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Rechnet man hierzu, daß der Alkoholismus auch die Widerstands fähigkeit des Menschen gegen andere Krankheiten außerordentlich ver ringert, — unter den von Prof. Adams in Glasgow 1848/49 behan delten Cholerakranken starben von den Trinkern 91,2 "/«, von den Mäßigkeitsanhängern nur 19,2 "/<, und ähnliche Erfahrungen wurden 1866 in Ost- und Westpreußen mit dem Fleckentyphus gemacht —, so ist es nicht zu viel behauptet, wenn man sagt, daß 20 aller Todesfälle direkt oder indirekt durch den Alkoholismus verschuldet seien (Dr. Nicati im Korrespondenzblatt der Schweizer Aerzte 1877) oder, wenn Dr. Everest die Zahl der in den letzten 8 Jahren in Nord amerika an dem Alkoholismus zu Grunde gegangenen Menschen auf 300,000 berechnet. Und ebenso groß oder noch größer ist der Einfluß des Alkoho lismus auf die moralische bez. geistige Verschlimmerung der Mensch heit. Seine Folge ist die Zunahme der Selbstmorde, er zumeist füllt die Irrenhäuser und bevölkert das Zuchthaus. Unter den Irren Eng lands zählte man ca. 20 Alkoholisten, unter 966 Geisteskranken im großen St. Petersburger Irrenhaus war 150mal die Trunksucht allein, 497mal die Mitursache des Irrsinns. Für Oberschlesien bestimmt Direktor Jung in Lebus die Zahl der durch den Trunk zu Irren ge wordenen auf ein Drittel aller Aufnahmen. Ebenso wächst und fällt die Zahl der Verbrechen mit der Ueberhandnahme oder Abnahme der Trunksucht. Unter den in den Gefangenanstalten und Zuchthäusern Untergebrachten sind nach übereinstimmenden Angaben der Direktoren von Gefangenanstalten in allen Ländern der Erde mindesten 75 Gewohnheitstrinker. Umgekehrt, als in England der berühmte Mäßig keitsapostel Pater Mathew thätig war, sank mit der Zahl der Trinker auch die der schweren Verbrechen von 64 520 auf 47 027 und die Zahl der Hinrichtungen sank von 59 auf 1 in 5 Jahren. Aehnliches ist für Schweden konstatirt und wird überall beobachtet, wo man mit Ernst und Nachdruck die Trunksucht bekämpft. Für unser Sachsen hat man nachgewiesen, daß die Zahl der Ehescheidungen abhängig ist von der weiteren oder geringeren Verbreitung der Trunksucht. (Schluß folgt.) Tagesgeschichte. Laut Bekanntmachung' im „Reichsanz." wird die Eröffnung des Reichtags am 29. d. M., um 2 Uhr Nachmittags, im Sitzungssaal des Reichstagsgebäudes erfolgen. Der Reichstag wird sich, wie der „Nat.-Ztg." aus Regierungs kreisen versichert wird, in seiner bevorstehenden außerordentlichen Sitz ung ausschließlich mit dem deutsch-spanischen Handelsvertrag zu be schäftigen haben. Die Mittheilung, daß ihm auch noch andere Gegen stände, darunter der internationale Fischereivertrag, zur Erledigung zugehen könnten, wird nach den bisherigen Dispositionen als unbe gründet bezeichnet. In den der Regierung nahestehenden Kreisen giebt man sich bei dieser Sachlage der Hoffnung hin, den Reichstag bereits nach einem, vielleicht zwei Tagen wieder schließen zu können. Um dies zu ermöglichen, soll jedem Abgeordneten bei seiner Anmeldung ein Exemplar des Handelsvertrages zu seiner Information eingehän digt werden. Berlin, 25. August. Es geht das Gerücht, der russische Kaiser, welcher demnächst sich mit seiner Gattin nach Kopenhagen begiebt, um seine königlichen Schwiegereltern zu besuchen, werde seine Rückreise über Berlin nehmen und sich einige Zeit hindurch aufhalten. Wir glauben, daß diese Nachricht nicht völlig der Begründung entbehrt, wenngleich die