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Leipziger Tageblatt und Handelszeitung : 02.12.1908
- Erscheinungsdatum
- 1908-12-02
- Sprache
- Deutsch
- Vorlage
- SLUB Dresden
- Digitalisat
- SLUB Dresden
- Rechtehinweis
- Public Domain Mark 1.0
- URN
- urn:nbn:de:bsz:14-db-id84535308X-190812024
- PURL
- http://digital.slub-dresden.de/id84535308X-19081202
- OAI
- oai:de:slub-dresden:db:id-84535308X-19081202
- Sammlungen
- Zeitungen
- Saxonica
- LDP: Zeitungen
- Strukturtyp
- Ausgabe
- Parlamentsperiode
- -
- Wahlperiode
- -
-
Zeitung
Leipziger Tageblatt und Handelszeitung
-
Jahr
1908
-
Monat
1908-12
- Tag 1908-12-02
-
Monat
1908-12
-
Jahr
1908
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böheren Verwaltungsbehörde und auch von dieser jür mehr als 40 Tage im Jahre nur dann erteilt werden, wenn die Arbeitszeit für den Be- .rieb oder die betreffende Abteilung des Betriebes so geregelt wird, das; ihre tägliche Dauer im Durchschnitt der Betricbstagc des Jahres die regelmäßige gesetzliche Arbeitszeit nicht überschreitet". Die Vorlage will im ersten Absatz hinter „überschreiten" einfiigen: „uno die zn ge währende ununterbrochene Rnhezeit nicht weniger als 10 Stunden be trägt". Vom 1. Januar 1S10 an darf in diesem Halle die tägliche Ar- beits-cit 1.' Stunden nicht überschreiten: ierner soll die Höchstzadl der zulässigen Ausnadmelage im Kalcrderjahr von 40 ans 60 erhöht werden, dementsprechend soll der zweite Absatz nunmehr lauten: „Jür eine zwei Wochen überschreitende Dauer kann die gleiche Erlaubnis nur von der böbereu Verwaltungsbehörde gewährt werden", Tie Kommission will eie Beschäftigung von Arbeiterinnen nur bis 0 Udr abends unter der Voranssetzüng gestatten, daß die tägliche Arbeitszeit l2 Stunden nicht nber'chreilet; sie bat ferner die Erhöhung der Höckstzabl auf 60 Tage abgclchnt und schlägt vor, es allgemein bei 40 Tagen bewenden zu lasten. In Ablay 5 des geltenden 8 138» ist bestimmt, das; Arbeite rinnen über 16 Jahre, die kein Hauswesen zu besorgen baden und die Forrdildungssckule nickt deincken, unter den Voraussetzungen des 8 105« Absatz l Ziff. 0 und 4 an Sonnabenden und Vorabenden von Festtagen über llkr hinaus bis 'pätestens 8',» Uhr beschäftigt werden dürfen. Tie Kommission will die Beschäftigung nach 5 Uhr, jedoch nicht über 8 Uhr hinaus, nnr unter der Voraussetzung gestatten, daß diese Arbei- icrinncn am folgenden Sonn- oder Festtage arbeitsfrei bleiben. Die Sozialdemokraten Albrecht u. Ölen, wollen in den Kommissionsvor- ickläaen statt „9 llbr abends" sagen „8 Uhr abends" und nur die llstiin- dige Arbeitszeit zulaffcn, ferner die Ausnahme in Absatz 5 ganz be seitigen: die Nationalliberalen «Stresemann u. Gen. wollen die Mc^i- malzahl von 60 Tagen nach der Vorlage wiederherstrllen. — Tie ^o- zialdemokrate'.t wollen di« Johl von 40 ans ;'>0 ermäßigen. Abg. Dr. Stresemann sNatl.