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366 Todesstrafe gegen Leute vollstrecken zu lassen, welche nur einmal das gewagt, was sie selbst mehrmals unternommen haben. Getrennt nnd wiedervereinigt. Eine Erzählung aus dem Leben. Von I. Franz. (Fortsetzung.) Gar Viele beneideten den Doctor Wellmann um sein fabelhaf- haftes Glück. Wie dieser, vor Jahr und Tag noch ganz unbekannte junge Arzt, zu diesem beneidenswerthen Glück gelangt war, konnte Mancher nicht begreifen. Die Sache ging jedoch ganz einfach zu. Hedwig Johnson hatte sich vor ohngefähr einem Jahre bei ei ner Lustfahrt auf der Elbe erkältet. Mitten in der Nacht verfiel sie in ein hitziges Fieber. Ihr Vater eilte selbst zu seinem Hausarzt, dem Doctor Römer, der ein geschickter und, was die Hauptsache, in allen vornehmen Familien Zutritt habender Arzt war. Da er seine große Praxis nicht allein bewältigen konnte, so hielt er sich zwei Ge hilfen. Doctor Wellmann bekleidete die Stelle als erster Assistent. Leider kann auch ein Arzt krank werden. Doctor Römer lag selbst auf dem Krankenbette und konnte nicht Anderen zu Hilfe eilen. „Liebster Herr Johnson," sagte der kranke Doctor Römer, der den Hilfesuchenden an sein Lager kommen ließ, „so gern ich Ihrem Rufe folgen wollte, ich kann doch nicht; die verdammte Gicht fes selt mich ans Bett. Doch soll Ihnen Hilfe werden. Mein erster Gehilfe, der Doctor Wellmann, ist so —zuverlässig, wie ich es selbst bin," schien Doctor Römer sagen zu wollen, er bedachte sich jedoch einen Augenblick und sagte nur: „soeben zurückgekehrt und steht zu Ihrer Verfügung. Vertrauen Sie ihm; er ist ein tüchtiger Arzt und wenn irgend noch Rettung möglich, so ist er der Mann dazu, Hilfe zu schaffen. Beruhigt durch diese Versicherung eilte Johnson mit dem Doctor Wellmann, dessen Erscheinung einen befriedigenden Eindruck auf ihn gemacht hatte, zu seiner erkrankten Tochter. Es war die höchste Zeit. Die Arme lag in einem hitzigen ner vösen Fieber. Wellmanns kundiges Auge erkannte sofort die Ge fahr; er theilte feine Ansicht dem Vater gewissenhaft mit. „Netten Sie meine Tochter und ich mache Sie zum reichen Manne!" „Keine Versprechungen, Herr Johnson! Ich mache Ihnen auch keine; ich thue, was in meinen Kräften steht, das Uebrige wird sich von selbst finden." Vier Tage und vier Nächte wich Wellmann nicht vom Lager der Kranken und hatte nach deren Verlauf die Freude, seine hin gebende Berufstreue, feine Aufopferung belohnt zu sehen. Die Kri sis war überstanden, die Kranke gerettet. Johnson war außer sich vor Freude und drückte den Doctor Wellmann einmal über das andere an seine Brust. Langsam aber zusehends genaß Hedwig unter Wellmanns zweck mäßiger Behandlung. Anfangs wurden natürlich nur die unumgänglich nöthigen Fra gen und Antworten zwischen dem Arzt und der Kranken gewechselt; bei fortschreitender Besserung kam das Verlangen, sich zu unterhal ten, bei Hedwig wieder und Doctor Wellmann saß oft halbe Stun den lang am Krankenbette und erzählte seiner Patientin die Vorgänge des Tages. Dabei hatte er hinreichende Gelegenheit Hevwigs Bil dung und ihr gefühlvolles Herz kennen zu lernen. Blickte Hedwig anfangs mit Achtung zu ihrem Arzte, als zu dem Manne auf, der ihr Hilfe gebracht halte, mußte sie sich zugestehcn, daß seine Ausdauer und Hingebung ihre Dankbarkeit verdiene, so fand sie später an ihm einen ganz angenehmen Gesellschafter, der durch seine fesselnde Unterhaltung ihr Interesse an ihm zu erhöhen verstaild. Ja, eines Tages überraschte sie sich selbst bei dem Ge danken, daß ihr Arzt ein höchst liebenswürdiger junger Mann sei. Mit Ungeduld erwartete die Genesende die täglichen Besuche Wellmanns und eine leichte Wolke des Unmuths überschattete ihr blasses Gesicht, wenn statt des Erwarteten jemand Anderes, vielleicht ein Diener, eintrat. Diese Täuschungen kamen jedoch nur selten vor, denn Wellmann erschien pünktlich zur einmal festgesetzten Stunde. Es zog ihn mit magischer Gewalt an jenes Krankenlager; er folgte unwillkürlich die sem Zuge. j Zwei liebe, freundliche Augen blickten ihm entgegen, eine kleine weiße Hand streckte sich zum Empfange aus, ein reizender Mund lis pelte ein Willkommen. Dessen war er sicher. Hedwigs Genesung machte die erfreulichsten Fortschritte. Gleiche Fortschritte aber auch die gegenseitige Zuneigung. Die Gefühle lie ßen sich eben nicht mehr unterdrücken und eines schönen Tages ge stand Wellmann seine Liebe und fand Erwiederung. Wellmann und Hedwig waren glücklich, wie zwei Liebende nur sein können. Wird dieses Glück von Dauer sein? Der alte Johnson hatte keine Ahnung von dem zwischen seiner Tochter und deren Arzt