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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Titbcxlchu und die Umgegenden. Umtsklatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Madtrath daselbst. 73. IreiLag, den 17. September 1868. Tag esgeschich te. Wilsdruff, am 16. September 1869. Aw letztvergangeneu Sonntag fand bei uns die Kirchenvisi tation statt. Im Vormittagsgottesdienste predigte Hr. I'. Schmidt über das Evangelium Luc. 7, 11—17, woraus er das Thema entnahm: „Jesus Christus, unser Herr, schasst auch noch heute neues Leben, wie einst zu Nain," indem er 1) die Trauernden tröstet, 2) die Todten auferweckt, 3) die Getrennten wie der vereinigt. Nach der Predigt trat Herr Sup. vr. püil. Meier an den Altar und sagte: nickt in seinem, nicht in des Kirchenregi mentes, überhaupt nicht in eines Menschen Namen, sondern in dem Namen deß, der etliche zu Aposteln gesetzt Hal, etliche zu Prophe ten, etliche zu Evangelisten, etliche zu Hirten und Lehrern, sei er ge kommen, um Visitation zu halten. Visitation heiße auf deutsch Besuch; bei einem Besuche aber frage man: wie geht es? Bei die sem Besuche aber und im Hinblick auf das eben ausgelegte Text- Evangelium frage er: wohin geht es? Nämlich zwei Züge sehen wir da: einen Zug des Todes und einen Zug des Lebens. Darum also solle Jeder die Prüfungsfrage an sich thun: welchem Zuge folgst du? dem Todcszuge, der zum Thore Nain's hinaus, oder dem Lebens zuge, der mit dem Herrn an der Spitze zum Thore herein ziehe? Möchten wir Alle immer dem Lebenszuge folgen! Bim Na chmittagsgot tesdiensfie wurde mit der confirmirteu Jugend, welche diesmal sehr zahlreich erschienen war, über Röm. 3, 28: „So halten wir es nun, daß der Mensch gerecht werde ohne des Gesetzes Werke, allein durch den Glauben"Katechese gehalten- Nach einer längeren, auf die Katechese überleitenden Ansprache kate- chisirte Hr. Diac. Ficker, indem er besonders die Begriffe „gerecht" und „Glauben" entwickelte, während der die Katechese fortsetzende Hr. Superintendent vorzugsweise den Begriff „Gesetz" zum Gegen stand längerer Unterredung machte. Von ^/t4 bis 5 Uhr fand dann im Saale der Stadtschule Be sprechung mit Kirchen- und Schulvorstandsmitgliedern, Lehrern und Hausvätern statt, die hauptsächlich die Erweiterung des Gottes ackers, die bessere Einrichtung der Sacristei und den spärlichen Besuch der Katechismusexamina betrat. Bezüglich des ersten Punktes einigte man sich dahin, daß man unter den gegenwärtigen Verhältnissen vor der Hand nichts weiter thun, jedoch den Gegen stand immer im Auge behalten wolle. Das Mangelhafte der Sacristei erkannte man vollständig an und erklärte sich zur Beseitigung desselben bereit, sobald der Hr. Kirchenpatron wegen des Grabge wölbes seine Zustimmung gegeben haben würde. Eine längere De batte veranlaßte der Besuch der Katechismusexamina. Einig darüber, daß dieselben, recht in Anwendung gebracht, Nutzen und Segen zu stiften vermögen, war man auf Anrathen des Hrn. Superintendenten damit einverstanden, daß künftighin allmonatlich einmal statt der Nach mittagspredigt Katechismusexamen gehalten werde, wobei man aber freilich als Hauptmittel regerer Theilnahme das erkannte, daß Haus väter, sowie Lehr- und Dienstherrn die unter ihrer Obhut stehende confirmirte Jugend zu fleißigem Besuche anhalten. Seinerseits meinte der Hr. Superintendent, das Innere der Kirche habe ihn angesprochen, aber das Aeußere scheine ihm der Ver schönerung bedürftig? auch komme es ihm vor, als ob man wohl Theilnahme am Werke der Gustav-Adolph-Stiftung zeige, nicht aber so an dem der Mission und Bibelgesellschaft, während doch sie gleich mäßig der Beachtung Werth seien, da sie zusammen gehörten, welches , Letztere jedoch vom Hr. Gerichtsamtmann Leonhardi bestritten wurde. Uebrigens sprach der Hr. Superintendent sich anerkennend da rüber aus, daß er bei seiner jedesmaligen Anwesenheit hier kirchli chen Sinn und fleißigen Kirchenbesuch, sowie auch diesmal recht er freuliche Betheiligung an der Katechese gefunden und freundliche und hübsche Antworten bekommen habe. Darum hoffe er auch für die Zukunft das Beste. So verlief die Kirchenvisitation zu allgemeiner Befriedigung der dabei Betheiligten, wie es auch nicht anders zu erwarten war in einer Gemeinde, wo Geistliche