Volltext Seite (XML)
träge von 10, 15 und selbst 50,000 Rubel sind an der Tagesordnung, nicht blos von Stadtgemeinden (die theilweise sogar ihre Gaben nach Millionen messen), sondern auch von Einzelnen. Besonders hervor ragende Thalen finden klingenden Lohn. So sind z. B. dem glücklichen Kanonier, dessen Bombe das türkische Panzerschiff von Braila ver nichtete, 1000 Rubel von einem Bürger und sogar eine jährliche Pension von 120 Rubel von der Stabt Odessa bewilligt worden; selbst die Mannschaft der 4 Boote, welche versuchten, den Hafen von Batum mit Torpedos zu spicken, hat von einer Dame ein Ängebinde von 100 Rubeln erhalten. Die Gesellschaft des rolhen Kreuzes erzielte bereits Einnahmen von 4 Millionen Rubeln, schätzt jedoch die Aus gaben aus 6 Millionen, das Defizit von 2 Millionen aber werde vor aussichtlich rasch vom Volke gedeckt werden. In allen größeren Städten, auch in Warschau, ist zu diesem Zwecke eine Hauskvllekle im Gange. Interessant ist, daß auch ein englisches Handelshaus in der türkischen Stadt Beirut einen Beitrag von 1000 Rubeln sür die russischen Verwundeten eingesendet hat. Ferner sind aus Havre von der internationalen Gesellschaft sür die Pflege Verwundeter 85 Kisten mit chirurgischen Instrumenten und Lazarelhbedürsnissen eingegangen. Eine Prophezeiung Gladstones über das Bündniß Frank reichs und des Ultramontanismus gegen Deutschland. Anläßlich der neuesten Vorgänge in Frankreich wird eine Prophe zeiung des englischen Staatsmannes Gladstone in Erinnerung ge bracht, welche, wenigstens was die Absichten der beiheiligten Factoren betrifft, ihrer Verwirklichung nahe zu sein scheint, wofern nicht, wie zu hoffen steht, denselben noch rechtzeitig ein Halt zugeruscn wird. Gladstone schrieb 1875: Jene ullramontane Minderheit, die über die ganze Erde verbreitet ist, die in Belgien triumphirt und in England Tumulte erregt, die in Frankreich abwechselno heut regiert und morgen Verschwörungen anzettelt, die Deutschland und Oesterreich aufrcgt und verwirrt, die Vielleicht in Italien weniger stark ist als in allen andern Ländern, die aber überall zusammenhängend ist, hartnäckig in ihren Plänen, die weiß, was sie will, die ihren Leitern unbedingt folgt und zu warten versteht — diese Minderheit, die das deutsche Reich haßt und das geeinigte Italien als einen Dorn in ihrem Fleische fühlt, diese Minderheit der europäischen Gesammlbcvülkerung wird durch eine fatale und unabwendbare Anziehung die active Verbündete Frankreichs werden, wenn dieses einmal unter dem Banner dcS religiösen Fana tismus in ein unseliges Abenteuer gestürzt sein wird. Das sind die beiden großen Kräfte, die zu einer gegebenen Zeit den Frieden be drohen werden: die Erbitterung und Rachedurst Frankreichs, welche Deutschland zum Ziele haben, und der Ehrgeiz des römisch-jesuitischen Klerikalismus, der entschlossen ist, einen letzten Schlag zu versuche», ehe er für immer auf die Herrschaft in Italien verzichtet. Diese beiden Kräfte, so verschieden sie untereinander sind, werden sich doch zu einer gemeinsamen Action verbinden, um ganz auScinanderge- legene Ziele zu verfolgen. Oertliches und Sächsisches. Im benachbarten Limbach wurde letztvergangenen Freitag das 4 Jahr alte Kind