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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Sievenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für die König!. Amtshauptmannschast zu Meißen, das König!. Gerichtsamt und den Stadtrath zu Wilsdruff. Achtunddreißigfter Jahrgang. Dieses Blatt erscheint wöchentlich zweimal (Dienstag u. Freitag) und kostet vierteljährlich 1 Mark. — Annoncen-Annahme bis Montag resp. Donnerstag Mittag 12 Uhr 38. Ireitag, den 10. Mai 1878. Von dem unterzeichneten Gerichtsamte soll den 16. Juli 1878 das dem Herrn Carl Emil Petzold in Kaufbach zugehörige Grundstück Nr. 32d des Katasters für Kaufbach und Fol. 31 des Grund- und Hypothekenbuchs für Kaufbach, welches Grundstück am25. April 1878 ohne Berücksichtigung der Oblasten auf 10,386 Mark —- gewürdert worden ist, nothwendiger Weise versteigert werden, was unter Bezugnahme auf den an hiesiger Gerichtsstelle aushängenden An schlag hierdurch bekannt gemacht wird. König!. Gerichtsamt Wilsdruff, °m 4. Mai 1878. Dr - Gangloff. Der diesjährige Wilsdruffer Frühjahrsmarkt wird Donnerstag öen 23. und freitag sen 24. lVIai abgehalten. Wilsdruff, am 6. Mai 1878. Der Stadtgemeinderath. Ficker, Brgmstr. Tagesgeschichte. Der „Reichsbote" bringt anläßlich der Eröffnung der Pariser Weltausstellung folgende sehr zutreffende Betrachtung: Tie Weltausstellung ist bei leiblichem Frühlingswetter in Paris eröffnet wor den. Minder srühlingsartig, freundlich und heiter sieht der politische Horizont aus. Lier ballen sich schwere Wetterwolke» zusammen und ganz Europa sieht mit ge spannter Angst dem Ausbruche des Wetters entgegen. Frankreich zwar mit seiner Weltausstellung liegt Welt vom Kriegsschauplätze, allein in England und Rußland wird man wenig Lust verspüren, einem großen Weltplaisir, wie einer solchen Aus stellung, beizuwohnen, wenn der Krieg ausbricht. Die Gedanken nehmen dann eine andere Richtung, und das Geld hat man dann für andere Zwecke zu gebrauchen, wenn das Vaterland Krieg führt! Tie Russen und Engländer bilden aber bei solchen Weltvergnügen sonst das Hauptkontingent der Besucher. Von Deutschlaod wird der Besuch der Ausstellung sich schon aus anderen Gründen spärlich gestalten. Zwar unsere deutsche Kunst hat sich noch in letzter Stunde an der Ausstellung betheiligt, aber die deutsche Industrie ist fern geblieben, uud sonst sind die Beziehungen zwischen Deutschland und Frankreich, wenn sich auch in Deutschland eine Besserung anzeigte, noch nicht derart, daß wir uns besonders zu dem Besuche von Pssr'?„^'gezogen fühlen könnten. Allein mehr als das wird in Deutschland die wirthschafmche Rvty- lage, welche Jedem die größte Sparsamkeit auferlegt, von dem Besuch einer Wel^ ausstellung, welcher ohne reich gefüllte Börse nicht möglich ist, zurualMten. Auch in Oesterreich und Amerika legen die wirthschaftUchen Rothstande solcheZuruckhaltung auf und in Oesterreich werden auch die Norgänge auf der Nalranhalvmfe! ihren be- schränkenden Einfluß ausüben. Die Vertreter der Großindustrie werden zwar, so weit sie irgend können, die Ausstellung besuchen, uin zu sehen, ob dort für sie etwas N,ues ist. Allein für den äußeren Glanz und die Entschädigung für die gehabten unge heueren Unkosten reichen die Besuche dieser Leute nicht aus. Es dürfte deshalb sehr fraglich sein, ob Paris seine