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Das Haus des Unfriedens. Erzählung von Ludwig Habicht. (Fortsetzung.) Der Schlosser stieß einen Flnch aus: „Sei mir still von diesem verrückten Weibe! Die hat ihr Schicksal verdient. Kriegt auf die alten Tage den Einfall, noch einmmal einen ganz jungen Mann zu nehmen. Nun werden ihr wohl die Heirathsgedanken vergangen sein!" und er stieß wieder sein rohes, wüstes Lachen aus, das ihr so tief ins Herz schnitt. — „Ach, Du brauchst sie wirklich nicht zu bedauern," fuhr er in bester Laune fort. „Die kann ja von Glück sagen, das sie so schnell von der Welt gekommen. Denn ihr Herr Gemahl hätte sie doch alle Tage durchgehauen, sobald er ihr Alles durchgebracht haben würde. Das red' ich nicht allein; das haben alle Lcnte gesagt." Es war Elisen unmöglich, ihren Mann auf andere, bessere Ge danke» zn bringen, und sie wagte keinen Widerspruch, auch nicht deutlich zu verralhen, wie es in ihrem Herzen aussah. In seiner freudigen Aufregung beachtete er auch ihren Gemülhszustand weniger. Er schwatzte noch lange selbst im Bett von der großen Veränderung seiner Glücksumstünde, und was er jetzt Alles beginnen und schaffen werde. Am andern Tage litt es August Jordan auch nicht zu Hause. Seine Frau war ihm zu still und freute sich gar nicht über den Reickthum, der ihnen plötzlich zufallen follte, und so blieb dem Schlossermeister nichts weiter übrig, als ein Wirthshaus aufznsuchen, um mit einigen guten Bekannten sich ausznjubeln und sich seines un erwarteten Glückes zu freuen. Fran Jordan war wieder allein mit ihren düster» Vorstellungen und Gedanken, die sic nicht verlassen wollten, wie sehr sie auch sich Mühe gab, sie zu verscheuchen. Da klopfte es, und ein Gerichtsbote trat herein. Diese Leute sind selten willkommene Gäste; ein gelinder Schrecken überkommt fast Jeoen, der nicht an ihren Besuch bereits gewöhnt ist. Der jungen Frau versagten die Knie den Dienst. Sic war nicht im Stande, sich zu erheben. Kaum vermochte sie den Gruß mit bebenden Lippen zu erwidern. »Ist Ihr Mann zu Hause?" fragte der Mann mit dem Schilde auf der Brust. „Nein," preßte sie mühsam hervor und rang vergeblich nach Fassung. Die Gegenstände im Zimmer begannen vor ihr einen Tanz aufznführen. Sie war einer Ohnmacht nahe. „Er kommt aber doch bald zurück?" „Ich weiß es nicht," hauchte sie leise, und sie wußte im nächsten Augenblick nicht, ob sie wirklich diese Worte gesprochen oder sie nur gedacht hatte. „Und wohin ist er denn gegangen?" „Ich weiß es nicht," wiederholte sie mechanisch. „Hm, das ist fatal! Ich hab' eine Vorladung schon zu heut um 12 Uhr. Er kommt also bis dahin nicht zurück?" „Nein." „Und Sie wissen auch wirklich nicht, wo er jetzt steckt?" „Nein," war wieder ihre Antwort. Mehr zn sprechen, fehlte ihr die Kraft. Alles Blut drängte sich zu ihrem Herzen. Sie beugte sich tief aus ihre Näharbeit herab, als könne sie in ihrem Eifer sich durch nichts stören lassen. „Er muß doch zum Essen nach Hause kommen?" fragte der Ge richtsbote hartnäckig weiter. „Ich glaube nicht," antwortete sie leise und unsicher, ohne nur den Blick zu erheben. „Das ist ja recht nett; Dann werde ich Nachmittag noch einmal wicdcrkommen," und mit einem kurzen Adieu entfernte sich der Mann verdrießlich und übellaunig; denn er schrieb diese kurzen, einsilbigc Antwortcn der Frau nur bösem Willen zu. Als sich d>.r Gerichtsbote entfernt hatte, rang die Aermste ver zweifelnd die Hände. Da waren ihre finsteren Ahnungen schon Ge wißheit geworden, und man bereits ihrem Mann so gut aus der Spur wie ihrem Schwager. — Der Unseelige hatte sich also wirklich an dem Verbrechen belheiligt und in seiner furchtbaren Verblendung das