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Wochenblatt für siir die Königl. Amtshauptmannschaft zu Dteißen, das Königl. Gerichtsamt und den Stadtrath zu Wilsdruff. yrchtun-dreißigster Jahrgang. Ireitag, den 23. August Nr. 67. 1878 Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag) AbonnementsprelS vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratenannahme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag). Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Jnseratenannahme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Wilsdruff, Tharandt, Stoffen, Siebenlehn und die Umgegenden Verordnung des Ministeriums des Innern an die Stadträthe, Bürgermeister und Gemeindevorstände. Zum Zwecke einer Inventur bei der Altersrentenbank machen sich Erörterungen über den Lebensbestand der Rentenanwärter erforderlich und es wird sich deshalb die Altersrentenbanlverwaltung an die betreffenden Gemeindebehörden mit dem Ersuchen um Ertheilung der nöthigen Auskunft wenden. Auf Antrag des Finanzministeriums erhalten nun die Stadträthe, Bürgermeister und Gemeindevorstände hiermit Anweisung, den bezüglichen Requisitionen der Altersrentenbankverwaltung Folge zu geben und Kosten dafür nicht in Ansatz zu bringen. Die Antwortschreiben an die Alersrentenbankverwallung sind unfrankirt, jedoch als portopflichtige Dienstsache bezeichnet, abzuscnden. Dresden, am 14. August 1878. Ministerium deS Innern. Für den Minister: K örne r. Paulig. Tagesgeschichte. Eine Stimme aus dem Volke über die Verwendung der RLilhelmSspende. Gottlob, die dcmsche Presse vertritt den schönen Gedanken, die Wilhelmsspende zu einer Arbeiter-Unterstützungs» und Krankenkasse zu machen. Mag es einem Manne aus dem Volke vergönnt sein, auch seine Stimme für diese unermeßliche Wohlthat zu erheben und flehentlich um allgemeine Beherzigung dieser hoch herzigen Idee zu bitten. Daß mit diesem menschenfreundlichen Plane einer der wundesten Stellen im Arbeitcrstaudc Heilung zu werden verspricht und daß die Folgen einer solchen Heilung für das allge meine Wohl von hoher Bedeutung sein würde, steht ewig fest. Schreiber dieses kennt noch Plätze genug, wo dem erkrankten und nicht mehr arbeitsfähigen Arbeiter keine Hülfe und Unterstützung ge boten ist. Von den vielen traurigen Lagen, welche dadurch entstehen, will ich nur ein Beispiel aufsühren, welches, da jede Sylbe die strengste Wahrheit enthält, für das Ganze sprechen soll. In meinem Heimathorte lebte ein Mann, seines Berufes Porzellandreher, geachtet und geehrt als einer der geschicktesten Arbeiter und braver Mann und Freund, geachtet noch über seinen nächsten Wirkungskreis hinaus, so daß ihu seine College» zum Vertreter ihrer Interessen ernannten. Dieser Mann fiel in der Blüthe seiner Jahre der seinen Beruf so unersättlich verfolgenden Lungenschwindsucht zum Opfer, langsam zehrte sie an ihm, bis sie ihn endlich auf das Sterbelager warf. Da tauchte das Schreckensgespenst der Noth um das tägliche Brod, welches er stets durch seine geschickten Hände von seiner Frau und seinen 6 Kindern ferngehalten, leibhaftig auf, nur die ältesten der Kinder, zwei Mädchen, verdienten täglich einige Kreuzer, was kaum für die äußerste Nothdurft ausreichte. Da, als die Noch den höchsten Gipfel erreicht hatte, ließ der unglückliche Mann mich zu sich rufen und über reichte mir mit Thränen in den Augen und zitternden Händen eine Schiefertafel, auf welche er nach langem Kampf den Anfang einer Bittschrift an seine Collegen der Umgegend um eine Unterstützung ge schrieben hatte, er konnte sie nicht vollenden und bat mich, dasselbe