Volltext Seite (XML)
134 unter den Füßen wird, sind mehrere neue Unternehmungen weit von der Grenze in Gang gebracht worden. Neuerdings hatten sich einige in Attika und Böotien herumzichende Banden vereinigt, kaum M/2 Meile von Livadia am Hellen Tage Stellung genommen und in 6 Stunden gegen 150 Reisende unbehelligt ausgeplündert und theilweise festgehalten. Als die Truppen sich in Bewegung setzten, war das Feld geräumt. Die Banditen hatten sich mit den Pferden ihrer Opfer beritten und aus dem Staube gemacht. Atan sah sie unter dem Gesänge neuer Klephtenlieder mit sieben ihrer reichsten Gefan genen über das Schlachtfeld von Chacrouea reiten. Auch auf dem kleinen Ithaka, derHeimath des edlen Odysseus, statteten die Schnapp hähne einen Besuch ab und brachten einen Gefangenen von der Insel mit, den sie zwangen, um Einlaß in das Haus eines ihm bekannten, vermögenden Mannes zu ersuchen. Als arglos geöffnet wurde, drang die saubere Gesellschaft ein, machte den Hausbesitzer zu ihrem Ge fangenen und führte ihn nach dem Fcstlande, von wo aus sie ein hohes Lösegeld für sein Leben forderte. Aehnliche Fälle kommen in Masse vor, und der Berichterstatter sieht kein Heil für Griechenland, wenn man sich nicht zu einem Vcrtilgungskampfe entschliche. In Betreff der sonstigen politischen Lage Griechenlands deutet derCorre- spondent auf den Mißbrauch, welchen Bulgaris mit dem Namen des Königs zu seinem Zwecke getrieben, und erklärt, das heutige Ministe rium sei nur deßhalb schwach, weil der Einfluß des Hofes, wie man glaube, ihm entgcgenarbeite. Die Berwaltungsmaschine könne nicht stetig und befriedigend arbeiten, fo lange der König nicht die große, in seine Hand gelegte Macht benutze, um ihr den nöthigen Halt zu geben. Vermischtes. Kassenbcamte sollten täglich beten: Und führe unS nicht in Versuchung! — In Marburg hat sich ein Postbeamter, der 500Thlr. unterschlagen halte, im Gefüngniß entleibt. In Berlin suchte ein Postbeamter einen Diebstahl zu verdecken, indem er sich selbst an Händen und Füßen knebelte und sagte, ein Unbekannter habe ihn gebunden und die Kaffe beraubt. Das Geld fand sich auf dem Ofen des Bureaus. Glogau, 17. April. Von einer Abthcilung Sträflinge, welche gestern Vormittag mit Arbeiten in dec Nähe der Gcundmühte beschäftigt war, versuchte einer derselben zu entfliehen. Der wacht habende Posten rief den Sträfling an, stehen zu bleiben und brachte demselben, indem er ihn verfolgte, auch einen Bayonnetstich bei. Da derselbe aber trotzdem nicht stehen blieb, die Flucht vielmehr fort setzte, legte ein Soldat an gab Feuer und der Sträfling stürzte ge troffen darnieder. Er ist schwer verwundet nach dem Militair-Laza- reth geschafft worden. Sorau, 16. April. Gestern hat sich über Sommerfeld ein heftiges Gewitter entladen, bei welchem leider eine auf dem Felde beschäftigte Mutter mit Tochter und Magd vom Blitz, und zwar die Mutter mit tödtlichem Ausgange, getroffen worden sind. In Heilbronn wurde einem 31jährigen Dienstmädchen eine Näh nadel aus dein Bauche geschnitten, welche sie als 8jähriges Mädchen verschluckt hatte. Seit einem halben Jahre erst stellten sich Schmer zen im Leibe ein, welche an den längst vergessenen Unfall erinnerten. In Paris starb vor wenigen Tagen ein Mann in dem Alter von 32 Jahren, der seit dem 7. September vor. Jahres im Hospi tale Bicotre in einem kataleptischen Schlafe gelegen hatte. Während der sieben Monate, welche dieser Erschöpfungsschlaf gedauert hatte, war er nur ein einziges Mal und zwar kurz vor seinem Sterben er wacht; er öffnete da die Augen und sprach einige italienische Worte, die seine Umgebung nicht verstehen konnte. Der Kranke ist nicht an einer Entkräftung, sondern an einer Pneumonie gestorben. Man nährte ihn mittelst einer durch die Nase eingeführten Speiseröhren- Sonde mit folgenden Speisen: des Morgens mit