«: Ter deftedende gesetzliche Arbeitstag wird namentlich ,n Süddeutschland aus privater Initiative vielfach herabgesetzt, sogar dis 8s4 stunden, aber anderseits haben wichtige Industriegebiete noch die llstündige Arbcits^it. Wenn wir jetzt ge setzlich die Arbeitszeit verkürzen, müssen deshalb die Unternehmer noch einen größeren Spielraum haben, und so müssen diese Bestimmungen als Ucbergangsbestimmllngen zugelassen werden. Ich bitte, in Neber- einstimmnng mit der Berner Konvention die Regierungsvorlage wie- derherznstellen. Abg. Hoch sSoz.) will die Uebergangszeit von 9 ans 8 Uhr abends berabsetzen. ..... Abg. Schack sWirttch. Vgg.s: «zür uns liegt keine Veranlagung vor, von dem Kommi''sionsbe'chluß abzuweichen; wir werden an vierzig Tagen sestbalten. " Abg. Strefemaun sNatl.j: Eventuell würden wir in der dritten Lcsuug beantragen, Uebcrstnnden bis zu 60 Tagen mindestens bis l9I2 zvzulaffen, und dann erst auf 40 znrnckzugeheu. Abg. Hoch iZoz.j: Das- die Unternehmer Ueberstunden machen lalsen, obne daß es der Betrieb erfordert, ist feststehende Tatsache. Solme aewistcnlose Unternehmer dürfen nicht noch begünstigt werden. Sämtliche Anträge werden abgelehnt, 8 138n wird unverändert nach den KommiTionsvorschläaen ange nommen. Tie Beratung »'endet sich jetzt zurück zu Artikel l der Vorlage: Ersitzung der Ueber-chrift des Abschnittes 4, Titel 7, „Berhältuifse der Fabrikarbeiter", durch „Besondere Bestimmungen für Betriebe, in denen in der Regel mindestens lO Arbeiter beschäftigt werden". Albrecht und Gen. sIoz.j beantragen, statt „in denen" zu sehen ,,'ür die", und statt „10" zu -etzen „5". Aba. Erzbergcr lZtr.j wendet sich gegen den Antrag der Sozialdemo kraten. - Rach weiteren Bemerkungen der Abgg. Henning sKons.j und Stadthagen sSoz.j wird die Kommissionssassung unter Ablehnung der Abänderungsanträge angenommen. Daraus wird Vertagung beschlossen. Nächste Sitzung Mittwoch 1 Uhr: Anträge aus Abänderungen der Vcr-affuua, bcir. die Miinsterverantwortlichkeit. Schluß 6 Uhr. Snchfischev Ccnrötag. Erste Kammer. 66. S i tz n n g. Dresden, 1. Dezember. Präsident Gras Vitzthum v. Eckstädt eröffnet die Sitzung um 11 Uhr 15 Min. Das Haus ist gut besetzt, auch Prinz Johann Georg nimmt au der Sitzung teil. Am RegierungStische: Jinanzminister Dr. v. Rüger und eine Anzahl Regicrungstommissare. Nach Vortrag der Negistrande erledigt das Haus obne Debatte eine Anzahl Kapitel aus dem Nachtragsetal in Ueberein- srimmnug mit der Zweiten Kammer nach der Regierungsvorlage und iritt ebenso den von der Zweiten Kammer zn einer Reibe von Eisenbahn petitionen gefaßten Beschlüssen bei. Nächste Sitzung: Mittwoch, den 2. Dezember, vvrm. 11 Ubr. Tages ordnung: Wahl eines Stellvertreters zum Staatsgcrichtslwse, Nachtrags etat, Petitionen. Zweite Kammer. 150. öffentliche Sitzung. I'. Dresden, 1. Dezember. Präsident Geh. Rat Dr. Mchnert eröffnet die Sitzung um 10 Uhr. Tas Haus ist schwach besetzt, die Tribünen siud gefüllt, aber schwächer besucht, als gestern. Erst sm Lanke der Sitzung nimmt der Besuch noch mehr zu. Am Regserungstische: Kriegsmiuister General Freiherr v. Hausen und Kommissare, 'päter die Minister Dr. Beck und Dr. Graf v. Höhen thal. Sekretär Dr. Sechen trägt die Negistrande vor, dann tritt man in die Tagesordnung ein und fährt fort in der Debatte über die Wahlrechtsreform. Erster Redner des Tages ist Abg. Bahner sKons.j, der den N e g i e r u n g s e u t w n r f s ü r u n- an nehmbar erklärt, da er nur ein neues Zlveiklassenwalilrccht jchanc. Ta iei noch der