Volltext Seite (XML)
OertlicheL und Sächsisches. Wilsdruff. Wieder einmal, liegen die Tage unseres Bürger- schÜtze »fest es hinter uns. Eingcleitet wurde das Fest Sonnabend Abend durch einen Zapfenstreich und Sonntag früh durch Ncveille; die Stadt halte ein festliches Gewand angelegt, über die Straßen waren vielfach liebliche grüne Ranken gezogen und von den Häusern herab wehien Flaggen in sächsischen und deutschen Farben; Nachmittag fand die festliche Ausführung des Scheibenkönigs stall, wozu auch diesmal alle Behörden und Corporatiomm geladen und sehr zahlreich erschienen waren, so daß der Zug sich zu einem recht stattlichen ge staltete; auf der Schießwiese selbst entwickelte sich bald ein volks festartiges Leben und erhielt sich bis in die spätem Abendstunde». Montag Vormittag fand der übliche Rapport im Saale zum.Adler statt, bei welchem alle die Sünden, die am Sonntag Vormittag auf der Wache begangen worden, durch ein Kriegsgericht streng geahndet und die Sünder verunhcilt wurden, bei welcher Gelegenheit durch die Sclbstvertheidignng die Lachmnskcln der Anwesenden sehr in Anspruch genommen wurden und zur größten Erheiterung beitrugen. Nachmittag fand wiederum Auszug stall, worauf das Schießen nach der Scheibe fortgesetzt wurde, bis ein Scharfschütze für den Tischlermeister Ernst Schubert den besten Schuß auf die Königsschcibe gelhan und derselbe als König proclamirt wurde. Nachdem der inzwischen eingetretene Regen nachgelassen, wurde der neue König in die wahrhaft feenhaft erleuchtete Stadl cmgesührt. Mittwoch Vormittag fand im Schicßhaus- saale das Königsfrühstück stall, wozu wiederum an geistliche und weltliche Behörden Einladungen ergangen und zur Freude der Schützcn- gilde auch viel Herren sich cingefunden hatten. Herr Bürgermeister Ficker eröffnete die Reihe der Toaste mit dem auf Se. Maj. den König Albert, hieran reiheten sich die übrigen osficicllcn Toaste auf den neuen und alten Schützenkönig, auf die Behörde, Gäste, das Ofsizierchor u. s. w., bis später volle Redefreiheit gewährt und im weitesten Sinne ausgenutzt wurde. In den Nachnültagsstunden be lustigten sich die Schützenfrauen und deren Gälte durch ein Vogelschießen; Abends fand, wie das ja nicht anders sein kann, Ball statt, welcher die meisten Theilnehmer bis in die späiern Nachtstunden znsammen- hielt. Das ganze Fest, welches durch keinen Mißton getrübt, ist wiederum als ein gelungenes zu verzeichnen und hat auf alle Theil» uehmer den besten Eindruck gemacht. -«2 Es ist doch etwas Köstliches, was Schönes, die Musik; diese Wahrnehmung haben wir in jüngster Festzeit zu machen vielfach Gelegenheit gehabt, auch ganz besonders vorigen Dienstag im Linden- fchlößcheu, wo die Dresdner Stadlpark-Capelle concertirte. Kräftig und zart, schwungvoll, präcis und rein wurde das geschmackvoll ge wählte Programm unter Leitung des gewandten Dirigenten ächt künst lerisch durchgeführt. Reicher Beifall, Applaus jeder einzelnen Nummer vom anwesenden Publikum (selbst Herr Seifert mit Familie, Chef der Capelle, war mit zugegen) bewiesen der Capelle, wie erfreut man über ihre Leistungen war. Wir hören mit großer Freude, daß obige Capelle recht bald ein zweites Concert im Lindenschlößchen abzuhaltcn gedenkt, und wünschen, daß dann ein recht zahlreicher Besuch ihr künstlerisches Streben lohnen möge. Dresden. Den verschiedensten Nachrichten zufolge sind die Kinderkrankheiten auch in hiesiger Stadt sehr im Wachsen, be sonders ist dies der Fall mit dem Keuchhusten. Man vernimmt, daß von der Gesellschaft für öffentliche Gesundheitspflege in Berlin, wo die Kindersterblichkeit eine erschreckende Höhe zu erreichen scheint, eine Kommission nikdergcsetzt worden, welche die Ursachen hiervon unter suchen und dabei besonders eine Untersuchung der Nahrungsver hältnisse ins Auge fassen soll. Aus Wurzen berichtet der neueste „Muldcnthaler Bote" nach stehendes: Ueber Wurzen schwebt der Todesengel in der traurigsten Gestalt. Durch die Gewissenlosigkeit einiger gewinnsüchtiger Menschen sind mehr als Hundert Personen in Lebensgefahr. Schon sind einige der Krankheit erlegen und noch ist nicht abzuschen, wie viel Opfer der