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Wochenblatt für für die König!. Amtshauptmllnnslhnft zu Meißen, das König!. Amtsgericht und den Stadtrath zu Wilsdruff. Vierzigster Jahrgang. Nr. 21. Dienstag, den 9. März Erscheint wöchentlich 2 Mal Dienstag und Freitag Abonncmentspreis vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. Znseratenannahme Montags u. Donnerstags bis Mittag 12 Uhr. Erscheint wöchentlich 2 Mal (Dienstag und Freitag Abonncmentspreis vierteljährlich 1 Mark. Eine einzelne Nummer kostet 10 Pf. »Mr? Nossen, Siebenlehn und die Umgegenden. Bekanntmachung. Nach Beschluß des Königlichen Ministeriums des Innern wird mit Rücksicht auf den dermaligen Bermögensstand der Abtheilung für die Gebäudeversicherung bei der Landesbrandversicherungsanstalt der auf das 1. Halbjahr 1880 entfallende, zum 1. Ykpril -iefeS Jahres zahlbare halbe Jahresbeitrag von der Gebäudeversicherung zu einem Dritttheile erlassen und kommt daher nur nach Höhe von einem Pfennig von jeder Einheit zur Erhebung. Dagegen bewendet es bezüglich der Abentrichtung der halbjährlichen Beiträge für die Versicherung industrieller und landwirthschaftlicher Betriebsgegenstände, sowie wegen der Nachzahlung der auf frühere Termine sich berechnenden Stückbeiträge auch rücksichtlich der Gebäudever sicherung bei den bestehenden gesetzlichen Bestimmungen. Es wird solches zur Nachricht für Alle, die es angeht, hiermit zur öffentlichen Kenntniß gebracht. Dresden, den 1. März 1880. Königliche Arandverstcherungs-Kommission. Kehr. von Deuber«. Heckel. Bekanntmachung. In ZH 89 ff. der 4. Auflage des Leitfadens für die Gemeindevorstände sind die über die Legitimationsschcinpflicht zum Gewerbebetriebe im Umherziehen und das hierbei zu beobachtende Verfahren bestehenden gesetzlichen Vorschriften ausführlich erläutert. Wenn jedoch der unterzeichneten König!. Amtshauptmannschaft neuerdings mehrere Fälle bekannt geworden sind, wonach namentlich über die legitimationSscheinhstichtigen Arten des Gewerbebetriebes im Umherziehen und über die Zuständigkeit der Gemeindevorstände zu Ausstellung von Legitimationsscheinen bei einzelnen Gemeindevorständen hiesigen Bezirks noch Zweifel bestehen, so läßt dies darauf schließen, daß sich die obengedachte 4. Auflage des Leitfadens entweder nicht im Besitze der betreffenden Gemeindevorstände befindet oder vor Ausstellung von Legitimationsscheinen nicht nachgeschlagen wird. Die Königl. Amtshauptmannschaft findet sich daher veranlaßt, den Herren Gemeindevorständen hiesigen Bezirks unter Bezugnahme auf die Bekanntmachung vom 24. Oktober 1879 die Anschaffung.der mehr gedachten neuen Auflage des Leitfadens — insoweit sie nicht bereits er folgt — und die Orientirung in derselben hiermit dringend anzuempfehlen. Meißen, am 1. März 1880. Königliche Amtshauptmannschaft. v. Bosse. Von dem unterzeichneten Königl. Amtsgericht soll den 12. Juni 188« das dem Hausbesitzer Zodauu ^ruuxott Iviebort hier zugehörige Hausgrundstück Nr. 252 des Katasters und Nr. 311 des Grund- und Hy pothekenbuches sür Wilsdruff, welches Grundstück am 13. December 1879 ohne Berücksichtigung der Oblasten auf ST5« Mark gewürdcrt worden ist, nothwendigerweise versteigert werden, was unter Bezugnahme auf den an hiesiger Gerichtsstelle aushängenden Anschlag hierdurch bekannt gemacht wird. Wilsdruff, am 2. März 1880. Königliches Amtsgericht. vr. Gangloss.Friedrich. Tagesgeschichte. Die jüngsten Verhandlungen im Reichstage haben schwerlich das Ausland in Aufregung versetzt, obwohl sie der Verstärkung des deutschen Heeres gegolten haben. Die Hauptredner, Moltke, Richter und Benmgsen, jo wenig sie in inneren politischen Fragen überein stimmen, haben alle dem einen Gedanken Ausdruck gegeben, daß das deutsche Reich den Frieden wolle und daß seine Rüstungen keinem an dern Zweck gelten können als der Verth ei digung. Der alte Moltke verschmähte es trotz seiner hochconservativen Anschauungen nicht, ein altes, fast vergessenes Wort aus dem Jahre 1848 aufzufrischen, indem er fragte: „Hat der deutsche Michel jemals das Schwert gezogen, als nur um sich seiner Haut zu wehren?"