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Gebiete des Reiches Gottes in der Gegenwart am wenigsten eine Zeit des Ausruhens und der Sicherheit im ererbten Besitze, sondern unermüdeter Arbeit und thätiger Theilnahme an den Werten des Glaubens und der dienenden Liebe. Und diese Ueberzeugung und Gesinnung verbreiten zu helfen, war der Zweck der Festfeier. Es ver dient noch hervorgehoben zu werden, daß die am Schlüsse des Gottes dienstes gesammette, dem hiesigen Gustav-Adols-Verein zur Verfügung gestellte Coüecte ein recht erfreuliches Refultat, nämlich die Summe von ca. 68 Mark, ergab. Wilsdruff. Nachdem von fünf Grundstücksbesitzern in Grum bach, welche seither zur hiesigen Kirchengemeinde gehörten, die Aus pfarrung aus der Kirchengemeinde Wilsdruff beantragt worden und Seiten des hiesigen Kirchenvorstandes dies nur unter der Bedingung genehmigt worden war, daß die hiesige Kirchengemeinde für den der selben dadurch entstehenden Ausfall an Beiträgen zur Parochialkaffe, an Beiträgen von den Käufen und Besitzverändcrungen nnd an Ac- eidentien entschädigt werde, war von Seiten der König!. Kirchen- Inspektion am vorigen Freitage ein Verhandlungstermin anberaumt worden. Unter Leitung des Herrn Amtshauptmann v. Bosse nahmen an dieser Verhandlung die Kirchenvorstände von Wilsdruff und Grumbach, sowie die die Auspfarrung beantragten Grundstücksbesitzer Theil. Es wurde hierbei der Anspruch des hiesigen Kirchcnvorstandes auf Entfchädigung allseitig anerkannt und der Betrag von 560 Mark als Entschädigung festgestellt, welche die Kirchengemcinde Grumbach, deren Vertreter die Einpfarrung in die Kirchengemeinde Grumbach genehmigt hatten, für die aus der hiesigen Kirchenqemeinde Aus scheidenden zu zahlen sich bereit erklärte. Um irrigen Auffassungen vorzubellgen wird hierbei ausdrücklich bemerkt, daß die aus der hie sigen Parochie Ausgeschiedenen sowohl nach den Steuereinheiten als nach der Kopfzahl nur etwa ein Fünftel des Grumbacher Antheils der hiesigen Parochie bilden, und die Besitzer derjenigen seither nach Wils druff eingepfarrten Grundstücke sind, welche der Kirche im Grumbach am nächsten gelegen sind. Tagesgeschichte. Aus Ragusa meldet ein Telegramm vom 28.: Montenegro ist seit Dienstag von den Türken vollständig geräumt. Das ganze Zeta- thal ist ein Leichenscld. Die türkischen Verluste beziffern sich auf 6000 Tobte. Die Zahl der Verwundeten ist enorm. Auch der Verlust der Montenegriner, welche viele Waffen und Pferde erbeuteten, ist sehr groß. Sie hoffen auf Ersatz aus der von türkischen Truppen völlig entblößten Herzegowina. » Zu den Kämpfen in Montenegro sei bemerkt, daß das Schicksal der dort opcrirenden türkischen Corps ein ganz eigenes ist, welches in der Kriegsgeschichte selten dastehen dürfte. Dem von Norden her über Niksits eingedrungenen Corps unter Suleiman Pascha war es bekanntlich gelungen, die Dugapäffe zu forciren und nach der Ver- proviantirung von Niksits über die Höhen von Ostrog in das Zeta- thal einzudringen. Mittlerweile sollte Ali Saib Pascha das Zetathal bei Danilowgrad forciren und sich mit Suleiman dann vereinigen. Ali Saib Pascha wurde aber am 4. Juni bei Martiuitsi und am'20. bei Sagaratsch furchtbar geschlagen und Suleiman suchte nun offen bar durch eine langsame Vorrückung im Zetathale das montenegri nische Südcorps unter Bosidar Petrovits zu bedrohen und so Ali Saib Pascha Luft zu machen. Nach neuntägigen Kämpfen und An strengungen gelang es aber den Montenegrinern, Suleiman Pascha zu schlagen und ihn nach Albanien hinauszudrängen. Den Paschas ist also allerdings die Vereinigung gelungen, nur nicht aus montene grinischem, sondern auf türkischem Boden zwischen Sputz und Pod- goriza. Suleiman Pascha war sozusagen bei der einen Thüre ein gedrungen und wurde durch die entgegengesetzte hinausgeschoben. Diese Thatsache war nicht nur das Ergebniß seiner Niederlage am 24. Juni und seiner Idee, sich um jedem Preis mit Ali Saib zu vereinigen, wir glauben fast, daß es ihm nicht mehr leicht möglich war, sich auf seiner bisherigen Opcrationslinie in die Herzegowina zurückzuzichcn. Der Lauf der Zeta erleidet nämlich nach ihrem Eintritte in Mon tenegro eine Unterbrchung, indem sie unter den Höhen von Planiniza, auf denen auch das Kloster Ostrog