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Die Jesuiten lassen sich nicht gern in die Karten gucken. In Hall bei Innsbruck leiten sie eine große Anstalt, in welcher die wohl habenden Tyroler ihre Töchter erziehen lassen. In diesem Jahre zum erstenmale sollte ein weltlicher Commifsar der Prüfung beiwoh nen, sie hielten aber keine Prüfung ab; denn, sagten sie, wenn keine Prüfung ist, so hat er nichts bei uns zu thun. Wie schon früher den Aerzten in Rom, so ist jetzt den Apo thekern verboten worden, Kranken, die sich zu beichten weigern, beizu springen; bei längerer Krankheit dürfen nur gegen Vorzeigung eines Beichtscheins Arzeneien verabreicht werden. Sämmtliche deutsche Regierungen im Norden und Süden sind im Einvernehmen, daß, wenn die Beschlüsse des Conzils in Rom den Frieden zwischen der weltlichen und geistlichen Macht antasten, die Abwehr eine gemeinschaftliche und übereinstimmende sein wird. So versichert die osftz. N. A. Z. in Berlin. Ein Gerücht taucht auf, daß Kaiser Napoleon dem König von Preußen nächstens den seit 1867 schuldigen Gegenbesuch machen werde. Es wäre erfreulich, wenn der Neffe von den böfen Gewohn heiten des Oheims immer mehr abwiche; der alte Oheim machte seine Besuche in Berlin, Wien rc. immer im Gefolge von 100,000 Solda ten und emfing dafür die Gegenbesuche in Paris mit 200,000 Sol daten. Das war unangenehm und lästig für beide Theile. Auf Reisen ist ein großes Gefolge und viel Bagage immer lästig und es ist Zeit, die alte Thorheit abzuschaffen, wie barbarische Fürsten mit Elephanten, Kameelen und anderem Troß zu reisen. Auf der Jagd. Erzählung von Ludwig Habicht. Erstes Kapitel. Der einzige Sohn. (Fortsetzung.) „Mein Kopf, mein Kopf! Ach, Herr Doctor, hier! phantasirte der Sterbende; „mein Vater wollt's nicht, aber es that ja zu weh!" Und wieder wimmerte der Arme vor sich hin, dnß sich der alte Mann ängstlich über ihn hinwegbog und dann ihn wie ein Kind in seine starken Arme nahm, als ob er ihn dadurch beschwichtigen und ruhiger machen könne. Wohl hatte der Sohn den Doctor haben wollen von Anfang an, aber der alte Wildschütz hatte verneinend das Haupt geschüttelt; — um keinen Preis, so lieb er seinen Sohn hatte, so gern er sein Herzblut für ihn gegeben, hätte er den Doctor ins Haus nehmen mögen. Alles wäre ja dann ruchbar geworden, und sie hät ten den armen Jungen statt in die Hütte noch ins Gefängniß wer fen können. Nein, nimmermehr, er hatte den Jammernden aufgela den auf seine breiten Schultern und heimgetragen in die Hütte. Es war ein schwerer, saurer Gang gewesen, und so vorsichtig der Alte auch zu Werke ging, der Sohn hatte doch bei jedem Schritte ge jammert und gestöhnt, daß es dem Vater das Herz zerschnitt und sich seine Gedanken zusammenballten wie Gewitterwolken, und er sich schwur, Vergeltung zu üben an denen, die ihm den Sohn erschossen — erst in die Beine und dann in den Kopf — und dann noch das heisere, tückische Lachen!... O, der Wald hatte kein Ende nehmen wollen: und wenn nicht die Muskeln des Alten von Stahl und sein Herz fest und unbeugsam wie ein Eichstamm gewesen, er wäre zu sammengebrochen, nicht von der Last seines Sohnes, wohl aber von dem Schmerz und der dumpfen Wuth, die jeden andern Gedanken, als den der Rache, in ihm zur Asche brannte. Der Pulsschlag des Verwundeten ging immer leiser, kaum noch hörbar, und das Ohr des Vaters horchte ängstlich auf dies geräusch lose Klopfen des Herzens. Der Schmerz hatte wie ein wilder Berg see ausgetos't und warf nur noch einzelne leichte Wellen