bestehenden zarten Verhältnisse. Er hielt es für selbstverständlich, daß seine Hedwig ihren Arzt freundlich be handele. Hatte er ihr doch das Leben gerettet. Er achtete den Mann der Wissenschaft und empfing ihn stets mit Zuvorkommen heit. Doctor Wellmann war Hausfreund geworden und zu jeder Zeit ein willkommener Gast in der Familie Johnson. Die glücklich vollbrachte Cur gründete Wellmanns Ruf als Arzt und legte den ersten Grundstein zu seiner Selbstständigkeit. Er be kam bald eine ausgebreitete Praxis; namentlich wollten alle Frauen und Mädchen nur vom Doctor Wellmann behandelt sein Seine äußere Erscheinung trug nicht wenig dazu bei, ihn be liebt zu machen. Seine schlanke und dabei doch kräftig gebaute Gestalt, sein ebenmäßiges, mit einem wohlgepflegten braunen Voll bart umrahmtes Gesicht, sein ruhiges, klares Auge, die von geistiger Kraft zeugende Stirn, fein männliches Auftreten, sein liebenswürdi ger Umgang in Gesellschaft — Alles in Allem machte ihn zu einem überall gern gesehenen Menschen. Herr Johnson, durch glückliche Speculation zu einem enormen Vermögen gekommen, wünschte natürlich auch einen reichen Schwie gersohn. Daß dieser Schwiegersohn Kaufmann sein müsse, verstand sich ebenfalls von selbst; alle andern Menschen hatten nur halben Werth in seinen Augen. Der unverheirathete reiche Handelsherr und Schiffsrheder Heinold wäre ihm ganz recht gewesen. Heinold war ein. täglicher Gast im Johnsonschen Hause. Er wußte sich so angenehm zu unterhalten, er sprach so gewandt von großen kauf männischen Unternehmungen, er war so liebenswürdig und herab lassend gegen die Tochter des Hauses, Hedwig, daß das Herz des Vaters allemal in Wonne schwamm, wenn er sich dachte, daß die Bei den ein Paar werden müßten. Hedwigs kaltes und zurückhaltendes Benehmen gegen Heinold übersah Johnson gänzlich, wie es ihm auch nie in den Sinn kam, d«ß seine Tochter in diesem Punkte andrer Ansicht sein könne, als er selbst. (Fortsetzung folgt.) Vermischtes. * Am 4. Nov. wurde in Berzbach (Rheinpreußen) ein Mann, als er eben sein Abendbrod verzehrte, vom Blitz erschlagen. Seiner Frau, die mit einem kleinen Kinde am Schoß neben ihm bei Tische saß, geschah nichts, obwohl alle Geräthschaften rings umher von dem Blitzstrahl zerschmettert wurden. Auch eine Kuh wurde erschlagen. * In Wriezen a. O. denunzirte ein Steinsetzer den Unteroffizier Braun, daß er die Rekruten beim Exerzieren mit Ohrfeigen, Faust schlägen und Säbelstößen gegen die Kniee mißhandele. In der er sten Instanz wurde er wegen Verläumdung verurtheilt, da die als Zeugen vorgeschlagenen Soldaten mit der Sprache nicht herausgin- Hen. Er appellirte, trat den Beweis der Wahrheit an und wurde in zweiter und dritter Instanz frcigesprochen. * Jungfernrede des neuen preußischen Finanzministers Camp hausen (frei nach Göthe). Meine Ruh' ist hin, mein Herz ist schwer, ich decke es nimmer und nimmermehr. Wenn ich Steuern hab, schlägt man sie ab; die ganze Welt hält fest ihr Geld. Mein armer Kopf ist mir verrückt, ach, mir soll glücken, was Keinem glückt. Denn Roon ist hier, der schöpft mich leer, ich decke es nimmer und nim mermehr. Nach Geld nur schau ich zum Fenster hinaus, nach Geld schickt Roon mich hierher ins Haus. Sein hoher Etat, seines Heeres Gestalt, sein spöttisch Lächeln wenn ich schreie: Gewalt! Und seiner Rede Zauberfluß, sein Händedruck, bis ich zahlen muß! Meine Ruh' ist hin, mein Herz ist schwer, ich decke es nimmer und nimmermehr. Der Staatsschatz drängt sich-nach ihm hin, ach, dürft' ich füllen und halten ihn! Und rüst' ich ab, so wie ich wollt, das Defizit ver schwinden sollt. (Lebhafte Zustimmung. Der Minister setzt sich zwi schen zwei Stühle.) (B. W.) Ueber Hellersche Spielwerke. Wer sich oder Andern eine dauernde Freude bereiten will, rathen wir, ein Werk aus der Heller'schen Fabrik in Bern zu beziehen; Tau ende solcher Werke, groß, riesengroß und winzig klein, in mannig- achster Form und Ausstattung, lachen uns entgegen, wenn man eine Magazine betritt. Es ist dieß das größte derartige Etablisse ment, welches existirt und welches sich durch seine außerordentlichen Leistungen einen Ruf erworben, der sich in fernsten Gegenden er streckt, so daß allenthalben nach Heller'schen Werken gefragt wird. Wir rathen aber Jedermann zu directem Bezug, da vielfach andere für seine Werke ausgeboten und verkauft werden. Jedes Werk ist mit seinem Namen versehen. LandmirUchastlicher Credit - Verein im Königreiche Sachsen. Annahme von Spareinlagen: Bei Zmonatlicher Kündigung 4 Procent Verzinsung. „ 8tägiger „ 3 „ „ täglicher Verfügbarkeit 2 „ „ Dresden, den 15. September 1869. Das Direktorium.