zu thun. Wie dieses dem unermüdlich fleißigen und braven Mann tief in seinem todtkranken Herzen wehe gethan, daß er vor seine Collegen gleichsam als Bettler treten mußte, das werde ich nie ver gessen. Das ist einer von vielen hundert Fällen. Wie viele Arbeiter gehen mit der Ueberzeugung an des Tages Arbeit, daß, wenn sie dieselbe nicht mehr verrichten können, sie das gleiche Loos wie das obige erwartet. Und darum diese flehentliche Bitte im Namen von vielen Tausenden: dir Bitte um Beherzigung des menschenwü r d i g e n Planes. Millionen Herzen, welche heiß und warm für ihren Kaiser schlagen, würden seiner unendlichen Güte und Liebe theilhaftig werden und ihn segnen in Kindern und Kindeskindern. N. auf dem Thüringer Walde. H. K. Die Nachrichten aus Te plitz über das Befinden des Kaisers Wilhelm sind fortwährend die erfreulichsten. Die vollständige Ge nesung Sr. Mas. wacht stetig die befriedigendsten Fortschritte. In den letzten Tagen hat der Kaiser mit der rechten Hand bereits eine ganze Seite mit der Feder geschrieben. Hamburg, 18. August. Gestern Abend kam es in Harburg anläßlich der Stichwahl zwischen dem Oberbürgermeister Grumbrecht und dem Grafen Grote zu Ruhestörungen, welche durch die vereinigten Socialdcmokraten und Welfen hervorgerufen wurden. Erst dem energischen Einschreiten der Polizei, der Feuerwehr und der dortigen augenblicklich nur schwachen Garnison gelang es, die Ruhestörer zu zerstreuen. Ein Civilist wurde getödtet, mehrere Personen, darunter auch vom Militär, wurden verwundet. Der Landesausschuß von E l s a ß - L o t h r i n g e n hat in seiner letzten Sitzung am 10. d. M. auf den Antrag von Schneegans von neuem einstimmig dem Wunsch Ausdruck gegeben: „Es möge dem Lande eine eigene Verfassung als Bundesstaat, mit dem Sitze der Landesregierung in Straßburg und der Vertretung im Bundesrathe zugestangen werden." Im Hinblick auf deu Ausfall der jüngst voll zogenen Reichstagsmahlen in Elfaß - Lothringen muß die Erfüllung dieses Wunsches weiter in die Ferne gerückt "erscheinen, als es noch im letzten Winter der Fall war. Wir können diese ungünstige Wen dung nur lebhaft bedauern; so lange aber in den Reichslanden die jenigen Parteien das Uebergewicht behaupten, welche den Anschluß an Deutschland nur als ein Provisorium ansehen, so lange können ! auch im Interesse der Ruhe uud Sicherheit des Reiches ihnen nicht Einrichtungen zugestanden werden, welche der Verfolgung jener Tew denz um so kräftiger Vorschub leisten. Es ist auch in Rußland nicht mehr schön, wo sogar die hohe Polizei nicht mehr ihres Lebens sicher ist. General Masenzwo, der oberste Polizeichef in Petersburg und Nachfolger Trepows, ist auf offener Straße erdolcht worden uüd seinen Wunden erlegen. Die Thäter entkamen. Die russischen Behörden unterdrücken jetzt mit größerer Strenge als je zuvor die für's Ausland bestimmten Nachrichten über bedeutsame sozialistische Umtriebe in Rußland. Telegramme werden unnachsichtlich zurnckgehalten. Das „schwarze Kabinet" unterschlägt auch darauf bezügliche Privatcorrespondenzen. Die Zahl der in Petersburg und Moskau Verhafteten ist sehr groß. Warschau, 14. August. Vor einigen Tagen wurden hier bei mehreren verdächtigen Personen umfassende polizeiliche Revisionen vorgenommen, bei denen es sich um Ermittelung von Socialisten handelte. Die gesuchten Socialisten wurden zwar nicht gefunden, doch fielen bei dieser Gelegenheit der Polizei zahlreiche französische, deutsche, russische und polnische Broschüren socialistischen Inhalts, sowie einige Schießwaffen in die Hände. Die am Hellen Tage abgehaltenen Nach suchungen