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für - Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Sievenlehn und die Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Dtadtrath daselbst. 18«S. Freitag, den 27. August Tag esgeschich te. Wilsdruff, am 27. August 1869. Gestern feierten in stiller Häuslichkeit, im Kreise ihrer Familie ein allgemein hochgeachtetes Ehepaar, der Herr Postverwalter nebst Gattin ihre «LlUvrii« bei welcher Gelegen ¬ heit dem Jubelpaare vielseitige Beweise der herzlichsten und freu digsten Theilnahme gezollt würden. Wenn wir in letzter Nummer den Wunsch aussprachen, daß der edle Zweck und das gutgewählte Programm des heute Abend statt findenden Concerts der Restauration ein recht zahlreiches Publikum zuführen und infolge dessen der Ertrag ein reichlicher sein mochte, um so freudiger können wir schon heute die Mittheilung machen, daß der Herr Amtshauptmann von Vieth zu Dresden der Erste war, welcher den Betrag von 1 Thaler als Entree für seine Person ein gesandt hat. Wir nehmen dies als ein gutes Vorzeichen hin und sind der festen Ueberzeugung, daß unser vorher ausgesprochener Wunsch in schönster Weise sich erfüllen wird. Aus Dresden meiden die Dr. Nachr.: Wie wir hören, haben die bei hiesigen königl. Behörden beschäftigten Copisten in einer Ver sammlung beschlossen, wegen Erhöhung der Schreibelöhne sich mit einer Petition an den nächstens zusammentretenden ordentlichen Land tag zu wenden. Es wäre ihnen von Herzen zu wünschen, daß man sich zur Erfüllung dieses gerechten und billigen Wunsches bereit fände, da ihnen seit langer Zeit keine Aufbesserung zu Theil geworden, neuerdings aber bekanntlich alle Lebensbedürfnisse im Preise gestiegen und Steuern und Abgaben erhöht worden sind. Das „Dresdner Journal" enthält einen ausführlichen Bericht über die von der Staatsregierung angeordncte Untersuchung im Klo ster Marienstern, wo nach verschiedenen Zeitungsnachrichten eine Nonne eingesperrt gehalten und in barbarischer Weise behandelt wer den sollte. Der offizielle Bericht sagt, die Erörterungen haben fest- gestellt, daß die Verdächtigungen des Klosters Marienstern jeder Be gründung entbehrten und als schwere Verläumdungen desselben er scheinen. Der Geucke'sche Extrazug nach der Schweiz soll seinem Unter nehmer einen Reingewinn von 1000 Thlr. abgeworfen haben. Im allgemeinen Interesse ist nur zu wünschen, daß sich diese Mittheilung bestätigt, denn dann wäre in den nächsten Jahren eine Wiederho lung dieser so billigen Fahrgelegenheit mit Sicherheit zu erwarten. An diejenigen Bergleute, welche sich bei der Förderung der 221 Leichen aus dem Segen-Gottes- und Hoffnungsschachte am meisten ausgezeichnet haben, sind von der Dresdner Abtheilung des Central- Hilfs-Comitees 200 Thlr. verlheilt worden (abgezogen von dem Ertrag der von der Generaldirectivu der königlichen musikalischen Capelle und des Hostheaters in der Frauenkirche veranstalteten geistlichen Mu sikaufführung, welcher sich auf 1058 Thlr. belaufen hat). Die Zahl der in den letzten Tagen aus dem Segen-Gottesschachte wiederum zu Tage geförderten Leichen wird auf 7 angegeben. Ani vergangenen Sonnabend fand im Saale des Tivoli in Chemnitz eine Volksversammlung statt, in welcher Herr Zielowskh aus Berlin ein Referat über die Vorgänge vor und auf dem Con- gresse zu Eisenach gab. Nach längerer Debatte wurde schließlich folgende vorgeschlagene Resolution zum Beschlusse erhoben: „Die Chemnitzer Arbeiter sagen sich von vr. Schweitzer, von Mende und oer Gräfin Hatzfeld los und übergeben diese drei Personen dem ganzen Arbeiterstunde der gebührenden Verachtung." Die Chemnitzer Nachrichten schreiben: „Es ist höchst erfreulich, von einem achtungSwerthen Geistlichen in der Nachbarschaft F. mittheilen zu können, daß derselbe in freimüthiger Weise gegen sein Lehrercollegium sich dahin ausgesprochen hat, man solle" doch von der lleberladnug der Kinder sowohl mit Bibelsprüche», als auch mit den magern Begriffserklärungen des Zwickauer Katechismus absehen, und dafür einen Religionsunterricht geben, wie er dem kindlichen Ver- ständniß und Gemüthe angemessen erscheint. Statt der vielen Bibel sprüche verlangt er nur wenige, aber fürs ganze Leben brauchbare, die jedoch dann sicher und fest einzuprägen sind. Erwähnt sei, daß dieser Mann als früherer Rector das practische Schulleben