Volltext Seite (XML)
Meerane, 11. März. In vergangener Nacht ist hier eine wahrhaft schreckliche Mordthat verübt worden. Der frühere Material- waarenhändler Mann, der sich jetzt wieder der Weberei zugewandt hatte, da sein Geschäft zurückgegangen war, hat Morgens gegen 2 Uhr seine Frau uud seine Tochter von 7 Jahren durch Schnitte in den ,Hals getödtet, sein kleineres Töchterchen von 5 Jahren erdrosselt und sich dann wahrscheinlich gegen 7 Uhr früh auf dein Boden des Hauses gehängt. Wie mau hört, hat Mann noch am selben Abend, also wenige Stunden vor der Ausführung der entsetzlichen That, mit seiner Frau einem Tanzvergnügen in der Tonhalle beigewvhnt. Es ist noch nicht festgestellt, ob Nahrungssorgen oder Furcht vor einer ihm bevorstehenden Verhandlung vor Gericht ihn zu diesem Schritte veranlaßt haben. Aus allen Waldrevieren des Erzgebirges und des Voigtlandes gehen recht unerfreuliche Meldungen über erheblichen Windbruch ein, welchen der Orkan vom Donnerstag und Freitag verursacht hat. Monsieur Herkules. Humoreske von Emilie Heinrichs. (Nachdruck verboten.) (Schluß.) „Willst Du Dich selber blamiren, Schwager?" raunte der Müller dem Wüthendcn in's Ohr, „kommt mit nach Braunstedt, dort können wir Strafgericht halten." „Ja, auf nach Braunstedt", sprach Wilhelm, der tolle Bruder Studio, „doch erlaubt, daß ich zwei Freunde mitnehme, ohne welche ich nicht von dannen ziehe." „Zwei Schauspieler?" fragte der Müller gedehnt. „Nein, mein Orchester", versetzte Wilhelm trocken, „hier sind sie schon, — die Heeren Kammermusiker Waldmann und Bruno von der Hoskapelle zu X. Du siehst, Vater, ich befand mich in respcctabler Gesellschaft. — Kommen Sic, meine Herrschaften", setzte er in lustigster Laüne hinzu, „wir schließen diesen Tag am würdigsten mit einem - Ständchen, das wir der schönen Müllerin zu Braunstedt bringen." Ohne auf die Einwendung der beiden Künstler, noch auf den neuen Zornausbruch seines Vaters zu achten, ergriff der Student die Ersteren am Arm und zog sie ohne Umstünde mit sich fort. Als Marie den Geiger erblickte, wußte der Müller, was die Glocke geschlagen hatte, und flüsterte dem Studenten vergnügt in's Ohr: „Junge, Du hast zwei Fliegen mit einem Schlage getroffen. Jetzt verspreche ich, Dein Anwalt beim Vater zu werden." Die Müllerin wußte und ahnte es nicht, welche Uebelthätcr sich hinten in den großen Wagen eingeschmuggelt hatten. Auch der Schwager hielt es kür gerathen, die Anwesenheit des Sohnes zu ver schweigen, in der Hoffnung, die ganze Sache noch vertuschen zu können. Der Student, sowie die Herren Kammermusiker, deren Nähe einen so magischen Eindruck auf Marie hervorbrachte, daß ihr die Sprache vollständig zu fehlen schien, wurden heimlich von dem Müller in's Wirthshaus von Braunstedt einguartiert, während der Schwager in der Mühle logirte. 6. Außer dem Müller mit seinen beiden Söhnen und dem lustigen Bruno schliefen unsere Bekannten ein wenig oder fast gar nicht. Die Müllerin dachte an den Herkules, Marie an ihren Geiger, dieser an die schöne Müllerin, — der Schwager an seinen Sohn und dieser Wiederum an den Zorn drs Vaters. So ging die Nacht vorüber, ein schöner Morgen zog herauf uud goß Ruhe und Entschlossenheit in die zagenden Herzen. Bei dem berühmten Morgenkaffe, der um des Gastes willen ein wenig stärker von Cichorien gebraut worden war, jchickle die Müllerin ihre Tochter in den Garten