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Wochenblatt für Dienstag, den 10. September 1878 Nr. 72 Erscheint wöchentlich 8 Mal (Dienstag und Freitag). SbvnnementSprei» vierteljährlich 1 Mark Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratenannahme Montags u. Donnerstag» bi« Mittag 18 Uhr. Erscheint wöchentlich 8 Mal (Dienstag und Freitag). AbonnementSprei» vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratenannahme Montag» u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Bekanntmachung, die Volksbibliotheken betreffend. Die Stadt- und Landgemeinden des hiesigen Bezirks werden unter Hinweis auf Seite 18 der ihnen seiner Zeit zugefertigten Druck schrift über Bedeutung und Einrichtung der Volkbibliotheken darauf aufmerksam gemacht, daß etwaige näher zu begründende Unterstützungs- gesnche für Volksbiblwtheken spätestens bis Ende dieses Monats anher einzureichen sind. Meißen, am 3. September 1878. Königliche Amtshanptmannschast. von Bosse Bekanntmachung. Interessenten der Pferdezucht werden hierdurch darauf aufmerksam gemacht, daß das Königliche Ministerium des Innern eine vom Landstallmeister Graf zu Münster verfaßte „Anleitung zur rationellen Pferdezucht" unentgeldlich überläßt und Bestellungen hierauf von dem Königlichen Landstallamt zu Moritzburg entgegengcnommen werden. Meißen, am 5. September 1878 - Königliche Amtshauptmannschast. von Bosse. Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Siebentel)« und die Umgegenden für die Königs. Amtshauptmannschaft zu Meißen, das Königs. Gerichlsamt nnd den Stadtrath zu Wilsdruff. Hkchtunr-reißigfter Jahrgang. Die Ausstellung in Wilsdruff. Unsere liebe Stadt hat eine Woche gehabt und durchlebt, wie wohl noch nie, denn war auch der Eröffnungstag der Ausstellung ein sehr bewegter und die ersten Tage der Woche dem ähnlich, so waren sie nicht zu vergleichen mit den letzten Tagen. Hatte schon der Freitag, an welchem Vormittags auf einem Felde nahe des Aus- stcllungsplatzcs Probe von ausgestellten landwirthschastlichen Acker gcräthen und Maschinen stattfand, ein zahlreiches ländliches Publikum hcreingolockt, so übertraf der Sonnabend alle Erwartungen. Golden ging auch an diesem Tage die Sonne über unserer Stadt auf, uns einen heißen Tag verkündend; in den frühesten Morgenstungen wurden die schönsten Pserde, Rinder und Schweine zum Theil aus entfernten Ortschaften durch die Stadt nach dem Ausstellungsplatze getrieben oder gefahren und hier ausgestellt, von allen Seiten der Stadt kamen mitunter die feinsten Geschirre hereingefahren, so daß gegen 10 Uhr Vormittags alle Gasthäuser überfüllt und fast alle Besitzer von Ge höften und Ställen fremde Geschirre bereitwilligst aufnahmen; auf dem Festplatze hatte sich bald ein so großartiges Leben entwickelt, wie noch nie, die Besucher waren nach Tausenden zu zählen, die Aus stellungsräume waren den ganzen Tag überfüllt; mit wahrer Freude wurden die zahlreich ausgestellten Viehstücken besehen und gemustert, dem landwirthschastlichen Comits mußte es schwer fallen, welche Stücken zn prämiiren seien, denn fast alle waren ausgezeichnet zu nennen. Die Liste der Prämiirten werden wir in nächster Nummer zum Abdruck bringen. Obwohl das Ausstellnngs-Comita schon am Eröffnungstage das Vergnügen hatte, den Herrn Amtshauptmann v. Bosse aus Meißen in den Ausstellungsräumen zu begrüßen, wurde demselben auch am Sonnabend die Freude zu Theil und nebenbei die Genugthuung, daß der Herr Amtshauptmann sich beide Tage wohlwollend über das Unternehmen und dessen Gelingen aussprach, welcher Ausspruch auch von anderen hochgestellten Persönlichkeiten, die sich zu der an diesem Tage gleichfalls hier stattgefundenen Hauptversammlung des land wirthschastlichen Kreisvereins zu Dresden eingefunden hatten, sowie wohl auch von den anduen Tausenden von Besuchern getheilt worden ist. Abends fand im Adler zu Ehren des landwirthschastlichen Kreis vereins und der sämmtlicheu Aussteller Festtafel statt, bei welcher der erste Toast Sr. Mas. dem König Albert galt, die ferneren Toaste vertheiltcn sich auf das Gesammt-Cvmito, die Landwirthschaft, das Gewerbe, auf die mit anwesenden Männer der höheren Wissenschaften u. s. w. Bis in die späteren Abendstunden herrschte nebenbei sowohl auf dem Festplatze als in der Stadt das regste Leben, so daß mau wohl die Befürchtung hegen konnte, um so ruhiger werde der Sonn tag als letzter Ausstellungstag werden; aber auch dieser Tag war I? herrlichsten Kaiserwetter begünstigt und die Ausstellung bis zum Schluß derselben Abends 6 Uhr sehr zahlreich besucht. Mit bestem Dank an