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«MEAMLMtkQMWW Wochenblatt für für die König!. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. Zweiundvierzigster Vahrgang. Erscheint wöchentlich 2 Mal Dienstag und Freitag.) Abonnementspreiß vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kvstet^O Pj. Jnseratenannahme Montags ».Donnerstags bis Mittag 12 llhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag.) Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mark Eine einzelne Nummer — .... koste^l.0 Pf Wilsdruff, Tharandt, SM Nossen, Sicbcnlchn und die Umgegenden. Rr. 38. Freitag, Mittheilnngeu über Obst- und Gartenbau. Wie und wann soll pincirt werden? Wir untericheiden bekanntlich der Zeit nach verschiedene Schnitte bei unseren Obstbäumen und zwar den Frühjahrsschnitt, welchen wir vor Beginn des Triebes vornehmen, den sogenannten Maischnitt, während der ersten Triebzeit vorgenommen, den Sommerschnitt am Schlüsse der ersten Triebperiode und den Hecbstschnitt unmittelbar nach Eintritt des Laubabfalles. Je nach der Zeit, wann der Schnitt geschieht, ist seine Wirkung auch eine verschiedene. Der am entblätterten Baume, also im Frühjahr und Herbst ausgeführte Schnitt wirkt zu Gunsten des Holztriebes, während der am belaubten Baume vorge nommene Mai- und Sommerschnitt die Fruchtbarkeit des Baumes fördert. Die Operation, welche wir beim Maischnitt machen, nennen wir „das Pinciren" und verstehen darunter das Zurücknehmen oder Einstutzen, Abkneipen der krautartigen Triebe, was gewöhnlich mittelst des Daumens und Zeigefingers ausgeführt wird, oder man bedient sich dazu einer besonders für diesen Zweck konstruirten Zange, der sogenannten Pinicirzange. Dieser Schnitt ist, wie bemerkt, für die Erzielung einer regelmäßigen Fruchtbarkeit unserer Obstbäume von ganz außerordentlicher Wichtigkeit, denn wenn wir denselben nicht vor nehmen, überlassen wir dieselbe dem Zufall. Infolge der Operation wird die Thätigkeit des derselben unterworfenen Zweiges auf etwa 12 dis 14 Tage gehemmt, es entsteht kein Fortwuchs, der Saft wird vielmehr in die unteren, stehen gebliebenen Augen gedrängt und dort verarbeitet und diese bilden sich und zwar die unteren theils zu Blatt- und Fruchtknospen, die oberen dagegen zu kleineren Kurztrieben, Frucht spießen re. aus und dies sind die so wichtigen Fruchtorgane. Das Pinciren wird ferner angewendet, um die verschiedene» Aeste, Zweige nnd Triebe eines in systematische Formen gebrachten Baumes im Gleichgewicht zu erhalten, indem man alle stärker wachsenden Triebe an dem kräftigeren Theile früher abkneipt, als die sich weniger kräftig entwickelnden. Die endosmotische Anziehung des aufwärts steigenden Nahrungssastes ist in den Theilen des Baumes am stärksten, in welchen der meiste Verbrauch an Säften stattfindet, wo derselbe für Neubil dung Verwendung findet. Haben wir nun die starkwachsenden Triebe entspitzt, so findet, wie wir gesehen haben, ein kurzer Stillstand statt und in Folge dessen ein geringerer Saftverbrauch. Es kommt also der verfügbare Nahrungssaft den Trieben zu Gute, welche, nicht ent spitzt, fortwährend Saft verarbeiten und verbrauchen. Bei den Aepfeln, Aprikosen, Birnen, Kirschen und Pflaumen wird das Pinciren in folgender Weise angewendet: Sobald die Triebe un gefähr eine Länge von 15—20 Centimeter erreicht haben, werden sie auf eine Länge von 10—12 Centimeter zurückgeschnitten, sofern diese Triebe zeigen, daß sie sich nicht