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sieht gleichgiltig die Kameraden niederstürzen, rechts und links, sieht Sterbende und Todte mit stumpfsinnigem Blick — aber später kommt's! da drängt sich das grausige Bild iu's Gedächtniß zurück, man kann ihm nicht entfliehen und hat weder bei Nacht noch am Tage Ruhe, dis die Zeit es langsam verwischt. Wohl uns, daß dieser Krieg ein gerechter ist, eine Nothwehr gegen den fremden Feind, der uns heut wie damals bedroht." „Sie gehen wohl unter dem rothen Kreuze mit?" fragte Pauline den Arzt schüchtern. Berthold bejahte. „Ich habe mir selbst schon oft gewünscht, ein Gleiches zu thun und meine schwachen Kräfte den Verwundeten widmen zu können — jetzt freilich habe ich zu Haufe meinen Kranken zu pflegen!" Sie sprach die letzten Worte mit bezaubernder Liebenswürdigkeit, indem sie die Hand ihres Onkels ergriff. „Glauben Sie mir," versetzte der Arzt, „der Krankendienst im Felde ist eine schwere und fürchterliche Aufgabe." „Halten Sie mich einer folchcn Aufgaöe nicht gewachsen?" frug das Mädchen halb beschämt halb stolz. „Warum nicht!" lächelte der Arzt, „ich traue Ihnen Muth und Kraft zu, allein . . ." „Allein, Du wirst Deinen Onkel nicht verlassen," fiel der Lieut- nant mit einem Tone ein, der deutlich bewies, wie peinlich ihm auch nur das Gcspräch über eine Trennung Paulinens von seinem Hause sei. „So sei doch nur nicht böse, Onkelchen!" begütigte das Mädchen, „ich bleibe ja gewiß bei Dir ... cs war nur vielleicht eine thörichte Neugierde, die den Wunsch in mir erregte, als Samariterin ins Feld zu ziehen, wenn ich von den blutigen Kümpfen las, ich habe so gar keine Vorstellung, wie es davei zugeht . . ." „Nun, so gestatten Sie mirj darüber einmal an Ihren Herrn Onkel aus direkter Anschauung zu schreiben," entgegnete Berthold, „ich denke, es wird sich dazu schon ein freier Augenblick finden." „Ihre Hand darauf, Herr Doktor!" rief der Alte lebhaft. „Ihr Anerbieten freut und ehrt mich. Da habe ich denn doch einen Men schen im Felde, dem ich speciell meine Theilmahme widmen kann." Der Arzt reichte ihm die Rechte; der Lieutnant schüttelte sie kräftig. „Wann reisen Sie?" nahm Pauline wieder das Wort. „Noch heute Abend." „So möge Gott mit Ihnen sein!" Doktor Berthold reiste in der That noch am nämlichen Abend nach dem Kriegsschauplatz. Sein Ziel mar zunächst Weißenburg. Nicht so schnell als sein Wunsch trug ihn das Dampfroß; allerorten waren durch den kolossalen Nachschub von Truppen die Bahnen belegt, jeder regelmäßige Verkehr brach gelegt. Am zweiten Tage endlich befand sich der Ärzt an Ort und Stelle. Er kam sehr gelegen und wurde sogleich in ein Lazareth, das man in einem Schxlhause von Weißenburg eingerichtet, zum Dienste ein gestellt. Hier hatte er den vollen Jammer des Krieges vor Augen, ja so zu sagen unter den Händen. Berthold war Nicht allein em tüchtiger Arzt, sonder anch ein wahrhaft guter Mensch, dem das echte Gefühl m seinem Berufe noch nicht abhanden gekommen war, und den auch deßhalb das grauenhafte Bild des blutigen Elends nicht abzu- stumpsen Vermochte. Freund und Feind behandelte er mit gleicher Sorgfalt, mit gleichem Erbarmen und der rücksichtsvollen Milde, die oft mehr thut, als Messer und Säge. ES Waren neue Transporte Verwundeter angekommen, die Laza- rethe überfüllt, die Aerzte Tag und Nacht in der angestrengtesten Thätigkeit; das Samariterwerk im Felde ist ein Heldeulyum Nl'lt den Waffen der Liebe, — des Erbarmens. Der erste Tag entrann dem Arzte wie im Traum; die Arbeit hatte sich so sehr gehäuft, daß er erst spät nach Mit.erwacht daran denken konnte, sich zur Ruhe niederzulcgen. Wenige Stunden Schlafes erquickten und stärkten ihn zu dem neuen Tagewerk. Am folgenden Morgen, als er Musterung hielt über all' seine Kranken, stellte sich ihm ein Offizier von einem preußischen Schützeubatallion vor, nannte seinen Namen Marek, und fragte nach einem Jäger Brandt, der in dem