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238 welches dem Conrector Job übertragen worden, (1200 Thaler Ge halt und zu 180 Thlr. veranschlagte Amtswohnung) hatten sich 35 Bewerber gemeldet, 21 aus Preußen und 14 aus Sachsen. Welche außerordentliche Bedeutung das rastlos vorwärtsstrcbende Chemnitz „das sächsische Manchester" in der Geschäftswelt hat, geht u. A. aus der großen Anzahl auswärtiger Geschäftshäuser, ver- treten durch ständige Agenten am Platze Chemnitz hervor. Die Zahl Ler Geschäftsagentcn, welcher der Chemnitzer Börse als Mitglieder angehören und ihre auswärtigen Vertretungen beim Börsenvorstand angemeldet haben, beträgt 54, welche zusammen 404 Firmen und 126 Handelsplätze vertreten. England ist 84 mal, Nordamerika 54, Asien 30, Schweiz 11, Frankreich 24, Süddeutschland 20, Nord deutschland 128 mal vertreten. Von den 404 Firmen entfallen nach den diversen Branchen etwa 220 auf Baumwolle, 50 auf baumwollne Garne, 27 auf wollne Garne, die andern auf Seide, Nothgarn rc. Der „F. A." berichtet aus Freiberg: Wir vermögen infolge persönlicher Ueberzeugung aus unseren oberen Muldner Schmelz hütten von einem unterirdischen Brande zu berichten, welcher trotz vielfacher Mühen bis heule noch nicht gelöscht werden konnte. Diese Entzündung, deren Entstehen nach dem Urtheile der Sachkundigen keineswegs in irgend einer Fahrlässigkeit beruht, hat ihren Sitz in der größtentheils aus Schlacken und Kohlenresten bestehenden alten Halde, auf welcher die neue Zinkfabrik errichtet wurde. Durch die neuen Heizungsapparate, besonders durch die unterirdischen Destila- tionsrohre, welche einen bedeutenden Hitzegrad ausströmen, geriethen die Schlacken und Kohlen gedachter Halde, deren Geklüft, Spalten und Oeffnungen erfahrungsmäßig mit Gasen und Schwefel angefüllt sein mögen. Derselbe, der von fern schon am Tage durch Rauch und des Nachts durch blaue Flämmchen bemerklich ist, vermochte selbst durch massenhaft hinzugeführtes Wasser bis setz, noch nicht unterdrückt zu werden und bringt somit die Zinkfabrikgebäude dem Einstürze nahe, wie die Risse und Sprünge in den Wänden, von de nen die eine zum Theil schon herabfiel, zur Genüge beweisen. Des gleichen drohte auch die Oesse auf dem durchglühten Grunde zu wanken, und infolge dessen konnte das Abträgen derselben kürzlich erst nur mit großer Gefahr begonnen werden. Man hat nichts Zweckmäßigeres vorzunehmcn vermocht, als die Halde mit einem liefen Graben zu umziehen, doch ist derselbe noch nicht fertig. Viel-, leicht gelingt es dadurch, eine weitere Verbreitung des Brandes zu verhindern. Der Schaden ist bis jetzt nicht zu ermessen, wird aber in Rücksicht der Gebäude und der Unterbrechung der Zinkfabrikation von mehreren Seiten wenigstens auf 20,000 Thlr. berechnet. Geyer, 20. Juli. Gestern Mittag wurden der Posamentirer Carl Friedrich Martin, 43 Jahr alt, dessen Bruder, der Böttcher August Martin, 27 Jahr alt und der Posamentirer Carl Gotthardt Krauß 39 Jahr alt, allerseits von hier, leblos an der umersten Stufe im Keller des Hausbesitzers Gotthardt Friedrich Martin hier, des Vaters der obgenannten Brüder Martin, aufgcfundcn. Der äl tere Manin und Krauß wurden durch sofort angestellte Wiederbe lebungsversuche ins Leben zurückgerufcn, der jüngere Martin dagegen blieb eine Leiche. Unzweifelhaft ist nach dem Ausspruche des Ge richtsarztes Ur. Döring der Tod des Einen, wie die Betäubung der beiden Anderen durch Einathmung irrespirabler Gase erfolgt, welche durch das Einschmelzen von klarer Zinnmasse erzeugt worden waren, da jene drei in dem von allem Lnftzutritt abgeschlossenen, sehr en gen Kelterraume reines Zinn aus klargepochtem Zinnsteinen haben ausfchmelzen wollen. Nach den in dem Keller gefundenen Vorrich tungen und Gerälhen kann kaum ein Zweifel darüber obwalten, daß die Genannten sich mit Falschmünzerei beschäftigt haben und hierbei durch die aus ihrem Schmelzofen ausströmcnden Gase