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Wochenblatt . für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, MclmUclM und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. 84. Dienstag, den 2K. Hctokcr 1868. Tag esgeschich te. Wilsdruff, am 25. October 1869. Die sächsische Negierung gedenkt, wie die L. N. schreiben, dem Landtage demnächst eine Vorlage über den Wiederaufbau des Hof theaters zugchen uz lassen, worin 500,000 Thlr. als Beitrag des Lan des gefordert werden; den übrigen Theil, der, allerdings im Falle der Verurtheilung der Magdeburger »Feuerversicherungs-Gesellschaft zur Zahlung der Versicherungssumme, nur ein geringer sein könnte, sollen die Hofchatoulle und die Stadt Dresden tragen. Voraussicht lich wird diese Angelegenheit in den Kammern Anlaß zu sehr leb haften Debatten geben. Dresden, 21. October. Die zweite Kammer hat heute den Gesetzentwurf, die veränderte Erhebung des Chausseegeldcs betreffend, nach längerer Debatte einstimmig abgelehnt und einen Antrag des Abg. Eule angenommen, welcher sich im Princip für gänzliche Auf hebung des Cyausseegeldes ausspricht. Die Dresdner Stadtverordneten haben in ihrer letzten Sitzung beschlossen, dem Vorschläge des Stadtraths, 30,000 Thlr. zu einem neuen Kasernenbau in Dresden zu bewilligen, beizutreten, außerdem aber wurde der Beschluß gefaßt, den Dresdner Stadtrath zu ersu chen, eine Petition an den Landtag vorzubereiten, durch welche eine Erhöhung der früher bewilligten Summe zu Kärsenenbauten und eine Ausgleichung der bedeutenden Verschiedenheit beantragt würde, die in einzelnen Theilen des Landes bei Tragung der Militärlast statt findet. Aus der letzten Sitzung des Stadtverordnetencollegiums zu Dres den ist die Mitthcilung des Dresdner Stadtralhs von Interesse, wo nach sich in Dresden für den Bedarf von neuen Schulhäuscrn bis zum Jahre 1879 ungefähr 550,000—600,000 Thlr. nöthig machen werden. Zunächst ist der Neubau der zweiten Bürgerschule und der Bau einer Gemeindeschule in der Pirnaischen Vorstadt ins Auge gefaßt. Das Stadtverordnetencollegium hat den Wunsch ausgespro chen, cs möge für den Bedarf von Schulräumlichkeiten ein durch greifender, auf den Zuwachs der Bevölkerung berechneter nnd wohl durchdachter Plan ausgcarbeitet werden. Der Beleuchtungsiiispcctor des königlichen Hofthcatcrs, Fahren- waldt, ist der „C. Z." zufolge am Freitag in Dresden aus der Un tersuchungshaft auf Handgelöbniß entlassen worden. Man theilt den L. N. Folgendes mit: Von Leipziger preußischen Landwehrmännern ist eine Bcschwerdeschrift an das Kriegsministeri um nach Berlin über das Verfahren des Majors Süßmilch-Hörnig gesandt worden, welcher bei der letzten Controlversammlung verhei- rathete Leute, Lappalien wegen, direct vom Platze in Arrest geschickt und zu 6 Tagen Arrest vcrurtheilt hat, was alten preußischen Land- wehrmänncrn, die schon jahrelang Controlvcrsammlungen in Preußen besucht, aber ein solches Benehmen eines Stabsoffiziers noch niemals erlebt haben, denn doch etwas zu stark Ivar. Neber die erwähnte Verurtheilung Leipziger Landwehrleute zur Arreststrafe wird den L. N. von com'petenter Seite mitgeiheilt, daß jene Leute wegen Ungebührlichkeiten, deren Ungesetzlichkeit nach der Proclamation, daß sie unter den Kriegsgesctzen stehen, und nach wiederholter Ermahnung, nichts Ungehöriges zu begehen, sie gerade als alte Soldaten selbst einsehen mußten, — mit einem Tage Arrest bestraft und am 19. buz. Mittags 12 Uhr bereits wieder entlassen worden sind. Die „S. Z." schreibt: Im Sinne des Leipziger Nathcs wird bei dem jetzigen Landtag von den National-Liberalen ein Sturm auf das Bestehen der Landes-Jmmobiliar-Brandkasse gemacht werden, vr. Rentzsch, der ganz in der Theorie der Manchester-Schule steckt, hat bereits bei der Verhandlung über das Feuerversicherungswesen in der zweiten Kammer einen Antrag auf Aushebung derselben ange kündigt. Es ist richtig, daß die Anstalt über eine Million Deficit hat nnd daß von den 904 Bränden des Jahres 1868 über ein Drittel als durch vorsätzliche Brandstiftung entstanden bezeichnet werden. Aber ebenso richtig ist auch, daß der Staat doch etwas mehr als eine bloße wirthschaftlichc Genoffenschaft ist und daß, wie I)r. Minckwitz sagte, der Jmmobiliar-Brandversicherungs-Anstalt ein großer Theil der Säch sischen Städte ihr Wiederaufleben