enlsctzlichste Elend über sich und die Seinen gebracht. Ihr Mann ein Mörder! — Sie schaudert« vor dem Gedanken zurück. Und mit einem solchen Menschen, der gnadenlos eine arme, wehrlose Frau aus dem Wege geschafft, war sie für die ganze Lebenszeit verbunden; der war Vater ihrer Kinder. Sie hätte laut aufschreien mögen vor Schmerz und Verzweiflung, und doch rang sich kein Ton über ihre Lippe». Stumm, mit öden, glanzlosen Augen irrte sie durch das Zimmer. Milte» in ihrer Noch und ihren Kümmernissen hatte sich die arme Frau nicht so tiamcnloS elend gefühlt als jetzt, wo durch ei» schänd- licheS Verbreche» der Reichthum plötzlich bei ihr eiuziehcn sollte . . . O, warum hatte sich der Unglückliche zu einer solchen That verlocken lasse», die ihn und die Seinen auf immer brandmarkte! Was konnten ihm alle Neichthümer der Welt nutzen, wenn er sie mit einen« Mord erkaufen mußte! — Die junge Frau war völlig fassungslos. Sic hätte in ihrem Schmerz vergehen mögen, und nur der Gedanke an ihre Kinder hielt . sie aufrecht. Die Aermstcn verloren ja jetzt ihren Vater, — nun durste sie nicht Völlig zusammcitbreche»; sie mußte jetzt den Verwaisten Alles sein. Tausend Gedanken wirbelten durch ihr geängstigtes Gehirn. Bald faßte sie den Entschluß, ihren Mann sofort aufzusuchc» und ihn zur schleunigen Flucht zu überreden, damit er wenigstens sich das Leben retten könne; bald dielt sie diesen Schritt für Unrecht; wenn er wirklich dies Verbrechen begangen, dann mußte er es auch büße», und wenn sie selbst dabei zu Grunde ginge. Und immer wieder er wachte die Sehnsucht, ihn zu warnen. — Aber wie sollte sie ihn finden. — Sie hatte niemals seinen Wegen nachgespürt und auch nicht die Zeit dazu gehabt. Da sie still vor sich hinlcbte und außer mit ihrer Schwester mit Niemand weiter verkehrte, so wußte sie nicht, wo sie ihren Mann finden sollte. Die Stadt war zu groß, um dies soleicht in's Werk zu setzen. Schwerlich suchte ihr Mann Wirthshäuser der Nachbarschaft auf, davon hielt ihn ein gewisser Stolz zurück, und wie sollte sie ihn jetzt entdecken? Vielleicht kam er bald nach Hause, und dann konnte sie ihm verrathcii, was ihm drohe, und ihn zu schleuniger Flucht drängen. Mit welcher Seelenangst wartete sie jetzt auf die Rückkehr ihres Mannes; aber die Mittagsstunde schlug, und er erschien nicht. Die kleine Martha kam aus der Schule. Sie sah wohl die verweinten Augen der Mutter, doch das kluge Kind fragte nichts; es schmiegte sich nur zärtlicher an ihre liebe Mania an, und selbst der kleine Fer dinand schic» zu merke», daß heul Mutter ungewöhnlich traurig war; denn er sagte mehrmals: „Mama, gut sein, — Fer auch gut," — und streichelte mit seinen kleinen Hündchen ihre Wangen. Ach, und gerade diese Zärtlichkeit ihrer Kinder rief vollends den wildesten Verzweiflungsschrei auf ihre Lippen. Sie brach in kramps- haflcs Schluchzen aus, und die Kleinen schauten anfangs ganz be stürzt d'rein, bis sie ebenfalls laut und heftig zu weinen begannen. Der Jammer ihrer Kinder brachte die unglückliche Frau wieder zur Besinnung; sie preßte ihre Lieblinge innig an ihr Herz, und, ihnen die Thränen abtrocknend, versuchte sie zu lächeln und sie zu trösten; sie habe nur geweint, weil sie nicht einmal Zeit gehabt, ihnen ein Mittagsessen zu kochen und sie sich mit einem Butterbrod begnügen müßten. I» ihrer tiefe», grc»zenlosen Verzweiflung hatte sie es heut ganz vergessen, für die leiblichen Bedürfnisse der Kleinen zu sorgen. „Ich hab' heut gar keinen Hunger, Mama," sagte Martha. „Ich auch keinen Hunger," lallte ihr Ferdinand nach. Dennoch rüttelte jetzt die Sorge für ihre Kinder die unglückliche Frau ein wenig auf, und sie beeilte sich, so gut es eben anging, das Versäumte