Volltext Seite (XML)
1882. Nr. 43. Dienstag, dm 38. Mai Kirschenverpachtung. Die diesjährige «KirschnuHung auf der Meißen-Wilsdruffer Chaussee, Abtheilung 1—3, soll Donnerstag, den 8. Juni d. I., vormittags 9 Uhr, in der Expedition der Bauverwalterei Meißen gegen sofortige Bezahlung -er Wachtsumme und unter den sonstigen im Termine bekannt zu gebenden Bedingungen öffentlich meistbietend verpachtet werden. Meißen, am 23. Mai 1882. Königl. Chaussee-Inspektion. Königl. Bauverwalterei. Diesel. Tagesgeschichte. Wie die „Provinzial-Correspondenz" meldet, wird Kaiser Wil helm den vorläufig getroffenen Bestimmungen zufolge in der Zeit zwischen dem 12. und 18. Juni nach Ems reisen, nach dreiwöchichem Kurgebrauch daselbst einen mehrtägigen Aufenthalt auf der Insel Mai nau nehmen und sich später zu einer ebenfalls auf drei Wochen berech neten Kur nach Wildbad Gastein begeben. Die Rückkehr nach Berlin würde innerhalb der ersten Hälfte des Monats August erfolgen. Nach Mittheilungen aus Friedrichsruhe, von welchen die „Kreuz- Ztg." Kenntniß erhalten hat, ist der Reichskanzler Fürst Bismarck durch den Ausfall der Verhandlungen und Beschlüsse der Tabakmonopol- kommission des Reichstages in keiner Weise überrascht worden. „Die neulich", so schreibt das Blatt, diese Mittheilungen sich aneignend weiter, „durch mehrere Blätter gegangene Notiz, wonach der Kanzler geäußert haben soll, er werde der zweiten Berathung des Plenums beiwohnen und wenn er sich müsse in den Reichstag hineintragen lassen, erweist sich als reine Erfindung. Fürst Bismarck war auf Ablehnung des Monopolentwurfs gefaßt und hatte auch die Annahme der Ausfeld', scheu — jetzt Lingens'schen — Resolution vorausgesehen. Da der Kanzler genöthigt ist, seines körperlichen Zustandes wegen die größte Schonung seiner Kräfte eintreten zu lassen, und weil zu seiner völligen Wiederherstellung ein mehrwöchentlicher Aufenthalt in Friedrichsruhe geboten ist, so wird er der zweiten Lesung des Monopolentwurfs im Plenum voraussichtlich fern bleiben und in die Reichstagsverhaudlungen überhaupt nicht eingreifen." Die Norddeutsche Allgemeine liest dem Reichstagsausschuß die Leviten wegen seiner „unsachgemäßen, oberflächlichen" Behandlung der Tabakmonopol-Vorlage. Eben aus diesem Grunde könne das Monopol noch nicht von der Tagesordnung verschwinden. Für die Fortdauer der dadurch hervorgerufeuen Unruhe in der öffentlichen Meinung und den interessirten Kreisen seien demnach Diejenigen verantwortlich, die eine gründliche und ausschlaggebende Berathung des Gegenstandes vereitelt hätten. Der Ausschuß wird übrigens seine Berathuiigen ohne Unterbrechung fortsetzen und voraussichtlich so betreiben, daß der Reichs tag am 20. Juni wieder auseinander gehen kann. An eine Bewäl- tibung des. Unfall-Versicherungs-Gesetzes in dieser Sitzungsperiode wird jedoch nicht gedacht, dafür sind die Schwierigkeiten zu groß. Dagegen rechnet man sicher auf das Zustandekommen des Kranken- kasfen-Gesetzes. Eine anscheinend offiziöse Notiz der „Berl. Polit. Nachr." lautet: „Gutem Vernehmen nach soll die geschäftliche Disposition des Reichstages so getroffen werden, daß derselbe noch vor Ende Juni seine Sitzungen beendigen kann, auch wird immer wahrscheinlicher, daß mit Schluß des Reichstages eine Zwischenkommission für die Berathung der sozialpolitischen Gesetzentwürfe eingesetzt werden dürfte. Nach unseren Informationen würden die verbündeten Regierungen der Niedersetzung einer solchen Kommission zustimmen nnd — wie wir ferner aus Kreisen erfahren, die dem Centrum nahestehen — bleibt fuan innerhalb dieser Fraktion dem Gedanken an eine sozialpolitische Zwlschenkommission wohlgeneigt. Die heute erschienene „Provinzial.