Rechnung bei der Ausstellung finden und ob dieselbe so glänzend ausfallen wird, daß sie wirklich das würdige Piedestal abgeben wird, auf welchem man durch sie die Republik und die Größe Frankreichs verherrlichen will. Für die Weltindustrie ist diese Ausstellung höchst überflüssig; denn kaum waren die letzten Kisten der von der Weltausstellung zu Philadelphia zurückgekommenen Waaren ausgepackt, so mußte die Industrie sich schon wieder sür die Pariser Ausstellung rüsten. Es sollte uns wundern, wenn nicht ein guter Theil der Gegenstände, welche dort jenseit des Ozeans paradirt hatten, auch in Paris Parade stehen werden. Wir konnten es deshalb auch nur billigen, wenn Deutschland die Beschickung der Aus stellung verweigerte, welche Frankreich ohne vorherige Anfragen, ob auch andere Länder ein Vedürsniß dazu fühlten, ganz auf eigene Hand ausgeschrieben hat. Nach gerade sind diese Ausstellungen durch die allzu häufige Wiederholung zu einem bloßen Weltplaisir geworden, angeregt von der Spekulation der Gastwirthe und. ähnlicher spekulativer Geschäftsleute der großen Weltstädte. Der Gewinn sür die Industrie ist ein sehr geringer gewesen. Zum bloßen Vergnügen aber sind diese Ausstellungen zu theuer. In Frankreich hat man die Sache veranstaltet, um der Welt zu zeigen, daß Frankreich auch nach dem Kriege noch das große, glänzende Frankreich ist, wie unter dem Kaiserthum 1867. Noch vor Kurzem schien der politische Parteikampf im Innern das Gelingen der Ausstellung ernstlich in Frage stellen zu wollen. Der Patriotismus aller Parteien hat die Selbstverleugnung gehabt, diesen Kampf vor läufig cinzustellcn, um die Ausstellung in Ruhe feiern zu können. Nach derselben Wird diese Ruhe schwerlich lange anhalten, und cs ist zu vermuthen, daß der Kampf dann desto lebhafter entbrennen wird. Aber der Franzose ist der Mensch des Augen blicks und des äußeren Eclats. Jetzt wird er Alles thun, der Ausstellung so viel Glanz wie möglich zu leihen, um sich dann in diesem Glanze zu sonnen und über die verdunkelte „Glorie des Schlachtfeldes" zu trösten! Gönnen wir den Franzosen neidlos ihr Vergnügen, arbeiten wir aber rüstig weiter, um die tiefen Wunden, welche der Wucher- und Schachergeist der deutschen Industrie geschlagen hatte, zu heilen, ihn auszutreiben und Deutschlands altberühmte Solidität, Treue, Rechtschaffenheit und Tüchtigkeit wieder zu Ehren zu bringen " Die neuen russischen Vorschläge sind angeblich in einer nach Wien und London mitgetheilten Denkschrift enthalten und werden als letztes Wort Rußlands betrachtet. Ueber die Aufnahme, welche dieselben in London gefunden haben, liegen abschließende Nachrichten noch nicht vor. Bis jetzt haben aber weder England noch Rußland ihren prinzipiellen Standpunkt bezüglich der Vorlegung des Vertrages von San Stefano auf dem Kongresse aufgegeben. In Ueberein- siimmung hiermit meldet man aus Berlin, daß die friedliche Stimmung ch Folge der auf eigenes Betreiben des Zaren gemachten Zugeständ- cl- Etwas Genaueres über Inhalt und Form dieser Zu ¬ geständnisse verlautet noch nicht, dieselben sollen hauptsächlich die Kongreßformel betreffen. Die „Nat.