murmelnd an das dunkle Ufer und dann zuckte es in dem Kranken wieder auf und ein leiser Seufzer entwand sich seiner Brust. „Komm, komm, hilf mir!" flüsterte er wieder, „sie wollen schie ßen, ich kann nicht fort, o Barmherzigkeit, ich bin ja noch so jung!" Und dann tasteten seine Hände an der Decke umher, als suchten sie sich bittend in einander zu schlingen, und doch waren sie zu schwach. Der Alte bemerkte es und faltete die Hände zusammen, während der Sohn in seinen Todesphantasien fortfuhr: „Schnell, schnell! dort, dort! sie schießen doch, Jesus, Maria!" hauchten seine bleichen Lip pen, und der Mond und der alte düstere Mann blickten beide auf das Antlitz eines Todten. Der Mond warf nur noch einen freund lichen Strahl auf das bleiche, kalte Haupt und dann wandte er sein mildes, Harmonien suchendes Auge von dieser finstern, trüben Scene; aber die Augen des alten Mannes ruhten noch lange auf dem Ant litz seines todten Sohnes und ein paar Thränen preßten sich gewalt sam aus seinem harten, sonst so trockenen Auge. Er umhüllte die verstümmelten Füße des Todten noch einmal mit einem Tuche, als wolle er auch den Todten vor jeder rauhen Berührung schützen und dann schritt ,er hinaus, seine Doppelflinte zu suchen, die er diesmal im Walde hatte zurücklassen müssen. Er mußte sie finden, sie war ja an dem alten, heimlichen Orte versteckt, und er mußte bei dem Gedanken an seine Flinte hell auf lachen, und sah sich dann erschrocken um; war es doch fast dasselbe Lachen, daß dort in jener fürchterlichen Stacht auf das Erschießen sei nes unglücklichen Sohnes gefolgt war. Zweites Kapitel. Die einzige Tochter. Während dort in der Hütte ein armes Menschenleben verzückte, I 270 war unweit davon, in dem Hause des Oberförsters, eitel Licht und Sonnenschein. Morgen gab es ja eine Hochzeit und eine recht glückliche, denn es war gar ein schmuckes Paar, das morgen an den Altar treten sollte: die Tochter des Oberförsters, ein wunderschönes, frisches Kind und der junge Hugo Fischer, der prächtigste Förster weit und breit. Heute war Polterabend und eine Menge Jugendgespielen umringten unter allerhand Verkleidungen das glückliche Paar. Der Freund des Bräutigams, der blutjunge Förster Kunz kam, in Anspielung auf den Namen des Bräutigams, als Fischer mit einem Netz von Perlen und beneidete in einem scherzhaften Gedicht seinen Kameraden, der ihm die schönste Perle weggefischt habe und deshalb bringe er ihm in Uebermuth nun auch seinen Fang. Und man bewunderte den kecken Burschen, der jetzt mit seinem Schmerze spielen konnte; denn Alle wußten, das Kunz um die Oberförsters-Tochter ebenfalls gar heiß geworben, jedoch sie nicht erhalten hatte, weil er erstens noch sehr jung und durchaus nicht so schön und schlank wie der jetzige Bräutigam war, zweitens aber mit seinem zu freien, graden Wesen nie der Günstling des Oberförsters hatte werden können, der von seinen Leuten einen unbedingten, fast an Unterwürfigkeit grenzenden Gehorsam forderte. Das hatte Fischer weit besser verstanoen, sich mit aalglatter Gewandtheit in die Gunst des Vaters einzuschleichen und eben so rasch das Herz der Tochter zu erobern. Es war ein Aufjubeln in der ganzen Gesellschaft, reine Lust und Fröhlichkeit, wie sie an einem Polterabend, und noch dazu in einem lustigen Försterhause, ganz in Ordnung ist; denn es gab keinen lustiger» Patron in der Runde, als den alten Oberförster, wenn er bei guter Laune war, und wer schon sein Helles, lustiges Lachen hörte, der mußte unwillkürlich mit einstimmen. Sein Lachen war