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Wochenblatt für für die Königl. Amtshauptmannschast zu Meißen, das König!. Amtsgericht nnd den Stadtrath zu Wilsdruff. Vierzigster Jahrgang. Nr. 29. Dienstag, den 6. April 1881) Erscheint Wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag) AvonnementSpreiS vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Ps. Jnseratenannahme Montags u. Donnerstag- bis Mittag 12 Uhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag) Abonnementspreis vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. für Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden In hier anhängigen Privatklagsachen des Riemer und Hausbesitzers Ferdinand Louis Döring in Wilsdruff wider den Redacteur Heinrich Adolf Berger daselbst, ist der Privatangeklagte p. Berger wegen öffentlicher Beleidigung des Privatklägers — verübt durch das in Nr. 97 des Wochenblatts für Wilsdruff PP. vom Jahre 1879 auf der letzten Seite ersichtliche, mit den Worten: „Es muh weit mit Wils druff gekommen sein pp." beginnende und mit: „Ein geheimer Anhänger Dörings" unterschriebene Inserat — auf Grund der W 185, 200 des R.-Strafgesetzbuches und tz 20 des Preßgesetzes zu einer Geldstrafe von Fünf und Zwanzig Mark —- und Tragung der Kosten deS Verfahrens rechtskräftig verurtheilt worden. Solches wird hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht. König!. Amtsgericht Wilsdruff, »i. «pn, i«so. vr. Gangloff. Tagesgeschichte. Am 6. April beginnt in der Reichshauptstadt wiederum die Thä- ügkeit des Reichstags, dem die Lösung hochwichtiger Fragen noch ob liegt. Sofort in den ersten Sitzungen wird sich unser Parlament mit den neuen Militärvorlagen und bald darauf mit den kaum weniger wichtigen Finanz- und Steuerfragen zu beschäftigen haben. — In Re gierungskreisen giebt man sich, wie der Correspondent der „Magd. Ztg." wissen will, keineswegs Jllussionen bezüglich der Annahme der Ltenervorlagcn durch den Reichstag hin, ja, es gewinnt fast den Anschein, als ob man sich mit einiger Resignation auf die Zurück weisung der jetzigen Steuerprojekte gefaßt macht, um dadurch neue Handhaben für das Tabaksmonopol zu erlangen. Es scheint in der Absicht zu liegen, dem Reichstage bei Gelegenheit der Steuer debatten daraus kein Hehl zu machen. Selbstverständlich würde eine Resultatlosigkeit der jetzigen Steuervorlagen erheblich dazu beitragen, die Session abzukürzen. Die Neichsregierung hat bezüglich ihrer Pläne ^mit dem Tabaksmouopol eine Hauptstütze in der württembergischen Regierung. In gleichem Maße, wie die Regierung auf die Zustim mung der Einzclstaaten zu dem Tabaksmonopol rechnen kann, wachsen die Aussichten, die Idee des Tabaksmvnopols schon in einer Herbst- scjsion des Reichstages zum Austrag (?) zu bringen. Das drohende Tabaksmonopol hat den Verein deutscher Tabak- sabrikanten und Händler veranlaßt, zu einer Besprechung über die Si tuation, in welcher sich gegenwärtig die deutsche Tabakmdustrie be findet und über die Mittel, welche zur Abwendung etwa drohender Gefahren zu ergreifen sind, die Vorstands-Mitglieder auf Montag, den k2. d. M., zu einer Sitzung nach Braunschweig zu berufen. Es werden den Mitgliedern des Vorstandes in diesen Tagen die Ein ladungen zu dieser Sitzung zugehen und steht zu erwarten, daß kein Mitglied bei der Berathung fehlen wird. — Im Uebrigen sollte der Reichstag selbst doch endlich der Rolle müde sein, stets im Dunkeln zu tappen. Eine Interpellation, wie es denn eigentlich mit den Mo- uopotpläuen steht, würde sofort Klarheit in die Sache bringen, da