einer Drescherfamilie durch Zusammenbruch einer Sandwand verschüttet und trotz schnell herbeigeeilter Hilfe todt unter dem Sande aufgefunden. Landwirkhschaftlicher Credit - Verein im Königreich Sachsen. Nach dem Geschäftsberichte pro 1876 haben sich die Mit glieder auf 7803 vermehrt, die Slammantheile sind auf 5,163,733 Mark und die Spareinlagen auf 7,628,063 Mark anzewachsen. Durch diese Gcldeingänge und den Credit- und Psandbriesverkauf konnte der Verein im verflossenen Jahre 5,069,744 Mark Darlehn gewähren und zwar 2.566,650 Mark an landwirthschastliche Grund besitzer, 1,423,800 Mark an 101 Gemeinden und 1,069,249 Mark gegen Cautionshhpothek und Lombard. Wie ferner aus der veröffent lichten Bilanz ersichtlich, waren Ende 1876 überhaupt 23,931,075 Mark bei 359 Gemeinden und über 2000 landwirlhschaftlichen Grund besitzern ausgeliehen. Unter Hinzurechnung des vorjährigen Uebcr- schuffes von 154,209 Mark stellt sich der Reingewinn auf 453,193 Mark, von welchem die Vertheilung einer Dividende von 6 pCt. au die Slammantheilzahler vorgeschlagen wird, ein Resultat, welches in Anbetracht der allgemeinen ungünstigen Geschäftslageals ein zufrieden stellendes zu bezeichnen ist, gleichwie auch die soliden Principien dieses Vereins durch dasselbe bekundet werde». Die Pfandbriefe desselben sind, wir hier noch hervorheben wollen, bezüglich dcrAnlcgung von Mündelgeldern den inländischen Staalspapieien gleichgestellt. Dec vom Herrn Mehnert, Director dieses Vereins, an'die Gemeindevertreter und Grundbesitzer hiesiger Umgegend gerichteten Einladung waren auch andere sich für diesen Verein interessirende hochachtbare Männer gefolgt und hatten sich am 25. d. M. im Gast hof zum weißen Adler versammelt, um den von dem Herrn Director mündlich zu erstattenden genauen Bericht über die Verhältnisse und den Geschäftsgang des Vereins entgegen zu nehmen. Dem mit ver schiedenen speciellen Erläuterungen gegebenen Berichte, der einen recht erfreulichen Aufschwung des Geschäfts nachwies, folgte die Versamm lung mit großem Interesse, indem der Herr Director die Vortheile, welche dieser Verein durch Gewährung von Darlehnen und Vor schüssen gegen billige Zinsen biete, klar darlegte, besonders hervor hebend, daß es von großem Interesse für die Landwirthe fei, wenn sie sich mit dem Wesen und Wirken des Vereins mehr vertraut machen und demselben noch mehr Mittel zuführen wollten. Der Ver ein werde dadurch in die Lage kommen, durch ausgiebigere Gewähr ung tilgbarer Darlehne sowohl für die Landwirthe als auch für die Gemeinden segensreicher wirken zu können. Die vereinigten landwirlhschaftlichen Kreisvereine im König reich Sachsen machen bekannt, daß mit der vom 6. —10. September d.J. in Döbeln stattfindendeu landwirlhschaftlichen Landesausstellung eine Verloosung von Ausstellungsgegenständen verbunden sein wird. Es gelangen 60,000 Loose zur Ausgabe und ist der Preis eines Looses auf I Mark festgesetzt. Die 1200 Gewinne, darunter drei Hauptgewinne zu 3000, 2000 und 1000 Mark, haben einen Ge- sammtwerlh von 40,000 Mark. Loose sind zu beziehen durch den landwirlhschaftlichen Creditvercin im Königreich Sachsen und dessen Vertrauensmänner, sowie durch die landwirlhschaftlichen Vereine. Der jüngst