feuers sofort am Platz und es gelang ihr in Gemeinschaft mit den noch hinzugekommenen Feuerwehren von Dresden und Gruna nach mehrstündiger Arbeit, das Feuer auf seinen Herd zu beschränken. Der Schaden ist ein ganz be deutender, da zugleich auch sämmtliche Vorräthe an Mehl, Getreide re. ein Raub der Flammen wurden. Leider wurde ein Feuerwehrmann der Strehlener Feuerwehr, Tischler Ebert, durch herabstürzende Massen am Kopfe schwer verlegt. Auf welche Weise das Feuer verursacht wurde, ist bis jetzt noch nicht aufgeklärt, doch ist anzunehmen, daß dasselbe im Mühlwerk entstanden, wenigstens kam das Feuer dort zu erst zum Ausbruch. Der Pächter des Etablissements befand sich auf einer Geschäftsreise in Schlesien, ist jedoch sofort Per Telegraph von dem Unglück benachrichtigt worden. Als Entstehungsursache des Scha denfeuers vermuthet man Selbstentzündung des Mehlstaubes. — In Rochlitz sind in der Nacht zum Donnerstag gelegentlich eines schweren Einbruchs ohngefähr 140 neue und alte goldene und silberne Uhren, sowie eine Anzahl Uhrketten gestohlen worden. — Einen plötzlichen Tod erlitt am 9. August der Gutsbesitzer Fritzsching in Furth beim Enfahren von Getreide in seine Scheune. F. führte die Deichsel des betreffenden Wagens, während seine Leute denselben von hinten schoben. Als der Wagen an Ort und Stelle war, begaben sich die Letzteren zum Mittagstisch, in der Meinung, F. käme nach. Leider aber warteten sie vergeblich; man fand ihn später mit zerschmettertem Kopfe auf der Scheunentenne todt auf. Der Bedauernswerthe mochte, da die Einfahrt zur Scheune direkt auf den Scheunenboden führt, unerwartet der Bodenöffnung zu nahe ge kommen, und von da rücklings herabgestürzt sein. 6. Sitzung des Bezirksausschusses der Kgl. Amtshaupt mannschaft Meißen, am 4. August 1883. Anwesend sämmtliche Ausschußmitglieder unter Vorsitz des Amts hauptmann v. Bosse. Mit Eröffnung der Sitzung brachte Vorsitzender 1. die Verordnung des Kgl. Ministeriums des Innern zur Kennt- niß, nach welcher gleichzeitig mit der Erhebung der landwirthschaft- lichen Bodenbenutzung im laufenden Jahre eine schätzungsweise Er mittelung des durchschnittlichen Ertrages verschiedener Fruchtarten auf die Periode 1878—83 stattzufinden hat, der Ausschuß sprach sich, der Aufforderung des Vorsitzenden entsprechend über den Durchschnittser trag pro Hektar der im hiesigen Bezirke gebaut werdenden Fruchtarten aus. (Nef. Amtshauptmann.) 2. Von der Gemeinde Cölln ist nach Maßgabe des Rathes, der ihr bei der Bescheidung betreffs einer Reklamation gegen die Gemeinde anlagen ertheilt wurde, rücksichtlich des Verfahrens bei Aufstellung des Gemeindeanlagenkatasters ein Nachtrag zu dem seit dem Jahre 1880 bestehenden Anlagen-Regulative aufgestellt worden. Dem Ausschüsse ging gegen die Bestätigung dieses Nachtrages kein Bedenken bei. (Ref. Bez.-Äss. Gilbert.) 3. Nach dem seiner Zeit von der Königl. Amtshauptmannschaft herausgegebenen Normalregulativ hat die Gemeinde Pröda b. L. ein Regulativ über die Vertheilung der Quartier- und Naturalleistungen für die bewaffnete Macht im Frieden über die zu gewährenden Ent schädigungen rc. ausgestellt. Die Bestätigung dieses Regulativs wurde unter der Voraussetzung ausgesprochen, daß Seiten der Gemeinde eine 2malige Beschlußfassung nach Z 22 der Revid. Landgemeindeordnung stattgefunden habe. (Ref. Bez.-Ass. Gilbert.) 4. Auf Grund der Seiten des Vorsitzenden vorgenommenen Lokal erörterungen in Betreff des in der letzten Ausschußsitzung von der Tagesordnung abgesetzten Gesuches des Rittergutsbesitzers Kayser auf Neukirchen um Konzession zum Kleinhandel mit Spiritus sprach sich der Ausschuß für Berücksichtigung dieses Gesuches um so unbedenklicher aus, als es sich nur um den Verkauf von Spiritus an die Gutsar beiter bis auf 1 Liter herab handelt. (Ref. Amtshauptmann.)