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Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Sicbcnlchn und die Umgegenden. Wmtsökatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. «6. Dienstag, den 24. Fugust 1869. Tagesgeschich te. Wilsdruff, am 23. August 1869. Das durch Herrn Musikdirektor Günther für nächsten Freitag Abend zuw Besten der Hinterbliebenen der im Plauenschen Grunde verunglückten Bergleute arrangirte Concert verspricht, dem in heu tiger Nummer befindlichen Programm nach zu urtheilen, den Be suchern desselben außergewöhnliche Genüsse zu bieten, nicht nur die immer gern bereite und gern gehörte „Liedertafel", sondern auch die vollständige Burgker Mnsikcapelle wird das Stadtmusikchor unter stützen. Hoffen uud wünschen wir, daß der edle Zweck des Concerts, sowie das reichhaltige Programm der „Restauration" ein recht zahl reiches Publikum zuführe. Dresden, 20. August. Das „DresdnerJournal" veröffentlicht eine Bekanntmachung des Gesammtministerium, durch welche die Kam mern zum 27. September zu einem ordentlichen Landtage einberufen werden. Die Bekanntmachung des „Dr. I." durch welche die Versamm lung der Stände des Königreich Sachsen zu einem ordentlichen Land tage anberaumt wird, lautet wörtlich: Seine Majestät der König ha ben beschlossen, die getreuen Stände des Königreichs Sachsen zu ei nem in Gemäßheit von 115 der Verfassungsurkunde abzuhaltenden ordentlichen Landtage auf den 27. September dieses Jahres in die Residenzstadt Dresden einberufen zu lassen. Allerhöchstem Befehle gemäß, wird Solches und daß an den Mitgliedern beider ständischen Kammern noch besondere Missiven deshalb aus dein Ministerium des Innern ergehen werden, hierdurch zur öffentlichen Kenntniß ge bracht. Das „Dr. I." veranschlagt die Summe aller bis jetzt für die Hinterbliebenen der im Plauenschen Grunde verunglückten Bergleute gesammelten Gelder auf mehr als 100,000 Thlr. Die „Dr. N." berichten aus Dresden: Am Freitag Abend gegen halb 7 Uhr bot der Alt- und Neumarkt ein belebtes Bild. Hunderte von freudig erregten Menschen eilten unter dem Rufe: „Sie bringen Heinrich!" dem Polizeihause zu. Diesmal war es kein falsches Ge rücht, denn bald wurde derselbe jn einer von Polizeibeamten in Ci- vil umgebenen Droschke unter Hurrahrufen des zahlreich angesammcl- ten Publikums in das Polizeihaus gefahren. Den unermüdlichen Be mühungen der Dresdner Gensdarmerie war es glücklich gelungen, diesen höchst gefährlichen Verbrecher in einem Hause der Scheffel gaffe, woselbst er in der Wohnung eines Arbeiters sich verborgen gehalten hat, zu ermitteln und zu verhaften. Beim Eindringen der Gensdarmen in die betreffende Wohnung war Heinrich aufs Dach geflüchtet und von da in die Esse eines Nachbarhauses. Allein alle seine Mühe war umsonst, die braven und entschlossenen Beamten hatten ihre Vorkehrungen so gut getroffen, daß sich dieser gefürchtete Verbrecher, die Unmöglichkeit einer Flucht einsehend, endlich auf Gnade und Ungnade ergeben mußte. Potschappel, 20. August. Heute Mittag von 11 bis 1 Uhr besuchten II. MM. der König und die Königin, von Pillnitz kom mend, Burgk, in Begleitung des Baron v! Burgk die beiden Unglücks schächte und insbesondere das Riesengrab. Höchstderselbe ließ sich einige Wittwen der Verunglückten hier vorstellen, sprach sehr huld voll mit Ihnen und den ihm ebenfalls vorgestellten ersten Beamten der Burgker Werke. Das Herausschaffcn der Leichen geht langsam aber stetig vor sich. Es sollen nur noch 3—6 Verunglückte im Schacht sich befinden. Die ganze Zahl derselben ist immer noch nicht mit Sicherheit festgestellt, man spricht von 275 und 278. Zwei höchst beklagenswertste Unglücksfälle ereigneten sich am Vormittage des 18. d. M. auf dem Gottes-Segen-Schachte bei Lu- gau. Beim Befahren der Wasserleitung stürzte erstlich der Kunstwär ter Friedrich August Schramm ca. 15 Ellen in die Tiefe, wurde zwar noch lebend wieder in die Höhe gebracht, verschied aber Tags darauf an der erlittenen Quetschung. Er war 44 Jahr alt und hinterläßt eine Frau, die demnächst ihrer Niederkunft entgegensieht und 3 noch unerzogene Kinder. Weiterhin fand der Bergarbeiter August Eduard Lasch aus Niederwürschnitz 39 Jahr alt, seinen sofortigen Tod durch einen Sturz mit einem sogenannten Hunde vom ersten Füllorte in den Schacht. Auch er