in Bautzen zusammengetreleire „Kantoren- und Organistenverein" hat über die Einrichtung kirchlicher Singchöre si ch dahin entschieden, daß a. ein Chor von mindestens 13 Knaben, welche nach der Gefangsbefähigung zu wählen sind, herangezogen und gebildet werden müsse, b. daß zu diesen noch 6 Knaben hinzuzutreten haben, welche zum Ersatz verwendet werden können, o. daß zur Aus bildung dieser Chors eine besondere wöchentliche Singstunde ange setzt werden müsse, deren Vergütung die Kirchlasse zu übernehmen habe, ä. daß jeder ständige Chorknabe mindestens mit 6 Mark pro Jahr zu honoriren sei, o. daß die Verwendung der Chorknaben bei Trau ungen, Leichen rc. besonders zn vergüten sei, falls dieselben nicht etwa als Entschädigung hierfür ein erhöhtes Fixum beziehen, 5. daß, wo 4stimmiger Gesang gewünscht wird, mindestens 2 Tenöre sind 2 Bässe zu verwenden sind, welche an den Singübungcn theil zu nehmen haben und für ihre Mühwaltung zu entschädigen sind. In Pillnitz fand am 25. Mai in der Schloßkapelle eine er hebende Feierlichkeit statt, an welcher Ihre Maj. der König und die Königin, die Königin-Wittwe, die königl. Hoh. Prinz und Prinzessin Georg sammt dem königl. Hofstaat theilnahmen. Prinz Friedrich August, der an diesem Tage seinen 12. Geburtstag feierte und an demselben zum Seconde-Leutenant im Leib-Grenadier-Re- giment Nr. 100 ernannt worden war, empfing zum ersten Male das heilige Abendmahl. Die Firmelung erfolgt nach katholischem Ritus später. Dippoldiswalde. Am 21. Mai brannte die dem Schneide- Müller Hippe gehörige sogen. Buschmühle bis auf die Umfassungs mauern nieder. ' Obgleich die Ehefrau des Calamitosen den Brand rechtzeitig bemerkte und 5 ihrer Kinder in Sicherheit zu bringen ver mochte, steht leider zu befürchten, daß Hippc's I3jähriger, seitdem vermißter Sohn den Tod in den Flammen gefunden hat. Auf der Bastei wurde am 19. Mai die projeclirte Telegrapbcn- leitung eröffnet. Der Wirth Kaiser sandte die ersten 3 Telegramme an Se. Maj. den König Albert, den Generalpostmcister Stephan und den Reichskanzler Fürsten Bismarck, welche alsbald erwiedert wurden. Am 1. Feiertag wurden auf der Bastei 40, am 2. 70 Tele gramme abgegeben. In Pirna wurde vor Kurzem beim Gerichtsamt ein 13 Jahre alter Schulknabe aus Hosterwitz abgeliefert, welcher sich zweier Ein bruchsdiebstähle unter erschwerenden Umständen schuldig gemacht hat. Derselbe ist in rasfinirtester Weise — er hat den Fensterrahmen durchbohrt und nach verübter That denselben wieder verkittet, um sür das zweite Mal sich den Weg offen zu lassen — in das Haus einer Dame in Pillnitz eingestiegen und Hal aus demselben an 70 Mark gestohlen. Von dem gestohlenen Gelde lebte der Uebelthäter gar flott, er kaufte Wurst, Schinken, Apfelsinen, Citronat, Brannt wein, Cigarren rc. und ward ertappt, als er eben wieder einen 20- Markschcin verausgaben wollte. Am 13. Mai war durch einen Geringswalder Briefträger ein 1400 M. enthaltender, aus Dresden an W. Heinze adressirter Gcld- brief irrlhümlichcr Weise an eine verehel. W. Schneiderheinze gegen Quittung ausgehändigt worden. Die Empfängen» ist, als man den Brief von ihr zürückforderte, beharrlich bei der Behauptung stehen geblieben, denselben ihrem bei Döbeln