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dann reich werden kann, wenn es feine Arbeitslöhne vorzugsweise inr Lande ausgibt und die Capitalien cinsammelt; daß der Handel aller dings Anspruch hat, berücksichtigt zu werden, daß aber Landwirthschaft, Gewerbe und Industrie dasselbe Recht zusteht und einzig und allein einer unbefangenen Prüfung von Fachmännern, nicht Dilettanten oder Herren einseitiger Richtung, im Stande ist, Licht und Klarheit in diese Sache zu bringen. Berlin, 9. Juli. Bulletin 10 Uhr Vormittag. Die Kräfte Sr. Maj. sind in dem Grabe fortgeschritten, daß derselbe den Ver such des Treppensteigens heute mit gutem Erfolg unternehmen konnte. v. Lauer, v. Langenbeck. Wilms. Der Attentäter Hödel in Berlin ist am 10. d. M. vom kgl. Kammergerichtshof znm Tode verurtheilt worden. Hödel hat das Urtheil mit frecher Gleichgiltigkeit angehört. Wenn nicht unerwartete Erreignisfe eiutreten, hofft Fürst Bis marck noch in dieser Woche den Kongreß schließen zu können und will dann sofort nach Kissingcn zur Kur reisen, um sich zu stärken für die Strapazen der Reichstags - Campagne. Die Griechen be kommen von den Türken Stücke von den Provinzen Epirns und Thessalien, die Russen Batum und Kars. Die ganze übrige asiatische Türkei will England den Türken dnrch ein Bündmß sichern und sich mit der Besetzung der Insel Chpern bezahlt machen. So hätte sich denn auch England von der osmanischen Bente sein Theil geholt und zwar eiu recht respektables! Im Hinblick darauf, daß Rußland einen Theit der asiatischen Türkei behätt, hat England mit der Pforte eine Konvention dahin gehend abgeschlossen, daß England die Türkei gegen etwaige spätere Angriffe in Asien verthcidigt und die Pforte hierfür die Jnfel Chpern an England ab tritt. England ergreift jetzt Besitz von der Insel Cypern. In der That hätte auf diese Weise England eigentlich den Löwenantheil von der ganzen türkischen Erbschaft, und das ohne einen Tropfen Blut verspritzt, ohne sich selbst irgendwie in Unkosten gestürzt zu haben. Die Insel Cypern (westlich von Syrien) umfaßt nämlich die Kleinig keit von 9537 ODm und gegen 200,000 Einwohner und war schon im Ackcrthum wegen ihrer Fruchtbarkeit und ihres schönen Klima's berühmt. Man darf behaupten, daß der Kongreß in der Hauptsache seine Arbeit beendet hat; bereits am Sonnabend will unser Reichskanzler in's Bad nach Kissingcn. Ein abschließendes Bild der Grenzver- änderungcn und Staaten-Neubildungen, wie sie aus den Beschlüssen des Congresses sich ergeben, wird sich erst nach Schluß der diplo matischen Friedensarbeit entwerfen lassen. Größere Schwierigkeiten scheinen nicht niehr zu bestehen. Die Festungen Varna und Schumla sollen unverzüglich von den Türken geräumt werden und die türkischen Congreßdelegirten haben sich bereits, einer Aufforderung ihrer Re gierung folgeleistend, mit den österreichischen Vertretern in Verbindung gesetzt, um wegen des Einmarsches der Oesterreichcr in Bosnien und die Herzegowina die nöthigen Vereinbarungen zu treffen. DertlichrS und Sächsisches. Wilsdruff, 11. Juli. Erfreulicher Weise können wir heute sagen, daß die Betheiligung an der hier projectirten Gewerbeausstellung eine recht rege geworden ist, nicht nur die Zahl der Aussteller wird eine ziemlich große, sondern auch die Zahl der zur Ausstellung an- gemeldeten Gegenstände übertrifft die gehegten Erwartungen, nur