erprobt hat und daher auch ein Verstündniß für die Schule besitzt. Wie dem L. T. von zuverlässiger Seite mitgethcilt wird, hat sich der jüngst in Leipzig wegen Duell zu einer (bekanntlich in Huber tusburg zu verbüßenden) 3'^jährigen Gefängnißstrafe verurtheilte Student Großmann diesem Urtheil unterworfen und will die Strafe demnächst antreten. Bei dem Neitermannöver, welches Anfang voriger Woche vor dem Kronprinzen bei Großenhain stattfand, hatte ein Trompeter das Unglück, umgcritten zu werden und einen schnellen Tod zu finden. Er stürzte mit seinem Pferde, wobei er zweimal das Genick brach und einen Schädelbruch empfing; außerdem zerschlug ihm das Pferd den Brustkasten. Er war ein braver uod von seinen Kameraden sehr geschätzter Mensch. Was die Geschichte aus dem Kloster Marienthal betrifft, so be richtet die „Const. Ztg." Folgendes darüber: „Auch im Kloster Ma rienthal befindet sich eine sogenannte „kranke" Nonne. Cölestine (Maria Josepha aus Königshoff in Böhmen) war die Tochter wohl habender Eltern, welche in ihren Vermögensverhältnissen zurückkamen. Das bestimmte sie Nonne zu werden. Inzwischen kamen ihre Eltern wieder empor; auch erhielt Cölestine eine (natürlich nun dem Kloster zufallende) Erbschaft. Die Lebenslust erwachte wieder in ihr. Sie verschaffte sich weltliche Frauenkleider und entwischte, wurde aber, Dank der Intelligenz der klösterlichen Umwohner, aufgegriffen und ins Kloster abgeliefert, wo sie blutig gepeitscht uud lange zur Strafe ins Gefängniß gesperrt wurde. Das ist vor 15 Jahren geschehen. Seitdem ist die Unglückliche „krank" und befindet sich also im Kloster „aus freiestem Entschluß." In Neuwalde bei Großschönau in der Oberlausitz hat sich am Sonntag ein entsetzlicher Vorfall ereignet. Es hat nämlich die Ehefrau des dortigen Webers Gerlach, während der Letztere vom Hause abwesend war, ihren beiden Kindern, einem Mädchen von 3'/, und einem Knaben von 1^ Jahren, mittelst eines Taschenmessers den Hals durchschnitten und beide auf diese Weise getödtet. Hierauf hat sie die Kinder in ein Bett gelegt, sich zu ihnen gelegt und sich ebenfalls durch einen Schnitt in den Hals entleibt. Die arme Fran, welche noch nicht 26 Jahre all war und stets in glücklicher Ehe ge lebt hat, soll seit einiger Zeit infolge religiöser Schwärmerei in sich gekehrt und tiefsinnig gewesen sein und es ist kaum zu bezweifeln, daß sie ihre entsetzliche That in unzurechnungsfähigem Zustande begangen hat. Ein überaus beklagenswcrther Selbstmord ist dieser Tage in Leip zig vorgekvmmen. Bei verschiedenen Geldauszahlungen, welche die 24jährige und unbescholtene Tochter des hiesigen Einwohners H. kürzlich, für »inen früheren MielhSherrii ihres Schwagers zu besorgen hatte, fehlten dem Mädchen schließlich 20 Thlr. Sofort nach Be kanntwerden des Defizits verschwand auch die H. und cs entstand der Verdacht, daß sie, um sich dem Vorwurfe einer Unredlichkeit zu entziehen, den Tod gesucht haben möge. Diese Vermuthung hat denn auch leider dadurch Bestätigung gefunden, daß man die Leiche des armen Mädchens am Montag bei der Brandziegelei aus demPleißcn- flusse herausgezogcn hat. Inzwischen war alsbald nach dem Ver schwinden der H. das Defizit dadurch aufgeklärt worden, daß einer der Geldempfänger sich mit der Erklärung meldete, er habe 20 Thlr. zu viel erhalten. Ein Eisenbahnunglück von leider traurigen Folgen ereignete sich am 23. d. M., Nachmittag, auf der schlesischen Bahn unweit Lange- brück. Als nämlich der um 3 Uhr erwartete Personenzug nicht in Dresden cintraf, gab man einer Befürchtung Raum, die leider zur Wahrheit geworden, indem der Personenzug Nr. 6 am Meilenstein 2,60 (in der Nähe des Bahnwärterhauses Nr. 14) auf bis jetzt noch unbekannte Weise aus dem Gleise gerieth. Bei diesem Unfall stürzten Maschine »ad Tender den hohen Damm hinab nnd rissen den Gepäck wagen wie auch drei Personenwagen mit sich fort. Die Gewalt war so groß, daß der Gepäckwagen völlig über die Maschine hinweg- stürztc. Die übrigen 3—4 Personenwagen blieben auf dem Damm stehen, was dem Reißen der Ketten zu verdanken ist. Von den Passagieren trugen Etliche nur Contusionen, aber keineswegs schwere Verletzungen davon. Leider läßt sich nicht ein Gleiches von dem Zug- personal berichten. Der Führer, Namens Tragbrvdt, war unter die Maschine gerathcn und Abends um 5 Uhr war es noch nicht ge