Tod noch fordern wird. Als dem Muldenthaler die Nachricht kam, daß der Obercondilor Schulz, in der Bisquilfabrik des Herrn Krietsch, als erstes Opfer heule früh au dem Geuuß von Rindfleisch, das von einer kranken Kuh herstammend als gesund und gut verkauft worden war, gestorben, da hat er die Thräuen nicht zurückhattcn können und er schämt sich dieser Thrünen nicht, denn wer den jungen, hoff nungsvollen, im Umgänge mit Jedermann liebenswürdigen Mann ge kannt und sich den jähen und schrecklichen Tod vor Augen ruft, wer kann da anders, als tief trauern und ihm eine Thräne weihen; wird nicht seine Mutter, deren Stolz und Freude er war, die ihr tele graphisch zugchende Nachricht von dem plötzlichen Tode zu Boden schmettern. — Aber noch sind viele kostbare Leben in Gefahr, Familien väter, Mütter, Jünglinge, Jungfrauen und Kinder liegen schwer krank darnieder und obgleich von Seilen unserer Acrzte alles Menschen mögliche gelhan wird, sie am Leben zu erhallen, so dürste doch noch mancher Trauerfall uns erschüttern. Eine Trauung mußte gestern unterbleiben, da der Vräuligam ebenfalls durch den Genuß dieses Fleisches erkrankt war. Der bis jetzt polizeilich festgestellle Thalbcsland ist folgender: Die Kuh ist vom Rittergut Obernitzschta an den hiesigen Viehhändler als krank verkauft worven, der dortige Thierarzt hat dieselbe bereits mehrere Tage in Behandlung gehabt, Wie der dortige Gulspachtcr Möller auch dem Viehhändler brieflich mitgelheilt, eine Unkenntniß liegt also nicht vor, der Viehhändler Schubert hat die Kuh geschlachtet und alsdann an den Fleischer Richler weiter verlaust, dieser wiedcrm hat an den Fleischer Günzel einen Theil davon ver kauft, andere Fleischer kommen dicsenErörlcrungen noch nicht inBelrachl; auch der Fleischer Günzel Hal, als er erfahren, daß nach dem Genuß von Rindfleisch, welches bei dem Fleischer Richler gekauft worden, mehrere Personen erkrankt sind, den Verkauf sofort eingestellt, er er scheint demnach als der am wenigsten Schuldige. Der Fleischer Richler hat sich nicht damit begnügt, Wurzen einer so großen Gefahr auS- zusetzen, sondern er hat auch von diesem Fleische nach dem benachbarten Dorse Noitzsch verkauft und zwar dort hin das Pfund zu 40 Pf., während er sich in Wurzen dasselbe mit 6ö Pf. hat bezahlen lassen. Es ist nur besonders zufälligen Umständen znzuschreibcn, daß die Roitzscher Käufer von schwerer Krankheit verschont geblieben sind. Dies der bis jetzt ermittelte Thatbcstand. Die Krankheilserscheinungen treten am heftigsten dort auf, wo das Fleisch in rohem Zustande ge noffen worden. Die Entrüstung wächst in der Stadt von Stunde zu Stunde, da immer neue Nachrichten von Erkrankungs- und Todes fällen, die Gott sei Dank nicht allemal auf Wahrheit beruhen, von Munde zu Munde gehen. Strengste Bestrafung dem Schuldigen allein kann hier die Aufregung, welche im Publikum herrscht, beschwichtigen. Ein hübsches Vorkommniß wird vom „Bündener Tageblatt" mit- getheilt. Jüngst fuhr im Engadin ein Bauer mit seinem Wagen Holz und verlor an dem einen Rade unbemerkt den Vorstecknagcl, wodurch das Rad von der Achse sich loslöste und der Wagen umfiel. Der Bauer war mit seinem Geschirr allein und konnte sich unmöglich selbst helfen. In dieser schlimmen Lage nahte endlich Hülse durch zwei des Weges daher kommende Equipagen, in denen sich eine sehr feine Reisegesellschaft befand. Dieselbelegte nun Hand an, um das Gefährt wieder in die Höhe zu heben. Nach längerer Arbeit wurde endlich der gewünschte Zweck erreicht und ein Herr von der Reisegesellschaft hatte inzwischen auch den Vorstecknagel wieder gefunden. Das Grau- bündener Bäuerlein bedankte sich tausend Mal für den ihm geleisteten Dienst und wollte wieder von dannen fahren; der Herr aber, der bei dem ganzen Nettungswcrk die Seele gewesen und auch den Vorstcck- nagel wieder herbeigeschaft hatte, lud es ein, nach dem gehabten Schreck an einem kleinen Mahle theilzunehmen, das im Freien veranstaltet und dessen Bestandtheile aus einem der Wagen herbcigeholt wurden. Bei diesem Mahle ging es recht lustig und heiter zu, namentlich aber erreichte die humoristische Stimmung ihren Höhepunkt, als