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Aus Döhlen wird vom 5. d. M. berichtet: Bis heute Vormit tag halb 11 Uhr sind 75 der Verunglückten zu Tage gefördert wor- dcrt; davon sind 31 auf dem Gottesacker zu Döhlen und 44 auf dem sofort errichteten Hilfsgottesacker in unmittelbarer Nähe des Schachtes „Segen-Gottes" beerdigt worden. Auf vielen der Särgen steht mit Kreide geschrieben: „Unbekannt," auf wenigen der Familien name. Die Beförderung der Leichname ans Tageslicht geschieht ohne Unterbrechung, obgleich sich die dazu bestimmten Bergleute wegen des fürchterlichen Leichengeruchs stündlich ablösen müssen. Hunderte der Leichen, meist nur Stücke derselben, Köpfe, Beine, Arme rc., sind noch herauszuschaffen. Die dazu beauftragten Bergleute haben kein erfreuliches Loos, da dieselben Leichname zu transportiren haben, wo sie bei leichter Berührung durchs Fleisch bis auf die Knochen greifen wegen der schnellen Fäulniß. Einige Familien sind außer ordentlich hart betroffen worden; so hat eineFamilie Horn in Burgk den Vater, zwei Söhne und einen Schwiegersohn eingebüßt. Von der Familie Egg in Niederhäsiich fehlen der Mann, der Sohn und von der Frau 3 Brüder, das sind 3 Steiger mit Namen Bär. Aus Naundorf fehlt der Häurer Werner mit 3 Söhnen. Daß die meisten der verunglückten Bergleute mit vollem Bewußtsein vom Unglück übereilt worden sind, ist daraus zu erkennen, daß man viele findet, die ihren Mund mit dem Taschentuche geschützt haben. Einen Vater und dessen Sohn fand man, die sich während des Todes kampfes umarmt hatten. Heute Morgen halb 9 Uhr beerdigte man die beiden Steiger Bär und Schenk und den Obersteiger Schaffer in Döhlen. Der Hilfsgeistliche Ochernal erwähnte in seiner Rede, daß es ihm selbst schwer würde, die Leidtragenden an einem so gro ßen Grabe zu trösten. Er versuchte die Leidtragenden aufzurichten mit dem Worte, des Herrn: „Was ich jetzt thue, weißt Du nicht, Du wirst es aber nachmals erfahren;" und „Wer an Christum glaubet, wird leben, ob er gleich stirbet." Der Todtengräber Weigert mit Sohn aus Döhlen, die manches Grab gefertigt, haben auch ihren Tod in der Tiefe gesunden. Aus Chemnitz schreibt man der „D. A. Z.": Das in Burgk geschehene entsetzlche Kohlengrubenunglück ruft zu eigenthümlichen Be trachtungen auf. War schon der Grubeneinsturz zu Lugau gräßlich genug, so nimmt das Unglück in Burgk eine Dimension an, wie es in England seit Jahrzehnten nicht vvrgekommen. Rechnen wir die fortwährenden Eisenbahnunfälle hinzu, so dürfte die Statistik wohl den Ausweis geben, daß Sachsen die höchste Ziffer der Unglücksfälle ergiebt. Ist das Zufall? Man hat von dem burgker Unglück consta- tirt, daß Niemandem eine Verschuldung beizumessen sei; infolge der geivitterschwülen Tage habe vielmehr eine größeres Anfüllung der Gase stattgefunden. Warum verdoppelt man dann aber nicht die Vorsichtsmaßregeln, und, wenn das nicht möglich, warum wird als dann nicht auf Tage die Arbeit ganz oder theilweise eingestellt? Wir wissen, welche Dividende einige Gruben gewähren. Man sollte mei nen, daß die Erhaltung des Menschenlebens noch eine größere Vor sicht erfordere als die Erzielung großer Grubenausbeute. Die Acti onäre streichen ihre Zinsen em; was thun sie aber für die Hinter lassenen verunglückter Arbeiter? Wir treten niemand zu nahe; aber der vorliegende Unglücksfall fordert mit aller Entschiedenheit, daß 1) über alle Grubenwerke eine scharfe amtliche Contröle (keine freundlich zu blinzelnde) geführi werde und daß 2) alle Grubenbesitzer rcsp. Actio näre für des Leben ihrer Arbeiter haftbar zu machen seien. Hierbei sei gleichzeitig dem oftmals im Publikum schon aufg^tauchten Wunsche Ausdruck gegeben, auch über alle öffentlichen, von der Regierung ausgeführten Bauten eine vom Landtage zu ernennende Privatcon- trole, die sich sowohl über die Taxation als auch über die Ausführ ung der Bauten erstrecken, zu setzen. Die sonst ganz