und Wiederaufblühen verdankt, und, wie Jordan einwarf, durch das langjährige Bestehen dieser An stalt Verhältnisse im Lande entstanden sind, denen gegenüber man die Augen nicht verschließen darf. So viel man hört, wird auch die Negierung zur Aufhebung derselben die Hand nicht bieten, wenn sie auch, wie sie bereits am letzten Landtag erklärt hat, zu Reformen geneigt und bereit erklärt. Aus Siebenlehn wird der C. Z. ein empörender Act des Zc- loüsmus des dortigen Geistlichen berichtet. Derselbe soll die Frau eines dortigen Schlossers, die zu frühzeitig entbunden worden, un ter specieller Nennung ihres und ihres Ehemannes Namens von der Kanzel herab vor der ganzen Kirchengemeinde auf scandalöse Weise verunglimpft haben, so daß die Frau an einer heftigen Gemüthser- schütterung ernstlich erkrankt sei. Auch soll derselbe sich den Sonntag vorher in solchen unästhetischen Ausdrücken bewegt haben, daß man in Siebenlehn lebhaft wünscht, das Cultusministerium möge davon Notiz nehmen, damit der wahre kirchliche Sinn daselbst nicht gänz lich vernichtet werde. Einem Artikel der V. Ztg., welcher die Schattenseiten des Feuer versicherungswesens beleuchtet, entnehmen wir folgenden Passus: „Die Weigerung der Magdeburger Feuerversicherungsgesellschaft, den Schaden des Dresdner Thcaterbrandes zu zahlen, hat bereits allge meines Bedenken erregt, denn selbst die größte Nachlässigkeit von Unterbeamten und Dienern und die größte Fahrlässigkeit solcher Leute ist kein Grund für die Assecuranzgesellschaft, die Entschädig ungssumme zu verweigern. Man kann doch nicht erwarten, daß jeder Versicherte zu allen Zeiten und an allen Ecken und Enden der Wäch ter seiner Leute sein soll! weil ein solch Wächteramt nicht ausführ bar ist, deßhalb versichert man ja überhaupt. Nach einer Mitthei- lung in der „B. B. Z." wäre übrigens die Theaterdirection mit der Magdeburger Gesellschaft über die Entschädigungssumme in Unter handlung getreten, der Prozeß selbst sei noch nicht im Gange, resp. die Klage fei noch nicht erhoben. Die Ktzschb. Ztg. erzählt: Ein ebenso curioscr als schmerzlicher Verlust widerfuhr vor wenigen Tagen einem Gutsbesitzer in dem be nachbarten Naundorf; derselbe war nämlich mit Futterschneiden be schäftigt, und dabei passirte es ihm, sich aus Versehen fast das ganze Nagelglied vom linken Daumen abzuschneiden. Um nun möglicher weise vielleicht den abgetrennten Theil wieder anzuhcilen, sucht der Verwundete selbigen schleunigst aus dem Häcksel hervor und legt ihn behutsam hinter sich auf das Fensterbret, indessen er die nöthigen Vorkehrungen zum Anlegen eines Verbandes trifft. Hiermit soweit fertig, will er dann erst den unglücklichen Däumling sich kunstgerecht wieder aufsetzen, da bemerkt er zu seinem Schreck und Acrger, daß inzwischen der naschhafte Kater denselben mit größtem Appetite zu Gemüthe sich gezogen und verzeyrt hat. Daß dem langgeschwänzten Feinschmecker darob kein Loblied gesungen wurde, kann man sich leicht vorstellen. In einem Berichte des Dr. I. aus Frauenstein heißt cs: Seit meinem letzten Berichte hat sich das Bild unserer Ruinenstadt nur wenig verändert. Hier und da sieht man in einem stehen gebliebenen Gewölbe die Arbeitsstätte irgend eines Handwerkers aufgcschlagen, der den harten Verlust, der ihn getroffen, durch eisernen Fleiß wieder ersetzen und wenigstens für sich und die Seinen nur etwas verdienen will. Und wie die Noth immer erfinderisch macht, so findet man auch jetzt bei uns wahrlich ganz originelle Einrichtungen. Da hat ein Kaufmann feine geretteten und neu bezogenen Waaren auf einem Kegelschub ausgebreitet und sucht sich durch turnerische Freiübungen wenigstens annähernd zu erwärmen, weil er einen Ofen in seinem feuergefährlichen Locale nicht anbringen kann, dort sitzt ein Klempner in der pfarrherrlicheu voin Feuer verschont gebliebenen Küche und bessert vom Brande halb vernichtete Geräthe aus; hier steht an einer Hausruine mit Kohle geschrieben: der Verkauf befindet sich im Keller, dort ist die kleinste stehen gebliebene Hütte zum Gasthof zum Löwen avancirt. Kleidungsstücke sind in solchen Massen für uns eingegangcn, daß nicht nur reichlich Jedem davon zu Theil wird, sondern daß wir fast bitten möchten, die Zusendungen derselben nun lieber den armen Lichtenstcinern zuzuwenden, da der Bedarf hinlänglich doppelt über-