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eingeführten Concurren; und Einführung von festen Schornsteinfeger- Kchrbezirken bitten. Auch die Zünftler (Norddeutscher Handwerker bund) protcstiren gegen die Gewerbefreiheit, während von anderer Seite noch Vorschläge zur besseren Durchführung der Gewerbefreiheit u. A. durch Beseitigung der Privilegien der Abdecker und Aufhebung aller Concessivnen gemacht werden. Graf Schwerin hat im Reichstage den Antrag gestestellt, eine Sitzung wöchentlich für Berathung und Erledigung von Anträgen u. Petitionen anzusetzen. Petitionen waren seither im Land- und Reichs tage die Aschenbrödel und Stiefkinder, zu Schocken liefen sie ein und kaum zu Dutzenden wurden sie erledigt, sie wurden hin und her ge stoßen und schließlich klanglos begraben, weil es an Zeit zur öffent lichen Berathung fehlte. Petitionen von Privaten und Gesellschaften sind aber oft, wenn es auch wunderliche Käuze unter ihnen giebt, der letzte Stoßseufzer eines geqäulten, von Pontius zu Pilatus ge schickten Staatsbürgers und seine letzte Hoffnung auf Erhörung eines guten Rechts, daß wegen allerlei äußerer Mängel in den Justanzen- zügen der Büreaukratie stecken geblieben und eingesargt worden ist. Sie sind oft der letzte Aufschrei eines Rechtes und der Reichstag sollte sich sein schönes Recht, eine Instanz über den bureaukratischen In stanzen zu sein, nicht selbst verkümmern. Manchem Bittsteller und Beschwerdeführer ist schon geholfen, wenn seine gute oder doch billige Sache vor dein Reichstage öffentlich verhandelt und begründet ge funden wird. Das Gesetz über Rinderpest, welches der Reichstag angenom men hat, setzt eine Entschädigung für getödtetes und gefallenes Vieh aus Bundesmitteln fest. Unterläßt aber ein Viehbcfftzer schleunige Anzeige erkrankten Viehes, so verliert er jeden Anspruch auf Ent schädigung. Die Fortschrittspartei (Hagen) wird einen Antrag einbringen, welcher die vom Bundespräsidium erlassene Verordnung vom 22. März 1868 betr. die Einführung der in Preußen geltenden Vorschriften übcr die Heranziehung der Militairpersonen zu Kommunal auflagen im ganzen Bundesgebiete (Befreiung der Militärpersoncn von den städti schen Steuern), für rechtsungiltig erklärt, weil die Verordnung ohne Zustimmung des Reichstags erlassen ist. Die Fortschrittspartei hat wiederum einen Antrag auf Zahlung von Diäten an die Reichstagsabgeordnetcn eingebracht. Im Reichstage ist Laskers Antrag auf vollständige Redefrei heit der Einzellandtage des Norddeutschen Bundes mit großer Ma jorität angenommen worden. „Kein Mitglied eines Landtages darf zü irgend' einer Zeit wegen seiner Abstimmung oder wegen der in Ausübung seines Berufs gethanen Aeußerungen gerichtlich oder dis- ciplinarisch verfolgt oder sonst außerhalb der Versammlung zur Ver antwortung gezogen werden." Graf Bismarck zeigte dem Anträge ein verdrießliches Gesicht, was für die Annahme im Bundesralhe ziemlich bedenklich ist. Der Mecklenburger urfeudale Graf Bassewitz äußerte, das Privilegium nach allen Seiten zu verläumden, dürfe nicht ertheilt werden, und rügte, daß der Antrag aus dem kleinen Meiningen komme, (Lasker ist im Meininger Oberlande gewählt), worauf ihm Abgeordneter Braun sofort versprach, daß der Reichstag sich nicht daran stoßen werde, wenn auch einmal ein guter Antrag aus Mecklenburg gestellt werden sollte. In Ungarn kosten die Wahlen Blut und Geld zugleich, denn die Wähler werden oftmals auf Negimentsunkostcn tractirt. Rian be rechnet, daß dem