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WacheMM für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, McbcnlesM und die UnMgnidcn. Wmlsölatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. AI. Dienstag, den 16. Wärz Tagesgeschichte. Wilsdruff, 15. März 1869. Bei der heute stattgefundeuen engeren Wahl eines Abgeordneten zum norddeutschen Reichstage wurden im Ganzen 305 Stimmen ab gegeben, davon erhielt Herr Hofrath Ackermann in Dresden 174 Stimmen, Herr Advokat und Redactcur Siegel in Dresden 122 Stimmen. 9 Stimmzettel waren ungiltig. Der neue Reichstagsabgcordncte für Pirna re., Adv. Eysoldt, hat sich im Reichstag nicht der national-liberalen Fraction angeschlos- scn, sondern der Fortschrittspartei. Auch für unsere sächsischen Land tagswahlen ist er nicht dem Progamm der National-Liberalen, son dern dem der Dresdner Demokraten bcigetretcn. Die „B. N.", welche meinen, „der sächsische Abgeordnete zum Reichstage müsse den Boden seiner Wirksamkeit mit der Absicht be treten, ihn zu bebauen, nicht, ihn unfruchtbar zu machen helfen," sagen doch: „Augenblicklich kann man nicht mehr erstreben, als Wi derstand gegen dre allzusehr sich breit machenden ccntralisirenden Ge lüste, gegen die scheinbar vorherrschende Neigung der Präsidial-Regie- rung, gurch Organisation eines kolossalen Militärstaates die Kräfte der Einzelstaaten zu erschöpfen, um auf diesem Wege sie in eine grö ßere Abhängigkeit von sich zu bringen, als die abgeschlossenen Ver träge dies zugestehen. Dazu treten die Forderungen eines gesunden Fortschritts auf allen Gebieten des Rechts und der BundeSgesetzge- bung, ferner Sparsamkeit in Ausgaben, Erleichterung der Steuern, Freiheit der Bewegung und der Arbeit. Die Stadt Leipzig hat einen ihrer hervorragendsten Bürger, die liberale Partei in Sachsen einen ihrer bewährtesten Führer ver loren. Adv. I)r. Joseph ist am 7. d. M. nach kurzem Krankenlager im 58. Lebensjahre verschieden. Am 6. d. M. Abends brannten in Dippoldiswalde 7 Scheu nen total nieder. Auf die Entdeckung des Mörders des Försters Mailke, der be kanntlich am 22. v. M. auf der Grenze des Drobcner Forstreviers in der Lausitz ermordet gefunden wurde, hat das Ministerium der Justiz die Summe von 100 Thlr. und der Graf von Einsiedel auf Mittel ebenfalls 100 Thlr. gesetzt. Minister von Friesen wird Berlin am 20. d. M. verlaffen und nur in gaitz dringenden Füllen dahin zurückkehren. Sachsen behält übrigens trotz des BundcsetatS für die auswärtigen Angelegenheiten sein auswärtiges Ministerium. Das von dem Baurath Roeder entworfene Project eines Canals, der unfern Meißen aus der Elbe beginnend und bei Köpenick in die Spree endend, Elbe und Spree verbinden und Dresden und Berlin durch eine Wasserstraße von 27Vr Meilen einander nähern soll, er freut sich sehr günstiger Aufnahme der Acltesten der Berliner Kauf mannschaft. In einer auf den sogenannten Drescherhäusern bei Dresden be findlichen Wohnung seiner Eltern hat 'sich vor wenig Tagen ein erst 14 Jahr alter Knabe erhängt. Das Motiv dieser bedauerlichen That ist noch unbekannt. In Großenhain starb am 11. d. M. nach viertägiger Krank heit und unter den entsetzlichsten Qualen an Wasserscheu ein 55jähr. Steinsetzer. Derselbe hatte im August v. I., als sein zehnjähriger Knabe von einem der Tollwuth verdächtigen Hunde eben gebissen worden, letztem gepackt und so lange festgehalten, bis er von einem Andern erschlagen werden konnte. Hierbei war der Unglückliche selbst in den linken Vorderarm gebissen worden. Trotz sofortiger ärztlicher Behandlung des Mannes ist nach 8 Monaten bei ihm die Wasser scheu ausgcbrochen. Ein bcdauernswerther Fall hat sich dieser Tage in dem Wald orte Gottesberg ereignet; eil toller Hund hat 3 Personen gebis sen, und soweit bekannt, auch viele Hunde und Katzen — welche zum größten Theil getödtet fein mögen. Gedachter Hund hat sich/ehe das Geschoß des Jagdgehilfen Gehrig ihn erreichte, am 3. und 4. März in Gottesberg, Voda, Tannenbergsthal, Jägersgrün, Nautcn- kranz, Wilscbhüuser und Carlsfeld herumgetriebcn, ist in die Gehöfte, selbst in bewohnte Stuben und Bodenräume mehrerer Häuser eingc- drungen und hat seine Opfer nicht nur daselbst, sondern