—In dieser einfachen Frage liegt ein so sprechender Hinweis auf die deutsche Friedensliebe, daß sie die friedlichsten Versicherungen aufwiegt. Die ganze deutsche Geschichte üürd vor unseren Augen lebendig und legt Zeugniß ab für die Wahr heit des Satzes, daß die Deutschen ein nie angreifendes, ein nie er oberndes Volk gewesen. In der „Köln. Ztg." lesen wir: Wie man uns mittheilt, hat Papst Leo sich — wenn auch mit schwerem Herzen — dem Stand punkt des preußischen Staats bequemt und wird die Geistlichkeit auf- sordern, die unter allen Umständen bestehen bleibenden grundlegenden kirchenpolitischen Gesetze (Maigesetze) in Preußen zu befolgen und die Befugnisse des Staates, seine Rechtssphäre der Kirche gegenüber aus eigener Machtvollkommenheit zu bestimmen, stillschweigend aner kennen, oder doch über sich ergehen lassen. Der Staat wird lediglich solche Zusätze zu den bestehenden Gesetzesbestimmungen neu erlassen, Welche im Geiste derselben liegen, aber der nunmehr geänderten Haltung dss Päpstlichen Stuhles dem Staate gegenüber Rechnung tragen. Wann dles geschehen werde, läßt sich genau nicht vorherbestimmen. Im Va- man hosst man, daß der Ausgleich noch in diesem Sommer zustande- komme. — Inwieweit diese Mittheilungen begründet sind, wird sich ja vald Herausstellern. Im Schaltjahr 1880 am 29. Februar ward im Gotthard-Tun- nel die letzte Scheidewand durchbrochen, und die Männer, die 8 Jahre eng, ohne sich zZ kennen, einen Weg zu einander sich gebahnt hatten, Achten sich tief Mvcgt die Hand zur ersten Begrüßung Im Jahre . " trat die erste Idee einer Gotthardbahn durch das Riesenwerk Tunnels an Hie Oeffcntlichkeit und wurde der Gegenstand diplo- Unterhandlungen zwischen der Schweiz, Italien und Dcutsch- "o. Jahre 1872 wurde das Werk zur Concurrenz ausgeschrieben und dem Bauunternehmer Louis Favre von Genf übergeben, einem Manne, der durch unermüdliche Thatkraft von einem einfachen Zim mermann zu dem bedeutendsten Praktiker in seinem Fach sich aufge schwungen hatte. Die Ausführung des Werkes, das schon lange durch unermüdliche Thätigkeit erfindungsreicher Köpfe geplant war, gelang ihm, ein unsterblicher Ruhm ist seinem Namen geworden. Doch sollte er die Vollendung nicht erleben. Er starb am 9. Juli 1879 im Tunnel am Herzschlag. Der Tunnel ist 2 Meilen lang, 8 Meter weit und 6 Meter hoch. Nach hergestellter Eisenbahn in demselben wird mitten durch das Felsenherz Europa's ein ununterbrochener Schienenweg von der prächtig prangenden Seestadt Genua in Italien bis zu den Hanse städten in Deutschland führen und zwischen diesen Stapelplätzen dem Verkehr eine Zukunft von großartiger Bedeutung eröffnen. Die Attentate in Petersburg nehmen kein Ende, am Mittwoch ist wieder in Petersburg geschossen worden; der zweite März ist ruhig vorübergegangen, aber der dritte hat nachgeholt, was die Nihilisten am zweiten versäumt haben, wozu sie am Tage des Regierungsjubiläums keine Gelegenheiten fanden. Nicht der Kaiser, sondern Derjenige, auf den die volle Gewalt des Czarcn übcrgcgangen ist seit dem letzten Ukas, ist dieses Mal das Ziel eines Revolvers gewesen. Auf der Straße hat man auf den Grafen Loris-Melikoff Mittwoch Nachmittag in der vierten Stunde geschossen, als dieser vor seinem Hause aus dem Wagen stieg. Der Graf ist unversehrt, die Kugel durchstreifte nur den Paletot. Der Graf ergriff den Attentäter selbst, der noch einen Fluchtversuch machte, bei dem sich aber ein Junge ihm entgegenwarf, so daß er zu Boden stürzte, worauf die Verhaftung erfolgte. Der Großfürst-Thronfolger, die Großfürsten, der Fürst von Bulgarien, der Herzog von Edinburgh und zahlreiche Würdenträger haben dem Grafen Loris-Melikoff sofort ihren Besuch abgestattet. Das Attentat auf den Grafen Loris-Melikoff ist die erste Frucht des neuen Schreckenregi- mentcs. Wie mag der Czar von Neuem erzittern bei der Kunde, daß man auch auf seinen letzten Schutz, auf seinen letzten Hort, daß man auf den Sieger von Kars, den Diktator des Reiches geschossen hat. Solch eine Nachricht von einem neuen Attentat, die vor einiger Zeit noch Entsetzen und Schrecken bereitet hatte, wird heute als etwas Na türliches hingeuommen, denn mau erwartet nichts Anderes mehr aus Rußland, dem Lande, in dem man dem Schrecken nichts anderes ent- gegenznsetzeu weiß, als den Schrecken. Petersburg, 5. März. Der Schurke, der auf General Grafen Loris-Melikoff geschossen hat, wurde heute Vormittag 11 Uhr mittelst Stranges auf dem Semenoff'schen Platze hingerichtet. Eine unzähliche