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WeMM ßrLilMH Warandt, Mossm, Siebmteßn und die Umgegenden. Amtsblatt für die Agl. Amtshauptmannschaft Meißen, für das Rgl. Amtsgericht und den Stadtrat zu Wilsdruff, sowie für das Rgl. Lorstrentamt zu Tbarandt. Lor»ivlLLt für Lvusorm^ Alttanneberg, Birkenhain, Blankenstein, Braunsdorf, BurkhardtsWalde, Groitzsch, Grumbach, Grund bei Rstzom, HelvtgSderf, Herzogswalde mst Landberg, Höhndorf, Saufbach, Keffelsdorf, Kleinschönberg, Klipphausen, Lampersdorf, Limbach, Lotzen, Mohorn, Miltitz-Roitzschen, Munzig, Neukirchen, Neutanneberg, Mederwartha, Oberhermsdorf, Pohrsdorf, Röbrsdorf bet Wilsdruff, Roitzsch, Rothschönderg mit Perne, Sachsdorf, Schmiedewalde, Sora, Steinbach bei Keffelsdorf, Steinbach bei Mohorn ' Seeligstadt, Spechtshausen, Taubenheim, Unkersdorf, WeiMopp, Erscheint wöchentlich dreimal und zwar Dienstags, Donnerstags und Sonnabends. Bezugspreis vierteljährlich I Ml. 30 Pfg., durch die Post be zogen 1 Mk. 54 Psg. Fernsprecher Nr. 6. — Telegramm-Adresse: Amtsblatt Wilsdruff. Druck und Verlag von Martin Berger 8- Friedrich, Wilsdruff. Für die Redaktion verantwortlich: Hugo Friedrich, für den Inseratenteil: Curt Thomas, beide in Wilsdruff. Inserate werden Montags, Mittwochs und Freitags bis spätestens 12 Uhr angenommen. Jnsertionspreis 15 Pfg. pro viergespaltene Korpuszelle. No. 13». Donnerstag, Den 2. November 1W5. 64. Jahrg. Oslitische Run-schau. Wilsdruff, 1. November 1905. Deutsches Reich. Das Kaisermanöver im nächsten Jahre. soll das 6. (Schlesische) Korps Mallen. Es wird zu diesem Ende auf die Stärke von drei Infanterie-Divisionen und einer Kavallerie-Dtvtsion, namentlich durch Truppen des königlich sächsischen Kontingents, gebracht werden. Die Gegenpartei stellt das 3. und 5. Armeekorps. Als Schauplatz des Kaisermanövers dürfte wahrscheinlich der Regierungsbezirk Liegnitz gewählt werden. Die Hochzeit des Prinzen Friedrich Eitel von Preußen mit der Herzogin Sophie Charlotte von Oldenburg wird am 27. Februar, dem Tage der Silberhochzeit des Kaiserpaares, stattfinden. Entgegen dem sonst üblichen Brauche, daß die Hochzeit bei dem Vater der Braut gefeiert wird, wird die Hochzeit nicht in der Oldenburger Residenz, sondern im Berliner Residenzschlosse gefeiert werden, da es mit der Silberhochzeit des Kaiserpaares ein großes Familienfest am gleichen Tage werden soll, und das Olden burger Schloß zur Aufnahme der zahlreich zu erwartenden Fürstlichkeiten nicht Raum genug bieten würde. Die Börsen und die Kaiserrede. Unter dieser Ueberschcift schreibt die „Köln. Ztg." anscheinend offiziös: „An den Börsen der europäischen Hauptstädte sind stärkere Beunruhigungen zutage getreten, die sich durch die schlechten Nachrichten aus Rußland zur Genüge erklären, die aber von einigen Seiten auffallender- weise auch auf die letzten Reden zurückgefühct werden, die der Kaiser in Dresden und bei der Einweihung des Moltkedenkmals gehalten hat. Demgegenüber kann nicht scharf genug darauf hingewiesen werden, daß ein solcher Hinweis auf die letzten Kaiserreden sachlich durchaus unge- rechtfertigt ist. Der Kaiser hat lediglich aus den Ereignissen der letzten Wochen die sich für Deutschland ganz natürlich ergebenden Folgerungen gezogen; er hat damit in knapper Form den Nagel auf den Kopf getroffen und der großen Mehrheit des deutschen Volkes, des sind wir überzeugt, ans der Seels gesprochen. In ihrer sachlichen Konsequenz bedeuten deshalb diele Kaiseroorte eine Bekräftigung der friedlichen Absichten Deutschlands; sie hätten somit an den Börsen eher eine Befestigung als Beunruhigung Hervor rufen müssen, wenn man ihren Sian nicht mißdeutet und entstellt hätte." Mtramontane Zensur.) Ein hübsches Zensucstückchea aus Westfalen gab kürzlich Dr. Luther-Charlottenburg bet einem Vortrag in Berlin zum Besten. Ji einem Volksbuchs, das eine Aus wahl vou Gedichten