auf Arbeit befindlichen Mann nachgesendet zu haben. Trotzdem wurde der Bries nebst Inhalt jüngst in der Wohnung der Schneiderheinze im Bettstroh versteckt gefunden, in Folge dessen die verehel. Schneiderheinze verhaftet wurde. Das Haus des Unfriedens. Erzählung von Ludwig Habicht. (Fortsetzung.) „Was ist mit Ferdinand?" fragte Elise, in der sogleich die schlimme Ahnung aufstieg, daß ihrem Schwager irgenv eine Gefahr drohe. „Nun, es wird vielleicht nickt so schlimm sein, am Ende ist's gar ein nur ein dummes Gerede. Du mußt nicht erschrecken, Elise; aber erfahren wirst Du cs ja doch. Die Leute redeten davon, der Ferdinand sitze schon: denn man habe auf ihn den meiste» Verdacht." „Meine arme Schwester," klagte Frau Jordan leise. Sie wagte gar nicht, ihrem Mann zu zeigen, wie tief sie von dieser Nachricht erschüttert worden. „Ja, die wird schön erschrecken," sagte derselbe mit einem Anflug von Theilnahme. „Da ist es jetzt ein wahres Glück, daß sie krank ist, da kann sie nichts von der dummen Geschichte erfahren, und vielleicht kommt der Ferdinand bald wieder 'raus." „Wie ist denn der arme Schwager in den Verdacht gerathcn?" fragte die Fra». „Weitz ich's?" antwortete ihr Mann, sogleich wieder in seinen groben Ton verfallend. „Was die Leute zusammenschwatzen, daraus wird ja Niemand klug. Na, mag's sein, wie es will," setzte ergleich- müthig hinzu, „meine liebe Stiefmutter ist todt, das ist das Beste, und Ferdinand ist schlau, der wird sich schon durchwinden, darum ist mir nicht bange." Die Frau stieß einen leisen Seufzer aus. Schmerzlicher als je fühlte sie die Hcrzensrohhcit ihres Mannes. Mochte die Verstorbene immerhin seine Todfeindin gewesen sein und seinem Lebensglück im Wege gestanden haben: sür ihr feineres Empfinden war es Loch ent setzlich, daß er sich über den plötzlichen Tod seiner Stiefmutter freuen konnte. — Und sie war ermordet worden! — Von wem? — Von ihrem Schwager! — Wenn der Unstetige, — sie wagte den Gedanken nicht weiter auszudenken; aber plötzlich fielen ihr äll' die schrecklichen Drohungen ein, die ihr Mann ausgcstoßen. — In der letzten Zeit hatte er mit dem Schwager weit freundlicher verkehrt, gestern Nacht war er so spät nach Hause gekommen, — so spät und doch nicht so berauscht wie gewöhnlich. Er hatte sich stillschweigend in's Bett gelegt aber nicht schlafen gekonnt, wie sie wohl bemerkt, und heut Morgen war er in aller Frühe fortgegangen. Ach, und noch einen Umstand, der ihr jetzt wieder in's Gedächtniß kam, fiel ihr schwer aus's Herz. Sie hatte an seinem Hemdärmel einen Blutfleck bemerkt, und aus ihre Frage, wie er dazu gekommen sei, die finstere, kurze Antwort erhalten: „Was geht Dich's an!" Wohl war es so seine Art; er gab nicht gern über irgend etwas Auskunft, wenn er nicht gerade in guter Laune war, und das gehörte zu den seltnen Ausnahmen; — aber jetzt erhielten all' diese Umstände sür die arme Frau eine ganz andere Bedeutung. — Wenn ihr Mann, — ihr Herz krampfte sich bei dieser entsetzlichen Vorstellung zusammen, und sie hätte laut ausschreien mögen vor Schmerz und Verzweiflung; aber sie mußte sich beherrschen. Er durfte nicht die leiseste Ahnung haben, was in ihr vorging, sollte sie nicht das Schlimmste von ihm fürchten,