- Korresp." läßt keinen Zweifel darüber, daß die verbündeten Regie rungen fortfahren, für die Einführung des Reichstabakmonopols ein zutreten und sich in ihrer Ueberzeugung von der Nothwendigkeit des selben für die Festigkeit und den Ausbau des Reiches im Ganzen wie in seinen einzelnen Theilen nicht durch die Art und Weise beirren lassen, in welcher der Reichstag das Monopolprojekt zu erledigen versuchte." Der Unglückliche, durch dessen Unvorsichtigkeit die Ausstellung ein Raub der Flammen geworden ist, der Arbeiter Wagenknecht, hat jetzt dem „B. C." zufolge folgendes Geständniß über die Ver anlassung des Brandes abgelegt: Er habe am Abend des Brandes zwischen 6^ und 6^ Uhr seine Laterne geputzt, die, wie alle Laternen m der Ausstellung, mit Rüböl gespeist wurde, da Petroleum strikt verboten war. Nun aber pflegt Öel sich nur langsam im Docht nach oben zu ziehen und er habe sich daher vergewissern wollen, ob die Laterne, wenn er sie später im Freien anzünde, auch leicht brennen werde. Er habe deshalb eines der Streichhölzer, die er sich von einem Feuerwehrmann geliehen, in der bekannten Weise an seiner Hose an gezündet und die Flamme an den Docht gehalten. Der Docht aber habe nicht gebrannt, weshalb er das Streichholz so lange an denselben hielt, bis es ganz kurz geworden und ihm die Finger verbrannt habe. Des Schmerzes wegen habe er es dann unwillkürlich, denn er hatte nicht auf das Abbrennen des Streichholzes geachtet, mit kurzem Rucke der Hand weggeworfen und sich sofort umgesehen, ob es auch ausge brannt sei. Er habe es indessen nicht mehr gesehen, habe demnach gemeint, daß das kaum einen Centimeter lange Stückchen längst ver löscht sei, und sich nicht weiter Sorge darum gemacht, bis die Flammen plötzlich vor ihm aufschlugen. So die Aussage Wagenknechrs. Das Kapitel von den kleinen Ursachen und großen Wirkungen hat durch die Geschichte des Wagenknecht'schen Streichholzes eine traurige Be reicherung erfahren. Wien, 26. Mai. Die amtliche „Wiener Ztg." publizirt ein Handschreiben des Kaisers an den Grafen Beust, mit welchem dessen Bitte um Enthebung von dem Pariser Votschafterposten und Ueber- nahme in den Ruhestand genehmigt und demselben in den schmeichel haftesten Ausdrücken für die hervorragenden Dienste, welche er dem Kaiser, dem kaiserlichen Hause und dem Staat geleistet, die vollste An erkennung und der Dank des Kaisers ausgesprochen wird. Die „N. fr. Pr." meldet aus Lemberg: In mehreren Ortschaften von Kongreßpolen sind neuerdings Judenexzesse vorgekommen. In Wassiliszki ist eine Feuersbrunst ausgebrochen, welche 400 Judenhäufer einäscherte. In der französischen Kammerfitzung des 20. Mai wurden die Rechnungen aus dem Budget von 1870 erledigt. Allgemein wurden Angriffe auf Gambetta erwartet, aber es erfolgten keine und selbst Cassagnac schwieg. Dafür schreibt er jetzt in seinem „Pays": „Un bestechlicher und unbefleckter Mann, Verres der nationalen Vertheidigung, umsonst wehren Sie sich gegen die Anklage, welche von allen Seiten auf Sie audrängt und Sie bei der Gurgel