Zusammenkunft zwischen dem Czaren Alexander und dem Kaiser Wilhelm noch nicht gesichert ist; jedenfalls schweben zwi schen den beiden Höfen diesbezügliche Verhandlungen. Die Diskussion über die Warnung der „Nordd. Allg. Ztg." vor dem Teufel, den die französische Presse mit frevlem Uebermuth an die Wand malt, beherrscht auch heute noch vollständig die gesammte Ta gespolitik. Mit Ausnahme der französischen Stimmen ist alle Welt in dem Anerkenntniß einig, daß die Reichsregierung, auf deren Ini tiative man den bewußten Artikel zurückführt, ihren vollberechtigten Grund zu dem warnenden Zuruf gehabt habe und daß es hohe Zeit gewesen sei, den Franzosen das Frivole und Bedenkliche ihres Treibens einmal ernstlich und vernehmbar zum Bewußtsein zu bringen. Am lebendigsten empfindet man dieses naturgemäß in Oesterreich, wo die Freundschaftsgefühle für Deutschland gegen die von Frankreich kom menden Verunglimpfungen des Nachbars und Verbündeten auf eine durch politische, wie nationale und rein menschliche Rücksichten beson ders geschärfte Empfindlichkeit stoßen. Auch die Wiener Presse, die mit wenigen Ausnahmen voll und ganz zu der Sache Deutschlands steht, hat wiederholt die leidenschaftlichen Ansfälle der Franzosen mit Unwillen beobachtet und ihre Mißbilligung solchen Treibens in be stimmtester Form kund gegeben und die Ansicht geäußert, daß derlei Provokationen nicht ohne Widerhall bleiben könnten. „Es ist bezeich nend genug," schreibt der „M. A. Z." ein Wiener Korrespondent unter Hinweis hierauf, „daß das heute laut gewordene Echo seinerseits durch aus nicht aufreizend ist, sondern blos warnend klingt. Hier kann na türlich alle Welt nur auf das Lebhafteste wünschen, daß die franzö sischen Chauvinisten und Agitatoren die Warnung auch beherzigen mögen. Vielleicht werden sie das thun, wenn sie sehen, daß der deutsche Nachbar unentwegt auf seiner Hut ist, und Alles wachsam verfolgt, was geeignet erscheint, den Frieden zu gefährden." Die werthvollste Mittheilung, welche angesichts des Artikels der „Nordd. A. Z." aus Frankreich zu uns herüberkam, ist die, daß General Thibaudin nach reiflicher Erwägung den Plan, ein Armeekorps probeweise zu mobili- siren, aufgegeben habe. Wir enthalten uns, Untersuchungen darüber Raum zu geben, wodurch die reiflicher» Erwägungen veranlaßt wurden. Köln, 24. August. Von einer Kompagnie des 65. Regiments, welche bei einer Uebung in vollem Tuchanzug den hiesigen Sicher heitshafen durchschwimmen mußte, ertranken heute Morgen l Unteroffizier und 4 Soldaten. Wien. Nach schweren Leiden ist am Freitag früh 7^ Uhr der Graf Chambord in Frohsdorf gestorben. Mit ihm stirbt die ältere Linie der französischen Bourbonen aus. Als Graf Chambord verschied, waren alle in Schloß Frohsdorf weilenden Fami lienglieder um den Sterbenden versammelt. Als der Eintritt des Todes konstatirt wurde, brach die Gräfin Chambord ohnmächtig zu sammen und mußte aus dem Sterbezimmer getragen werden. Sofort nach dem Ableben des Grafen traten, dem Gebrauche entsprechend, der ehedem beim Ableben der französischen Könige geübt wurde, die Kavaliere und Diener des Hofhaushaltes an die Leiche heran und küßten die Hände des Verstorbenen. Graf Bardi, der Neffe des Ver storbenen, drückte demselben die Augen zu. Dann knieten alle Anwe senden zum Gebet nieder, während die Glocken, welche geläutet wurden, die Todeskunde nach außen trugen. Die Bewohner der Umgegend, bei denen Graf Chambord sehr beliebt war, strömten