Lazareth unlergebracht sein füllte. Der Gesuchte war denn auch bald gefunden; aber er schien noch in tiefem Schlaf oder einer Art von Betäubung zu liegen. Der Offizier wandte sich leise mit den Worum an den Arzt: „Wird er ZU retten sein?" Brandt gehörte zu den Verwundeten, die im Lause des vorher- gegangcnen Tages eingebracht und von Berthold frisch verbunden waren; Letzterer kannte daher den Zustand des Schützen genau. Er crwiederte: „Die Wunde ist zwar bedenklich, doch hoffe ich, nicht tödtlich." „Das läßt sich immerhin hören," gab der Offizier zurück, es wäre schade für den Burschen, denn er hat sich wie ein Löwe geschlagen und mir selbst war der Bajonnetstich zugedacht, der ihm die Schulter durchbohrte, — ich werde es ihm nie vergassen! Ich bin zur Bedeckung der Etappenstraße hier in der Nähe zurückgeblieben und werde heute von nachrückenden Truppen abgelöst, muß mich daher beeilen, zu der Armee des Kronprinzen zu stoßen, die unaufhaltsam iu's Innere von Frankreich vordringt. Zuvor aber wollte ich noch meinem wackeren Brandt, den ich seit dem Tage von Wörth nicht mehr gesehen, Lebe wohl sagen." In diesem Augenblicke öffnete der Verwundete feine Augen; ein mattes Lächeln flog über die wettergebräunten Züge, als er den Ofsi- M an der Seite des Arztes neben dem Bette stehen sah. „Sie sind unverletzt?" fragte er mit matter Stimme. „Ja, Dank Ihrer Tapferkeit!" versetzte der Offizier. „Sie haben üch brav gehalten nnd der Lohn dafür vom Commando wird nicht ausblciben. Aber ich wollte Ihnen noch perfönlich die Hand drücken, daß Sie mich so wacker von den afrikanischen Bestien, die mich bereits gefangen genommen hatten, befreiten." „That nur meine Schuldigkeit!" versetzte der Schütze. „Sie sind Freiwilliger," fuhr der Offizier fort; „haben Sie noch ^wrn, Familie, kann ich etwas für Sie thun? — Reden Sie frei und unumwunden zu mir!" „Ich danke für Alles," war des Verwundeten Antwort, „ich habe w^Eltern noch Geschwister." (Fortsetzung folgt.) * Vermischtes. Schwärmerei. Zu der Zeit, als die Gefühls-Uebersparmung Roman „Siegwart" die Jugendwelt durchströmte, sagte 'ein er Köster von einem Liebesschwärmer: „Er ist so verliebt, daß kein küßt, auf welcher der Ochs weidete, aus dessen Leder im Mädchen Schuhsohlen hat." * Saatkartofseln. Die Frage, ob große, mittlere oder kleine Kartoffeln zum Auspflanzen die Vortheilhaftesten sind, ist durch wieder holte Versuche zu Gunsten der mittleren entschieden worden. Bei einem solchen Versuche hatte man von einer und derselben Kartoffelsorte große, mittlere und kleinere Knollen je 193 Stück quadratisch in Entfernungen von 1 Vr Fuß in gleichem Boden zu gleicher Zeit ausgelegt und auch zu gleicher Zeit bearbeitet uud geerntet. Die großen wogen 58 Pfund und ergaben 319 Pfund, die mittleren wogen 28 Pfund uud ergaben 279 Pfund, die kleinen 12 Pfund und ergaben 210 Pfund. Darnach empfiehlt sich entschieden das Aussetzen gut ausgewachsener Knollen von mittlerer Größe. * Ein Amerikaner, noch dazu ein Statistiker, die's mit Zahlen ge-, nau nehmen, versichert, mit der Schminke, welche die amerikanischen Frauen jährlich verbrauchten, könne man 37,000 Hauser anstreichen. * Auf einem Laudgute bei Düsseldorf verschwand aus der Schlaf stube der Hausfrau ein Dianiantring und eine goldene Vorstecknadel. Der Verdacht fiel auf das Dienstmädchen, das zwar läugnete, aber entlassen wurde. Neulich wurde eine alte Pappel gefällt und in dem Elsternest darauf fand man Ring und Nadel. Vor Schöffen und Geschworene laden konnte man die Diebe freilich nicht. * Eine kostbare Frau. Mrs. Astor von New-Jork hat jüngst mit ihren Juwelen große Sensation 'gemacht. Bei einem Diner im „Großen Hause" und darauf bei einem Empfang des mexikanischen Gesandten trug sie Diamanten, welche auf 800,000 Dollars geschätzt wurden. Während des Empfangs wurde die Daine von zwei Geheim polizisten überwacht, während ein Polizist bei Tag und Nacht vor der Thüre ihres Zimmers im Hotel Wache hält. * Folgendesinnig-schmeichelhafte „Parabel für Damen bringt die D. Rom.