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4«. 1868. Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Nossen, Sievenlehn und die Umgegenden. Amisökatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Gtadtrath daselbst. Bekanntmachung. Unter Bezugnahme auf die von der unterzeichneten Königlichen Amtshanptmannschast unter dem 5. Mai v. I. erlassene Bekannt machung werden die Gemeinden und Privatpersonen des hiesigen Bezirkes, welche um Gewährung militairischen Forst- oder Flurschutzes omzukommen beabsichtigen, hiermit aufgcfordert, ihre diesfallsigen Anträge alsbald hier einzureichen. Dresden, am 9. Juni 1869. K ö n i^g l i ch e A m t s h a u p t m a n n s ch a f t. v»» Voigt Taaesgeschichte. Wilsdruff, am 14. Juni 1869. Ein seltenes Naturspiel ist in der Neudeckmühle zu schauen, nämlich ein Paar junge ganz weiße Staare, die der Herr Neu deckmüller bei ihrem ersten Ausfluge eingefangen und ihnen Kost und Pflege angcdeihen läßt. Nack der nun vollständigen Liste der gewählten Abgeordneten zur zweiten Kammer sind zwei Abgeordnete doppelt gewählt: die bäuerlichen Abgeordneten Fahnauer und Jungnickel. Unter den Ge wählten befinden sich 12 Rittergutsbesitzer, 11 Advokaten, 9 Kauf leute und Fabrikanten, 6 Bürgermeister, 4 Lehrer, 9 Doctoren ver schiedener Fakultäten von denen 2 zugleich Professoren sind. Im Allgemeinen ist die Bctheiligung in den ländlichen Wahlbezirken weit lebhafter gewesen als in den städtischen, während die Zahl der ab gegebenen Stimmen nur in 2 der letzteren, soviel bekannt, 1500 übersteigt, hat sie in 11 ländlichen Bezirken 1500—2000, in 4 an deren sogar mehr als 2000 betragen. — Wie verlautet, soll der Landtag um die Mitte September einbcrufen werden. Nach der „L. Z." gestaltet sich das Ergebniß der Wahl zum Landtage hinsichtlich der Parteistelluna der gewählten Landtagsab geordneten folgendermaßen: 40 deutsch-sächsische, 32 national-liberale, 5 fortschrittliche, 3 der Parteistellung nach noch unbekannte Abge ordnete. Chemnitz, 7. Juni. Der hiesige Kirchcnvorstand zu St.-Jo- Hannis hat sich einstimmig für Aufhebung der Patronatsrechtc, Weg fall eines Bußtages und für Abschaffung der den ganzen Lehrerstand blamirenden kirchlichen Collecte für „arme alte oder sonst bedrängte Lehrer, ihre Wittwen und Waisen" ausgesprochen und gleichzeitig beschlossen, genannte 3 Punkte auf die Tagesordnung der nächsten Diöcesanversammtung zu bringen und letztere, um das geistliche Ele ment nicht obenauf schwimmen zu lassen, in xlsno zu besuchen. Von dem vor Kurzem erst majorenn gewordenen Grasen Vitzthum v. Eck- stüdt auf Lichtewalde wird erzählt, er habe sämmtliche in seinem Patronat angestcllte Lehrer auf das Schloß kommen und ihnen dort die Weisung zugchcn lassen, sich nicht an den neuen Bestrebungen auf kirchlichem und pädagogischem Gebiete zu betheiligen. Auf der Zwickauer Diöcesansynode war von den weltlichen Mitgliedern des Kirchenvorstandes beantragt worden: die Diöcesan- versammlung möge bei der Landcsshnode beantragen, die Keusch heitsprädikate bei Aufgeboten re. in Wegfall zu bringen. Da sich jedoch die ganze Geistlichkeit mit großer Lebhaftigkeit dagegen er klärte, wurde der Antrag abgelehnt. Die Großenhainer Diöcesanversammlung hat sich gegen die Lostrennung der Schule von der Kirche und gegen die Aufhebung des Privatpatronats erklärt, dagegen den Antrag, die Staatsregierung zu ersuchen, dahin Abänderung zu treffen, daß Kirchenpatron und Kirchenvorstand gemeinschaftlich das Wahlrecht empfangen, mit gro ßer