steht, als Schlundfuß verschwindet und erst drei Kilometer südlich wieder an das Tageslicht tritt. Wurde Suleiman Pascha südlich der Planiniza im Zetathale entschieden ge schlagen, so war es ihm unter allen Bedingungen schwer, sich über die steilen Höhen von Ostrog wieder nach der Herzegowina zurück zuziehen. Durch die letzte Waffenthat hat der montenegrinische Kriegs schauplatz eine wesentlich veränderte Gestalt angenommen. Die Herze gowina ist von türkischen Truppen ganz entblößt und der moralische Eindruck auf die türkischen Truppen wird ohne Zweifel seine Dienste thun. Hierzu kommt noch die starke Niederlage, die der von Nord osten her operirende Mehmed Ali nach den letzten Depeschen bei Kolaschin erlitten hat. Das hervorragende Ereigniß, der Donauübergana der Russen bei Simnitza und Sistowa, schließt sich in seinem glücklichen Ausgang den Ereignissen bei Braila vollkommen ebenbürtig an, denn auch hier am mittleren Douaulaus waren dieselben Hindernisse vor handen, wie bei Braila-Galatz: der immer noch sehr hohe Wasserstand und das von den Türken bewachte Ufer. Sistowa und die um liegenden Höhe» sind durch den energischen Angriff der Russen in ihre Hände gelangt und damit eine gute Basis zu weiteren Overationen geschaffen, die nach dem bei der Insel Nardin erfolgten Uebergange von weiieren Verstärkungen der vorangeschickten 40,000 Mann unter Großfürsten Nikolaus (das 8. Armeccorps und die 14. Division) sicher beginnen werden. Auch bei Simnitza war Kaiser Alexander gegen wärtig, um der gefahrvollen Uebrschreitung der Donau beizuwöhnen. Simnitza selbst liegt gegenüber von Sistowa, von wo aus eine Haupt straße über die Höhen, die im Westen das Thal der Jantra begleitet, nach Tirnowa, der alten Zarenstadt Bulgariens, also in das Herz Bulgariens, führt. Ueber Drenowa und Tabrowa führt die Straße dann zum 4450 Fuß hohen Schipkapaß und über denselben nach Kesanlik und weiter nach Adrianopel. Vielfach ist schon die Ver- muthung ausgesprochen und durch strategische Argumente begründet worden, daß auf dieser Straße der Vormarsch der Truppen gegen den Balkan vor sich gehen würde, Das „bulgarische Festungsviereck" wird dabei im Westen umgangen und die Verbindung der beiden Festungen Widdin und Nustschuk unterbrochen. — Ein Schreiben aus Plojesti meldet, daß der russische Kriegsrath der Südarmee beschlossen habe: 1. Nach der Einnahme von Nustschuk und dem Ueberschreiten der Donau sich der ganzen Bulgare! zu bemächtigen und in Tirnowa unter dem Fürsten Tscherkassky eine provisorische Regierung zu errichten; 2. alle Verbindungen zwischen Widdin und Varna einerseits und der türkischen Armee des Balkans andererseits abzuschneidcn und Alles aufzubieten, um sich Schumlas und Varnas zu bemächtigen, um so Herr der Dobrudscha und der Buigarei zu werden und ohne Gefahr nach Adrianopcl marschiren zu können. Bukarest, 29. Juni. Der Kaiser Alexander erließ eine Pro klamation an die Bulgaren, die Russen hätten den bulgarischen Boden beschritten, nicht um zu zerstören, sondern um aufzubauen und alle Rassen und Kutte in Bulgarien zu versöhnen. Das Leben, Eigenthum, die Ehre werde geschützt werden. Die Muselmänner Bulgariens möchten die Gerechtigkeit Gottes anerkennen, welche sie getroffen habe. Sie möchten friedliche Bürger werden, die Christen Bulgariens möchten die inneren Streitigkeiten vergessen und sich mit ihren Glaubensgenossen vereinigen. An Stelle der türkischen Macht werde eine regelmäßige Verwaltung treten, woran die Einwohner des Landes theilnehmen sollten. Eine bulgarische Legion solle die Ordnung im Lande auf- rcchterhalten. Die Bulgaren möchten der Welt beweisen, daß sie des Looses würdig wären, welches Rußland für sie seit so viel Jahren mit so viel Opfern vorbereitet. Wien, 30. Juni. Telegramm des Neuen Wiener Tageblattes. Kladowa: Das 9. russische Korps setzte in der Nacht vom Donnerstag zum Freitag von Tnrnan Margurali aus ebenfalls über die Donau, die Kosaken thcilweise schwimmend. — Es geht das Gerücht, Sistowa stehe in Flammen. Zwischen Kalafad und Widdin wird die Kanonade lebhaft fortgesetzt. Aus Detailberichten der Blätter über die Vorgänge bei der Forcirung des Ueberganges an der unteren Donau bei Braila- Galatz geben wir noch eine Mittheilung des Wiener Fremdenblattes, die