achtenswerlhe „Gemüthlichkeit" muß bei Baulichkeit und Geldsachen aufhören. Das entsetzliche Unglück in den Kohlenschächten des Frcihcrrlich von Burg-scheu Bergwerks predigt unsern „Internationalen" und „Sociai-Deniotraten", welche die Rechte der Arbeiter über allem Zweifel erhaben vertheidigen wollen, eine eindringliche Lehre. Es zeigt deutlich, wie thöricht es ist, eine vollkommene Ausgleichung ma teriellen und geistigen Wohlseins im Leben anzustreb'en; denn nun und nimmer lü;;l sich die düstre Arbeit eines Bergmanns chcispiels- weife mit der harmlosen, lichten eines Schneiders in einen gerechten Ausgleich bringen. Diesem droht bei der Arbeit die Gefahr des Nadelstichs, jenem die des Verlustes des Lebens, und wenn der Schneider sich nur von seinem Sitz zu erheben braucht, um schon durch sein Acußeres die Ehren der Gesellschaft für sich in Anspruch zu nehmen; steigt dagegen -der kohlengeschwärzte Bergmann aus dem Schachte und ist genöthigt, will er sich nicht halb und halb von sei nen Mitbürgern gemieden sehen, erst heimzugehen und sich von dem Schmutze der Arbeit zu reinigen. In der Gegend von Freiberg haben am Donnerstag Abend mehrere Gewitter nicht unbedeutenden Schaden angerichtet. Ein Blitz strahl entzündete das zu Berthelsdorf gehörige Haus des Wirthschasls- besitzers Fischer, welches auch vollständig niederbrannte, ein anderer Blitzstrahl traf das dem Besitzer Hedrich in Großschirma gehörige Gut. Die Gebäude desselben, sowie ein nahe dabei stehendes Haus wurden ein Raub der Flammen. Aus Greifenhain bei Frohburg erhält das „L. T." folgende Nachricht: In den Nachmitlagsstunden d-s 5. August wurde die hie sige Gegend von einem Gewitter mit sehr schwerem Hagelschlag be troffen. Nur vielleicht 10 Minuten hielt das von einem gewaltigen Orkane eingeleitete fürchterliche Wetter an, aber die einzelnen Hagel körner hatten meist die Größe eines Hühnereies. Die Verwüstung, welche der Hagel angerichtet hat, ist kaum zu beschreiben. Die Ziegel auf den Dächern sind fast sämmtlich zerschlagen, die dem Wetter zu- aekehrten Häuserfronten haben meist keine ganze Fensterscheibe. Ain traurigsten aber sieht es auf den Feldern aus, namentlich in der Flur Greifenhain. Im Dorfe selbst und zu beiden Seiten desselben bis zu 2000 Schritt ist alles Getreide und Futter, das sich auf den Feldern befand, völlig zerstört und förmlich in die Erde gestampft. Es betrifft dies besonders die Sommergetreideartcn Gerste und Hafer, meist auch den Weizen, während der Roggen in den Scheunen war. Das Unglück ist für die dortige Gegend und besonders dieses Dorf um so größer, weil die Trockenheit des vorigen Jahres und dieses Frühjahres den Futtermangel schon so sehr fühlbar machte und die meisten Oekonomen werden sich genöthigt sehen, den Viehbestand um ein Bedeutendes zu verringern. Burgstädt, 2. August. Gestern nach einem besonders schwülen Tage entlud sich ein Gewitter mit Hagelschauer, welches besonders in den Fluren Taura, Markersdorf rc. hart auftrat und im Sommer getreide, Futter und sonstigen Feldfrüchten argen Sckaden machte, auch Schaden an Fensterscheiben anrichtete. Das „Sächsische Wochenblatt" berichtet aus Leipzig vom 4. August: „Auch in dem hiesigen Regierungskreise ist neuerdings unter dem Nindviehbestande die Maul- und Klauenseuche wiederholt aufge treten, und zwar ist dieselbe nach den der königl. Kreisdirection er statteten Anzeigen bis jetzt in folgenden Ortschaften: im Bezirk der Amtshauptmannschaft Leipzig: in Hänichen, Großstädteln, Zehmen, Pulgar und Peres; im Bezirk der Amtshauptmannschaft Grimma: in Cöllmichen, Mutzschen, Großsteinberg, Zeithain und Saalhausen, sowie im Bezirk der Amtshauptmannschaft Döbeln: in den Orten Großbauchlitz, Fischendorf, Eichardt, Heiligenborn, Neuschönberg, Schweta, Mobendorf, Gosberg, Altenhof, Großweitzschen und Leisnig vorgekommen, hat jedoch im allgemeinen einen gutartigen Verlauf ge nommen. Die Berliner Börsenzeitung