nvch Einzelne von Gewerbtreibenden sind mit ihren Anmeldescheinen noch im Rückstand, senden dieselben aber hoffentlich nunmehr schleunigst ein. Auch die Anmeldungen von Jungvieh rc. gehen beim landw. Comitö immer mehr ein, so daß das ganze Unternehmen nunmehr als ganz gesichert zu betrachten ist und das Gesammt - Comitä mit seinen weiteren Arbeiten für die Ausstellung rüstig vorwärts schreiten kann. — (Zur Reichstagswahl) Leider müssen wir jetzt alle Tage lesen, daß sich die politischen Orduungsparteicn behufs der Aufstellung gemeinsamer Reichstags-Candidaten nicht einigen können. So z. B. dachten wir nicht an die Möglichkeit, daß in unserm so brav ver tretenen 0. Wahlkreis ein anderer Candidat als unser Ackermann aufgestellt werden würde; jetzt lesen wir nun, daß diesem gegenüber von der Fortschrittspartei der Gußstahlfabrikdir. Grahl in Döhlen und von socialdemokratischer Seite der jetzt im Gefängniß sitzende Redactenr Georg Vollmar ausgestellt worden sind. Also wird auch unsere Stadt und Umgegend wieder in den Wahlkampf eintreten müssen und hoffentlich dem von allen Orduungsparteicn hochgeachteten bis herigen Vertreter Herrn Hofrath Ackermann wiederum zum Siege verhelfen. — Das Fest, welches am vorigen Sonntag Nachmittag in Wendisch bora von der Meißener Ephorie gehalten wurde, gestaltete sich zu einer wahrhaft gelungenen, schönen Feier. Hatte doch die SoNne auf einige Stunden die Regenwolken am Himmel vertrieben und war es doch fv vielen aus der Gemeinde selbst, wie aus der Umgebung mög lich geworden, sich als Festtheilnehmer einzustcllen. Im festlichen Zuge, geleitet von weißgekleideten Jungfrauen, bewegte sich Uhr ein großer Theil der Versammlung unter dem Geläute der Glocken dem freundlichen Gottcshause.zu, welches heut ein festliches Gewand von Kränzen und Guirlauden angelegt hatte. Znr Ausschmückung des Gottesdienstes trug ferner noch ein von den Schülern vorgetragcner Chorgesaug das seine bei; was aber des Festes Sinn und Zweck sei, das zeigte auf Grund des Wortes des Herrn, Joh. 4, 35, 36, der Prediger, Herr L. Vr. Ackermann aus Meißen, in geistvoller, Ge danken nnd Herzen tief ergreifender Weise, indem er darlegte, wie diese Feier, gleichsam ein Ruf znr Ernte vor der Ernte, uns alle er wecken wolle, an dem mächtigen, weit greifenden Liebeswerke der Kirche thcilznnehmen, Licbeswcrke, wie sie sowohl das ungeheure Nachtgcbiet der Heidenwelt draußen, wie das viele sittliche Elend hier mitten unter uns und die Noth der in den Ländern des Katholizismus zerstreuten evangelischen Glaubensbrüder unabwcislich fordern. Die Kirche der Gegenwart habe in solcher Liebesarbeit ihren besonderen Beruf erkannt; cs haben aber darum auch alle ihre Glieder Recht nnd Pflicht in dieselbe mit cinzutreten; denn es gelte auch allen die Segensvcrheißung, die der Herr darauf gelegt habe. Wir wollen darum bitten, so schloß der Prediger, daß der Geist der Glaubens- frische und des Liebeseifers, wie er jene ersten Zeiten der Kirche be lebte, auch in uns von neuem erwache! Eine halbe Stunde nach Schluß des Gottesdienstes sammelte man sich von neuem in dem schönen Park, den die Frau Kircheupatronin, Frau v. Währmann, j dmzu bereitwillig angeboten hatte; man wollte hier in eine weitere , Besprechung der zwei Licbeswerke eintreten, die für dieses Fest ans- > erwählt worden waren, der inneren Mission und des