erstickt, bez. betäubt worden sind. Der Böttcher Martin hat seine Schuld bereits mi: dem Tode gebüßt, die übrigen Complicen jedoch wurden in zwischen vom hiesigen k. Gerichtsamt gefänglich eingczogen und ist man auf den Ausgang der gegen sie einzuleitendcn Untersuchung na türlich sehr gespannt. Falkenstein i. V., 23. Juli. DaS hiesige Vogelschießen ist leider durch einen traurigen Unglückssall bezeichnet worden. Nach tem Fcstzuge Probirten ewige Schützen ihre Gewehre nnd schossen nach der Slandscheibe. Hierbei wurde der Zieler Namens Tröger, der seinen ihm angewiesenen sichern Standort verlassen nnd sich lcicht- sinnigerweise einen der Schnßlinie näher gelegenen Platz gewählt hatte, von einer Kugel mitten in die Stirn getroffen, so daß er auf der Stelle todt blieb. Er hinterläßt eine Wittwe mit 3 unerzognen Kindern. Dem nnglücklichen Schützen soll keine Schuld beizumessen sein. DaS „Dresd. Journ." bezeichnet die Zeitungsnachrichten von der angeblich bevorstehenden Neuerrichtung eines sächsischen Husarenregi- menls und zweier Compagnien Festnngsartillcrie als vollständig un begründet. Der sächsische Hauptverein für Bienenzucht hält seine diesjährige Generalversammlung den 26.—27. August in Oschatz, wobei auch eine Ausstellung stallfinden wird. Der alte böse Jesuitenspruch: si wMti, noga, d. h. wenn du es gethan hast, so leugne, scheint wieder sehr in die Mode zu kommen. Statt die Wahrheit zu bekennen, wenn man gefehlt hat, leugnet man und stellt die Sache anders dar, als sie wirklich ist. Ein recht auffallendes Beispiel Hal davon der Bischof von Regens burg gegeben, der in einem Hirlenbrief von der in Schwandorf ge haltenen Rede alles leugnet, was ihn compromittiren kann und jetzt doch von 7 Zeugen, die einen Eid geleistet haben, überführt ist, Dinge gesagt zu haben, die er nicht verantworten kann und die sich, mit seinem Bischofsamte auch nicht gut vertragen. Krakau, 23. Juli. Infolge einer anonymen Anzeige drang gestern eine Gerichtscommission unter geistlicher Assistenz in das hie sige Karmeliterinnenkloster ein und fand daselbst eine Nonne, welche seit 21 Jahren in einer finstern, kloakenähnlichen Zelle eingesperrt war. Dieselbe sah sehr verwildert aus und ist überdies halb wahn sinnig. Bischof Galezki erschien als päpstlicher Delegat iin Kloster und überhäufte Aebtisfin und Nonnen mit den heftigsten Vorwürfen. Der Bischof dankte dem Untersuchungsrichter für sein tactvolleS, ener gisches Benehmen und suspendirte den Klosterbeichtvater. (Dr. I.) Man nennt das französische Ministerium nur ein Uebergangs- ministerium, das schon, noch ehe das Jahr zu Ende geht, einem andern Platz machen werde. In dem neuen Minister des Auswär tigen sieht man eine Bürgschaft für den Frieden. Der Uuterrichts- minister soll enorm reich sein, daß es ihm ein Leichtes wäre, die darbenden Schulmeister mit Zulagen zu erfreuen. Er wird es aber nicht thun. In Spanien hat man eine Verschwörung entdeckt, die auf die Ermordung Serranos, Prims und Revieros abgesehen war. Das unglückliche Land wird wohl noch lange nicht zur Ruhe kommen. Die Kunst, Schulden abzutragen, versteht Niemand besser als der neue Präsident Grant in Nordamerika. Er ist ein guter Haus halter. Für den Monat Juni hat er die Staatsschuld um 16 Mill, verringert und im ersten Vierteljahr 36 Mill, abgetragen. Die ganze Staatsschuld beläuft sich jetzt noch auf 2489 Mill. Doll. HerächL und gerichtet. Link vorf- und üriminalgtschichlt non Ludwig Habicht. (Schluß.) „Ja, ich, ich habe ihn getödtet!" rief plötzlich eine Stimme, und in wilder Aufregung, die Büchse noch krampshaft in der Hand hal tend, stürzte Georg herbei, day die Umstehenden von seiner wilden Erscheinung erschreckt, ihm scheu und bestürzt Platz machten. Der wie von Furien gepeitschte Mensch beugte sich zum Justizrath hinab nnd rief ihn» in schneidendem Tone zu: „Erkennst Du mich? Du hast mich gehetzt und getrieben wie ein wildes