seine Sprache, damit machte er Alles ab; seine Umgebung verstand ihn gar wohl: sie kannte sein zufriedenes, Helles Lachen — und dann war Alles glücklich, — sein kurzes, höhnisch-zorniges Lachen — und dann ging Jeder schnell ihm aus dem Wege. Gewiß, es lag eine ganze Sprache in seinem Lachen, ja, wer sie nur verstand! Manchen mochte es irre führen und sicher machen, wenn er statt eines gefürch teten Donnerwetters ein kurzes, hastiges Lachen vernahm, er wollte wohl am Ende schon zum Mitlachen die Muskeln verziehen, und lachte dann doch nicht, wenn er sich den Mann noch einmal betrach tete, und lachte wohl nie mehr, wenn der Oberförster dann wie ein finsterer, unerbittlicher Gott seine schwere Strafe verhängte. Heute wollte das glückliche Lachen des Oberförsters kein Ende nehmen und die ganze Gesellschaft wurde von der unverwüstlichen Heiterkeit, vielleicht auch von dem reichlich genossenen Rheinweine, rosenroth angeglüht. Nur die Braut, das frische, rosige Waldkind, neigte das Köpfchen und fühlte sich, ganz gegen ihre Art, fremd in diesem lustigen Elemente der allgemeinen Freude. Der Bräutigain blickte ihr besorgt in das schöne, getrübte Auge und fragte leoe, was sie heute so traurig stimmen könne? Anna erröthete und zögerte mit einer Antwort. Man begann sie zu necken, dag sie wobt der Verlust der goldenen Freiheit traurig mache, und so mußte sie schon mit der Sprache heraus. „Mir kommt die heute früh erzählte Geschichte nicht aus dem Sinne, — der arme Mensch!" seufzte sie mit schwerem Herzen. „Es ging nicht anders, Anna! Wir mußten ein Exempel statui- ren!" entgegnete achselzuckend der Bräutigam. „Dummes Zeug!" sagte der alte Oberförster, der die Aeußerung seiner Tochter im Vorbeigehen gehört hatte, „das Gesindel hat uns schon schrecklichen Schaden gemacht und nächstens nehm' ich den Alten aufs Korn." „O, der armr Mann ist gestraft genug," entgegnete das junge Mädchen, und fragte dann besorgt: „Sein Sohn ist doch nicht lodt?" — „Kümmert mich nicht! Das Gethier hat zähes Leben!" bemerkte ihr Vater. „Ich kann mir nicht helfen," begann Anna von Neuem, aber es thut mir recht weh! Der Alte wird außer sich sein vor Schmerz und Wuth." „Ich hab' ihn ja geschont, Du weißt warum!" versetzte der Oberförster. „Warum?" fragte man gespannt. „Ach, laßt» Euch von Anna erzählen!" entgegnete-der Ober förster verdrießlich; „ich hab's ihm immer gesagt, aber der ver wünschte Kerl konnte das Wilddieben nicht lassen. (Fortsetzung folgt.) Landwirthschastliches. Die vorurtheilsvolle Verfolgung gewisser der Landwirthschaft nur nützlicher Thiere. Leider herrscht noch immer bei manchen Grundbesitzern und Land leuten eine irrige Meinung über gewisse Säugethiere und Vögel nie derer Gattung, die eine Nachstellung gegen diese Thiere ihnen vollkom men gerechtfertigt erscheinen läßt. Entspringen nun derartige Ver folgungen theils aus der Ansicht, diese höchst harmlosen Thiere seien aus verschiedenen Gründen der Landwirthschaft schädlich, theils aus dem Umstande, weil sie dem betreffenden Grundbesitzer einen pecuniä- ren Vortheil gewähren, so sind doch nichtsdestoweniger jene beiden Ur achen höchst mitzbilligenswerth. Es ist auch schon in landwirth- schaftlichen Zeitschriften auf jene, der Oekonomie zum absoluten Nach theile gereichenden Vorurtheile mit Recht hingewiesen worden, ohne daß dies bis jetzt mit dem erwünschten Erfolge begleitet gewesen zu sein scheint. Sehr irrig ist z. B. das Vorurlhett gegen den Maulwurf (lalxa ouroxaea u.), das man in unzähligen Ortschaften des Platten