-Z. in ihrer neuesten Nr. „Im Auftrage des Herrn stieg eine gute Fee zur Erde nieder mit einem Füllhorn von Gaben, die sie unter die Frauen vertheileu sollte. „Gebt mir", rief die Spanierin, „schwarze Haare, so dicht, daß ich mich ihrer wie eines Mantels bedienen kann!" — „Gebt mir Augen," rief die Italienerin, „aus denen Blitze fahren wie Flammen aus dem Vesuv um Mitter nacht!" — „Mache mich rund wie den Vollmond", rief die Türkin, „und schwellend wie Eiderdaunen!" — „Mir die bewegliche Grazie!" rief die Engländerin. „Die königliche Haltung mir!" rief die Russin, Ein Weib aber blieb schüchtern im Hintergründe; kein Mensch hatte sie noch beachtet. „Ich habe meine letzte Gabe übrig: ein Herz voll treuer vpferfähigcr Liebe. Wer will es haben?" — Man verzog die Lippen spöttisch im Chor. „Da hinten steht eine," riefen alle, „die noch gar nichts bekommen hat. Latz sie den Rest haben." — „Der Rest ist mein bestes," sagte die Fee, „und weil sie um nichts gebeten, so soll sie von allem haben, und den Rest obendrein. Komm näher deutsche Frau!" Allen Freunden einer geistig anregenden uud zugleich unterhaltenden Lektüre kann mit vollem Recht das Klitscht AMüP-Att Obet-lleckaeteur: Verleger: NrrrFiri empfohlen werden. Diese dmch und durch originelle literarisch-politische Wochen schrift, welche die hervorragendsten deutschen Schriftsteller zu ihren Mitarbeitern zählt, enthält eine Fülle geistvoll geschriebener Artikel, die ein treues Spiegelbild der politischen literarischen und künstlerischen Strebungen unserer Tage darstellen. Jede neu auftauchende Frage, jede neue Erscheinung in Wissenschaft, Politik, Kunst und Leben findet im „Deutsche!! Montags-Blatt" unparteiische und er schöpfende Behandlung, während die gesellschaftlichen Zustände der Gegenwart in elegantester Form interessante Beleuchtung erfahren. Diese litararisch-politfichc Zeitschrift ersten Ranges, welche am zeitungslosen Tage, dem Montag, erscheint, verbindet die Vorzüge eines gehaltreichen Wochen blattes mit denen einer wohlinformirten, reich mit Nachrichten aus erster Quelle ausgestatteten Zeitung, und so wird das „D. M.-Bl." in seiner Dop pelnatur dem Wahlspruch, den es sich gewählt, vollauf gerecht, stets „Von dem Neuen das Neueste, Vsn dem Guten des Beste" zu bringen. Das „Deutsche Montags-Blatt" wird in der Mülle und Ge diegenheit seines Inhalts auch fernerhin den sensationellen Erfolg zu recht fertigen wissen, der cs so schnell bat zum Liebltngsorgan der geisten Aristo kratie unserer Tage heranwachsen liest. Alle Reichs-Postanstalten und Buchhandlungen nehmen Abonnements zum Preise von 2 Mark ZU Pf. Pro Quartal entgegen. Zur Begegnung von Ver wechselungen verweise man bei Postbestellungen auf Rr. 1197 der Post-Zeitungs- Preisliste pro 1880. Der Brust-Syruy Les Herrn G Ast W. Mayer in Breslau ist bei Katarrhen der Athmungsorgane (des Kehlkppfes, der Luftröhre und ihrer Aeste) und dem oft damit verbundenen Neiz- uud Kitzelhusten in diesen Theilen ein gutes Linderungsmittel, was selbst auch bei veraltete», hartnäckigen Katarrhen noch gute Dienste leistet. Aber auch Personen wie Steinmetzen, Bildhauer, Bäcker, Müller, Stubenmaler, Maurer und dergl. mehr, deren Geschäfte es mit sich bringen, daß sie viele fremdartige, die Respirationsorgane nachtheilig berührende Stoffe, wie feiner Staub rc. einathmen müssen, wodurch über kurz oder lang in den genannten Organen krankhafte Erscheiuungtn entstehen können, auch solche werden den Mayer'schen Brust Syrup, rechtzeitig angewendet, bei Beobachtung des nöthigen Regimes mit Nutzen gebrauchen. Rock. vr. derstäeker, Oschatz. Prakt. Arzt und Ger.-Wundarzt. 50 Ctr. Blscuit-Speisckartoffeln sowie 25 Ctr. Nosenkartostelu zu Samen liegen zum Verkauf beim Gutsbesitzer HiimmiK in 8vdmi6üeirkl<l6. 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