auch auf dem Wege dahin gefunden. In seiner Morgenzeitung erhebt Friedrich Oetker, der alte Vorkämpfer Preußens in Kurhessen, laute Klagen über den Gang der inneren Politik in Preußen. Er weist nach, wie diese innere Politik den Freunden Preußens das Leben herzlich sauer mache. Andere öffentliche Stimmen fragen, ob man in Berlin alle diese Warnungen überhören werde. Die Zustände, die ganze Luft, in der wir leben, sei nicht der Art, daß man die dringendsten Arbeiten immer wieder auf den nächsten Tag verschiebe, sie verlangen andere Dinge als die Einführung neuer Gesangbücher und Befestigung der Orthodoxie. Es müsse vielmehr, wie der König einmal selber gesagt habe, ge wacht und gearbeitet und mit allem Fleiß hervorgekehrt werden, was eint, und zurückgestellt, was entzw eit. Von beiden Theilen, von der Negierung und dein Volke, müsse dahin gearbeitet werden, die Wünsche des Volkes und der Abgeordneten aber Hütten bis jetzt sel ten Gehör gefunden. In den hohen diplomatischen Regionen ist offenbar etwas los, die Gerüchte gießen wie mit Kannen. Wir spannen unsere Lu- tout-oas auf und lassen durcheinander Regen und Sonnenschein da rauf fallen. Die Abberufung des Grafen Usedom, eines der begab testen preußischen Diplomaten bedeutet etwas, man weiß nur nicht was; der Herzog von Grammont, der französische Gesandte ist eiligst von Wien nach Paris gerufen worden. Der bayrische Premier con- ferenzirt plötzlich in Nördlingen mit dem schwäbischen Premier. Man sagt, Preußen nähere sich Oestreich, mau sagt auch, Bismarck habe seine Entlassung angeboren; alle Berliner Zeitungen widersprechen, sogar telegraphijch. Eine große Wiener Zeitung sagt: In Berlin bereitem flch jetzt offenbar Dinge von entscheidender Bedeutung für die Zukunft vor; dort liegt der Knotenpunkt der Ereignisse, nicht in Paris, nicht in Brüssel. Es geht allerdings in den Hohen Regionen etwas vor, nur weiß Niemand genau was vorgeht. Die Wiener flüstern von einem Sturm wider Bismarck. Den Herren von der Börse licgts schwer in allen Gliedern. Südamerika. Eine Korrespondenz aus Nio de Janeiro er zählt folgende Barbareien des Präsidenten Lopez von Paraguay. Lopez ließ stets den Gefangenen vor dein Erschießen 500, 1000, ja 1200 Hiebe geben. Auch der Minister Berger wurde vor dem Fü- siliren geprügelt. Benigno Lopez, sein Bruder wurde zerfleischt. Äu ßer dem Bischof von Asunton, dem General Barrios, seinem Schwa ger und seinem Bruder Benigno ließ Lopez am 21. December v. I. die Frau des Obersten Martinez und andere Frauen erschießen. Seine beiden Schwestern Donna Jnnveencia, die Frau des Barrios urd Donna Rafaela, die Wittwe des Saturnino Bedoya, der im Mar- tcrblvcke starb, sowie sein Bruder Venancio mußten der Hinrichtung beiwohnen und wurden dann auf einer Karre ins Innere, man weiß nicht wohin, tranSportirt. Der Hauptmann Saguier erduldete die Qualen des Blocks und sagt, daß von keiner Foltcranstalt so scheuß liche Marterwerkzeuge augcwcndet werden. Auf dem Marsche von San Fernando nach Vilctta, ließ Lopez alle Maroden, die nicht weiter konnten und um Gottes Willen um einige Zeit zum Ausruhen baten, ohne Unterschied, Officiere, Soldaten,' Gefangene, Priester, Weiber, Kinder und Greise ohne Erbarmen mit dem Bayonnet vie- dcrstechen. 8—10 Kriegsgefangene starben täglich aus Mangel an Nahrung, obgleich es an solcher bei den Paraguiten nicht fehlte. Protokollanszug aus den Verhandlungen des Wilsdruffer Kircheuvorstandes. In der Sitzung vom 25. November 1868 entspann sich aus Veranlassung eines im hiesigen Wochenblatte enthaltenen Aufsatzes, die Nichtbeachtung des Kirchenvorstandes bei der Einweisung und An trittspredigt des Herrn Diaconus Fieser betreffend, über diesen Ge genstand eine längere Debatte, die in dieser Sitzung nur zu dem Re- ' sultate führte, daß der Kirchenvorstand einstimmig beschloß, daß er sich in dieser Angelegenheit äußern,, die Form dieser Aeußerung aber erst in der folgenden Sitzung beschließen wolle. Hierauf wurde beschlossen, ein vpn der verstorbenen Frau Schnitt händler Hofmann der hiesigen Kirche testirtes Legat von 100 Thlr. unter den testemcntarisch festgestelltcn Bedingungen für hiesige Kirche mit Dank anzunehmen.