einer Kanne Cho- colade, des Mittags mit einer Kanne Bouillon, des Abends mit dem selben Quantum Bouillon und dem Drittheile guten Weines. Die Starrsucht, von der schon viele Fälle beobachtet worden, ist eine äu ßere Erscheinung dieses von den Aerzten noch nicht hinlänglich deft- nirtcn Zustandes, der bei dem Manne Hypochondrie, bei der Frau Hysterie heißt, und die gewöhnlich mit dem allgememeinen Namen „nervöse Krankheit" bezeichnet wird. Der Hunderlgarde Göcard hat den Langschläfer mehr als eine Stunde magnetisirl, mußte aber die Hoffnung aufgcben, ihn aus seinem kataleptischen Zustande zu erlö sen. Die Leichcnbeschau, unter der Leitung des Ur. Legrand-dü-Saule, wird vielleicht einige Aufklärung über diesen Langschläfer geben. (Die neue Thcilung der Erde.) Im Herbst des vorigen Jahres verbreitete sich, wie der Wanderer schreibt, unter den Zigeunern in Ungarn das Gerücht, der heilige Vater in Rom werde, um ewigen Frieden auf der Welt zu stiften, in diesem Jahre eine neue Verthei- lung der Länder der Erde vornehmen und ganz besonders die Zi geuner, welche bisher zerstreut in der Welt umherirren, mit einer bleibenden Heimatstätte zu bedeuten. Das seltsame Gerücht fand Glauben bei dem sonst mißtrauischen Stamme, weil es zufällig mit seiner ältesten Tradition harmonirt, nach welcher über kurz oder lang ein mächtiger Pharao mit seinen Streitern auf schwarzen Rosien an herbrausen werde, um sein zerstreutes Volk zu sammeln und zurück in die Urheimat zu führen. Am untern Ende des Neusiedlersee's liegt das Dorf Sarosvam, dessen Gemeinde-Anger eine stattliche Co- lonie Zigeuner beherbergt. Das Haupt der Sarosvamer Z egeuner ist unter dem Namen Tüzes Warga sowohl in der dortigen Gegend, als auch auf dem Wiener Pferdemarktc bekannt, allwo er regelmäßig an jedem Dienstag zu erscheinen pflegte. Im Eckwirthshause in der Fasangasse erfuhr nun Warga kurz vor dem letzten Weihnachtstage enes Gerücht, eilte heim mit dieser Nachricht und durchzog die an ¬ grenzenden Comitate, um sie auch andern Mitgliedern des Stammes zu verkünden. Tüzes Warga kehrte nach Sarosvam zurück und be gann sogleich Vorbereitungen zu einer großen Reise zu treffen. Da sich aber die Behörde auf wiederholtes Ansuchen zur Verabfolgung eines Passes für ihn und die Seinen nicht verstehen konnte, so lud Warga seine Angehörigen auf 3 mit 10 Pferden bespannte Wagen und verließ nächtlicher Weise den Gemeinde-Anger von Sarosvam. Ende Februar gelang es der Caravane, die italienische Grenze zu überschreiten und sich bei Udine mit einerzweiten Schaar ungarischer Zigeuner zu vereinigen, die verabredelcrmaßen auf anderem Wege dahin zu gelangen wußte. Kurz vor Ostern erschien der vereinigte Zug in Rom, um sich vor den Maliern der ewigen Stadt in Zelten niederzulasien. Die römische Polizei gestattete ihm eine Aufenthalts- frist nur bis zum Eintritt eines schöneren Reisewetters. Die Zigeu ner gedenken jedoch alldort bis zum Act der Weltvcrtheilun g zu ver bleiben. (Kuchen aus Mücken.) Am nördlichen Ufer des Nyassasee's in Afrika haben die Einwohner einen Theil des Jahres eine Ernte, die eine besondere Art Nahrung liefert. Es sind dies zahlreiche Schwärme von Mücken, welche die Luft bis zu einer unermeßlichen Höhe füllen. Von der Ferne glaubt man Rauch zu erblicken, der aus meilenweit brennendem Grase aufsteigt. Diese Mücken werden von den Einge borenen „Kuncho" d. i. Wolke, dichter Nebel, genannt, des Nachts eingesanunelt und zu einem dicken Kuchen eingekocht, der als Lecker bissen angesehen wird. Ein solcher Kuchen, der einen Zoll dick und wie eine Mütze groß ist, hat eine dunkle Farbe und schmeckt dem Ca- viar und den eingesalzenen Heuschrecken nicht unähnlich. Zur Her stellung eines einzigen Kuchens sind natürlich Millionen Mücken er forderlich. Chinesische Heirathen. Eigcnthümlich, wie das ganze chine sische