Gustav-Adols- Vereins; nur mußte leider, wie sich bald zeigte, wegen der wieder heranziehenden, drohenden Wetterwolken die Besprechung abgekürzt und darauf beschränkt werden, daß die beiden dazu ernannten Herren ihre Berichte erstatteten. Herr 8up. vr. Kunze, der Leiter des ganzen Festes, eröffnete nach Gesang und e^ebet bie Versammlung mit einer Ansprache, worin er u. a. bemerkte, daß die nach dem Gottesdienst gesammelte Collekte, im Betrage von ca. 51 Mark, zu gleichen Theilen dem Werke der inneren Mission in Sachsen und dem Gustav - Adolf - Verein zugewendet werden solle. Aus dem großen Gebiet der inneren Mission griff hierauf Herr ?. vr. Schmidt aus Heynitz in seinem Vortrage einen besonderen Gegenstand Herans. Er hatte ein großes Bild des Dresdener Diakonissenhauses aus der Vogelperspektive gezeichnet und führte unter steter Bezugnahme auf dasselbe die Zuhörer im Geiste durch die ganze Anstalt von Station zu Station und zeigte dabei, welch' segensreiche Werke hier die barm herzige Liebe an Nothleidenden und Hülfsbedürftigen aller Art thut, wobei er zugleich einen Einblick in den Beruf unserer Diakonissen gab. Ein aus einem für die Sache erwärmten Herzen, das fühlte man, gesprochenes Wort, das feines Eindrucks nicht verfehlt haben wird. Den zweiten Bericht erstattete Herr k. Helm aus Deutschenbora in gewandter, fesselnder Weise über den Gustav-Adolf-Vercin, indem er zunächst anschaulich Zweck nnd Sinn bezeichnete, von dem dieser Verein getragen wird, und dann einen kurzen Ueberblick über die neuesten Fortschritte des Protestantismus in den katholischsten aller Länder, in Italien, Spanien und Oesterreich gab, wobei denn allerlei Erfreuliches zu erzählen war von der Lebensmacht unseres evangelischen Glaubens. So prächtig der Aufenthalt in dem Parke war, so rieth doch der immer mehr sich verfinsternde Himmel zum Abschluß der Versammlung, zumal da auch die Zeit ziemlich vorgerückt war. Wir sangen noch gemeinsam den Vers des aller Welt zum Trotz bekennenden Glaubens: „Eine feste Burg ist unser Gott", und schieden dann mit Dank gegen Gott für den Segen, den er auch diesem Feste uicht hatte fehlen lassen. — Dresden, 8. Juli. Bei der 2. Kammer ist ein kgl. Dekret vom 6. Juli eingegangen, nach welchem Se. k. Majestät auf den Aüerhöchstdenselben über den Stand der Verhandlungen in beiden Kammern der Ständeversammlung erstatteten Vortrag den Schluß der Sitzungen in beiden Kammern auf den 18. Juli festzusetzen ge ruht hat. Die Gerichtsfericn bei sämmtlicheu königl. U n t e r g e r i ch t e n Sachsens beginnen am 21. Juli und dauern bis zum 31. August. Innerhalb dieser Zeit werden nur alle dringlichen Prozeßsachen und im Kriminalverfahren vorwiegend die sogen. „Haftfachen" expedirt, während in allen übrigen, d. h. in allen weniger dringlichen Ange legenheiten das Verfahren erst mit 2. September wieder ausge nommen wird. Dresden, 9. Juli. Die heutige Nr. des „Dr. I." veröffentlicht das Finanzgesetz auf die Jahre 1878 und 1879 und eine Ausführungs- Verordnung hierzu. Außer den, den Staatskassen im Uebrigen budget mäßig zugewiesencn Einnahmen werden demnach im Jahre 1878 zu erheben sein: a) die Grundsteuer nach 7,2 Pfennigen von jeder Steuer einheit, b) die Gewerbe- und Personalsteuer nach Höhe von acht Aehnthcilcn eines ganzen Jabresbelrags; c) Die Einkommensteuer auf Grund des Einkommensteuer-Gesetzes