massenhaft her bei und verrichteten ihre Trauerandacht. Die telegraphische Mitthei lung vom Tode Chambord's wurde sofort dem österreichischen Kaiser paare gesendet, welches telegraphisch der Wittwe kondolirte. Im Laufe des Vormittags trafen zahlreiche Telegramme aus Frankreich und von europäischen Höfen ein. In dem eine Meile von Czernowitz entfernten Michalezaer Wäldchen haben am 20. d. M. Wölfe ein Bauernweib in Stücke zerrissen. Die Rundreise des Königs Alfonso durch das nördliche Spanien gestaltete sich zu einem wahren Triumphzug für die königliche Sache. Ueberall ist Alfonso XII. von der Bevölkerung entthusiastisch empfan gen worden, was jedenfalls ein Beweis dafür ist, daß die jüngste re publikanische Schilderhebung ohne Eindruck auf den überwiegenden Theil des spanischen Volkes geblieben ist. Von Barcelona ans hat der König die Reise nach Saragossa fortgesetzt, von dieser Stadt aus begiebt er sich nach Logrono, Pampelona, Vittoria und Valladolid. New-Jork. Nach hier eingegangenen Nachrichten sind am Mitt woch Nachmittag im Südosten von Minnesota durch einen Orkan große Verheerungen angerichtet worden. 40 Personen wurden getödtet, gegen 50 verwundet. Ein Drittel der Stadt Rochester ist zerstört; man fürchtet, daß auch in der Umgegend von Rochester große Verwüstungen stattgefuuden haben. Die Zahl der dort ums Leben Gekommenen wird auf mehrere Hundert geschätzt. Durch den Orkan wurde ein Eisenbahnzug fortgerissen und hierbei 22 Personen getödtet und 35 verwundet. Gefahrlose Ozeanreisen! Welche riesigen Fortschritte die Schiffsbaukunst und die nautische Wissenschaft auch in den letzten Decen« nien gemacht haben, das Durchkreuzen des Ozeans ist doch immer noch mit Gefahren mannigfacher Art verbunden. Nun hat der Schiffskapilän D. C. Pierre in Newyork das Modell eines Ozean-Dampfers konstru- irt, welcher folgende Eigenschaften besitzen soll: Erstens nicht sinken zu können, zweitens feuerfest zu sein und drittens die Reise von New york nach Liverpool in fünf Tagen zurücklegen zu können. Das Schiff soll gänzlich aus Stahl hergestellt werden und zwei Schrauben und vier Dampfmaschinen zu je 5000 Pferdekräftev erhalten. Sämmtliche Wände des Schiffes bestehen aus doppelten Stahlplatten mit Wasser dichten Zwischenräumen; dasselbe soll ferner 5200 Tonnen Gehalt und Raum für 500 Passagiere erster, 1500 zweiter und 2000 dritter Klasse enthalten. Vaterländisches. Wilsdruff. Wie wir hören, hat unser Herr Stadtmusikdirektor Spüring mit seinem Chor am gestrigen Sonntag im Lincke'schen Bade in Dresden vor einem zahlreichen Publikum mit bestem Erfolge kon- zertirt; nicht nur wurde ihm nach einzelnen Nummern des 16 Num mern zählenden Programms reicher Applaus dargebracht, sondern es wurden auch am Schluffe des Konzerts noch Zugaben verlangt, wofür ihm auch noch lebhaft gedankt wurde. Wir freuen uns über diesen Erfolg mit und hoffen, daß diese wenigen Zeilen dazu beitragen hel fen, den Ruf unseres Stadtmusikchors nach Außen zu erhöhen und dadurch zugleich geschäftlich zu nützen. — Dippoldiswalde. In dem 5. städtischen Landtagswahlkreise, dem außer unserer Stadt noch die Städte Dohna, Rabenau, Frauen stein, Sayda, Lengefeld, Altenberg, Geising, Bärenstein, Glashütte, Lauenstein, Liebstadt, Gottleuba, Berggieshübel und Brand angehören, ist von liberaler Seite Herr Uhrenfabrikant Großmann in Glashütte als Kandidat ausgestellt, indessen kann man wohl ohne Uebertreibung behaupten, daß der