hatten eine große Menschenmenge angelockt, welche lärmend und tobend die Straßen füllte. Die Polizei trieb die Menge aber nicht auseinander, sondern behandelte sie mit ausfallender Nachsicht, worin wohl hauptsächlich der Grund zu suchen ist, daß sie bald von selbst auseinander ging. Die socialistische Strömung tritt auch unter den hiesigen Handwerkern immer offener hervor, indem sie durch Agenten aus Petersburg und Berlin gefördert wird. Der hiesigen Presse ist die Bekämpfung dieser verwerflichen Richtung von der Cenfur nicht gestattet. Die „Opinione" berichtet, daß im Vatikan das Projekt ausge taucht ist, eine Bahn zu erbauen, welche von den an den päpstlichen Palast stoßenden Gärten zur Ceutraleisenbahnstation führen und die nach Civitavecchia führende Straße passiren solle. Der Papst beab sichtige damit, wenn es seine Gesundheitszustände oder andere Gründe erheischen sollten, sich die Möglichkeit zu verschaffen, Rom zu ver lassen, ohne die Stadt zu passiren oder seine Abreise dem Publikum bemerklich zu machen. (?) Friede und doch nicht Friede, wenigstens keine Sicherheit, wie sie die Geschäftswelt verlangt. Zwischen dem Berliner Vertrag und seiner Ausführung bestehen noch viele Hindernisse. Die Türkei scheint aus die Uneinigkeit der Westmächte zu spekuliren, und so er lebt die Welt, daß der Besiegte, welcher vor wenigen Wochen noch glücklich war, daß ihm das Fell nicht über die Ohren gezogen wurde, sein Haupt wieder erhebt. Die Vollziehung der Congreßurkunde hat zwar der Sultan als für ihn verbindlich anerkannt, obgleich seine Unterschrift, wie es heißt, wegen kalligraphischer Schwierigkeiten, noch aussteht, aber er weigert sich, den Griechen die bedungene Zu geständnisse zu machen und widersetzt sich sogar den Oesterreichern iu Bosnien. Serbien benimmt sich mit der gewohnten Zweideutigkeit und hat sogar ein Heer au der Trina aufgestellt. Was sich vor den Augen der Welt in Bosnien entwickelt, ist nichts mehr und nichts weniger als ein neuer Krieg, der allem An scheine nach Oesterreich beträchtlich engagiren wird. Es ergiebt sich daraus, daß die vom Fürsten Bismark dem österreichischen Kaiser hause empfohlene „Verlegung des Schwerpunktes der Politik nach Osten nicht ohne Blut und Eisen möglich sein wird." Zwar hat Niemand daran gezweifelt, das Graf Andrassh, welcher zur rechten Zeit sich große Credite gewähren ließ und die Mobilisirung energisch betrieben hatte, nie mehr aus Bosnien herausgehen würde. Nur l fehlte der Rechtsgrund vom Uebergang der provisorischen Occupatio» zur Annexion. Die großen Opfer, welche Oesterreich durch die leichter gedachte als errungene Pacification Bosniens auferlegt werden, schafft ihn herbei. Der Berliner Friedensvertrag hat diese Verhältnisse nicht in Rechnung gezogen. Oesterreich wird den Krieg localisiren und nachher mit der Pforte abrechnen. Das Facit dürfte augenscheinlich in beträchtlichen territorialen Veränderungen bestehen. Denn um einen neuen Krieg handelt es sich, um keinen Aufstand. Sieben- und neunstündige Gefechte, in denen 8 und mehr Bataillone beschäftigt sind, das Auftreten regulärer türkischer Truppen in Stärke von 6000 Mann mit Stabsoffizieren, noch dazu aus afrikanischen und asiatischen Truppen bestehend, die Gefangennahme von Hunderten, die Betheiligung der Artillerie am Kampfe — alles dies sind mili tärische Momente, welche den Namen „Aufstand" nicht mehr zulässig erscheinen lassen. Die Prägung von Papiergeld mit Zwangskours, die Organisation der Verwaltung, endlich das Bonner, welches unter dem einigenden R»s: „Tod den Fremdlingen" aufgehißt ist, beweisen,