enthielt, befand sich der Vers: „Und wer am laulichen Abend Die dämmernde Heide durchmißt, Dem werden zwei Frösche erzählen, Daß sich zwei Menschen geküßt." Ein Prälat, dem das Buch vorgelegt wurde, erklärte die Schlußzeile „vom Küssen" für unsittlich und gab der Strophe folgende Fassung: „Und wer am laulichen Abend Die dämmernde Heide durchmißt, Dem werden die Frösche erzählen, Was Liebe und Vaterland ist." Daß ein Prälat keine Empfindung für das Küssen hat, wollen wir ohne weiteres glauben. Wie er aber dazu kommt, die Frösche von Liebe und Vaterland er- zählen zu lassen, ist uns unverständlich Der Frösche Liebe und Vaterland wird dem Normalmenschen doch zu kalt und zu naß sein, als daß er sich davon begeistern önnte. Gräßliche Folgen der Fleischnot werden aus Ludwigshafen a. Ny. berichtet. Ein dortiges Warenhaus bietet Schweineschmalz zu 56 Pfg. und — „Metzgerschmalz" aus, das Pfund zu 75 Prg.. So weit treiben es also die „bösen Agrarier", daß jetzt schon die Metzger selber geschlachtet werden müssen. Deutschland in China. Der deutsche Geiauoie Hal in einer am 24. d. M. im Winterpalais zu Peking stattgehabten Audienz dem Kaiser und der Kaiserin-Regentin von China mitgeteilt, daß der deutsche Kaiser mit der Ratifikation des Friedens von Porthmouth die Zeit für gekommen erachte, um die noch in Tschlli stehenden fremden Besatzungen zurückzu- ziehen. Kaiser Wilhelm werde den beteiligten Staats oberhäuptern ohne Verzug einen dahingehenden Vorschlag machen. Zugleich damit hat Frhr. v. Mumm den ferneren Entschluß des Kaisers angekündigt, die seinerzeit aus An- laß von Unruhen in Schantung von Tsingtau aus nach Kaumi und der chinesischen Kretsstibt Kiaulschou vor geschobenen Posten einziehen zu lassen. Der Skandal in der sozialdemokratischen „Vorwärts"-Redaktion hat eine neue Ueberrafchung georacht: ote sechs Redakteure des „Vorwärts", welche gegen den Partu- vorstand die Ardeiterrechte verfochten haben, für die sie sonst gegen den Kapitalismus kämpften, sind vom Partei vorstand hinausgeworfen worden! Der „Vorwärts" enthält an der Spitze seiner letzten Sonntagsnummer folgende Erklärung: An die Parteigenossen! Wir teilen mit, daß den Genossen Eisner, Grad- nauer, Kaliski, Schröder und Wetzker heute Abend brieflich die Mitteilung zuging, daß der Partei vorstand und die Preßkommission vom 29. d. M. ab auf ihre Tätigkeit in der Redaktion des „Vor- wärts" verzichten. Genosse Büttner, der provisorisch als Redakteur angestellt war, ist ersucht worden, seine frühere Stellung als Korrektor am 1. November wieder anzutreten. Vorläufig find in die Redaktion eingetreten die Genossen Davidsohn, W. Düwell und Weber. Außerdem wird der Genosse Stadthagen in umfänglicherem Maße als bisher an der Redaktion teilnehmen. Die Denkschrift des Vorstandes und der Preßkom- Mission über die Differenzen zwischen einem Teil der Redakteure des „Vorwärts" und uns wird in den aller nächsten Tagen erscheinen." Berlin, den 28. Oktober 1905. Der Parteivorstand. Die Preßkommission. Also: auf die Straße geworfen! Die Tage, mit denen die Gemaßregelten ihre zum Teil jahrzehntelange Tätigkeit in der Redaktion des sozialdemokratischen Zentralorgans beschlossen haben, müssen für sie schrecklich gewesen sein. Der Parteivorstano hatte ihnen, Ho berichten sozialdemokratische Pcovinzblätter, untersagt, die Preßstimmen über den Konflikt zu veröffent lichen! Die Veröffentlichung einer neuen Erklärung der sechs Redakteure haben die drei Redakteure der Minderheit (Ströbel, John und Leid) in der Druckerei verhindert! Die sechs gemaßregelten Redakteure find also mundtot gemacht! — Es lebe die Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit! Ausland. Die Unruhen in Rußland. Der Zar gibt den Forderungen des Volkes nach. Am Montag abend wurde ein Kaiserliches Mani fest veröffentlicht, durch welchesGrafWitte zumMinister- Präsidenten ernannt