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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für die König!. Amtshauptmannschast zu Meißen, das König!. Gerichtsamt und den Stadtrath zu Wilsdruff. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zwei mal, Dienstags u. Freitags und kostet pro Quartal I Mark. — Jnseratenannahme bis Montag resp. Donnerstag Mittag 12 Uhr. ^48., Dienstag, den 19. Im 1877. Bekanntmachung. Die Herren Gutsvorsteher und Gemeindevorstände des hiesigen amtshauptmannschaftlichen Bezirks werden behufs rechtzeitiger Aufstellung der Liquidationen über Vergütung von Marschfourage hiermit angewiesen, die von den einquartierten Truppentheilen über ge lieferte Fourageartikel den Gemeinden resp. Rittergütern auszustellenden Bescheinigungen sofort nach deren Empfang anher einzureichen. Meißen, am 14. Juni 1877. Königliche Amtshauptmannschast. von Bosse. Zufolge Anzeige vom 18. d. M. ist heute auf dem Folium 32 des hiesigen Handels-Registers die am I. dieses Monats neuer richtete Firma: , „V. L. SedLstiLL L, vo. in Wilsdruff" und als deren Inhaber Herr Varl Lioksrä Sebastian und Herr ^.n^rrst Vkrlbelm LrsuoLrnann daselbst eingetragen worden. Wilsdruff, am 18. Juni 1877. Das Königliche Gerichtsamt. Itr Gangloff. 1 .. ! 11 — 7 1 -'N— Tagesgeschichte. Se. Majestät der Kaiser Wilhelm ist am 16. Juni Vormittags 9 Uhr in Bad Ems wohlbehalten cingetroffen. Derselbe wurde von der zahlreich versammelten Einwohnerschaft und von den Kurgästen enthusiastisch begrüßt und begab sich in osicnem Wagen durch die mit Blume» und Flaggen geschmückten Straßen nach dem alten Kurhause, Wo Wohnung genommen worden ist. Das Obcr-Appellationsgericht in Lübeck, welches bekanntlich zur Entscheidung über den preußisch-sächsischen Eiscnbahnstreil angernfcn ist, hat endlich in voriger Woche seine erste Sitzung in dieser Angelegenheit gehalten. Wann die letzte Sitzung staltsiudcn wird, wagen wir nicht vorauszusagcn. a „ ^ deutsche Negierung Hal ihre frühere Anregung wegen Sickcr- "eV der zahlreichen Bevölkerung Palästinas bei der Türkei und den Großmächten erneuert. Man scheint bei dem Fortgang des Krie ges unruhige Austritte daselbst zu fürchten. Berlin, 15. Juni. Das Geschäft einer verkommenden Falles nothwendig werdenden Mobilisirung unserer Wehrkräfte zu Wasser und zu Land immer mehr zu beschleunigen, den Gang der Dinge bei diesem komplizirtcn, in alle Verhältnisse tief eingreifenden Ver fahren möglichst zu vereinfachen, darauf ist die stete Fürsorge unserer Heeresleitung besonders seit dem Jahre 1871 (nach den damals ge machten Erfahrungen) gerichtet. So ist, wie die „M. Ztg." hört, so eben wieder behufs der für eine eventuelle Mobilisirung nolhwcndigcn Aushebungen von Pferden folgende neue Anordnung getroffen worden, welche in einem Punkte von der bisher üblichen Weise erheblich ab- wcicht. Die Kreisbehörden und Slädlcverwallungcn sind nämlich an gewiesen worden, bei einer cvcnt. Mobilmachung direkt von den Be sitzern die erforderlichen Pferde zu rcquirircn, anstatt dieselben (wie bisher) erst nach vorheriger Aufforderung resp. Ausschreibung anzu- kaufcn. Allerdings werden durch dieses summarische Requisitions- Verfahren trotz der Entschädigung die Pfcrdebesitzcr häufig in Ver legenheit gesetzt, aber die Mobilisirung kann bedeutend rascher vor sich gehen. Bei der Reichslagswahl (im 6. Wahlbezirk) in Berlin haben sich die liberalen Parteien und die Sozialdemocralcn noch einmal gemessen; cs siegte der Sozialdemocrat Hasenclever mit 12752 Stimmen über den Fortschritts«»«»» Löwe mit 11652 Stimmen. Die Berliner werden immer bescheidener. Wir dürsen's Alle machen wie Fürst Bismarck und von heute an mit Spannung nach Frankreich sehen. Die Kammern sind wieder zusammengctreten und der Kamps zwischen den ehrlichen Re publikanern und den klerikal-bonaparlistischcn legitimistischcn Ministern Mac Mahons beginnt. Der Sprecher der Kammer wird vor allem Gambetta, der Sprecher der Negierung der Minister Fonrlou sein. Gute Beobachter wollen finden, daß sich der Kamps zu einem Staats streich oder auch vorläufig zu dem Schlachtruf: Hie Mac Mahon! hie ThicrS! zufpitze. Die Clerisci in Rom ist's, die den Brei cin- gerührt hat; da er anzubrcnnen scheint, ist's dem päpstlichen Nuntius Meglia in Paris selber Angst geworden und er hat in Nom angc- fragt, was er thun solle, wenn unerwartete Dinge geschehen. — Thun? lautete die Antwort, nichts, abwartcn! Versailles, 16. Juni. Der Minister des