von 22. December 1874 nach dem Elffachen der einfachen Steuersätze. Im Jähre 1879 werden dagegen zu zahlen sein s.) Die Grundsteuer nach 4 Pfennigen von jeder Steuereinheit b) Die Einkommensteuer aus Grund des Einkommen steuergesetzes vom 2. Juli 1878 nebst einem Zuschläge von fünfzig, Procent eines ganzen Jahrcsbetrags; c) Die Steuer vom Gewerbebe trieb im Nmherziehcn. Die Schlacht-, Erbschafts- und Stempelsteuer wird in beiden Jahren nach wie vor erhoben. Nach der gleichzeitig, erlassenen Verordnung des Finanzministeriums wird von der Grund steuer am dritten Termine, den I. August, zwei Pfennige von jeder jeder Steuereinheit zu entrichten sein (in diesem Jahre werden, wie schon s. Z. bei den Landtagsvcrhandlungen miltheilten, von der Grund steuer überhaupt nur 3 Termine erhoben). Von der Gewerbe- und Pcrsonalstcuer sind in diesem Jahre fernerweit 4 Zehntel eines ganzen Jahresbetrags bis zum 15. September abzufühen. Der erste Ein- kommensteucrtermin ist vom I. Juli auf den 22. Juli verschoben worden. Waldheim, 8. Juli. Zu den Verbrechen, welche in letzter Zeit in der hiesigen Gegend verübt wurden und die die Bewohner in wahl berechtigte Aufregung versetzten, hat sich am Sonnabend ein neues gesellt, wie es frecher und abscheulicher selten vorkommt. Zwei von dem Waldheimcr Wochenmarkt nach Otzdorf zurückkehrcnde Frauen sind auf dein belebten Wege zwischen Massanei nnd Otzdorf Vormittag von einem Kerl nach einander meuchlings überfallen nnd ihrer Habe beraubt worden. Die erste, Fran Richter auS Otzdorf, wurde mit einem Knittel blutig geschlagen, so daß dieselbe krank darniederliegt; der zweiten, Fran Ufer, ging der Räuber mit einem Messer entgegen und drohte diesebe zu erstechen, falls sie nicht ihre Vaarschaft aus- lieserte. Erfreulicher Weise können wir nun gleich mitlheilen, daß der Verbrecher in der "Perlon des Sluhlbauer Sterl aus Hartha, der schon früher eine langjährige Zuchthausstrafe verbüßte, entdeckt worden ist. Die mltangesallene Frau Ufert erkannte den Räuber auf dem hiestgen Schützenplatze und es gelang durch kräftige Unterstützung mehrerer Herren aus Otzdorf und Massanei denselben sestzunehmen und der Polizei zu überliefern. Hieraus vorgenonmcne Haussuchung seitens der Gensdamerie in dessen Wohnung ergab nicht nur blutige Kleidungs stücke, sondern es wurde auch das Portemonnaie gefunden, welches vor circa 14 Tagen zwischen Erlbach und Falkenhain einer Fran aus Falkenhain räuberisch abgenommcn worden ist, so daß cs wohl keinem Zweifel unterliegt, daß Sterl auch diesen Raubanfall ausgeführl. Wie wir übrigens weiter hören, ist es den eifrigen und umsichtigen Recherchen der Gensdamerie gelungen, noch einen anderen Verbrecher, den Arbeiter Quarg ans Hartha, mehrerer in letzter Zeit verübter Einbrüche und Spitzbübereien zu überführen und sicher hinter Schloß und Niegel zu bringen, nnd eS ist somit wohl zu hoffen, daß durch die Unschädlichmachung dieser beiden Subjecte die öffentliche Sicher heit wieder hergestellt ist. (WaldH. Anz.) Der Concurs des Vorschußvcreins zu Roßwein wurde vom Kgl. Oberappellationsgericht bestätigt. In Chemnitz hat sich die dortige alte und sehr angesehene Bankfirma Haase u. Sohn gezwungen gesehen, ihre Zahlungen ein zustellen. Die Firma bestand feit vielen Jahrzehnten und konnte ganz direkt als eine der renommirtesten von ganz Sachsen betrachtet werden.