reichen jüdischen Kaufmann Wahrmann in Peslh seine Wahl 20—30,000 Gulden kosten kann. Dafür wird er aber auch der erste Vertreter seiner Art sein, welcher seit dem vielhun dertjährigen Bestehen des ungarischen Landtages in demselben sitzen wird. In Bremen ist das größte Weltwunder unseres Jahrzehnts zu sehen, nämlich ein Ueberschuß von 57,000 Thlr. in der Staatskasse. Paris, 17. März. Gestern Nachmittag um 4 Uhr ist das Ma gazin von chemischen Producten des Herrn Fontaine, Mitglied des Instituts, auf dem Platze der Sorbonne durch eine Explosion zer stört worden. Vier Leute blieben todt, darunter Fontaine's Sohn; die Zahl der Verwundeten ist noch unbekaunt. Der ganze Sorbon neplatz ist verwüstet. Der Schaden an Waaren wird auf 600,000 Fr. geschätzt. Der Preis, den Napoleon den Italienern für ein Bündniß zahlt, ist Rom. Der Kirchenstaat soll bis zum Tode Pius IX. fortbe- stehen, tritt aber ein Kriegsfall ein, so dürfen die Italiener Nom sofort besetzen. Aus der Uatur. (Schluß.) Sobald die Sonne über die Fluren leuchtet, weckt sie tausend faches Leben. In den Zweigen der Urwälder turnen allerhand Vö gel, weiß, blau, goldfarben rc., klein und groß, piepend, krächzend und schreiend. Keiner dieser kleinen und großen Schreier überbietet aber die Amazonen, eine Papageienart, welche vom frühen Morgen bis zur Nacht einen heillosen Scandal verführen; sie schreien eben in einem fort. Ihre dicke, fleischige Zunge befähigt diese Vögel, bis zur Täuschung, Worte nachzuplappern, zu seufzen, lachen, niesen, gähnen, singen und pfeife». Besonders fähig sind die Lori's dazn. In Madrid gab es einen solchen Papagei, der französisch und spanisch sprach und auswendig gelernte Fabeln und Anecdoten im Zusammenhänge hersagte. Er hatte 30 Guineen gekostet, was nach unserem Gelbe wenigstens 200 Thlr. sind. Auch Raben, Elstern, Staare und Dohlen lernen sprechen. Zu diesem Behufe löst man ihnen das Zungenband, obgleich es sehr wenig beiträgt. Die vogel liebenden Thüringer richten deren viele ab und bringen ihnen die weniger classtschen Worte: Schelm, Spitzbube, Schlingel rc. bei. Als Kaiser Augustus von einem Siege nach Nom zurück kam, soll ein Rabe ihm zugerufen haben: Xvo La68ur; Vietor, imxvrutnr! (deutsch: Willkommen Kaiser, Sieger, Herrscher!) Auch ein lustiges Geschichtchen hat sich erhalten: Es drang ein Dieb des Nachts in eine Stube, darin ein solcher schwatzender Rabe schlief. Der Dieb öffnet seine Blendlaterne und verschrottet zum Erbrechen einer Kommode. Plötzlich rauschts über ihm. Es läßt sich etwas auf seine Achsel nieder und schreit ihm das furchtbare Wort Spitzbube mächtig ins Ohr. Der Dieb erschrickt der art, daß er nichts Besseres weiß als ausrcist. Der Rabe lacht ihm nach. Ein ähnlicher Schreier, wie der Papagei, ist znr Brunstzeit der Auerhahn, welcher so laut und anhaltend schreit, daß er sich selbst übertäubt. Der Birkhahn spricht in seinem Falzgeschrei das Wort „Frau" ganz deutlich aus. ' - - „ .. ' . Die Pfauen lassen bei Aenderung des Wetters besonders ein häßliches Katzengeschrei hören. Auch das Geschrei des Nußhähers- und noch mehr das des Falken, gleicht dem Mauen einer Katze und sehr widrig. Ganz ähnlich schreien die Jungen des Pyrols. Der Cvmaran, eine Art Kropfgans, brüllt wie ein Kalb, wäh rend der gemeine Pelikan gleich einem Esel schreit, welchen lieblichen Gesang dia'Penguiene (Fettgänse) mit ihm gemein haben. Der Scharfsäger hat seinen Namen daher, daß sein Geschrei dem Geräusche ähnlich ist, welche eine hin