ungehörig stark entwickeln wollen. Sobald wir dagegen wahrnehmen, daß Triebe, welche sich zu Frucht trieben entwickeln sollen, eine so kräftige Entwickelung annehmen, daß dieser Zweck nicht erreicht wird, so warten wir gar nicht mit dem Pincement bis sie die angegebene Länge erreicht haben, sondern schneiden ihn auf ein Auge über der Basis zurück und erreichen dadurch, daß sich aus diesem erst nach ziemlich geraumer Zeit ein schwacher Fort wuchs entwickelt. Beim Pinciren soll man sehr vorsichtig verfahren, um den Baum gesund zu erhalten, niemals darf man so lange mit der Operation warten, bis sämmtliche Triebe die angegebene Länge erreicht oder über schritten haben und sich schon im verholzten Zustande befinden, um dann gleichzeitig alle dieser Operation zu unterwerfen; denn damit würde eine zu große Saftstockung hervorgerufen werden, welche ver schiedene Krankheiten verursachen würde, beim Kernobst den Krebs, beim Steinobst den Gummifluß. Die Arbeit wird vielmehr nach und nach vorgenommen, bei den sich kräftiger entwickelnden Trieben früher als bei den normal wachsenden, bei den am oberen Theil des Baumes sich befindlichen früher als bei denen am unteren Theile, weil erstere, von Saftzufluß begünstigt, sich ebenfalls kräftiger entwickeln. Ent weder wird die nächste Folge des Pincements sein, daß das oberste Auge des so behandelten Triebes austreibt und infolge dieses Triebes, welcher den aufwärts steigenden Saft wieder anzieht, wird sich der entspitzte Theil wieder kräftig entwickeln wollen, was wir aber zu Gunsten der Fruchterzeugung verhindern. Um dies zu vermeiden, werden diese frühzeitigen Triebe, sobald sie eine Länge von ungefähr 10 Centimeter erreicht haben, auf 8 Centimeter zurückgenommen und sollte sich, was jedoch nicht so häufig geschieht, das oberste Auge des Nachwuchses nochmals zu einem frühzeitigen Triebe entwickeln wollen, so wird derselbe, wenn er die Länge von 6 Centimeter erreicht hat, auf die 2 untersten Augen an der Basts zurückgeschnitten. Sollten sich aber wider Erwarten aus dem pincirten Triebe die beiden obersten Augen zu frühzeitigen Trieben entwickelt haben, so entfernt man den obersten Trieb ganz und behandelt den aus dem zweiten Auge ent standenen wie oben angegeben ist. Es wird aber noch erübrigen zu erläutern, warum wir in der angedeuteten Weise verfahren. Die Länge von 10 Centimeter ermög- den 12. Mai 1882. licht, daß wir dem Triebe mindestens 4 Augen belassen, welche vor handen sein müssen, um den Zweck zu erreichen, den wir durch die Operation erreichen wollen. Würden wir dem Triebe mehr Augen belassen, so würden wir ihm Gelegenheit bieten, sich kräftiger zu ent wickeln als uns lieb ist, und die untersten Augen, welche sich zu Frucht organen entwickeln sollten, würden zu schwach geblieben sein, dies zu können. Hätten wir aber kürzer pincirt, ungefähr auf 5—6 Centi meter, so würden wir bei manchen Sorten zu wenig Augen belassen haben, die fähig wären, sich zu Fruchtorganen zu entwickeln. Ebenso ist davor zu warnen, den infolge des ersten Pincements entstandenen Trieb sehr kurz, etwa auf 1 oder 2 Augen zurückzuschneiden, indem wir dadurch die dem pincirten Triebe belassenen Augen leicht zu starkem Austreiben veranlassen können und somit lauter frühzeitige Triebe ent stehen würden. Während wir auf diese Weise durch das Pincement gute Resultate bei Aepfeln, Aprikosen, Birnen, Kirschen und Pflaumen zum Zweck ihres Fruchtertrages erzielen