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'des Centralhilfscomitees im Plauenscheu Grunde eingegangeucn Bei trägen befinden sich 9521 Thlr. aus Hamburg, 2449 Thlr. aus Bremen, 800 Thlr. von der Berliner Börsenzeitung, die bis jetzt über 3000 Thlr. gesandt hat. Altona, 27. August. Heute Vormittag hat die Eröffnung der Landesindustrieausstellung dem Programm gemäß stattgefundcn. Die selbe ist beschickt von 3687 Ausstellern. Sämmtliche europäische Staaten, Nordamerika, Südamerika und Asien sind reich repräsentirt; Deutschland ist allein durch 345 Städte und Ortschaften vertreten. Die Eröffnung fand unter Anwesenheit des Oberpräsidenten der Pro vinz Baron Scheel-Plessen sowie der obern Behörde von Altona und Hamburg statt. Bei dem Frühstück, welches auf die Eröffnungsfeier lichkeit folgte, wurden die ersten Toaste auf den König, auf den Ehrenpräsidenten der Ausstellung Grafen Bismarck und auf den nord deutschen Bund ausgebracht, und von den Anwesenden mit Enthusi asmus ausgenommen; ein französischer Eommissar brachte ein Hoch auf die deutsche Nation aus. In einer am 25. d. Mts. in Frankfurt a. M. abgehaltenen Versammlung des demokratischen Vereins wurde bezüglich der bekannten Ausweisungsangelegenheit eine von den Eltern der Ausgewiesenen an den Schweizer Bundesrath gerichtete Collectivvorstellung beschlossen. — Wie dem „Württemberger StaatSanzeiger" aus Vern geschrieben wird, trifft die Ausweisung der Neuschweizer, wenn Ellern und Ge schwister der Militärpflichtigen auch mit wollen, nicht weniger als 1400 Personen. Obgleich man an der Gnade nicht rütteln soll, machts dennoch in Gera viel Aufsehen, daß die Untersuchung gegen einen Fabri kanten niedergeschlagen worden ist, der mit 100,000 Thlr. Bankerott gemacht hat. Die Gläubiger erhalten etwa 10 PC. Der Erzbischof von Bamberg hat seinen Geistlichen das Kneipen in Kaffee- und Wirthshäusern streng untersagt. Die armen Herren find übel daran: am häuslichen Heerd sitzt eine Dienstmagd und in Gesellschaft sollen sie auch nicht gehen. Man kann doch nicht Tag und Nacht studiren. Der Oberhirt von Ober-Oestreich fährt fort, der Staatsgewalt Trotz zu bieten. In einem Schreiben an den Statthalter des Kaisers sagt Bischof Rudigier geradezu: „Die Schulgesetze von 1868 sind unglückliche Gesetze, aber ich bin überzeugt, daß es in Ober-Oestreich nicht möglich sein wird, sie durchzuiühren; eS empört sich dagegen das religiöse Gefühl unseres Volkes und nicht weniger der Trieb der materiellen Selbsterhaltung. Das Volk sieht in ihnen den Keim der Entchristlichung seiner Kinder und wegen der unerschwinglichen Kosten den Keim seines finanziellen Ruins." Der Bischof von Linz hat, anstatt sich mit dem ihm gesetzlich zukommenden Gehalte von 12,000 fl. zu begnügen, die gegen 40,000 fl. betragenden Einkünfte zweier Staatsdomainen durch ein ungesetzliches kaiserliches Decret sich zu gewendet. Er predigt dem Volke unaufhörlich, daß es Tausende auf Tausende als PeterSpfennige nach Rom senden soll, aber wenn es sich um die Verbesserung der Volksschulen handelt, lamentirt er über die unerschwinglichen Kosten. Man ziehe nur die unter dem Bischof Rudigier von 18 auf 54 vermehrten Klöster in Ober-Oestreich ein und es wird diesem Lande nicht an Mitteln für die Schulen fehlen. Rudigier hat auch aus Berlin eine Zustimmungsadresse erhalten. Der Leipziger Zeitung schreibt man aus Rom vom 22. Aug.: „Ein Priester, Kaplan an der Kirche der Wundmale, ist zugleich mit seiner Zuhälterin verhaftet worden unter der Anklage des Kin- desmordes. Der Papst ist sehr aufgebracht und hat die rücksichts loseste Strenge anbefohlen, um dem ärgerlichen Lebensivandel vieler hiesiger Printer ein Ende zu machen. Wer die Mysterien von Rom kennt, wird