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Die Kötzfchenbrodaer Ztg. schreibt: In ganz ausfälligem Um fange machte sich am Himmelfahrtstage, wo in früheren Jahren wir uns des lebhaftesten Zuspruchs von fern und nah zu erfreuen hatten, der überaus schwache Fremdenbesuch, überhaupt ein ungemein mattes Verkehrsleben in hiesiger Gegend fühlbar. Eisenbahn wie Dampf schifffahrt bedurften keinerlei Reserven, es fehlte eben an Passagieren. Und dennoch lebten w'r im wunderschönen Monat Mai, wo alle Knospen springen, und fast mitten in der Erdbeerensaison! Was Wunder daher, wenn die Preise der würzigen Erdbeeren rapid und beträchtlich binnen 8 Tagen, am Freitag bis auf 50 Pf., herabge gangen sind. Für die Produzenten wie zahlreichen Händler eine keineswegs erfreuliche Thatsache, die allerdings darin somit unschwere Erklärung findet, daß der gewohnte Konsum auf den entfernteren Ab satzgebieten, wie vorzugsweise zufolge der wiederholten Privatdepeschen in Berlin fehlt. Leider zieht die allgemeine Geschäftslosigkeit immer weiter ihre beengten Kreise, die Loosung deshalb sür jetzt und wohl noch weiterhin heißt dort wie hier: „Einfchränken." Der Status der sächsischen Lebensversichcruugs- nnd Sparbank in Liquidation in Dresden ergiebt eine Schuldenlast von 600,OM M., bestehend in 40,000 M. unbezahlten Schäden, i>s>r. IM,OM M. Wechselforderuugen, ppr. 60,OM M. Kontokorrentkreditoren und 400,800 M. begebenen Antheilscheinen. Die Debitoren, von denen kaum der Eingang der Halste erwartet wird, betragen 281,228 M. Durch Vergleichsverhandlungen, Regreßnahmen und Kompensationen rechnet man auf eine bedeutendeAbminderung dieser Schuldenlast. Der Untergang des „Großen Kurfürsten". Am Freitag noch in später Abendstunde übermittelte der Draht die Schreckenskunde von dem schweren Verlust, welcher unsre junge Marine betroffen: eines der schönsten Schiffe derselben ist, während ein zweites gleichfalls in Mitleidenfchaft gezogen wurde, ein Raub der Wellen geworden, und mit ihm Hunderte der tüchtigsten Seeleute. Das diesjährige Uebungsgeschwader, bestehend aus den Panzerschiffen „König Wilhelm", „Großer Kurfürst" und „Preußen", dem der Avisodampfer „Falke" folgen fvllte, hatte Wilhelmshaven am Mitt woch Nachmittag 5'/» Uhr mit der nächsten Bestimmung nach Gibraltar verlassen. Am Freitag Vormittag nun hat in der Nähe von Folke stone westlich von Dover eine Kollision zwischen den Panzerschiffen „König Wilhelm" und „Großer Kurfürst" stattgefunden. Der „Große Kurfürst" ist binnen 4 Minuten nach dem Zusammenstöße gesunken, eine Explosion, durch das in die Kessel eindringende Wasser erfolgt, hat noch die Schrecknisse des Augenblicks vermehrt. Das ist in wenigen Worten der Bericht über die Katastrophe, die unsere Marine um ein werthvolles Schiff gebracht, ein anderes schwer beschädigt und über Hunderte von Familien namenloses Elend gebracht hat. Als Zahl der Verunglückten werden 3M Mann angegeben, welche vermutlich bei der Explosion ihren Tod gefunden, so daß nach der vorläufigen amtlichen Nachricht nur 2M gerettet worden wären. Der „Große Kurfürst" gehört zu den neuesten Schiffen der deutschen Flotte, war auf Grund der jüngsten Fortschritte in Bezug auf Panzerung und Ausrüstung erbaut und mit 8 (nach der „Nat.