ein trauriges Licht auf die barbarische Kriegssührung der Türken wirft. Dem genannten Blatt schreibt man: Die Türken haben sich auch diesmal durch Grausamkeit und Barbarei ausgezeichnet. Sie haben eine kleine russische Abtheilung aus einem Offizier und einigen Mann, welche ifolirt war, mit erdrückender Ucbermacht angegriffen und sich nicht damit begnügt, dieselben niederzumetzeln, sondern ver stümmelten und marterten sie in der fürchterlichsten Weise. Ich ver sichere die Thatsache, da ich die Leichen selbst gesehen habe. — Was werden die Herren Türkensreunde dazu sagen? Sie können sich die Erbitterung, die wegen dieser Kanibalenhandlung bei den Russen herrscht, denken. Der Kaiser hat aber ausdrücklich befohlen, daß man keine Repressalien übe, und die strengste Mannszucht in dieser Hinsicht den Offizieren anfcrlegt. Die Türken scheinen weniger ge litten zu haben, weil sie die ganze Zeit in gedeckten Stellungen kämpften, auch scheinen sie ihre Verwundeten mitgenommen zu haben, denn auf dem Schlachtfelde wurden nur 17 Todte und 30 Schwer- vewundcte gesunden. Alle Nachrichten aus Kleinasien bestätigen, daß in den Tagen oom 21. bis 24. Juni sehr heftige Gefechte buf dem rechter; Flügel der türkischen Armee in Armenien stattgefunden haben. Beide Theile schreiben sich den Sieg zn, und in der That scheinen die Kümpfe ohne entscheidenden Ausgang gewesen zu sein. Man muß den Nach richten des russischen Gcneralstabes die Anerkennung lassen, daß sie im Ganzen bei der Wahrheit bleiben. Oertliches und Sächsisches. Am 1. Juli beginnt die Abschußzeit der Edel- und Damhirsche, der Rehböcke und der Wildenten und dauert für die Cdel- und Dam hirsche bis Ende Februar nächsten Jahres, für die Rehböäe bis Ende Februar nächsten Jahres, für die Rehböcke bis Ende Januar u. I. und für die Wildenten bis 14. März n. I. Von demselben Tage an, wo die Abschußzeit einer Wildart beginnt, darf dessen Wildpret auch aus den Markt gebracht werden. Meißen. Am 26. Juni brach in dem Kcsselhause der erst im Jahre 1872 erbauten Dampfschueidemühle und Bautischlerei der Gebr. Finke Feuer aus. Die Flammen zerstörten das 3 Stock hohe Ge bäude bis auf die Umfassungsmauern. Zum Glück war die Lust ruhig und strich von der Stadt ab. Bedauerlich ist, daß mindestens 50 Arbeiter vor der Hand arbeitslos geworden sind. Zittau. Wie bedeutend die Schwierigkeiten sind, welche die Abschaffung des üblich gewordenen Borgsystems im Geschäslsver- kchre findet, geht aus der Thatsache hervor, daß von den mehr als 600 Mitgliedern des hiesigen Gewerbevereins, welchen bezügliche Druck- sormulare zugesandt wurden, nur 14S schriftlich ihre Bereitwilligkeit zur Baarzahlung aussprachen. Das Haus des Unfriedens. Erzählung von Ludwig Habicht. (Fortsetzung.) In dem jungen Manne erwachten früh starke Leidenschaften, die auf das Gute und Edle gelenkt, aus Fritz Jordan einen tüchtigen Menschen gemacht hätten ; jetzt war er ein Taugenichts geworden, der sich mit großer Gewandtheit einen äußern Schliff angeeignet, dem aber jeder sittliche Halt fehlte, und der längst gewöhnt war, sich zügel los in den Strom der Vergnügungen zu stürzen. Von einem solchen Charakter konnte man sich sehr Wohl der That versehen. Und wie viel sprach für seine Schuld? — Wenn es jetzt seststand, daß weder der Bediente Grohmann noch sein Schwager die Wittwe ermordet, dann mußte sich nothwcndig der Verdacht auf Fritz Jordan richten, der allein zu einem solchen Verbrechen die nöthige Gelegenheit besessen. Durch die wunderliche Einrichtung des Hauses war ihm das Schlafzimmer der Mutter am leichtesten zugänglich. Er kannte ja diesen Weg und hatte ihn sehr oft gemacht, sogar an dem Morgen, als ihm der Kutscher von dem düster» Vorfall Nachricht gebracht. Die Dienstmädchen hatten bekundet, daß Frau Jordan sich in letzter Zeit stets sehr ängstlich eingeschlossen und dies ihres Wissens niemals versäumt habe. Denn sobald sie noch einmal in später Abendstunde zu ihrer Herrin dringen wollten, fanden sie stets den Nachtriegel schon vorgeschoben. Frau Jordan öffnete dann auch nicht mehr, sondern gab nun ihre Befehle durch das Schlüsselloch. Ihrem Sohne gegenüber hatte sie schwerlich dies Mißtrauen gezeigt, und wenn er seinen Weg vom Seitenflügel über den zweiten Stock hin