fordert in einem an der Spitze ih res Blattes befindlichen Aufruf die industriellen Theile Preußens auf zur Spendung von Liebesgaben für die Hinterlassenen der im Plau- enschen Grunde Verunglückten. Wir nehmen hiervon um so lieber Notiz, als hierdurch der Beweis geliefert wird, daß man auch in Preußen den armen Familien der Bergleute schnellstens Hilfe zu bringen gesonnen ist. Berlin, 6. August. Auf Beschluß des ältesten Collegiums der Kaufmannschaft ergaben die an der Börse aufgelegten Sammellisten zum Besten der Hinterbliebenen der im Plauenschen Grunde verun glückten Bergleute einen Betrag von 2000 Thalern. Für die Hinterbliebenen der im Plauenschen Grund- Verun glückten werden u. A. auch in Frankfurt von der Redaction des Frankfurter Journal und in Köln von der Kölnischen Zeitung durch geeignete Aufrufe Beiträge zur Unterstützung gesammelt. Es ist der Befehl ergangen, daß Anfang September nach Been digung der Mannöver bei der Infanterie des Norddeutschen Bun des alle Soldaten, die im Herbst 1866 eingestellt wurden, zur Reserve entlassen werden sollen. Von den im Herbst 1867 neu eingestellten Altersklassen sollen 15—20 Mann per Compagnie auf Urlaub ent lassen werden und zwar solche, die sich besonders gut betragen und beim Exerziren besonders geschickt gezeigt haben (sie haben dann 21 bis 22 Monate unter den Waffen gestanden. In Preußen hat der Minister des Innern die körperliche Züchtigung in den Zuchthäusern auf die Männer beschrankt. Die Zeitungen erinnern ihn daran, daß nicht nur Räuber, Mörder und Fälscher in den Zuchthäusern sitzen, sondern auch nicht selten poli tische Verbrecher und daß diese gegen Prügelstrafe gesichert werden müssen. (Man denke an Kinkel.) Graudenz, 2. August. Man wird sich wohl noch allerwärts jener beklagenswerlhen Opfer der militärischen Disciplin erinnern, welche vor neun Jahren der Compagnie des geisteskranken Haupt manns v. Besser angehörten und wegen Verweigerung des Gehorsams in Folge der brutalsten Quälereien von Seiten des Letzteren mit schweren Festungsstrafen geahndet wurden. Von den 5 Unteroffiziren und 96 Gemeinen, die damals dies Loos traf, hat die größte Zahl bereits ihre Strafe verbüßt oder ist durch die Amnestie von 1866 frei geworden. Dieser Tage ist wiederum einer der Unglücklichen, der Füsilier Kollendt, entlassen worden. Derselbe hat jedoch noch den Rest feiner Militärpflicht abzuleisten. Gegenwärtig sitzen, wie der „Gesellige" berichtet, nur noch die beiden am schwersten Betroffenen, die Unteroffiziere Klatt lind Kuhn, zu 19^ resp. 15 Jahren Haft verurtheilt. Die Berliner Börsen-Zeitung berichtet: „Ein Unglücksfall eigen- thümlicher Art hat sich im Kreise Fischhausen auf einer im Neubau begriffenen Chaussee zugetragen. Ein wandernder Schneidergeselle war in eine außer Thäligkeit befindliche Chauseewalze zur Mittags ruhe gekrochen. Als die Walze bald darauf in Gang gesetzt wurde, lag der Gesell darin noch im tiefen Schlummer, aus welchem er nicht wieder erwachte, denn nur noch als unförmliche Masse wurde er am Abend aus der Walze geschafft. Der Unglückliche war zwischen dem an der Walze hängenden Steinkasten und dem innern Walzenrande förmlich plattgedrückt und ausgepreßt worden." Man kann es den beiden Oberinnen der Carmeliterinnen in Krakau nicht verdenken, daß sie vor dem Richter den Schleier nicht lüften wollten, denn ihre Ordensregel verbietet ihnen, sich zu waschen und sie halten dieses Verbot sehr streng. In ihrer Bibliothek fanden sich nur alte lateinische Bücher in Schweinsleder, die sie nicht lesen konnten. Da ist ihr Fanatismus kein Wunder, denn Fanatismus ist Armuth oder Krankheit des Geistes. In dem Kloster Conitz in in Westphalen verboten die Nonnen einem Mädchen, um ihre Mutter zu weinen, da diese (als Protestantin) in der Hölle im Fegseuer brenne. — Auffallend ist die Zahl der Klöster in Preußen. Jst's denn dort so nöthig, sich von der Welt zurückzuziehen?