noch nachzuholen. Es war freilich nur ein sehr einfaches Mahl, das sielbereilete; aber dem kleinen Ferdinand mundete es doch. Martha dagegen hatte gewartet, bis auch ihre Mutter dem Essen zusprechcn würde, und als sie sah, daß diese bald wieder regunglos vor sich hinstarrte, ohne von den Speisen etwas zu berühren, legte das Mädchen den Löffel leise Weg. „Mama, Mara nicht essen," klagte der kleine Ferdinand seine Schwester an. Erst jetzt gewahrte Frau Jordan das Benchnun ihres Töchterchens. ,.Warum willst Du nicht essen?" fragte sie sogleich mit mütterlicher Besorgniß. „Weil Du auch nicht ißt," entgegnete die Kleine sogleich. „Das darf Dich nicht störe», Ki»d! Ich hab' heut gar keinen Appetit." „Ich auch nicht," versicherte Martha. „Sei nicht eigensinnig, Marthchcn," ermahnte die Mutter. „Du bist so traurig, Mama, und hast keinen Bissen gegessen. Da schmeckt mirs auch nicht," und die Kleine blickte mit ihren blauen Kindcraugen voll Zärtlichkeit auf ihre Mutter und erfaßte ihre Hand. Frau Jordan hatte Mühe, die Thränen zurückzuhaltcn, die von Neuem Hervorbrechen wollten. Ach, welch' einen Schatz besaßen sie an ihren lieben Kinder»! Wie glücklich hätte» sie sei» können in mitten ihrer Armuth und aller Entbehrungen, und jetzt, — sic durfte diesen Gedanken nicht weiter iiachhäiigen, sollte sie nicht wahnsinnig werden. Fest hielt sie die Hand ihres Töchterchens, als komme ihr von diesen kleinen Händen Muth und Kraft, das Schlimmste zu ertragen. Ais ob die Kleine gewußt hätte, daß die Mutter recht dcS Trostes bedürfe, sagte sie leise: „Weine nicht, Mama. Die Lehrerin hat heut in der Schule gesagt: Der liebe Gott wache über alle Guten, und er prüft die Menschen, aber lasse sie nicht untergehcn, — und Du bist so gut Mama, da wird der liebe Golt schon über Dich wachen. „Uebcr alle Guten," — klang es in dem Herzen der geängstigte» Frau »ach. Warum war ihr Mau» von« reckte» Wege abgewiche», um aus weltlicher Verblendung die schwerste Schuld auf sich zu lade»? — Dennoch brachte das Geplauder ihres Kindes ihr Gemüth ein wenig in Ruhe. War den» wirklich ihre Furcht begründet und mußte sie an das Verbrechen ihres Mannes glauben? — Konnte er wirklich eine solche entsetzliche That begangen haben? Vielleicht waren all' ihre düster» Vorstellungen nur Hirngespinste und ihr^ Mann Völlig unschuldig. Sie schickte Martha mit dem Kleinen fort, damit, die Kinder im Hofe mit einander spielten. Ihre freiere Stimmung wurde durch das Erscheinen des Gerichts boten rasch wieder vernichtet. „Ist ihr Mann noch nicht da?" fragte er sehr kurz und verdrießlich. (Forts, folgt.) Holsauotion. Künftigen Sonnabend, de» S ^uni, soll eine Partie eichene Schälklaftern, Hackstöcke, eichnes Stammholz und verschiedenes anderes Holz Vormittags 9 Uhr in meinem Gehöfte meistbietend ver« auctionirt werden. Uibrig, Stadtgutsbesitzer. Kirslhtnmpachtmg. Künftigen Sonnabend, den S Kuni, soll die diesjährige Kirschnutzung auf meinem Grundstücke in meiner Wohnung Vormitt. ll Uhr meistbietend verauctiouirt werden. Bedingungen werden vor der Auction bekannt gemacht. Uibrig, Stadtgutsbes. Von heute an verkaufe ich das Liter Helles einfaches Bier außer dem Haufe für 12 Pfge.H.. DUorllas. CLnen MLttelknecht, der nüchtern, fleißig und geschickter Grasmäher sein muß, miethet-fo- Ordcntlichc und arbeitsam Drcschtr- Familit», mit guten Zeugnissen versehen, werden auf dem «Kammerg«^ Oftra in Dresden zum sofortigen Antritt gesucht. Kirschen - Verpachtung. Donnerstag, am 7. Juni e., Mittag 11 Uhr, soll die diesjährige Kirschnutzung beim Rittergut im Gasthof daselbst meistbietend verpachtet werden. Bedingungen günstig; beim Termin ein Viertel Anzahlung der Erstehungssumme.