packt. Woher kommt Ihr Luxus? Woher Ihr Vermögen? Wer bezahlt Ihre Ausgaben? Wo haben Sie all das Geld gewonnen? Mit welchen Fonds haben Sie die halbe französische Presse kaufen wollen? Das Publikum weiß nur eines, daß nämlich 48 Millionen in der Kasse Frankreichs fehlen, und daß Sie Pferde und Wagen, ein Hotel in Paris und eine Villa auf dem Lande haben. Trinken Sie nur Champagner, essen Sie Trüffeln, rauchen Sie „exquisite Cigarren", geben Sie Feste, beladen Sie die Tänzerinnen mit Schmuck, schaffen Sie sich täglich andere Pferde an und genießen Sie nach Herzenslust! Wer Sie mit geröthetem Ange sicht und in Ihrem Fette schmelzend vorübergehen sieht, der sagt doch: „Das sind unsere 48 Millionen! Und dann erinnert man sich, daß zwei Männer die „Republique Frangaise" gegründet haben, Herr Ferrand und Sie. Der eine ist hinter Schloß und Riegel, Sie aber sind noch frei; der eine ist nach Mazas gewandert, Sie aber weilen noch im Palais Bourbon. Und man wird sagen, daß hier nur ein Verzug zu Grunde liegen könne." Offenbar hatten die Bonapartistev Veranlassung genug, die Debatte zu vermeiden; ihre eigene Wäsche hätte ebenfalls an das Tageslicht gezogen werden können, Die Gam- bettisten sind natürlich jetzt sehr erfreut; sie behaupten jetzt bereits, die Freunde Grovys hätten die Debatte verhindert, um Gambetta nicht zu einem glänzenden rednerischen und moralischen Triumphe Veran lassung zu bieten. London, 24. Mai. Der „Daily Telegraph" erfährt, daß die Behörden höchst ernste Mittheilungen bezüglich der Bedrohung des Lebens mehrerer in London weilenden Politiker in Händen haben. Die Wohnungen sämmtlicher Minister werden sorgfältig bewacht, die Minister nach und vom Parlament von Konstablern in Civil begleitet. — Schiffskapitän Brand, welcher vom Schwurgericht in Leeds wegen tödtlicher Mißhandlung eines Fischerknaben zum Tode verurtheilt worden, wurde Dienstag im Gefängniß zu Leeds behängt. An der NewIorker Börse kamen neulich die Hundertmillionen- münner Vanderbilt, Jay Gould, Russel Sage und Cyrus Field zu sammen. Sie machten ernste Gesichter, denn mit den Cisenbahnaktien ging es seit einiger Zeit nicht mehr nach Wunsch, sie waren in das Zeichen des Krebses getreten. Das darf nicht so fortgehen, sagte da- Kleeblatt und kaufte sämmtliche Aktien, bei denen es am meisten be- theiligt war, zum Tagescourse und auch wohl zu höheren Preisen an. In Amerika hängt der Himmel also keineswegs mehr so voll Baß geigen, wie man vielleicht annimmt. Viele amerikanische Blätter prophezeihen sogar einen sogenannten Krach, und zwar als nahe bevor stehend. Sie folgern so: Die riesenhafte Zunahme des nordameri kanischen Nationalvermögens in den letzten fünf Jahren hat zu eine Wochenblatt für für ilsdruff, Tharandt, Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden Erscheint wöchentlich 2 Mal Dienstag und Freitag.) Abonnementspreis vierteljährlich l Mark. Sine einzelne Nummer kostet^O Pf. Jnseratenannahme Montags u. Donnerstags »iS Mittag 12 Uhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal l Dienstag und Freitag. AbonnementSprei» vierteljährlich 1 Mark Eine einzelne Nummer kostet_10 Pf Jnseratenannahme Montags u. Donnerstag« bi» Mittag 12 Uhr. sür die Königl. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das Königl. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. Aweiundvierzigster Bahrgang.