der Bauer erfuhr, daß sein Retter in der Noth der König von Sachsen, welcher in Nagaz zur Kur sich aufhielt, gewesen sei, und über diese Aufklärung aus einer komischen Verlegenheit in die andere gerielh. Später soll er nicht müde geworden sein, in seiner Heimalh zu er- zählen, daß ein König ihm seinen Vorstecknagel gesucht habe. Vermischtes. Pariser Mode. Aus Paris schreibt der Feuilletonist der „Schles. Ztg.": Auf dem Gebiete der Mode ist eine Neuerung zu verzeichnen, welche allgemeinen Beifall verdient. Die Schleppen, die langen Kleider sind für die auf der Höhe der Entwickelung Stehenden ein über wundener Standpunkt. Die Modedamen tragen jetzt Kleider, welche die Füße fehc» lassen. Sic haben endlich die Unmöglichkeit einge sehen, mit schleppenden, überbanschigen Gewändern sich zu bewegen. Vom Staube ganz abgesehen, sind die langen Kleider selbst in der Wohnung, bei Fahrten im Wagen, auf Bahn und Schiff äußerst un bequem, so das schließlich das Nützliche über das Schöne oder ver meintliche Schöne obsiegen mußte. Gewitter sturm. In der Nacht vom 2. zum 3. Juli wurde die Krim von einem furchtbaren Gewittersturm hcimgesucht. Dabei sind mehr als 100,000 Schafe durch Nässe und Kälte zu Grunde gegangen, meist spanische Thiere. Auch erfror in derselben Nacht ein zwölf jähriger tatarischer Hirtenknabe im Kreise Eupatoria auf freier Steppe. Mehrere Landwirthe hatten außer dem Verluste ihrer Heerden noch den, daß die geängstigten Thiere in der Windcsrichlung über blühende Getreidefelder rannten und die gehoffte Ernte zusammenlraten. Ein gräßliches Trauerspiel ereignete sich am 30. Juni, wie dem „Puilgolo" in Neapel gemeldet wird, zu Aquino in der Provinz Caserta. Line Familie von Landlcutcn, bestehend aus dem Vater, der Mutter und zwei Söhnen, von denen der eine ein Wittwer, der andere verheirathet und Vater eines 7jährigcn Mädchens, theilten sich in die Bohnenerndle und geriethen in Streit miteinander, weil der Wittwer auch für seine verstorbene Frau einen Antheil begehrte. Da aber sein Begehren von der Familie nicht angenommen wurde, lief er wüthend nach Hause, ergriff eine Flinte und schoß aus seine Mutter, die augenblicklich todt blieb, Während Zwei Schliffe aus derselben Waffe das 7jährige Mädchen tödlich trafen. Dann begab er sich mit Pistole und Dolch bewaffnet aufs Feld und schoß auf seinen Vater. Da er aber bemerkte, daß dieser noch lebe, ermordete er ihn mit mehreren Dolchstichen. In diesem Augenblicke erschien der ver- hciralhete Bruder. Kaum hatte ihn der Mörder erblickt, so stürzte er auf ihn zu und stieß ihm den Dolch mit solcher Gewalt in die Seite, daß die Waffe darin stecken blieb. Der Unglückliche starb in der Nacht darauf. Preisermäßigung Äirchennachrichtcn aus Wilsdruff. Am 8. TrinitatiS-Sonutag Vormittags predigt Herr ?. vr. Wahl. Nachmittags Betstunde. s Für Leidende! 0nig!NAl-kMM38l)llM6N, deren Güte durch den enormen Absatz und durch die hohen auf allen Aus stellungen erhaltenen Auszeichnungen seit einer Reihe von Jahren glänzend bewährt ist, sind nicht nur die besten, sondern jetzt auch die billigsten Nähmaschinen, welche sich im Handel befinden, und werden zu folgenden Preifen verkauft: dl. 88. dl. !>«, dl. II». Auf der Weltausstellung zu Philadelphia wurden die echten Singer - Nähmaschinen mit den prämiirt, welche überhaupt zur Vertheilung gelangten. und Lsslle OLvarrbis! 2alr1uwK mowadlivli um» 6 6. Usstüingsi', Dresäöil, Kvnigl. Sächs. Hoflieferant. M2. Warnung vor Täuschung! Die echten Singcrnähmaschiuen sind nur durch mich oder durch von mir angestellte Agenten zu beziehen; alle sonst mit dem Namen Singer oder gar verbesserte Singer bezeichnete und ange priesene Nähmaschinen sind nur nach gemachte. Damit jeder Kranke, bevor er ein« Kur unter nimmt, oder die Hoffnung auf Genesung schwin den läßt, sich ohne Kosten von den durch vr. Airy'S Heilmethode erzieitenSderraschtndtnHkilungtU überzeugen kann, sendet Richter'» Verlags-Anstalt in Leipzig auf Franco-Verlangen gern Jedem einen „Attest-AuSzug" (iso. Auflage) gratis und franco. — Versäume Niemand, sich diesen mit Vielen Krankenberichten versehenen „Auszug" ksmmen zu lasten.