werden, haben wir diese Operation bei den Pfirsichen in anderer Weise zu vollziehen, doch darüber ein an deres Mal! — Keine Wahl. Erzählung von Ludwig Habicht, Verfasser der Romane: „Auf der Grenze", „der rechte Erbe". (Fortsetzung.) Nun schmetterte schon die Musik und bebend vor Glück und Wonne wollte er mit der Heißgeliebten davonschweben, aber er kam nicht in den Takt. Die Augen Selmas begannen zornig zu funkeln und nicht ohne Heftigkeit flüsterte sie ihm zu: „Sie versuchen ja Walzer zu tanzen, anstatt einer Polka." In seiner Aufregung hatte Bölkner auf die Tanzordnung nicht geachtet und da er so wenig musikalisch war, daß er die aufgespielten Tanzstücke niemals durchs Gehör erkannte, hatte er geglaubt, daß die Musik einen Walzer begonnen; er verbesserte wohl rasch sein Versehen, aber Selma beklagte doch heimlich ihr Mißgeschick, daß sie nicht mit Herrn von Woiczeck die prächtige Polka tanzen konnte und schon nach der ersten Pause klagte sie über Müdigkeit, nur um den schwerfälligen Rentier sobald wie möglich los zu werden. Bölkner ließ sich auch wirklich abfertigen. Zu seiner Verwun derung bemerkte er jedoch, daß sie beim nächsten Tanz schon wieder am Arm des Polen hing und nun unermüdlich mit ihm dahinflog. Ein dumpfes Gefühl von Eifersucht begann sich in seiner Brust zu regen. An Tanzgeschicklichkeit konnte er es freilich mit dem pol nischen Edelmann nicht aufnehmen, das gestand er sich selbst — trotz dem hatte er heute einen solchen Schwung bekommen, daß er nicht sogleich das Feld räumen mochte. Er mußte auf andere Weise ihre Gunst zu erobern suchen und sie mit Aufmerksamkeiten für sich ge winnen. Der edle Pole tanzte fortwährend mit Selma, aber es fiel ihm nicht ein, für eine Erquickung seiner Dame zu sorgen. Diesen Mangel an Galanterie, der bei einem Polen zur Seltenheit gehört, wollte Bölk ner geschickt für sich benutzen. Er brachte ihr nach Beendigung des Tanzes sofort eine Schale des köstlichsten Eises, und Selma war für diesen Ritterdienst nicht un dankbar — sie lächelte ihm wohlwollend zu und war eben im Begriff, das Schälchen an sich zu nehmen, als jemand an den Arm des Ren tiers stieß und das Eis sich gnadenlos auf das weiße Kleid des jungen Mädchens ergoß, das davon arg befleckt wurde. Die so furchtbare Katastrophe erregte ein allgemeines Aufsehen. Mau drängte sich von allen Seiten neugierig heran — mitJammer- rufen, Rathschlägen und wohl anch mit heimlichem und schadenfrohem Lächeln. Bölkner opferte sofort sein Taschentuch — doch die Spuren des Eises ließen sich nicht mehr verwischen — die schöne Tänzerin war für den heutigen Ballabend unschädlicki gemacht und bedurfte all ihre Fassung, um nicht in Thränen auszubrechen. Am meisten grollte sie der unschuldigen Ursache dieses Unheils — dem armen Rentier — dessen Ungeschick sie alles in die Schuhe schob, während es wohl das Wahrscheinlichste blieb, daß von einer Rivalin der heimtückische Streich gekommen war. Für Selma hatte damit der Ball seinen Glanz verloren, sie suchte sofort ihren Vater auf, klagte ihm ihr Unglück und wünschte das Fest sofort zu verlassen. Der Mojor hatte soeben eine Partie beendigt und war deshalb auf der Stelle bereit. Er fragte nur nach Bölkner. „Was kümmert mich dieser ungeschickte Mensch," entgegnete sie erbittert. „Qho, sehr viel," war die Antwort des Vaters; „ohne ihn kom men wir nicht nach Hause. Er hat mir gesagt, daß er zur Rückfahrt schon einen Wagen für uns bestellt hat."