Reich, sind auch ihre Heirathsgebräuche. Es ist dort Mode, sehr früh zu heirathen: unter den Mandarinen und den wohlhaben den Classen beginnt das heirathssähige Alter für das männliche Ge schlecht mit dem 19., für das weibliche mit dem 12. Jahre. Die ärmeren Klaffen heirathen, sobald sie im Besitze eines zum Kauf einer Frau und zur Bestreitung der damit verknüpften Kosten hinreichenden Vermögens sind. Es kommt wohl vor, daß ein armer Mann nach dem Findelhause in seiner Nachbarschaft geht, dort sich ein Mädchen holt, um es mil nach Hause zu nehmen und es zu erziehen, um es dann seinem Sohne zur Frau zu geben, wenn er in das heirathrfähige Alter getreten ist. Dies charakterisirt vollständig die Sparsamkeit und die Vorsicht, Eigenschaften, die zu den natio nalen Zügen der Chinesen gehören. Erstens erhält man sich dadurch das Geld, welches zum Kaus einer Frau hätte ausgegeben werden müssen; zweitens wird das "Mädchen durch ihre zukünftige Schwieger mutter erzogen und wird dadurch mit allen häuslichen Gewohnheiten der alten Dame bekannt; endlich drittens, wenn das Mädchen nicht gutmüthig, fleißig und rücksichtsvoll in ihrem Benehmen gegen ihren künftigen Ehemann und dessen Eltern ist, wird sie ganz ruhig ent lassen, ohne all' den Lärm, welcher erfolgt, wenn eine Frau wegen schlechten Betragens nach der Verhcirathung zu ihrer Familie zurück geschickt wird. Der Zug hatte sich verspätet. — Ich schlenderte von Langeweile geplagt durch die einsamen Straßen eines Provinzialstädtchens au der Kirche vorbei — doch nein! Aus derselben ertönten zu einer nicht kirchlichen Zeit Orgerklänge — ich ging hinein: — Eine Trau ung mit zahlreicher Vettern- und Bascnbegleitung. Die Braut, in Weiß, ein junges Mädchen, blondhaarig, blauäugig, rothwangig, feurig, ein Engel zum Küssen! Der Bräutigam ein langer, hagerer Mensch, zwischen 30 und 60, untadelhafter Frisur, vor den Ohren kunstgerechte Locken, einen fadenscheinigen Rock, nicht zu kurz, der Schnitt wohl aus dem vorigen Jahrhundert, die Cravatte correct, weiße Weste und blanke Stiefel, am Knopfloch kein Kränzchen, einen Kranz! Was mochte das holde Mädchen bewogen haben, diesen zu ehelichen? Sind die Männer so rar? Es schien mir ein Burcaukrat, vielleicht ein Calculator mit mindestens 200 Thlr. Gehalt und freiem Siegellack — soll sie die zu erwartende große Pension verlockt ha ben? Diese und weitere Fragen unterhielten mich lebhaft, als bereits der Herr Pfarrer seine Fragen begann, zuerst an die Braut: Sind Sie willens, di. di. als Gatten zu nehmen? — Ihren Rosenlippen entduftete ein vernehmbares „Ja". Welcher Lichtstrahl in des Bräu tigams verdumpftcm Altjunggescllen-Herzen! Mit welchem Pathos wird er jetzt sein „Ja" vernehmbar machen? — „Sind Sic willens Jungfrau di. di. " man hörte bei diesen Worten vorder Kirche ein Signal und bemerkte, daß der Herr Bräutigam sich ermannte, jedenfalls um Luft zu seinem „Ja" zu schöpfen — „als Gattin zu nehmen?" — Ein zweites Signal und — mit Löwensätzrn war der Bräutigam, der nur noch einen Laut von sich zu geben brauchte, um in den Abgrund der Ehe zu stürzen, zur Kirche hinaus. — Die Braut fällt in Ohnmacht, die Vettern und Basen stehen versteinert. — Das Signal war Feuer! und der Herr Bräutigam — Mann von der Spritze! In Peru ermordete kürzlich ein chinesischer Arbeiter ein ganze Familie von 7 Personen. Er wurde fcstgenommen, unterwegs aber, auf dem Wege zum Gefängniß vom Bolle in Guadelupe der Poli zei entrissen. Man führte ihn nun aus den Marktplatz, begoß ihu ganz und gar mit Kerosenöl und ließ ihn dann bei lebendigem Leibe verbrennen. Eine Zeitung vom „Salz-See", dem gelobten Lande der Mor monen, bringt die traurige Nachricht, daß ein Bischof nicht zum Ge bet kommen tonnte, weil der „Heilige" von seinen Heiliginnen der maßen im Gesicht zerkratzt war, daß er das Bett hüten mußte.