wird, mit der Aufgabe, die Re- gierungsfunktionen zu vereinheitlichen nnd durch welches ferner bürgerliche Freiheit, eine gesetzgebende Duma und die Ausdehnung des Wahlrechtes gewährt wird. Damit, namentlich mit der Ausdehnung des Wahlrechts eines gesetzgebenden, nicht nur beratenden Reichstages und dem Schutze gegen polizeiliche Willkür, sind die Haupt forderungen „Intelligenz" erfüllt. Freilich wird es noch einige Zeit kosten, die hochgehenben Wogen der Erregung wieder zu beschwichtigen. Denn noch gährt es an allen Orten. Die Straßenkämpe in Odessa. Aus Odessa wird berichtet: Es ist unmöglich, die Zahl der Opfer der Unruhen am Sonntag auch nur annähernd festzustellen, da es den Friedhofs- und Kranken- hausverwaltuiigen streng untersagt ist, irgend welche Aus- kunft zu erteilen. Die Polizei schafft selbst überall die Toten und Verwundeten fort, deren Zahl sehr bedeutend sein muß. Die Behörden hegen zur Infanterie kein Ver trauen und behalten sie in den Kasernen; sie verwenden nur Kosaken und Gendarmerie. Von einer Barrikade herab rief ein Student herbeieilenden Kosaken zu, sie sollten sich lieber den Kämpfen anschließen, anstatt auf ihre, um Freiheit des gemeinsamen Vaterlandes kämpfen den Brüder zu schießen. Die Kosaken antworteten darauf mit vier Salven, wodurch neun Personen getötet und ungefähr 40 verwundet wurden. Die übrigen, unverletzt gebliebenen der nach Hunderten zählenden Menge stürzten darauf, von den Kosaken verfolgt, in die nächsten Häuser, drangen in fremde Wohnungen ein oder versteckten sich auf Böden und Dächern. Viele Privatwoynungen sind auf diese Weise in Ambulanzen verwandelt. Ein Mord auf offener Straße. Aus Riga meldet die „Voss. Ztg": OberstLewis of Menat, Kommandeur eines hier garnisonierendenInfanterie- Regiments wurde, in einer Droschke fahrend, von Arbeiter haufen angehalten und gezwungen, auszusteigen. Er zog seinen Säbel, wurde aber durch drei Revolverschüsse sofort getötet; er war Mitglied des Kriegsgerichts. Sensationelle Gerüchte verschiedener Blätter wollten davon wissen, der Zar be absichtigte, ins Ausland zu fliehen und mehrere deutsche Kreuzer sollten zu seiner Abholung nach Petersburg abgehen. Alle diese Sensationsmeldungen beruhten darauf, daß mehrere deutsche Torpedoboote beordert worden sind, den deutschenKapitänleutnant Hintze nach Petersburg zu bringen, wohin er auf dem Landwege nicht mehr gelangen kann. Ein russisches Sittenbild. Dem Jekaterinoslaimchen Bezirksgericht wurde kürzlich ein interessantes Dokument vorgelegt, dessen Inhalt die hoffnungslos naiven juridischen Vorstellungen russischer Bauern grell illustriert. Der Bauer Fedor Trawjanko beschloß eines schönen Tags, nach vierzehnjähriger Ehe sich von seiner Frau scheiden zu lassen. Das Motiv: Krankheit der Frau. Gedacht, getan. Die Ehegatten gingen friedlich aufs Gemeindegericht, aüwo der Gemeinde schreiber einen Vertrag aufsetzte, laut welchem die Frau Lukerta Trawjanko, im Hinblick auf ihre Krankheit, ihrem Galten gestattet, eine neue Ehe einzugehen, während Fedor Trawjanko sich verpflichtet, die kranke Lukeria materiell sicher zu stellen. Der Vertrag wurde von den Kontrahenten unterschrieben, ebenso von den Gemeindeältesten unter Beidrückung des Gemeindesiegels signiert, worauf Traw janko sich froh und zufrieden in die Gouvernementsstadt begab, um sich im Bezirksgericht das „Scheidungsin strument" bestätigen zu lassen. Die ihm dort erteilte Aufklärung über den Wert des Akts wollte dem Bauern nicht in den Kopf, und er lärmte solange, bis er mit Ge walt aus dem Gerichtsgebäude entfernt wurde. Lustiges RLubertum. In Spanien Haven sich die Räuberbanden zu einem fast offiziösen Freikorps ausgebildet; die Bevölkerung betrachtet sie als Miliztruvpen und unterstützt sie in jeder Hinsicht. Neulich sind einige Räuber nach Sevilla gezogen und haben am Hellen Tage einem Kaufmann in seinem