begreifen, daß auch viele hohe Prälaten über diese plötz liche strengere Handhabung der Disciplin einigermaßen verdutzt sind." Ais der Bischof von Krakau die arme, wahnsinnige, furcht bar zugcrichtete Nonne Ubryk zum erstenmal erblickte, schalt er die Nonnen Furien. Das war die gerechte Aufwallung des menschlichen Gefühles in ihm. Als er aber bedeutet wurde, daß die Furien nach Geheiß ihres Obern in Rom gehandelt hatten und der Papst ihm einen Verweis ertheilte, da unterwarf er sich und leistete Abbitte. Das ist das System, vor dem die Stimme der Menschlichkeit und der Vernunft verstummt. Auf der Jagd. Erzählung von Ludwig Habicht. Zweites Kapitel. Di: einzige Tochter. (Fortsetzung.) Alles gerielh in die höchste Bestürzung und Verwirrung. Der alte Oberförster warf sich verzweifelnd über den Leichnam seines Kin des und wollte mit seinen Händen den Blutstrom aufhalten, der un aufhaltsam aus dem Herzen über das weiße Atlaskleid floß. — Die Apfelblüthe hatte ein tückischer Sturmwind erfaßt und auf den blut- gefleckten Rasenteppich des Todes hingeworfcn. Der Priester, der Bräutigam und die Zeugen standen in stummen Entsetzen da und hörten, ohne an etwas Anderes zu denken, nur auf die Klagen des greisen, verzweifelnden Mannes, der sein Kind mit tausend Schmcicheltönen und süßen Worten zum Leben bringen wollte und dann, als kein Ton mehr über die bleichen Lippen zitterte, als er fühlte, daß sein Kind todt sei — todt sein einziges theures Kind, da drückte er seine Hände in die Augen und ein Thränenstrom Preßte sich hindurch und rollte unaufhaltsam über die gebräunte Wange. — Einige Zuschauer waren hinausgestürzt, den frechen Mörder zu entdecken; sie hatten nicht lange zu suchen gehabt, denn 78 auf einmal entstand ein dumpfes Gemurmel und man sah den alten Wildschütz, den finstern Georg, über die Schwelle der Kirchthür schreiten uud sich hastig durch die Menge drängen. Alle wichen ent setzt zur Seite und machten ihm Raum, denn seine Augen rollten wie ein Paar feurige Kugeln in seinen, Kopse, und er trug sein Doppelgewehr in der Hand, das noch warm war von dem Frevel- schusse. Es war kein Zweifel, der wilde, freche Wildschütz hatte Anna erschossen; und doch wagte in der ersten Bestürzung Niemand, den Verbrecher festzunehmen; nur zwei Jägerburschen drängten sich zur Thür, um ihm wenigstens den AuSgang zu versperren. Und so schritt der alte Wildschütz, die Büchse in der Hand, fest und sicher zum Al tar und zu der traurigen, herzergreifenden Gruppe. Eine wilde, sa tanische Freude blitzte in seinem Auge, als er den Oberförster stumm und verzweifelnd an der Leiche seines Kindes knieen sah, und dieje nigen, die ihn jetzt abwehren wollten, mit gewaltiger Faust zurück schleudernd, trat er dicht an den unglücklichen Vater heran, legte die Hand auf seine Schulter und fragte ihn im bitter-schneidenden Hohn: „Du lachst nicht? und Du hast doch gelacht, als Du meinen Sohn erschossen, und da trug ich Dir das Wild davon; heute aber hat es Dir der Wildschütz gelassen; so lache doch! lache doch!" — Und der Wildschütz selbst brach in ein wildes, entsetzliches Gelächter aus. Der Oberförster sah erschrocken auf die finstere, wilde Gestalt; Alles wurde ihm klar und ein Wuthgeheul wollte über seine Lippen beben, er wollte sich rachedürstend aus den Mörder stürzen, aber das wilde Lachen machte alle seine Nerven erzittern und zog förmlich magische Kreise um sein ganzes Empfinden, daß er unwillkürlich mit hinein- gerissen wurde in diesen düstern Strudel des Lachens, der immer to sender und gewaltiger aus dem Munde des Wildschützen hervorzu quellen schien. Und wie sich auch der Oberförster zwang, wie er auch das in ihm aufquellende gräßliche Lachen unterdrücken wollte, eS drängte sich doch