erste Entwurf besser. sZuruse: Lauter. Redner bleibt in seinen weiteren Ausführungen aus der Tribüne unverständlich, da ihm im Hauie so gut wie gar keine Au'merkiamkeit geschenkt, sondern lebhafte Privatunterhaltung geführt wird., Das Pluralwahlrecht sei weiter nichts als ein Klassenwahlrecht. Warum habe man den Antrag Trüber-.Hetima un nicht angenommen? Der sei einfach und prak- li-'ch gewesen. Nachdem seine Freunde dem Eveutualvorschlag zugestimmt hätten, könne er nicht allein dagegen sein. Er stimme also für diesen, da er ibn für das kleinere Nebel halte. Abg. Tr. Zöphel-Leipzig sNatl.I tritt dem Abg. Bahner entgegen. Tas P l u r a l w a h l r e ch t sei wohl ein einheitliches, aber kein gleiches Wahlrecht, doch besitze es eine Entwicklungsfähigkeit nach dem allgemeinen gleichen Wahlrecht hin. Redner wendet sich dann zu den gestrigen Ausführungen des Abg. Dr. Schill, der mit gutem Grunde daraus hingewiesen habe, daß durch die iehige Behandlung der Materie die Regierungsvorlage ansgeschaltet weroe und eine Vorlage der Stände geschaffen werde. In oer 'vni Abg. Opitz vorgeschlagenen Einführung könne er eine Veränderung oer rechilichen Lage nicht erblicken. Tie Regierungsvorlage lNr. 121 'ei unannehmbar, denn sie brächte mit den Kommunal wahlen ein fremdes Element in die Zweite Kammer. Dadurch müßte das Vertrauen in die Kammer erschüttert werden. Ter Ansicht des Abg. Enke, daß das parlamentarische Niveau durch Kommunalverbandswablen gehoben weide, könne er nicht bei- v'lichteu. Tie Hauptfrage sei doch: Wollen wir eine Reform »der nicht ? Tie Eventualvorlage bedeute keine Reform, seine Freunde müßten sie ollv ablclmen. Abg. Spitz habe gestern erklärt, cs fei unvcrantworllich, die Evcniualvorlage abzulehnen, dabei hätten die Konservativen selbst vvr eil iger Zeit erklärt, sie müßten die Verantwortung für das Ge setz der R e g i e r u n g zuschieben. In neuerer Zeit schienen sich die konservativen ja wieder in die Berantw»rt»»g gefunden zu Haden. Die Nationalliberalen seien der Ansicht, daß sich der Eveutualvorschlag in erster Linie nicht gegen die werktätige Bevölkerung richte sSehr richtig! links), deshalb lehnten sic den Vorschlag ab. Tie Petitionen, namentlich von Mittelstandsseite, seien nicht sehr hoch zu bewerten. Es würde ein sehr interessantes Bild geben, wenn man einmal untersuchen wollte, wieviel identische Verfasser hinter de» Petitionen ständen. Redner weist seiner den Vorwurf des Ministers Grasen Hobenthal zu rück, die Nationalliberalen bekämpften alle Vorschläge der Negierung, eben weil es Negierungsvorschläge seien. Bei solcher Auffassung sei aller dings rin Zusammenarbeiten ausgeschlossen. Warum richte sich der Vorwurf denn mir gegen die Nativ nalliberaleu und nickt auch gegen die Konservativen? Die Nationalliberalen hätten keines wegs die Mitarbeit verweigert. Der Eveulnalvorschlag bedeute auch iu der Form, die Abg. A ndrä ihm geben wolle, eine A usschließung deS werktätigen Volkes und werde nnr den Sozialdemokraten Wähler in die Arme lübren. Einem solchen Vorschlag könnten die Nationalliberalen nickt zustimmcu. Ein Wahlrecht, daS entwicklungs fähig sei, könne nur das Propvrtionalwablrecht sein sAbg. Enke: Bravo!) — könne nur das Pluralwahlrcckt sein. sGroße Heiterkeit.) Er selbst sei entschiedener A n h ä n g e r der P r o v o r t i o n a l w a h - len für das ganze Land, auf die großen Städte möchte er sie nicht beschränkt jeden. Nedner empfiehlt znm Schluß die Anträge der DeputationSminderbeit. sBeiiall links.j Abg. Dr. Spieß-Pirna (Kons.) sieht in dem Eventualvorichlag noch immer eine Regierungsvorlage in der Form, die sie durch die Deputation erhalten hat, namentlich wenn die Worte „in der vorliegenden Fassung" nach Opitz' Vorschlag eingeschaltet würden. Alle bisherigen Nor- schläge könnten leinen Anspruch auf praktischen Wert macken, solange sie nicht eine Mehrheit auf sich vereinigten. Mg. Andrä Braunsdorf lKons.j ist als Vertreter des platten Landes sZuruf Hettuers: Des ganzen Landes!) vom End ergebnis der Deputationsverhanblungeu nickt befriedigt, sieht darin aber den Weg zu einer guten Lösung. Die Aeußerung Höhen thals, daß die Abgeordneten nickt unbefangen, sondern mit den Au- sprücheu ihres Kreises an die Vorlage herangelreten seien, müsse er zurückweisen. Er sei völlig unbefangen; gleichgültig sei es, ob sein Mandat erlösche und er nicht wieder erscheine. Die Verhältniswahlen hätten gewiß alle Schwierigkeiten .beseitigt, sie seien gewiß das Beste, wenu Plnralstimmen für ihre Abschwächung sorgten. In der Deputation sei aber diese seine Ansicht auf Widerstand gestoßen und nur Verlegenheit habe ihn dazu geführt, einen eigenen Antrag zu stellen. Kommunalverbaudswahlen seien grundfalsch. Mit einem doppelten Wahlsystem könne er sich nicht befreunden. Was verschaffe den BezirkSvertrctern das Recht, hier einzuziehen? Des halb habe er die Regierungsvorlage abgelehnt. Gestern habe ihm der Abg. Günther aus seiner Wahlkreiseintcilung einen Strick drehen wollen. Die Mandate der großen Städte habe er ab sichtlich nicht vermehrt, weil diese ohnehin schon durch ihre Vertretung in der Ersten Kammer im Vorteil seien. sBeifall rcchts.j Am besten sei das Kompromiß; nachdem dies aber ge- scheitert sei, werde er für den Eventualvvr'chlag stimmen, obwohl der Komprwmißvorschlaa versöhnlicher wirke. Aba. Günther sFreis.j geht auf die Aenßernng Andros ein, daß die großen Städte in der Ersten Kammer vertreten seien. Unter ihren 41 Mitgliedern befänden sich aber nach der Verfassung allein 27 agrarische Mitglieder. Ta könne man wohl nicht gut von einer wirksamen Vertretung der großen Städte sprechen. Wer den Andräschen Einteilungsvorschlag lese, werde zugebcn muffen, daß er gegen die Stabte sehr ungerecht sei. Audra habe es als „aufreizend" bezeichnet, wenn man für daS allgemeine Wahlrecht eintrcte. Tas sei eine irrtümliche Austastung; aufreizend könne nur der sein, der einem andern Unrecht zufügen wolle. Es sei aber hauptsächlich seine Absicht, sich gegen die gestrigen Ausführungen Ewkes zu wenden. Er müsse bestreiten, sich „weg- werfend" über die Mittelstandsbcwegung geäußert zu haben. Den Abg. Ulrich frage er, was er denn für positive Taten im Landtage verrichtet habe. Die Freisinnigen nähmen für sich in Anspruch, daß sie an Arbeit hinter keiner Fraktion zurück-' bliäben. Ulrichs Lob verlangten sic nicht, müßten es sogar als für sie wertlos