und die Söhne, sobald es anging, in die Mühle. „Wozu diese Eile, Mutter?" fragte der Müller verwundert, „Du Verdirbst den Kindern ja den Kaffee?" „Ach was, sie trinken ja doch keinen", versetzte die Frau gereizt, als sie wahrnahm, daß der Gast sich gegen die zweite Tasse energisch verwahrte, „die Welt ist heutigen Tages zu verwöhnt", setzte sie an züglich hinzu, „das war früher anders." „Ja, die Cichorien-Zeit ist vorüber", nickte der Müller, „die Welt wird zu aufgeklärt, Grethe!" „Da hast Du Recht", sprach die Müllerin, sich in Positur setzend, „das hat man gestern Abend gesehen. Sagen Sie mir, Schwager", wandte sie sich init einer entschlossenen Wendung zu diesem, „kannten Sie den Herkules, der mir die Pappe in den Schooß warf, als Hütte er's auf mich abgesehen?" „Oh, das wohl nicht, Schwägerin!" begütigte der Schwager, dem ^die Röthe in's Gesicht stieg. „Ja so, es war ihr Sohn der fromme Theologe. — Sagen Sie kein Wort", fuhr sie heftig fort, als der Schwager sie unterbrechen wollte „ich hab's Ihnen angesehen und die Marie hat ihn gleich er kannt, als er mit dem Rock hängen blieb, der saubere Musje. Ja, hätte er es bei dem Clavierspiel bewenden lassen, das hätte man als einen Studcntcnstreich noch vergessen können, da mir die Musick recht gefallen hat — aber die Scandal-Geschichte mit dem Herkules kann ich ihm uicht vergeben —" „Aber, Frau Schwägerin", unterbrach sie Herr Bucher. „Nun und nimmermehr", fuhr die Müllerin mit hochrothem Ge sicht fort, „so wenig, wie seine Bosheit mit dem Gewichtstück, von welchem man ja den Tod hätte haben können. Einen solchen Schwieger sohn können wir nicht gebrauchen." „Nun dann wählen sie meinetwegen einen von den Musikanten, deren Gedudel Ihnen so schön gefallen hat", unterbrach sie Herr Bucher, sich wüthcnd erhebend. „Bitte recht sehr", bemerkte der Müller ernsthaft, „es waren Kammermusiker von der Hofcapellc, die sich den Spaß gemacht haben, und wenn der Musje Wilhelm es dabei hätte bewenden lassen Schwager —" „Schon gut, schon gut", fiel dieser zornig ein, „ich merke wohl, woher der Wind weht; mein Wilhelm wird leicht eine Frau Pfarrerin finden." „Wenn der Herr Herkules es noch wagen sollte, eine Kanzel zu besteigen", rief die Müllerin spitz, „es werden ihn schon mehr erkannt haben." Der Schwager erwiderte kein Wort, sondern ging ohne Gruß von dannen. Die Müllerin sah stumm vor sich hin und der Müller redete dies und das, bis er, wie von ungefähr, wieder auf die Kammer musiker kam, deren Gegenwart im Dorfe er vorhin vernommen. „Muß die Herren doch 'mal aufsuchen", meinte er, die Mütze aufsetzend, „just dem Schwager und dem tollen Studenten zum Aerger; so geringschätzig von der Hofkapelle zu reden, es ist schändlich. „Nicht wahr", fuhr die Müllerin wie aus einem Traum empor, „ärgere die Beiden nur, wie und wo Du kannst, Lorenz, ich gebe Dir die Erlaubniß dazu." „So wirst Du nicht böse, wenn ich die Herren Kammermusiker einlade, nach der Mühle zu kommen?" „Laß sie nur kommen, ich werde gewiß nicht böse." „Aber der Kaffee, Grethe, die Herren kennen keinen Cichorien, es wäre ein Spaß für den Schwager und seinen Studenten —" Die Müllerin seufzte, das war der schwerste Kampf, sie konnte die Abneigung gegen den Cichorien nicht begreifen. „Ich werde „schieren" Kaffee nehmen", nickte sie endlich schwer- müthig, und der Müller ging erfreut. * 4 * Die Kammermusiker kamen nur