nicht anzunehmen ist, die Neichsregierung werde einer direkten Anfrage aus der Mitte des Hauses ausweichen und die bezügliche Erklärung verweigern. Andererseits aber würde eine solche Interpellation auch dazu beitragen, die Stellung der Parteien im Reichstage zu dieser präge klar zu stellen, was auch dem Herrn Reichskanzler nur genehm wiu kann, denn an eine Einbringung einer solchen Vorlage an den Reichstag ist so lange nicht zu denken, als derselben nicht von vorne herein die Majorität gesichert ist. Tie Nachrichten, welche das Befinden des Fürsten Bismarck in der letzten Zeit als besonders gut schilderten, erweisen sich, wie der »Magdeb. Ztg." geschrieben wird, leider als nicht ganz zutreffend. Ar Fürst ist seit den letzten Tagen durchaus nicht in erwünschtem Wohlsein. Er hat deshalb die Reise nach Friedrichsrnhe aufgeben Aussen und wird nunmehr bis zum Eintreffen des Fürsten Hohenlohe, ^slchcm in 14 Tagen bis längstens drei Wochen entgegen gesehen wird, jedenfalls in Berlin verbleiben. Die Jesuiten in Frankreich sind keine Lämmer. Wer Miseren ^den aufhebt, erklären sie in den Zeitungen, dem graben wir das Mab. Geht die Republik gegen uns vor, so werden wir und die Ävnche es sein, welche die Sterbelieder auf dem Grabe der Nepu- oln singen. Jetzt schon rufen 30 Millionen Franzosen: „Sire be iden Sie uns!" Ist denn dieser Sire, den die geistlichen Herren au- Nifeu, Pri^ Napoleon? (Es giebt in Frankreich 1480 Jesuiten, die uh so nennen, mit 46 Missionshäusern, Noviziaten und vielen Schulen.) . Die Unkosten bei den in den letzten Tagen stattgcsundenen Par- amentswahlen in England sind außerordentlich groß, wenngleich sie wmerhin noch in keinem Verhältniß stehen zu den enormen Summen, velche einzelne Wahlen in früheren Zeiten verschlangen. In den Lon- Bezirken allein werden sich die Wahlauslagen immerhin auf Psd. Sterl, für den einzelnen Kandidaten belaufen, denn b 1500 Pfd. Sterl, werden allein die mit den Wahlangelegen- . betrauten Beamten in Rechnung stellen. Dazu kommen dann Auslagen für Plakate, Porto, Boten und namentlich für Wagen- wir>>'^ .i^r Kandidat ein Paar hundert Wagen nöthig haben ein? die Wähler zu den Abstimmungslokalen zu befördern und läüi kaum unter 4 Pfd. Sterl, pro Tag zu haben sein wird, in N denken, daß er hierfür auch noch etwa 1000 Pfd. Sterling Hal?? b bringen muß. Die Kandidaten in der City von London " übrigens zur Ermäßigung der Kosten den weisen Beschluß ge faßt, die vielen dort zu Plakaten offen stehenden Bauzäune uud sonsti gen großen Flächen unbenutzt zu lassen. In den übrigen Theilen der Hauptstadt aber sind alle nur irgend für Geld und gute Worte feile« Stellen, die für Plakate geeignet sind, damit über und über bedeckt und sogar die Fronten ganzer Häuser damit von oben bis unten tapeziert. Die Gerüchte, welche von der Einführung einer Art „russischen Parlaments" zu erzählen wissen, wollen gar kein Ende nehmen. Jetzt kommt auch eine seit kurzer Zeit in Petersburg erscheinende deutsch-russische Correspondenz, welche von zuverlässiger Seite erfahren haben will, daß der Präsident des russischen Ministercomitees, Graf Walujew, am 28. März dem Kaiser das Project der „Nathgebenden Versammlung" — Sowieschtzatelnoje Sobranje — vorgelegt habe. Die Abgeordneten von Seiten des Zemstwo, der Städte, des Adels und der Geistlichkeit in Petersburg hätten unter dem Vorsitze des Prä sidenten des Ministercomitees zu tagen und über Angelegenheiten zu berathen, die jene vier Ressorts betreffen, sö daß in den Staatsrath und das Ministerkomitee alle Reichsangelegenheiten