ablehnen. Weiter wendet sich Redner gegen den Zensus. Vorschlag des Abg. Traber. Eine Erhöhung des Zensus habe selbst die Regierung als unrichtig und gehässig abgelehnt. Wenn die Sozialdemokratie unter dem Wahlrecht von 1868 Erfolge errungen hätte, so seien dafür zwei Gründe maßgebend gewesen: das Fehlen von Stichwahlen und der planmäßige Ausschluß der Sozialdemokraten von den Depntationsarbeiten. Das sei der schwerste Fehler gewesen und habe die Kammer wertvoller Arbeitskräfte beraubt. sFiuanzininister Tr. v. N üger erscheint im Saale.) Die Bestrebungen auf Einführung des allgemeinen gleichen Wahlrechts wurden weder durch den Rcgie- rungsentwurf, noch durch den Eventnalvorschlag beseitigt werden. Tie Wirkungen des Reichstagswahlrechts in Sachsin würden dafür sorgen, daß auch hier das allgemeine gleiche Wahlrecht eingeführt werden müsse, wenn man überhaupt noch auf eine bürgerliche Vertretung Sachsens im Reichstag rechnen wolle. lBeEall links.) Abg. Müller-Leipzig sNatl.) erklärt es für unmöglich, nach den gestrigen und heutigen Debatten etwas Neues zu bringen. Er sei in früheren Wahlreden der Ansicht gewesen, cs sei nötig, einen Damm gegen die Ueberflutung der Kammer durch Sozialdemokraten zu er- richten. Er habe nichts dagegen gehabt, diesen Damm in Form »on K o m m n n a lv e r ba n d swä h le n recht hoch zu errichten, wenn dann nur der andere Teil des Wahlrechts möglichst freiheitlich gestaltet werde. Die Kompromißvorschlägc hätten ihm nicht ge fallen können. Der Regierung hätten sie ja auch nicht gefallen. Tann sei der Eveutualvorschlag ansgetancht, aber das sei ein Blender, dessen Vater jedenfalls ein sehr kluger Mann sein müsse. Werde der Eveutualvorschlag aber Gesetz, so werde sich die Zweite Kammer zusammcnsetzen aus Sozialdemokraten, kleinen Mittel st audSleuten und einigen Landwirten. In dustrie und Handel würden nnvertreten bleiben. Gestern sei hier iu der Ziammer angedeutet worden, es werde wohl nichts zustande kommen, ihm scheine es auch bald so. Dann hätte man aber gar nichts, und das werde wohl am besten sein. sHeiterkeit.j Die ErsteKamincr werde, wenn sic alle Wege der Zweiten verfolge, bald einsehen, daß sie diese Wege nicht wandeln dürfte. Tas wäre schon sehr viel. Er hoffe, daß die Erste Kammer erfolgreiche Arbeit leiste, indem sie aus Dekret flkr. 1'2 einen neuen Aufbau ichasfe. Abg. Schieck-Frankenberg sNatl.j erklärt, die Nationalliberalen müßten an ihrem bisherigen Standpunkt festhalten. Wie man auf den Eveutualvorschlag zukommen könnte, verstehe er nicht. Er befürwortete den Antrag der Minderheit, damit man nicht mit leeren Händen nach Hause komme. Mg. Hähnel-Knppritz sKons.) wünscht die Sache hier so gefördert zn scheu, daß sic an die Erste Kammer hinübcrgcgcben werden kann, damit die Regierung auf Grund gemeinschaftlicher Beschlüsse beider Kammern Stellung nehmen könne. Die verfass nngsrccht- licheu Bedenken Dr. Schills könne er nickt teilen. Abg. Hettner-Tresdeu sNatl.j stellt als Mitberichtexstatter einige Behauptungen des Vorredners richtig. Das Kompromiß sei nicht allein an der Wahlkrciseinteilnng gescheitert. Der Vorredner habe sich nur auf die Tcputationsvcrhandlnngen bezogen, jetzt