-Ztg." nur 6) Geschützen stärksten Kalibers versehen, 54M Pferdekräfte, 4118 Tonnengehalt und 5M Mann Besatzung, während der gleichfalls durch den Zu sammenstoß schwer geschädigte „König Wilhelm", die stärkste Pänzer- sregatte unserer Marine, 25 Geschütze, einen Tonnengehalt von 5939 und 8000 Pferdekräfte aufwies. In der Zahl der 8 Panzerfregatten, welche bisher unsere Flotte aufzuweisen hatte, rangirte der „Große Kurfürst" als sechste. Sein Untergang, der einen pekuniären Verlust von Millionen aufweist, ist als ein nationales Unglück zu betrachten. Hoffen wir, daß sich die Verlustzahl von Menschenleben als zu hoch gegriffen herausstellen und sich so das Unglück wenigstens nach dieser Seite hin weniger schrecklich hinstellen möge. London, 1. Juni. Nach einem Berichte der Küstenwache in Sandgate sollen von der auf dem „Großen Kurfürst" befindlich ge wesenen Besatzung 255 Mann gerettet sein. Bis jetzt sind keine Leichen geborgen worden. Viele wurden durch die Kesselexplosion in die Luft gesprengt. Der „Große Kurfürst" ist gänzlich unsichtbar. Der „König Wilhelm" wurde in vergangener Nacht um 1 Uhr in Spithcad erwartet. Das Avisoboot „Falke" ist auf der Höhe von Folkestone angelangt. Der Militärattache der deutschen Botschaft hat sich nach Folkestone begeben, um mit den Hafenbehörden zu konferiren. Die namhaftesten deutschen Bankiers und Kaufleute Londons beab sichtigen, den Lordmapor zu ersuchen, freiwillige Gaben für die Hinter bliebenen der Ertrunkenen entgegenzunehmen. Das Unglück hat hier die größte Aufregung und Theilnahme hervorgerufen. Die Morgen- blättcr verleihen der letztern Ausdruck. Der augenblickliche Stand der Orientfrage. Von vr. Perrot. Interessant genug ist die Wendung, welche die Orientfrage im Augenblicke nehmen zu wollen scheint. — Vor Kurzem noch gab sich England die größte Mühe, Oesterreich zu gemeinsamem Vorgehen gegen Rußland und den Frieden von St. Stefano zu bewegen, wie bekannt, war diese Liebesmüh vergeblich. Graf Audrassy dachte viel leicht, England und Rußland würden ohnehin aneinander gerathen, und bei dieser Gelegenheit werde Oesterreich sich sehr billig sein Theil an der türkischen Beute in Sicherheit bringen können. Jetzt scheint sich die Sache in Folge der Bemühungen Schuwa- loffs bedeutend anders zu gestalten. Das erst von Oesterreich ver schmähte England macht Miene, sich mit Rußland über eine Theiluyg der Beute zu verständigen, wie sie eben Rußland und England vor läufig passen könnte. Oesterreich wird dabei einstweilen nicht befragt. Käme cs wirklich zu dem projektirten Kongreß, so könnte sich das er bauliche Schauspiel ereignen, daß Rußland und England Arm in Arm auf demselben erscheinen und Oesterreich gemeinsam in die übelste Lage der Welt brächten (soweit es sich nicht ohnehin schon in der selben befindet). Die Grundidee des englisch-russischen Paktes, wie er nach neuern Zeitungsangaben angestrebt werden soll, bestände in einer Dreitheiluna der Türkei. Den Süden von Adrianopel ab behielte der Sultan unter