Innern, de Fonrtou, benachrichtigte die Depulirtcnkammer, daß der Präsident der Republik dein Senate seine Absicht, die Kammer auszulösen, mitgetheilt habe. .Brüssel, 13. Juni. Die „Jndep. Beige" erhält anonym aus Paris eine Proklamation an die bonapartische Partei zugc- sandt. Nachdem der Republik darin vorgewörfen, daß sie den Verlust per Milliarden und Elsaß-LoihringenS, sowie die blutigen Thaten der Kommune verschuldet, heißt es weiter: „Das Kaiserreich allein kann unS retten. Es ersteht thatsächlich heute wieder; cs wird von Rechts wegen morgen bestehe». Der junge Erbe seiner Staatskunst und seiner Ucbcrliefcrung ist bereit, seine Neckte wieder anzutretcn. Das dritte'Kaiserreich wird die dreijährige Dienstzeit wieder rinsnhren, die indirekten Steuern und die Zölle abschaffen, die Gehälter erhöhen, dem Heiligen Stuhl seine Unabhängigkeit und dem Vaterlands seine verlorenen Provinzen wieder geben. Seine erste Sorge wird sein, die Verirrten zn begnadigen und das Land ein für alle Mal von den republikanischen und andere» Rädelsführer» zu befreien. .Freunde! Der Tag naht: Mac Mahon, die Armee, die Beamten, sind sür uns. Unterstützen wir sie! Geben wir Frankreich Frieden, Ruhm, Ordnung, Freiheit wieder. „Am ersten Juli! . i . . Es leb« der Kaiser! Es lebe Mac Mahon!" Vom Kriegsschauplätze liegen nur einige dürftige Nachrichten vor. Nach einem Telegramme des Neuen Wiener Tageblattes aus Belgrad ließ Suleiman Pascha Bjelina durch drei Tabors besetzen. Die Lage der Montenegriner wird als eine sehr mißliche geschildert. Vielleicht dienen diese Ncuigkeileii dazu, die serbische Kricgsbegcister- ung in etwas abzuschwächcn. Aus Agram wird demselben Blatte berichtet, daß die Insurgenten die zwischen Jajatz und Travnick lie genden Ortschaften niedergebrannt haben. Ismet Pascha rückt aus Sorajevo in Eilmärschen nach Travnick heran. Vom asiatischen Kriegsschauplätze meldet ein Telegramm dcs Obcrkommandircndcn der Kaukasusarmee, daß die Türken am 12. Juni von den vorderen Befestigungen von Kars und von den auf den Höhen errichteten Batterien ein Feuer aus die Ruffen eröffnet Hütten, aber bald durch daS russische Geschützfcuer zum Schweige» gebracht wären. General Tergukaffow hat am 9. d. Alaschkert beseht. Von letzterem Orte aus zogen die Türken sich eilig nach Kenrikcw zurück und ließen einen bedeutenden Prvvianlvorrath in unseren Händen. Die Verzögerung der Aktion an der Donau wird in einem Bu karester Briese der „Äugsb. AUg. Ztg." vom I I. d. M. damit moti- virl, daß, wie groß auch immer die Ungeduld Europas sein möge, mit der man de» Angriff der russischen Armee erwarte und welche Motive auch von verschiedenen Seilen ihrem Zögern untcrgelegt wür den, das kaiserliche Oberkommando sich dadurch doch nicht irre macken lasse und der Erfolg unter keinen Umständen durch eine Ueberslürz- ung kompromillircn wolle. Gegenwärtig, heißt es in dem Schreiben weiter, sind an der Donau 200,000 Mann ansmarschirt, und doch wild der russische Angriff erst erfolgen, wenn die diesseit der Donau kvnzcnlrirte Operalionsarnice 300,000 Mann betrage» wird, während eine Reserve 200,000 Mann für alle Fälle in Bessarabien und Ru mänien stehen bleiben soll. Augenscheinlich liegt dem Kaiser Alexan der weniger an raschen als an sicheren Erfolgen. Wir wollen ganz davon absehen, daß diese Aeußerung in merkwürdigem Widerspruche mil der vor wenigen Tagen angcdculelcn friedlichen Stimmung in maßgebenden russischen Kreisen steht, welche nach einigen raschen Er- jolge» dem unnütze» Blutvergießen ei» Ende machen wollte; wir wollen nur bemerken, daß Europa schwerlich erwartet, daß sein Be- dürfniß nach interessanten Kriegsnachrichten auf die Entschlüsse der russischen Heeresleitung von Einfluß sei» werde, daß aber selbst in ruffensreundlichen Kreisen man nachgerade zu der Ansicht gelangt, daß die russischen Heerführer nicht in de» Verdacht jugendlichen Un gestüms gerathcn würden, wenn sie »ach fast achtwöchentlicher Frist endlich mlt dem Donauübergange Ernst machen. Von ciner Ucbcr» stürzung kann da wohl kaum die Rede sein. Die deutschen Offiziere, welche die Erlaubniß erhalten haben, sich dem russischen Hauptquartiere anzuschließen, sind mrnmchr sämmt- lich daselbst cingetroffen. Der ihnen zu lheil gewordene Empfang war ein überaus zuvorkommender. Aus befvnderen Befehl des Zaren werden ihnen alle möglichen Erleichterungen gewährt, um sich über die kriegerischen Ereignisse schnell und sicher zn insormircn. Ma» hält