befinde man sich aber in der Plenarbcratung, und da müsse er in Anspruch nehmen, daß das zur Grundlage genommen werde, was jetzt vorlicgc. Tie Einwendungen Hähncls gegen die national liberale Einteilung entbehrten der tatsächlichen Berech tigung und eine Polemik, wie sic vom Abg. Hähncl beliebt worden sei, trage nicht dazu bei, die Arbeiten hier im Hanse zn fördern. sLacken rechts.) Aba Ehret sNatl.j kann sich mit dem R c g i e r u n g s e n t w u r f nickt einverstanden erklären, ebensowenig mit dem Eventnalvorschlag und werde daher für die Auiräge der Depulativusminderheit stimmen. Diese würden im Lande weuiasieus c'was Ruhe stiften und seien bester als das jetzige Recht. sBcisall links.j Abg. llllrich-Ebemuitz sKons.j polemisiert gegen den Abg. Tr. Zophcl. Aus das, >va-- die Elfte Kammer bringe, sich un bedingt zu verlassen, halte er nicht für angebracht. . Abg. Tr. Schanz-Oelsnitz sKons.j: An den Mängeln des Event ualvorschlaqs, wodurch die werktätige nationale Ar- beiterschast im Wahlrecht beschränkt werde, sei leider nichts zn ändern. Tie Rechte bedauere das ebenso sehr wie die Linke. Um den Arbeitern aber eine Vertretung zn schaffen, iollteu ja in den Groß städten, den Arbeitcrzcntrcn, Verhältniswahlen cingefnhrt werden. Abg. Grobe sNatl.) hält den Eveutualvorschlag für vollkommen un annehmbar. Er bedauere das Scheitern des Kompro- misses um so mehr, als man dabei über die Wahlkreiseinteilung ge- stolpert sei. Er selbst würde gegen die Beibehaltung der jetzigen Wahl kreiseinteilung unter Hinzunahme einiger großstädtischer Kreise nichts cinzuweuden gehabt haben. Abg. Hettner-Drcsden sNatl.j weist daraus hi», daß sich die Abas. Enke, Zimmermann, Ullrich, die immer für den Mittelstand eintreten wollten, bekämpft hätten, weil jeder etwas anderes wollte, jeder etwas anderes unter Mittelstand verstehe. Gewiß müsse der Mittelstand seinen Einfluß auf die Volksvertretung be- halten, aber dieser Einfluß wert« ihm am besten gewahrt durch die An- tröge der Minderheit. Diese hätte bei ihren Anträgen rechnen müssen mit der konservativen Mehrheit und deshalb alle Wünsche zurück- gestellt, auf deren Erfüllung sie nur irgend hätte verzichten können. Bedauerlich sei es, daß lucr von der Rechten habe ausgesprochen werden können, die Mehrheit unserer Arbeiter sei nicht staarstrcu. Das müßte nach außen verbitternd wirken. Man dürfe keine Partei mundtot machen wollen. Wenn seine Freunde nickt für das allgemeine, gleiche Wahlrecht eintreten könnten, so liege das nicht an der politischen, sondern an der sozialen Lage des sächsischen Volkes. Die Liberalen hätten auch bei der Wahlkreiseiuteilung keineswegs die Forderung aufgestellt: Alles oder nichts. Es sei also gerade entgegengesetzt, wie Dr. Schanz eS dargestellt habe. Die Nationalliberalen könnten die Verantwor tung dafür nicht übernehmen, wenu jetzt ein ähnlicher Vorschlag ge macht werde, wie 1896. Deshalb lehnten sie den Ärentnalvorschlag und die Anträge der Mehrheit ab. Möge unser Volk vor so unheil- vollen Folgen, wie sie das 1896 e r Wahlrecht gezeitigt habe, behütet bleiben. sLebhaftes Bravo links.) Abg. Bleher-Falkenstein sNatl.) hält die Rückkehr zum 1868 e r Wahlrecht für das