Thier, bis ich keinen an dern Gedanken hatte, als mich zu rächen, nun bin ich frei — nun geh ich mit Freuden in den Tod!" Der Justizrath öffnete die Augen und blickte in das wuthverzerrte Antlitz Georgs und mit diesem An blick schien der alte Haß in ihm aufzuflammen und ihn von Neuem zu beleben. „Mörder! aufs Rad mit Dir!" keuchte er hervor, er wollte sich erhebe», aber im nächsten Augenblicke sank er zurück, noch einmal leise vor sich hinmurmelnd. „Dürre Aeste," lachte Ge org ihm dämonisch nach und brach ebenfalls zusammen. Er hatte ja die heiße Fiebergluth der Rache, die ihn rastlos gespornt und gestachelt, in dem Blute seines grausamen Henkers gekühlt und da mit war auch seine Kraft erschöpft, er ließ sich willenlos von den erst jetzt aus ihrer Bestürzung sich ausraffendcn Gästen sestnehmen und verhaften. Als Georg wieder in das Gefängnis; geführt wurde, das er erst vor wenigen Tagen verlassen, stürzten Thränen aus sei nen Augen. Bei seinem ersten Eingänge war er doch noch unschul dig, und wie man ihn gemartert und gequält, er hatte das Bewußt sein seiner Schuldlosigkeit, und heute — da klebte wirklich Blut an seinen Händen, da war er in der That ein Mörder und ein düstres Verhängniß hatte ihn zu dem gemacht, wofür er zuerst nur fälschlich angeklagt worden. Und jetzt, da er dem wilden Rachegeschrei seines gequälten Herzens Luft gemacht hatte, kam auch die Neue überfeine fürchterliche That. Wie eine finstere Gewitterwolke hatte der Ge danke der Rache über seiner Stirn geruht, sie mußte sich erst ent laden, ehe er den Himmel Wiedersehen konnte, nun war der dunkle Schleier zerrissen, wie aus der Tiefe seiner Brust erwachte die Stimme der Religion: liebet eure Feinde, segnet die euch fluchen.— „Barmherziger Gott, und ich habe meinen Feind erschossen!" Mit diesen Worten sank er fast ohnmächtig zu Loden, daß seine Ketten aneinander klirrten und ihm ins Fleisch schnitten, aber er achtete dessen nicht, dieser körperliche Schmerz war nichts gegen den seeli sche;;, der ihn verzehrte. Der Doctor halte recht gehabt, es war nur ein Streifschuß ge wesen und ein eigenthümlicher Umstand hatte Georgs blutige That zum Theil vereitelt. Eben als er rachejubelnd den Finger an den Drücker des Gewehrs legte, war plötzlich eine Gestalt an der Mauer vor ihn; aufgetaucht, die ihm erschrocken in die Arme fallen wollte. Es war Rose, die, seit einigen Monaten in der Stadt in Diensten, Georg nachgeschtiche», und leider zu spät kam, ihn völlig von einem Verbrechen abzuhalten. Den Justizrath hatte sic aber wenigstens vom Tode, Georg von einer Blutschuld gereitet. Alte vertrocknete Juristen haben wie Katzen ein zähes Leben, auch der Justizrath wurde, da die Kugel keine edlen Theile verletzt, rascher hergcstelll, als man es erwartet und genas, bis auf einige Athmungsbeschwerden, völlig. Georgs Seele wurde damit von na menloser Qual erlöst, er wollte nun ruhig sein Urtheil über sich er gehen lassen, hatte er doch keinen Mord auf seinem Gewissen. Ma rianne aber, die durch die entsetzte That Georgs in die tiefste Ver zweiflung gestürzt worden, wagte Alles, ihren Geliebten noch einmal aus der Haft zu erlösen; sie ging auf den Rath des Protokollführers zu dem jungen Assessor, der ihr bereitwillig ein Gnadengesuch an den Landesfürstcn anfertigte und klar und geschickt darin hervorhob, daß der arme Gequälte nur durch das schonungsloseste Untersuch ungsverfahren dahin gebracht worden, das zu werden, wozu man ihn mit aller Gewalt machen gewollt, und wie der persönliche Haß des Kriminalrichters den unglücklichen Ausgang der Untersuchung verschuldet. Marianne, das sonst so schüchterne, blöde Landkind, drang damit selbst zum Landesfürsten, der ihr Gnadengesuch huld reich aufnahm und ihren anfangs leise gesprochenen Worten freund- Mittwoch, den 28. Juli, Wilsdruff. Legler. sollen um 2 Uhr an der Kirche eine Parthie alte Bretter gegen Baar- zahlung Verauctivnirt werden.