und her gezogene Sägt macht. ' .' Das Müllerchen (eine kleine graue Grasmücke) hat seinen Nm. men von den lauten Tönen: Klepp, Klepp, Klepp! die es seinem leisen, angenehmen Gesang einvcrwebt und welches dem Klappern des Mühlganges nicht unähnlich ist. Die Kanarienvögel rufen öfter, indem sie Vie silberhellen Töne einer Octave einzeln herabsingen, trompetenmäßig die Sylben „Tcr- teng" dazwischen. Der Staar ist auch so ein musikalisches Genie, welches Alles singt. Rian lausche einmal seinem lieblichem Sange und man wird sicher Anklänge an allerhand Vogelsprachen finden. Er ist vogel- fprachckund, wie Salomo, wie Fr. Rückert singt. Während des Dompfaffen Gesang, so le nze ihm nicht Unterricht ward, dem Gekreisch eines »»geschmierten Karrens ähnelt, singt er doch, Nachdem er auf dem Couservatorium war, ausgezeichnet, ver mag sogar aus dem Stegreif dann unsern Gesang zu acompagnircn- Aehulich dem Staare singt der Dorndreher, ei» Raubvogel, alle Melodien, die er hört, im Augenblicke nach und gewährt uns durch seinen Gesang einDogelgesangpotpourri. Ebenso der graue Würger- Besonders verwickelt ist der Finkenschlag, wo man am Ende jeder Strophe gewisse Worte zu hören glaubt, als: Bräutigam, RcÜ- zug, Musketier, Davide, Gutjahr rc. Auch die zänkischen Meise" singen, obwohl leise, doch wunderschön, in die Wette mit dem klei nen Zaunkönig, wo die noch kleineren, oft nur Hummclgroßen Ko libris, nur summen. Mancher Vögel Gesang ähnelt unserem Lachen. Zum Beispiel das der Lachtauben und Lachmöven, welche hoho, hoho, hohoho hö ren lassen. Stockeule und Holztaube schreien dem ähnlich. Die Trommeltaube trommelt dem Liebchen eins vor, wo die Kropstaube derselben eins im höheren Tone knurrt und rülpst. Der Ortolan singt, wie die Spottdrossel, Tag und Nacht. N"t ganz wenige Vögel sind ganz stumm, wie z. B. die Haarschnepfe. Ein schöner Genuß ist es sicher, an warmen Frühlingstagen ff" Walde zu lauschen, wie in so mancherlei Sprachen und Zungen gefiederten Sänger ihr Leid und ihre Freude ergießen, ein Gratis' Eoncert, welches des Hörens würdig ist. Auch den Text würden N'ü verstehen, wie die Kinder ihn so leicht verstehen, wollten wir wiede rum Kinder am Herzen werden, wobei wir recht gut Männer "" Geist lind Muth sein könnten. Dann wäre Rückerts Wort cu"v für uns: O du Kindermund, o du Kindermund Unbewußter Weisheit froh Vogelsprache kund, Vogelsprache kund Wie Salomo! Dann verstünden wir, was die Schwalbe singt: Als ich Abschied nahm, als ich Abschied nahm, Waren Kisten und Kasten schwer; Als ich wieder kam, als ich wieder kam, War Alles leer! Vermischtes. Auf dem Bahnhofe in Prag kamen neulich zwei Knaben von und 14 Jahren und wurden von der telegraphisch unterrichteten lizci in Empfang genommen. — Woher? — Aus Nordheim inH"! nover! — Wohin? — Nach Hietzing zu Sr. Majestät unserm Kön's Georg, wir wollen keine Preußen sein? — Wo Habt Ihr Eure I. stolen? — Die Pistolen hatten wir nur in Preußen, nöthig, dort h" ten wir uns erschossen, wenn man uns angehalten hätte; in Bove, bach in Oestreich haben wir sie weggeworfen. — Die beiden Schn" würden in ihre Schule zurückgesandt, nachdem ihnen vorher auf dringendes Bitten die königl. Burg am Hradschin und das Denk"'' Radetzkys gezeigt worden war und eine östreichische Musikbande ih"' ein Stück gespielt hatte. Roirsdorf, bei Bonn, 17. März. Heute früh wurde hier " im benachbarten Bornheim eine heftige aber kurze Erderschütter" verspürt. Richtung von Südwest nach Rordost. Himmel trübe, V