hinterläßt eine Frau und 3 zum Theil noch unerzogene Kinder. Von verschiedenen Seiten waren Gesuche an das Ministerium des Innern gegangen, um ein zeitigeres Aufgehen der Jagd gestattet zu erhalten. Das Ministerium hat indessen erklärt, daß es den stän dischen Verhandlungen gegenüber sich nicht veranlaßt sehen könne, auf diese Gesuche einzugehcn. Die Jagd darf daher auch dieses Jahr nicht vor dem 1. September ausgeübt werden. Die Aerzte des Dresdner Kreisvereins nicht nur, sondern des ganzen Königreichs Sachsen sind von vr. Schramm zu einer Ver sammlung in Dresden aufgerufen — für den 28. August — „um sich als festgeschloffene ärztliche Partei zu constituircn, welche Fühlung mit den politischen Parteien, namentlich des sächsischen Landtages, neh men soll." Die gesammte norddeutsche Bundesarmee umfaßt in ihrer jetzi gen Friedensformation, unter Berücksichtigung der für die verschiede nen Waffengattungen vorgesehenen neuen Etatsstärken: 118 Infante rie-Regimenter, 18 Jäger-Bataillone, 76 Cavallerie-Negimenter, 13 Feld-Artillerie-Regimenter mit 624 Geschützen, 9 Festungs-Artillerie- Regimenter, 13 Pionier- und 13 Train-Bataillone, mit im Ganzen 12,924 Offizieren, 34,923 Unteroffizieren und 255,453 Gemeinen incl. Spielleuten, sowie 73,310 Pferden. Hierbei sind noch ausgeschlossen in besonderer Formation und nicht regimentirt: 1429 Offiziere, 3567 Unteroffiziere und Gemeine, sowie 2380 Pferde. Berlin, 19. August. Die heutige „Prov. Corresp." bringt einen langen „Die friedliche Lage Europas" betitelten Artikel. Nach dem das Blatt sämmtliche Großmächte hat Revue passiven lassen, kommt es zum Schluß auf Preußen und sagt: „Was endlich die Po litik Preußens betrifft, so hat sie über den Ernst ihrer friedlichen Ab sichten nach allen Seiten hin keinen Zweifel Raun: gelassen. Durch seine Handlungen, wie durch seine Kundgebungen hat das Berliner Cabinet die Verdächtigungen entkräftet, als arbeitete Preußen darauf hin, durch Angriff auf die Nachbarländer oder durch gewaltsamen Druck auf seine deutschen Bundesgenossen einen Zuwachs an Macht und Gebiet zu erlangen. Die preußische Rgierung hat sich vorzugs weise den wichtigen uud schwierigen Aufgaben zugewandt, welche die innere Entwicklung des engern und weitern Vaterlandes an sie stellt; sie hat durch ihre versöhnliche Haltung jedes Zerwürfniß mit den Nachbarmächten fern zu halten gesucht; sie hat im Besondern mit der Auseinandersetzung zwischen Deutschland und Oestreich, welche in dem Prager Frieden ihren Abschluß gefunden, für ein Frcundschafts- verhüktnih mit der östreichisch-ungarischen Monarchie stets die besten Wünsche gehabt und noch jüngst in einer nach Wien gerichteten De pesche die Ueberzeugung ausgesprochen, daß die Völker beiderseits von dem Verlangen nach einem friedlichen und freundschaftlichen Verkehr beseelt sein. — Offen und bestimmt hat auch König Wilhelm in den feierlichen Ansprachen an die Vertreter des deutschen Volkes dem Gedanken Ausdruck verliehen, daß Deutschland für die Ordnung seiner innern Verhältnisse selbst der Segnungen des Friedens bedürfe und das Werk seiner Neugestaltung als eine Bürgschaft für den Welt frieden hinzustellen habe. —- Wenn die Regierungen der großen Staa ten sich mit dem Geiste dieser Erklärung in Ucbereinstimmung setzen, dann ist der Friede Eurvpa's auf die Dauer gesichert." Der süße Pöbel in Berlin demonstrirt in seiner Art gegen das Moabiter-Mönchskloster. Nach kleinen liebenswürdigen Neckereien und Katzenmusiken an den vorhergehenden Abenden durchbrach er die Zäune vor dem Gebäude, drang in den Vorgarten und bombardirte das Kloster mit Steinen und die Fenster mit Fäusten. Die Schutzmänner mußten mit scharfer Waffe einschreiten, wobei es viele Verwundungen gab; ein muthiger Mönch brauchte das Beil und verwundete einen Stürmer. Die Mönche sollen das Kloster verlassen haben bis zu der Zeit, da eine hohe Mauer errichtet sein wird. Bruder Cuchem, der Düsseldorfer, war wirklich eine Nacht in Moabit, gab aber Fersen geld, da er die Temperalur äußerst ungcmüthlich fand. Nack der „Hamb. Reform" ist das kriegsgerichtliche Erkenntnis; in der Üntersuchungssache wegen des in Wandsbeck im „Schwarzen i Bären" verübten ExccsseS publieirt. Sieben betheiligte Ulanen sind ! zu 3—6 Monate» Festung verurtheilt und bereits nach Magdeburg abgeführt.