gar zu gern nach der Mühle, während Herr Bucher mit seinem tollen Studenten das Dorf verließ. Der Kaffee der Müllerin war trinkbar, wenn der Müller auch hinsichtlich des „schieren" Kaffees ein bedenkliches Gesicht machte. Für Marie kamen selige Tage, da Geige und Violoncello herbei geschafft wurden, um ein Trio zu arrangiren. Die Müllerin befand sich im siebenten Himmel, als sie in aller Ruhe die Freischütz-Melodie anhöreu konnte, und so war alles glücklich, da auch der Müller, der nur frohe Gesichter sehen mochte, eine Rechnung dabei fand. Das Ende der Geschichte kann sich der Leser schon denken, der Geiger kehrte, als glücklicher Bräutigam nach X. zurück, und als das jüngste Kind aus Frankreich heimgekehrt war, wurde bereits Hochzeit gefeiert, um den Schwager und seinen Studenten zu ärgern, wie die Müllerin meinte. Der tolle Wilhelm erreichte durch die Herkules-Idee des lustigen Müllers von Braunstedt ebenfalls sein ersehntes Ziel. Der Vater sah ein, daß der Junge trotz seines leidlichen Examens nicht zum Pfarrer tauge, mochte auch wohl befürchten, daß die Geschichte von Westerholz ruchbar werde und ihm die geistliche Carisre verderben könne, — genug, er ließ dem Sohne die Freiheit, sich selber eine Zukunnft zu gründen, worauf Wilhem die ihm mehr zusagende Jour nalisten-Laufbahn betrat und auf diesem nicht mehr ungewöhnlichen Wege auch die Geliebte seines Herzens über kurz oder lag heimzu führen gedenkt. Als Freund des jungen Ehepaar's, dem er durch seine Herkules- Arbeit den Weg zum Trau-Altar geebnet, ist er der tägliche Gast des Geigers, welcher das Gastspiel in Westerholz zu seinen ruhm reichsten und lohnendsten zählt, da es ihn in den sicheren Hafen des Glücks geleitet hat. Kirchennachrichten aus Wilsdruff. Am Sonntage Reminiscere Vormittags predigt Herr U. vr. Wahl. Nachmittags Betstunde. n LL LL 1L. Für die Beweise der Liebe und Freundschaft, welche uns schon während meiner und meiner Frau Krankheit, ganz besonders auch beim Tode und Begräbnisse der Letzteren zu Theil geworden sind, namentlich für lieblichen Sargesfchmuck und für das freiwillige Tragen von Seiten der Tischlerinuung, sagen wir allen Freunden und Nach barn, sowie auch dem Herrn Pastor Wahl für feine trostreichen Besuche unfern innigsten Dank. Wilsdruff. Kar! sinnest Kisssüng und Kinder. (Kür die beim Begräbniß meines Mannes mir bewiesene Theil- O nähme sage ich meinen herzlichsten Dank. Äaura verw. «Kühne. (OH 'L von ausgekämmten Haaren werden jederzeit schnell und solid gefertigt. Prompte Bedienung. Billigste Hnaee werden zu deu höchste» Preisen gekauft. <D. Barbierstubenbesitzer, neben Herrn Kaufmann Engelmann. Gastwirthen oder sonstigen soliden Personen ist der Verkauf eines überall leicht verkäuflichen guten Artikels bei hoher Provision zu übertragen. Franco-Offerten sind innerhalb 8 Tagen sub IV!. ?. 806 posUagvrnc! Larlsrusis (Baden) zu richten. ^Leim Turn erb all im Schicßhause wurde ein neuer Gummischuh vertauscht. Um Umtausch in der Exped. d. Bu wird gebeten. Gasthof Grumbach. Nächste Mittwoch, den 2V. März, großes AilMr - Ksmert, ausgeführt von sämmtlichen Trompetern des Gardereiter-Regiments unter Leitung des Herrn Capellmeisters frisckriLk Wagnor. Um gütigen Besuch bittet höflichst 0tbo ä^slssdaoli. Das von AM UNPßWz Muster uud mA Geometer in MSLB8OM- Rosengasse No. 331, suaMoUlt sioU sur aller ASorastwisoUsn ^.rUsidsL irr