englischem Einfluß. Nördlich davon bis zum Balkan würde ein neutrales Bulgarenreich geschaffen und nördlich vom Balkan würde ein neuer Staat unter russischem Einfluß entstehen. England würde Kreta oder Samos anektiren und in Egypten starke Hand be halten. Frankreich würde vielleicht mit Tunis abgefuuden, wohin seine Augen ohnehin schon gerichtet sind. Oesterreich könnte dann allenfalls in Bosnien einrücken. Es liegt auf der Hand, daß dies die denkbar ungünstigste Lösung für Oesterreich wäre, zumal man nicht wissen könnte, mit welcherlei Ansprüchen etwa Italien noch hevortreten könnte. Freilich wäre dabei ein sehr wichtiger Faktor — vielleicht der wichtigste in der ganzen Angelegenheit —, nämlich Deutschland mit seinen Interessen, völlig unberücksichtigt gelassen. So wie wir die deutschen Interessen auffaffen, könnte uns das Entstehen eines russi schen Vasallenstaates an der' unteren Donau so wenig wie möglich passen. Das deutsche Interesse verlangt, daß die Donau bis zur Mündung nur deutsch-österreichischem Einflüße unterstehe und, daß dieser Einfluß auch auf der Balkanhalbinfel von jetzt ab ein vor- watlender werde und bleibe. Was unter diesen Verhättnissen aus dem Kongreß, falls er zu Stande kommt, noch herausbraten kann, ist uns sehr unklar. Wir halten summa summarum den Krieg, und zwar den großen Welt krieg, für wahrscheinlicher, als den Frieden, — selbst wenn der Kon greß zu Stande kommen sollte. Vermischtes. Der Stadtrath zu Gotha hat sich nicht veranlaßt gesunden, auf den fast einstimmigen Antrag des Stadtverordneten-Cvllegiums, „nach welchem der Stadtrath höchsten Orts dahin wirken sollte, daß der für den 15. bis 18. Juni dieses Jahres ausgeschriebene sozialdemo- ratische Congreß in Gotha nicht abgehalten werde", einzugehen. Nach K 44 unseres Staatsgrundgesetzes, in Verbindung mit tz 3 sub II. der Verfassung des Deutschen Reichs, steht der Abhaltung des Congresses in Gotha nichts entgegen. Es findet ja ohnehin polizeiliche Ueberwachung desselben statt. Ein Vcrgiftungsfall durch Handschuhe ist in Schleswig, wie man von dort der „Fl. N." schreibt, in letzter Zeit vorgekommen, also auch beim Ankauf der Handschuhe ist die größte Vorsicht er forderlich. Der von Schleswig nach Berlin reisende Major v. I. kaufte in Hamburg ein Paar marineblaue Handschuhe, zog dieselben, in Berlin angekommen, an und machte damit mehrere Besuche. Bald darauf fühlte er sich unwohl uud kam krank in Schleswig wieder an. Auf den Händen bildete sich ein eigenthümlichcr, für den behandeln den Arzt unerklärlicher Ausschlag und eine allgemeine Erschlaffung des Körpers stellte sich ein. Selbst über die eigenthümlichen Symp tome der Krankheit nachdenkend, kommt Herr v. I. auch auf die neuen Handschuhe, thsilt dies seinem Arzte mit, der erst über die Vermnthung lächelt, dann aber doch die Handschuhe zur Untersuchung an den Apotheker Kloster giebt. Da hat sich nun herausgestellt, daß nicht unbedeutend Arsenik in den Handschuhen vorhanden war. Ein schreckliches Unglück hat sich vor einigen Tagen zu Monthey im Kanton Waadt zugetragen. Ein Arbeiter der Kalk- brennerei Vionnet hatte im Kalkofen noch