das die Ausstellung besucht habende Publikum sowie gegen die Aussteller schloß der stellvertretende Vor sitzende die Ausstellung, welche, wir dürfen es wohl noch einmal sagen, der Stadt und Umgegend zur Ehre gereichte, hat doch einmal ein großer, großer Theil der Bevölkerung in weitester Umgegend gesehen, daß in unserm Städtchen Gewerbe und Landwirthschaft in schönster Blüthe stehen und sich immer weiter zu entwickeln bestrebt sind. Heute Montag findet die Ziehung statt, zu welcher große, präch« tige Gewinne angekauft sind, was wohl auch den Loosverkauf in den letzten Tage sehr befördert hat. Bezüglich der nun geschloffenen Ausstellung müssen wir noch rühmlich der in den letzten Tagen ausgestellten landwirthschastlichen Produkte gedenken, von denen, ohne Anderen zu nahe zu treten, das Rittergut Weistropp mit seiner prächtigen Pyramide von 56 ver schiedenen Sorten an Gemüse und Gartenfrüchten, sowie mit seinem vom Ausstellungs - Comita geprüften 1874er und 1875er Schieler-, Weiß- und Rothweine den Ehrenplatz einnahm und verdiente. Als Nachtrag zu unserm letzten Bericht wollen wir noch des geschmack vollen und mit zur Verloosung kommenden Ofens des Herrn Töpfer meister May gedenken, auch der Klempner - Waarcn des Herrn Stange nicht zu vergessen. Oeffentlicher rühmender Anerkennung Werth ist noch die freiwillige Feuerwehr, welche die Tag- und Nachtwache während der ganzen Zeit der Ausstellung übernommen hatte und dabei den größten Eifer verbunden mit dem nöthigen Taete an den Tag gelegt hat. Und so schließen wir auch heute unsern Bericht mit dem innigen Wunsche, daß die gehabte Ausstellung unserer Stadt und Umgegend zum Segen gereichen möge. TL" Die Gewinnliste über die heute stattgefundene Zieh- werden wir Dienstag Nachmittag als Extrablatt an unsere Abonnenten gelangen lassen. Taqesqeschichte. Laut Bekanntmachung des k. Kriegsministeriums findet die öffent liche Versteigerung der in diesem Jahre auszumusterndcn Dienstpferde der Cavallerie und des Trains in nächster Zeit statt und zwar was dieselbe uns ui den näher gelegenen Orten betrifft: in Dresden (Neu städter Caserne) am 10. und 11. September und am 19. October, in Großenhain und Pirna am 12. September, jedesmal von Vor mittags 9 Uhr an. Zur Wilhelmsspende gehen bei dem Central-Ausschuß noch lmmer gezeichnete Sammellisten ein, so daß wohl vor vierzehn Tagen an eme definitive Aufstellung des Gcsammtbetrages dieser Sammlung nicht wird geschritten werden können. Bei einer vor einigen Tagen stattgehabten vorläufigen Feststellung ergab sich, daß sich im ganzen deutschen Reiche über 11,300,000 Personen, also mehr als der vierte Theil der Bevölkerung des deutschen Reiches, an der Spende bethciligt haben und von diesen mehr als 1,800,000 Mark gezeichnet worden sind. Wanderlager und Wanderauctionen. Gegen die Wanderlager und Wanderauctionen richtet sich jetzt wieder eine leb hafte Agitation von verschiedenen Seiten, welche in Eingaben und Petitionen theils an den Bundesrath, theils an das preußische Handels ministerium Ausdruck sucht. Die bezüglichen Vorstellungen beklagen eine Uebervortheilung des Publikums, eine Verbreitung werthloser, dem allgemeinen Bedürfniß nicht entsprechender Waaren und eine Verkürzung der Detailverkäufer und damit der gesummten Industrie. Sie fordern zur Abhilfe der Uebelstände ein polizeiliches Verbot der Wanderlager, mindestens eine scharfe polizeiliche Controle derselben und jedenfalls ihre Heranziehung zu erhöhten Abgaben. — Es gehen diese Vorstellungen übrigens nicht uur von den Vereinen für Zunft wesen rc., sondern neuerdings auch von einzelnen Handelskammern aus, und es scheint, daß die Regierung der Frage näher treten will, inwieweit Abhilfe auf dem Wege der gemachten Vorschläge möglich sein könnte. Die Socialdemokratie hat auch in den Niederlanden festen Fuß gefaßt; in demselben Augenblicke, wo in Deutschland der Kampf gegen dieselben energisch beginnt, wagt in Rotterdam und anderen Städten die Socialdemokratie kühner als je das Haupt zu erheben. In der genannten Stadt besteht seit längerer Zeit ein Allgemeiner Niederländischer Arbeitervund, der sich ausschließlich mit den materiellen und intellektuellen Interessen des Arbeiterstandes beschäftigte, sich in keiner Weise jedoch in die Politik mischte. Der neugestiftete social demokratische Verein gab sich zuerst Mühe, als ein Zweigverein des Allgemeinen Arbeiterbundes anerkannt zu werden; da aber der letztere die Erörterung politischer Fragen von seinem Programm grundsätzlich ausgeschlossen haben wollte, so constituirte sich der socialdemokratische