und Parochianen in gutem Einver nehmen leben. Dem sächs. Landtag soll, wie die „L. N." sagen, gleich zu Be ginn seiner Thätigkeit daS Budget für die nächste Finanzperiode, die in Zukunft nur 2 Jahre zählen wird, sowie der Rechenschaftsbericht der Staatsregierung über ihre Finanzverwaltung innerhalb der letz ten Finanzperiodc, die noch 3jührig ist, vorgelegt werden. Beide Gesetzentwürfe bilden zusammen ein Werk von ca. 50 Druckbogen. Der Rechenschaftsbericht wird unter Anderem von den finanziellen Nachwirkungen des Jahres 1866 manche nicht uninteressante Nach weise bringen. Der in Dresden am Sonnabend abgehaltene sächsische Ge- meindetag, zn welchem sich 118 Abgeordnete eingefunden hatten, nahm eine Resolution an, welche die Beseitigung des Dualismus in der Gemeindevertretung und Herstellung einer einzigen Vertretung empfiehlt. Dieselbe soll aus den auf Zeit und von allen stimmbe rechtigten Bürgern gewählten Gemeindevorstehern und Beigeordneten bestehen. Die" Wahlen sollen keiner Bestätigung bedürfen. Kleine Gemeinden sollen zu Gemeindeverbänden geeinigt werden. Das „Dr. I." berichtet aus Dresden: Am Freitag gegen 5 Uhr ist eine hochbejahrte Frau in ihrer Wohnung auf der großen Ziegelgasse von einem nnbekannten Manne, der sich bei^ seinem Er scheinen für einen Bekannten ihres in Meißen lebenden Sohnes aus gab und sich nach dessen Befinden erkundigte, räuberisch überfallen und am Halse dermaßen gewürgt worden, daß sie die Besinnung verlor. Als die Frau nach wenigen Stunden wieder zu sich kain, war der Räuber, der im Hause nicht weiter bemerkt wurde, unter Mitnahme von nur 5 Ngr, 4 Pf., die sich in einer Blechbüchse be fanden, bereits wieder verschwunden. Der Redacteur der „Seifenblasen", Buchdruckereibesitzer Gärtner in Dresden, ist auf geschehene Denuncialion des Advokaten Ur. Hans Blum in Leipzig wegen Beleidigung in eine abermalige Strafe von 30 Thaler vom Dresdner Gerichtsamt verurtheilt worden. Die Seifenblasen hatten ihre letzte, ans die Tenunciation des Ur. Blum hiu erfolgte Verurtheilung zum Ausgangspunkt mehrerer Stachelverse gegen denselben gemacht. Nachdem in der neulichen Volksversammlung in Dresden auch einige Bergleute aufgetreten waren, welche aus Anlaß des Burgker Unglücks sowohl den Bauherrn, als auch die den Grubenbau leitende Administration mit ihren Ober- und Unterbeamten in ein schlimmes Licht stellen, treten mehrere Bergarbeiter der Freiherrlich von Burgk- scheu Kohlenwerke mit der Erklärung ein, daß ihrer Ansicht nach an jenem großen Unglücke die Einrichtung, Verwaltung und Leitung der Burgker Kohlenwerke keine Schuld habe. Der Schaden, der den Bauherrn trifft, wird nebenbei auf nahezu 1 Million Thaler ange geben. Freiberg, 11. September. Wegen des Baues einer Bahn von hier nach Nossen durch die Leipzig-Dresdner Eisenbahngesellschaft hat das Directorium der letzteren neuerdings dem Vernehmen nach so bestimmte Zusicherungen gegeben, daß unter Voraussetzung einer zu stimmenden Erklärung der Generalversammlung die Ausführung der gedachten Bahn in nächster Zeit mit großer Bestimmtheit zu erwarten steht. Dagegen scheint man auf böhmischer Seite noch immer den Plan, die von Dux hierher zu bauende Bahn nicht unmittelbar in Freiberg, sondern in Vobritzsch einmünden zu lassen, nicht aufgegeben zu haben. Ohne eine Fortsetzung nach Böhmen würde die Rentabi lität der Freiberg-Nossener Bahn einigermaßen zweifelhaft sein. In Schloß Pleißenburg in Leipzig hat sich abermals ein Sol dat der Garnison erschossen. Diese entsetzliche Häufung von Selbst morden unter unserem Militair muß die tiefste Besorgniß erregen. Der gegenwärtige Fall ist in diesem Monat schon der vierte. Die Bewohner von Pulsnitz wurden vorigen Dienstag früh durch den Ruf Feuer aus dem Schlafe geweckt. Es brannte in da- siger Schloßgaffe, eine der gefährlichsten Stellen der Stadt, und zwar sind daselbst 4 Wohnhäuser, sowie 5 andere durch Flugfeuer auf der Grünen-Gasse abgebranut; einige Häuser wurden durch Ein- reißen mehr oder weniger zerstört, außerdem sind aber auch noch 11 Scheunen mit sämmtlichen Erntevorrälhen weggebrannt. lieber die Entstehungsursache ist etwas Bestimmtes noch nicht bekannt. In Hamburg ist's zu bösen Auftritten gekommen. In der großen Lauenstein'schen Wagenfabrik machten, weil der Lohn crmä-