mit dem Beschlusse der „Ralhgebenden Versammlung" gebracht würden. Die Zahl der Abgeordneten würde je vier aus jedem Gouvernement fein. Alle An gelegenheiten aus den Ministerien und den Komitees würden der „Ratgebenden Versammlung" vorgelegt. Sibirien, der Kaukasus, Polen und Finnland sollten auch ihrerseits Abgeordnete senden. Das Mani fest soll am 17. April oder am 25. August publizirt werden. Das wäre, wenn auch uicht viel, so doch schon immerhin etwas. Jndeß die Botschaft hören wir wohl, allein uns fehlt der Glaube. Mons, 1. April. In einer Kohlengrube in Anderlues fand in der vergangenen Nacht eine Entzündung schlagender Wetter statt. Die Zahl der dadurch Verunglückten ist noch nicht bekannt. Beschäftigt waren in der Grube 150 Mann. Bis jetzt sind 30 Leichen zu Tage gefördert. Vaterländisches. — Dem der „Sächs. Schulzeitung" entnommenen Aussätze „Winke für die Eltern der Neu - Confirmirten" in Nr. 24 d. B. lassen wir heute „Bruchstücke aus einer neulich gehaltenen Rede des Directors der Gewerbeschule in Dresden" folgen, welche die jetzt sehr häufig vor- kommcnden Fehler in'der Erziehung des künftigen Geschlechts be rühren. — „Alle Eltern möchten ihre Kinder glücklich sehen, fangen es aber oft verkehrt an und meist sind es die Ellern, welche sich durch eignen Fleiß, Thatkraft, wenn auch unter Sorgen, aus ärmlichen Ver hältnissen zu einem gewissen Wohlstände empor gearbeitet haben. Da will die Mutter nicht, daß ihre Tochter sich ebenso Plage, wie sie selbst es hat thun müssen. Die Mutter steht als Erste im Hause auf, weckt das Gesinde, besorgt die Morgenarbeit und ruft die herangewachsene Tochter erst dann, wenn das Frühstück auf dem Tijche steht. Sie greift selbst die gröbsten Arbeiten im Hanse und Garten an, kocht, bratet, fegt die Stuben, besorgt die Wäsche, gräbt, jätet, hackt das Kaffeeholz, damit das Töchterchen ja nicht rauhe Hände bekomme, sie minder fein erscheinen ließe. Durch falsche Mutterliebe lernt die Tochter alles das nicht, was sie einst als Hausfrau, Gehilfin des Mannes, als Herrin vom Hause kennen und verstehen sollte, und zu spät sieht sie ein: Meine Mutter hat mich wohl glücklich mache«, sie hat es aber falsch angefangen, mich nicht zu dem angehalten und ge lehrt, was ich jetzt brauche. Eine Mutter jedoch, welche von Allem oben gesagten das Gegentheil thut, erhält später von der Tochter ge wiß den Nachruf: Ich danke es meiner Mutter noch im Grabe, daß sie mich zum Fleiß und zur Arbeit an gehalten hat! — Ebenso ist es mit den erwachsenen Söhnen; der Vater kennt die Mühen und An strengungen seines Berufes. Er möchte den Sohn davor bewahren und bemüht sich, es dahin zu bringen, daß derselbe ruhiger und sicherer sein Brod verdiene und womöglich eine Stellung einnehme, die über seiner eigenen ist. Der Vater hat 3 Jahre als Soldat gedient, sein Sohn soll sich die Berechtigung zum Einjährigendienste auf einer höheren Schule erwerben. Gut, wenn der Sohn die Befähigung hat, die Berechtigung zu erlangen, in vielen Fällen reicht aber die eigene Kraft des jungen Mannes nicht aus und er muß endlich von der Schule abgehen, ohne das Ziel erreicht zu haben. Dabei ist die Zett vergangen, in welcher andere junge Leute ein Handwerk, eine Kunst, den Handel, die Landwirthschaft, überhaupt das lernen, womit sie sich ihr Brod verdienen können. Und wie dann, wenn er die gesuchte Be rechtigung erhielt? Dann tritt er aus der höheren Schule aus, sein Wissen und Können hat noch keinen Abschluß. Er dient ein Jahr — was nun? Soll jetzt der junge Mann anfangen, zu lernen, nun erst