Beste, will sich aber gleichwohl nicht von seinen politischen Freunden trennen. In der Deputation sei von nichts anderem gesprochen wurden, als von der Ueberflutung durch die Sozialdemokratie. Wenn man nicht immer das schreckliche Gespenst an die Wand gemalt hätte, würde man viel weiter sein. Sei denn die Sozialdemokratie eine ewige Institution ? Neberall sehe man den Niedergang dieser Partei. lLachcn auf den Tribünen.) Durch den Eventualvorschlag würden die Arbeiter aber nur der Sozialdemokratie zugeführt. Vertrauen der Arbeit- gebcr zu den Arbeitern sei fast ausnahmskos belohnt worden. Abg. Facius-Lugau sFreiions.) bekennt sich an und für sich als Gegner der im Eveutualvorschlag vorgesehenen zwei Abtei lungen der Wähler. Sympathischer sei ihm der A n t r ag A n d r ä, der die Altersstimme vorfehe. Er werde also für den Eventnalvorschlag nicht eintreten, falls der Antrag Andrä angenommen werde. Aba. Heymann sKons.j wendet sich gegen die Ausführungen des Oberbürgermeisters a. D. Dr. Georgi in einem Leipziger Blatt. Dieser habe wohl nicht die nötige Fühlung mit der Bevölkerung. Positive Vorschläge hätte Dr. Georgi übrigens nicht gemacht. Nach der heutigen Sachlage werde er dem Eventnalvorschlag zustimmeu. Eine Alterszusatzstimme sei vollkommen unannehmbar. Abg. Starke-Dorfchemnitz sKons.j befürwortet, nachdem er gegen die Abgg. Bleyer und Günther polemisiert hat, den Eveutualvorschlag. Der Präsident bittet im Anschluß an eine Aeußerung des Redners, hier im Hause sei vor einigen Tagen festgestellt worden, daß ein Mitglied der Ersten Äammerfür gewisse Sachen wenig Verständnis habe, derartige Aeußerungen zu unterlassen. Sie müßten das gute Einvernehmen zwischen beiden Kammern stören. sSehr gut.) Tie Abgg. Trüber, Opitz, Dr. Zöphel, Zeidler verzichten unter lebhaftem Beifall aufs Wort. Abg. Dr. Brückner-Leipzig sFrcikons.j stellt für die Spezialdebattc nur einen eigenen Antrag in Aussicht. Damit schließt die Debatte. In namentlicher Abstimmung wird alsdann der Antrag der Deputation auf Ablehnung des ersten Regicrnngscntwnrss mit 72 gegen 4 Stimmen angenommen. Dagegen stimmen die Konservativen Bcbrcnd, Enke, Rudelt, Wittich. Es folgt die Debatte über den Eventnalvorschlag. Bei 8 1 sVermchrung der Mgcordneten auf 96) bitten sowohl der Berichterstatter wie der Mitberichterstatter um Zustimmung zu diesem Paragraphen. Minister Dr. Graf von Hohenthal: Tie Negierung sei davon über zeugt, daß ihr ursprünglicher Vorschlag die sozialpolitischen Jntereffen am besten wahre. Für den Fall, daß ihr Vorschlag aber abgelehnt werde, habe sie die Pflicht, das Erreichbare anzunchmcn. Damit solle nicht gesagt sein, daß die Negierung die Handarbeiter für weniger wertvoll für den Staat halte, als die anderen Staatsbürger. Im Gegenteil, das Wohl der Handarbeiter liege ihr nicht weniger am Herzen, als das der übrigen Bürger. Man könne nicht von einer Zurücksetzung der Arbeiter reden, wenn man die zahlenmäßige Einteilung der einzelnen Berufszweige in Be tracht ziehe. Durch den Eveutualvorschlag werde die jetzige ickrofsc Differenz in der Wertung der Wählerstimmc wesentlich gemildert. Der Eventualvorschlag sei zwar nicht ideal, aber er bedeute einen wesent