weitaus größte Theil der Wählerschaft an dem im Reichstage und Landtage treu bewährten bisherigen Vertreter, Herrn Geh. Hofrath Ackermann, festhält. Sein männliches und erfolg reiches Eintreten für die Interessen des Handwerks und Kleingewerbes, welches in dem Bezirke sehr stark vertreten ist, seine reichen Kenntnisse und Erfahrungen auf allen Gebieten des Wissens sichern ihm die An hänglichkeit seiner bisherigen Wähler, die mit ihm die konservative Anschauung theilen und sich nicht einem Liberalen, auch wenn er, wie Herr Großmann, für seine Person angenehm ist, hingeben wollen. — Die diesjährige Leipziger Michaelismesse beginnt mit dem 24. September und endigt mit dem 13. Oktober. Die sogen. Vor- oder Engros-Woche beginnt daher am 17. September. — In Chemnitz wurde ein Handlungsgehülfe aus Köln a. Rh. festgenommen, welcher in Liegnitz 18 Stück Uhren gestohlen hatte. Sieben Stück hatte er schon in Dresden, Bunzlau und Görlitz verkauft. — Schon wieder ist aus der Falkensteiner Gegend ein Fall von leichtfertigem Ein- uud Verkaufen von Schlachtvieh bekannt geworden. In Neudorf bei Falkenstein verkaufte ein Viehbesitzer eine schon meh rere Wochen lang kranke Kuh für einen geringen Preis an zwei Flei scher. Die Gendarmerie, welche noch rechtzeitig hiervon Kenntniß er hielt, fand bei diesen Fleischern von der betreffenden Kuh noch einige Kilo Fleisch vor, welches bei der bezirksthierärztlichen Untersuchung als ungenießbar erklärt und demzufolge eingegraben wurde. — Von der Elbe schreibt man der „N. P. Z.": Im Dorfe Bolstedt sind mehrere Kühe von der Tollwuth befallen worden. Auf Anordnung des zu Rathe gezogenen Thierarztes sind bis jetzt 8 Kühe getödtet worden. Ueber die Ursache der Krankheit wurde in Erfahrung gebracht, daß vor einiger Zeit der Hirtenhund von einem tollen Hunde gebissen worden ist. — Das gegen den Herrn Bürgermeister Otto in Lengenfeld i. V. eingeleitete Verfahren wegen Körperverletzung mit tödtlichem Aus gange, welchen Fall wir seinerzeit mittheilten, ist von der Königlichen Staatsanwaltschaft zu Plauen eingestellt worden, da die Untersuchung die Thatsache klar zu Tage förderte, daß sich der Betreffende in dem Falle der Nothwehr befand, als er von dem Strolche angegriffen wurde und so eine Gefahr für Leib und Leben des Angegriffenen vorhanden war. — Schon seit längerer Zeit sind, wie dem „Dresdner Journal" mittgetheilt wird, größere Oekonomen zu der Ueberzeugung gekommen, daß die Bewirthschaftung ihrer Güter rationeller und billiger durch männliche, als durch weibliche Arbeitskräfte bewirkt wird, ganz abge sehen von den vielen Unannehmlichkeiten, welche durch den gegenseitigen Verkehr beider Geschlechter entstehen. Aus diesem Grunde suchte man die Schweizer Verhältnisse auch nach hier zu übertragen und zur Be dienung des Milchviehes Stallschweizer, welche das Melken, die Füt terung rc. ausführen, zu engagiren. Diese Neuerung hat sich auf dem Kammergute Ostra trefflich bewährt. Hier versehen 11 Schweizer mit einem Obmann die sämmtlichen Dienstleistungen bei 240 Stück Milchvieh und dabei herrscht in den Ställen eine musterhafte Ordnung und Reinlichkeit, wie sie bei der doppelten Zahl der Mägde nicht zu finden war. — Der Zuckerrübenbau, welcher bis vor Kurzem nur verein zelt im Königreiche Sachsen betrieben wurde, wird jetzt von vielen größeren Oekonomen auf ausgedehnten Strecken kultivirt. Auch in näch ster Nähe Dresdens, ans dem königl. Kammergute Ostra, finden wir