hervor, und krampfhaft stimmte er schließlich in das Lachen des Mörders ein. Alle Umstehenden standen stumm, erstarrt vor Entsetzen über eine solche Scene da, und noch immer tönte das wilde, entsetzliche Lachen des Mörders und des unglücklichen Vaters durch die stillen Räume der Kirche, während zu ihren Füßen ein warmes, schönes Leben sich verblutete. Der Bräutigam hatte betäubt und entsetzt am Altar gekauert und von der ganzen Scene nichts vernommen. Er dachte nichts, er fühlte nichts, er jah nur seine geliebte, thcure Anna todt hingestkeckt am Altar, und die hastig rollenden Augen suchten vergeblich einen Rettungspunkl in dem Schiffbruch seines Lebensglückes, das er so mühsam aufgebaut hatte. Da hörte er das Lachen des Oberförsters und dies riß ihn plötzlich aus seiner Lelhargie empor, er faßte den Oberförster bei der Schulter, blickte ihm bitter und vorwurfsvoll ins Auge und sagte dann ebenso unbesonnen und rücksichtslos: „Und Lie lachen an der Leiche ihres Kindes?" Der alte unglückliche Mann schien bei diesen strafenden Worten zu erwachen, er schüttelte sich, als müsse er sich besinnen und eine fürchterliche Last von den Schultern werfen; seine Lippen schloßen sich' krampfhaft. Plötzlich schoß ihm der Gedanke in all seiner Fürch- terlichkeit durch das Hirn, an der Leiche seines Kindes gelacht zu ha ben, — wider Willen gelacht zu haben, durch dämonische Gewalt mit forlgerifsen, — und er griff mit den Händen in die Luft, als wolle er die finstern Gaister verscheuchen, die seine Stirn umschwirrten. — Da sank er mit einem Male wie vom Schlage getroffen zusammen und sein Kopf schlug an die Altarstufen, daß das Blut hervorquoll. „Auch er ist todt," murmelte die Menge; er war es freilich nicht, aber als inan ihn aushob und in seine Wohnung trug und er dort die Augen aufschlug, da glotzte die Nacht des Wahnsinns daraus her vor und er spielte mit Allem, was man ihm in die Hände gab, die Erinnerung der letzten Stunden war wie ausgekehrt aus seinem ar men erschütterten Gehirn. Der Bräutigam stüzrte sich jetzt erst mit ein Paar Jagerburschen auf den Wildschützen, der bei dem Fall des Oberförsters die letzten Töne feines höhnischen, dämonischen Lachens ausftieß uud es ruhig geschehen ließ, daß man ihm die Flinte entrip und ihn zu fesseln züchte. Mit dem Fall des Oberförsters schien auch er zur Besinnung gekommen zu sein; er blickte entsetzt auf die Leiche — sein Werk — und die schönen, gebrochenen Augen Annas schienen ihn anzuklagen; „Du hast mich gelödtet und ich habe Dir im Leben nichts gechan, ich war stets lieb und freundlich gegen Dich . . ." Der Wildzchütz ver stand ihre Klage und keuchte wild und hastig hervor: „Du hast mir nichts gethan — aber mein Sohn, mein Sohn! den hat man mir erschossen und dazu gelach:, sie müssen wissen, wie das thut . . „Ja, ja, Du büßtest's unschuldig. Ich hall' mein Herzblut drum ge geben, wenn ich Dich hätte schonen können!" Noch einmal sich mit herkulischer Kraft von seinen Angreifern losreißend, kniete er an der Leiche nieder und weinte, als muffe er sich die Äugen aus dem Kopfe weinen und durch all' das Schluchzen hörte man nur die Worte: „Mein Sohn, mein Sohn! O, Du füßes, freundliches Kind, Dich, Dich mußt ich erschießen! —Rian sühne rhn hinweg in das Ge- fängniß; er weinte noch und ließ sich fuhren wie ein Kurd. (Fortsetzung fort.) Vermischtes. * Morgen Mittwoch gehl in Sachsen die Jagd auf. * Am 19. August üurzie unweil des Dorfes Moll in Ober-Oest reich einige Stunden von Stakt Steyer entfernt, eine Erdmaffe von mehreren Jock jählings mit einem donnerahnlichen Gekrache ein und es bildete nch an zener Stelle, wo noch vor wenigen Stunden Hafer saaten wogten, ein — See. Das Wasser ist klar und die Tempe ratur eine sehr niedere.