lichen Fortschritt gegenüber dem jetzigen Recht. Die Anträge der Minderheit seien für die Negierung unannehmbar, weil sie keinen genügenden Schutz bieten gegen eine Ueberflutung der Kammer durch sozialdemokratische Elemente. Abg. Dr. Spieß lKons.j beantragt folgende Form für 8 1: »Die Abgeordneten der Zweiten Kammer werden auf Grund nachstehender Vorschriften gewählt. . ." Abg. Günther erklärt, seine Freunde würden für Erhöhung der Abgeordnetenzahl auf 96 stimmen, im übrigen seien sie durch di' Ausführungen des Ministers nicht in ihren Ueberzcugungen schwankend gemacht worden. Ma. Langhammcr sNatl.) bedauert, daß der Minister erst jetzt sein großes Zahlenmaterial vorgebracht habe, wn eine Nachprüfung nicht möglich fei. Mit Annahme des Antrages Spieß falle wahrscheinlich die Vermehrung Ker 2lbgeordneten. Mg. Dr. Zöphel sNatl.j: Der Antrag Spieß laute darauf hinan?, daß die stärkste Fraktion im Hanse es unternehme, ein Wahlrecht gegen den Widerspruch der Minderheit zu schaffen. Abg. Andrä sKons.j: Man stehe vor einer folgenschweren Ent scheidung, denn es sei eine Zweidrittelmehrheit nötig. Die Anträge der Konservativen seien erforderlich, um überhaupt ein Forttchreitcn zu ermöglichen. Abg. Dr. Schill sNatl.j fragt die Rechte, ob die Zahl der 96 Atz geordneten in 8 7 wieder eingeschöbcn werden sollte, oder ob bei 87 wieder ein Antrag aufAenderung der Zahl zu er- warten sei. Mg. Dr. Vogel sNatl.) erwidert dem Minister, die Rechnung bei den Reichstagswahlen werde doch wahrscheinlich anders aussallen, als die Regierung meine. Wohl habe die Rechte die Macht hier im Hauie, ein Gesetz zu schaffen, aber er muffe doch behaupten, daß cs sehr zweifel haft sei, ob ein Gesetz, das gegen den Willen der Minder heit zustande gekommen sei, im Lande Ruhe und Frieden schaffen würde. Die Verantwortung falle dann allerdings auf die Rechte. Abg. Langhammer sNatl.j bestreitet, daß der Minister alles Zahlcn-material in der Deputation vorgelcqt habe. Er bedauere, da>: das Kompromiß gescheitert sei. Wenn 67 dlbgeordnetc das Kompromiß für das Richtige erklärten, so sei das doch für die Regierung eine Weisung gewesen, diesen Weg zu beschreiten. Minister Graf v. Hohenthal: Seine von Langhammer zitierten Aenßcrungeu hätten sich auf Dekret Nr. 12 bezogen. Dieies sei aber eben von Langhammer mit zn Fall« gebracht worden. Abg. Zimmermann kann im Gegensatz zum Vorredner dos Scheitern des Kompromisses nur freudig 'begrüßen. Abg. Dr. Spieß sKons.j: Nachdem von der Linken und auch einigen Mitgliedern der Rechten die Msicht ausgesprochen worden sei, den Eventualvorschlag abzulehnen, könne man es den Mitgliedern der Rechten, die eine Wahlrcsorm wünschten, nicht verdenken, wenn sie per- suchten, diese in einfacher Mehrheit zu erreichen. Auch sie hätten breite Volksschichten hinter sich, wie die Mittolstandsbewequng beweise, die von der Linken als bestellte Arbeit bezeichnet würde. Abg. Langhammer sNatl.j: Er habe im Gegensatz zu der Behaup tung des Ministers den Entwurf erst bekämpft, nachdem er durch die amtliche Presse bekanntgcmacht worden war. Unberechtigt sei der Vorwurf Zimmermanns, di« Nationalliberalen
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