eine Arbeit zu vollenden, bei welcher er, von dem aus der brennenden Steinkohle ausströmenden Kohlenoxydgas erstickt, plötzlich leblos umfiel. Das gleiche Schicksal traf einen Herrn, der ihm zu Hülfe eilen wollte, und ebenso dessen Tochter, welche sich in den Ofen gestürzt hatte, um ihren Vater zu retten; endlich fiel noch ein viertes Opfer, ein zweiter Arbeiter, welcher der Tochter Vionnet zum gleichem Zwecke gefolgt war. Letztere hinterläßt vier Kinder, welche einer Mutter noch sehr bedürftig sind. Selbstmord durch Verbrennen. Am 2. Mai hat sich ein Mann in Rom auf offener Straße selbst verbrannt. Er begoß sich mit Petroleum und zündete sich selbst an. Alle Hülfe kam zu spät. Der Beklagenswerthe, dessen Identität nicht festzustellen war, ist völlig verkohlt der Erde übergeben worden. Kirchenuachrichten aus Wilsdruff. Getauft: Franz Arthur, Carl Heinrich Schumanns, Bürgers ».Zimmermanns hier, Sohn; Felix Curt, Traugott Heinrich Schirmers, ans. Bürgers ».Bäckers hier, Sohn; Anna Marie, Carl Gottlob Trobisch's, Tagarbeiters hier, Tochter; Charlotte Auguste Helene, Oskar Richard Thomas's, Bürgerschullehrers hier, Tochter;'Alfred Max, Ernst Eduard Wots's Bürgers u. Schuhmachers hier, Sohn; Otto Richard, Heinrich Adolph Hennigs, Tagarbeiters hier, Sohn; Paul Wilhelm, Wilhelm Wolde mar Hamanns, ans. Bürgers u. Restaurateurs hier, Sohn. Getraut: Ernst Julius Gansauge, Klempner in Dresden, mit Anna Therese Seifert von hier; Ernst Wilhelm Hänig, Stellmacher in Kemnitz, mit Clara Friederike Weigand von hier; Friedrich Theodor Harder, Bahnbeamter in Schönefeld bei Leipzig, mit Auguste Anna Böhmer von hier. Beerdigt: Hermann Paul, Friedrich Hermann Ulbrichs, TagarbeilerS hier, Sohn, 5 M. 26 Tg. alt; Clara Selma, Ernst Rudolph Starke's, Tagarbeitcrs in Grumbach, Tochter, 5 I. 5 M. 16 Tg. alt; Theodor Arthur, Gustav Theodor Geiß lers, ans. Bürgers u. Schlossers hier, Sohn, 2 I. 2S Tg. alt; Christian Heinrich Wolf, ans. Bürger u. Schuhmacher hier, 34 I. 1M. 13 Tg. alt; Rosalie Anna, Fried rich August Ulbrigs, Stadtgutsbesitzers hier, Tochter, 7 I. 1. M. 24 Tg. alt. Hierüber eine uneheliche Tochter, Alma Thekla, 6 I. 10 M. 29 Tg. alt. - 25 - - 15 - - 10 - - 50 - Secunda - 2 - 2 - 1 5 V» Viertel lang, L 5-/2 - - - 5V- - - 5'/- - ' ' 5 - - - Lolli siv>risolls, Lvmskopf, - - 8oll!üsskl, - - Ailäörmunn, - - Tannsllaum, St. 2 M. 25 Pf. - 2 Kolcll, LiollkI-8L«I»«I», Prima, 40 Pf-, zum Ab raffen 30 Pf. - Kmerikanisckö H«nsLLlre1rr, <u. I) mit Stiel, » «rtLlLitrts:«;!!, o M und und ILoi-nkLumokbrr empfehlen billigst Das rühmlichst bewährteste Fabrikat für das Wachthum 8 der Haare, die ächte Süßmilch fche Ricinußäkpomma-e > aus Pirna, L Büchse 50 Pf. bei Apoth. l-vuinsr in Wilsdruff Nächsten Freitag von Mittag 1 Uhr an wird ein schönes Schwein verpfändet, L Pfd. 55 Pf., beim Wirthfchaftsbesitzer «Kirsten in Wilsdruff. Wie mag denn dem Fräulein aus Sachsdorf der unverhoffte schnelle Abzug aus Saalbach bei Döbeln bekommen fein? Guten Appetit zum Bratheringen. ^N«N^INN8 liier Brief empfangen. Geben Sie sich gefl. mir zu erkennen. Seien Sie fest überzeugt, ich schweige unter allen Umständen. —uu.