-Ztg." hält dafür, daß damit die Verhandlungen in ihr entscheidendes Stadium eintreten. Bei nochmaliger Ablehnung seitens Englands werde Rußland kaum mehr verhandeln. Am 6. Mai ist das englische Parlament wieder znsammen- getreten und es kann wohl sein, daß nunmehr einige Klärung in die Situation kommen wird. Sieht es doch aus, als ob der englische Premierminister das entscheidende Wort über Krieg oder Frieden nicht ohne das versammelte Unterhaus sprechen wolle. Das Par lament dürfte ein heilsames Gegengewicht zu den kriegerischen Ge lüsten Beaconsield's bilden. Die Opposition gegen einen Krieg ist in der letzten Woche überhaupt im ganzen Lande eine rege gewesen und die Adressen an die Königin zählen Tausende von Unterschriften. Das „H. T. B." bringt folgende, noch sehr der Bestätigung bedürfende Meldung aus Petersburg vom 5. Mai: Das englische Kabinet hat eine offizielle Rückäußerung auf die am 28. April in Loudon überreichte russische Note zwar noch nicht ergehen lassen, doch ergeben die hierher gelangten neuesten Botschaftsberichte, daß die an gestrebte Verständigung durch die von hier aus gemachten Zugeständ nisse wirklich erzielt wurde und der Zusammentritt der Konferenz wohl als bestimmt gesichert gelten darf. Die Verhandlungen über den Rückzug der englischen Flotille aus den Dardanellen und der russischen Truppen aus der Nähe Konstantinopels sind durch Graf Totleben energisch gefördert worden und dem Abschluß nahe. Wie verlautet, sollen die Russen die Rückwärtsbewegung eröffnen, worauf die englischen Schiffe ebenfalls die jetzigen Ankerplätze verlassen und in genau festgesetzten Zwischenräumen bis zur Demarkationslinie zurückgezogen werden. Die Türkei hat sich vorgestern durch Vertrag verpflichtet, keine Maßregeln zu treffen, welche eine event. Rückkehr der englischen und russischen Streitkräfte in die innegehabten Stellungen verhindern oder erschweren könnten. Aus Konstantinopel, 24. April, wird berichtet: Nachrichten aus dem Innern zufolge ist das Erdbeben, welches am vorigen Freitag Abend in der Hauptstadt zwar allseitigen Schrecken erregte, aber glücklicher Weise kein Unglück anrichtete, im Bezirk Jsmid von bedauernswerthen Folgen begleitet gewesen. In Jsmid selbst sind fast alle Steinhäuser sehr beschädigt, vier Gebäude eingestürzt. Die kaiserliche Fezfabrik und Tuchmanufaktur haben so erhebliche Be schädigungen davongetragen (in der letzteren sind beispielsweise sämmt- liche Maschinen zertrümmert), daß an eine Fortführung der Arbeiten vorläufig nicht gedacht werden kann. Von den Moscheen der Stadt sind vier in Trümmerhaufen verwandelt. Der Schaden wird an nähernd auf 150,000 Pfund geschützt. In der Umgegend von Jsmid ist das Städtchen Esmo fast vollständig zerstört worden. Die Mehr zahl der Häuser ist eingestürzt, der stehengebliebene Rest ist unbe wohnbar geworden. Ueber 40 Personen sind unter der Trümmern begraben. Die Zahl der Verwundeten beläuft sich auf 500—600. In Sapandjia sind drei große Steinhäuser eingestürzt und ungefähr 20 Personen mehr oder minder verletzt worden. Kevtliches und Sächsisches. Aus Anlaß des am 18. Juni d. I bevorstehenden, silbernen Ehejubiläums des sächsischen Königspaares treffen die sächsischen Pestalozzivereine seit einiger Zeit Vorkehrungen zur Gründung einer Carola - Stiftung. Der jährliche Zinsen- ertrag dieser Stiftung soll danach jedesmal am 18. Juni einer ver waisten, unbescholtenen Lehrerstochter, welche sich im letzten Jahre verheirathet hat, als Hochzeitsgeschenk gespendet werden. Ihre Maj.