Mehrheit angenommen. Meißen, 10. Juni. Das auf der Reise von Magdeburg nach Tetschen befindliche, mit 1100 Ctr. Eisen beladene Schiff des Schiffer Walther aus Niedergrund in Böhmen ist am Montag Abend gegen 8 Uhr bei Niedermuschütz versunken. Es hatte 15 Mann an der Zugleine; da wurde der Mast durch das Anziehen der Leine ausge- hoben und stürzte um und das Wasser drang durch einen Leck in das Schiff. Der Schiffsherr kam beim Stürzen des Mastes in die größte Lebensgefahr und erleidet durch diese Unterbrechung seiner Fahrt bei der ohnehin^aufsMringste herabgcdrückten Fracht den empfindlichsten Verlust. Annaberg, 12. Juni. In dem 2 Stunden von hier entfernten Bärenstein und noch höher im Gebirge hinauf hat es gestern tüchtig geschneit. Wie das „L. T." erfährt, umfaßt die in Leipzig erfolgte Arbeits einstellung in zehn Cigarrenfabriken eine Arbeiterzahl von 372 Mann, denen möglicherweise noch eine Zahl von 150 Mann folgen wird. Die Verhandlungen des Comitee mit den betreffenden Arbeitsherrn sind ohne Erfolg geblieben, während sie bezüglich einiger Fabriken noch schweben, fo daß, falls auch letztere auf die Forderungen des Comitee nicht eingehen, die Zahl der feiernden Arbeiter auf über 500 ansteigen wird. .Leipzig, 8. Juni. Die bei der Frauenwelt eingebürgerte Mode, Frisuren von fremden Haaren zu tragen, hat nach und nach den Handel mit Menschenhaaren zu einem ganz ausgedehnten Geschäfts zweige gemacht und die Preise für jenen Artikel, an dem es anfängt zu mangeln, ganz bedeutend hinaufgeschraubt. Es reisen deshalb, namentlich auf dem Lande, zahlreiche Händler umher, welche die be dürftigeren Frauenzimmer zum Verkauf ihres Hauptschmucks zu be wegen suchen. So wurden gestern im Fremdenbureau unseres Po lizeiamtes auf einmal nicht weniger als 8 derartige Geschäftsleute augemeldet, die nun in der Umgegend umherziehen und die Köpfe der Mädchen lind Frauen zum Gegenstand ihrer Spekulation machen wollen. Nach der „S. Z." können wir jetzt den Namen des Leipziger Bürgers mittheilen, welcher vor kurzem der Stadt Leipzig 20,000 Thlr. zur Erbauung von gesunden und billigen Arbeiterwohnungen zunächst für Wittwen von Schriftsetzern und Schriftgießern geschenkt hat; es ist dies der Buchhändler Karl Tauchnitz. Das Leipziger Stadtverordnetencollegium hat in seiner letzten Sitzung die Annahme der Schenkung und die unentgeltliche Gewährung eines Bauplatzes beschlossen. Am 11. Juni, früh um 3 Uhr, ist im Dorfe Nieder-Rödern bei Radeburg ein größeres Schadenfeuer ausgebrochen, dessen Ent stehungsursache unbekannt ist. Es wurden 7 Baucrgüter und 2 Häaslernahrungen eingeäschert. Versichert hat von Allen nur Einer. In Zetteritz bei Rochlitz ist an der Gartenautsbesitzerin Wittwe Striegler und deren 23jähriger Tochter in der Nacht zum 8. d. M. ein Mord, beziehentlich Mordversuch verübt worden. Die Tochter machte auf Befragen am Morgen folgende Angaben: Gegen Mitter nacht bemerkte dieselbe, wie Jemand auf dem Oberboden ist und leise die Bodentreppe herabkommt. Als sie solches der mit in derselben Kammer schlafenden Mutter mittheilt, sucht diese die Tochter dahin zu beruhigen, daß wahrscheinlich Katzen auf dem Boden seien. In selbigen Augenblick wird mit einem Schlag die Kammerthür einge- haueu, und eine Gestalt in dunkle Frauenkleidcr gehüllt, eilt auf das Bett der Mutter zu und versetzt dieser mit einer schweren Holz axt mehrere Schläge, so daß dieselbe sofort verschied. Als der Mör der sich von dem Zustande seines Opfers überzeugt hat, geht er an das Bett der Tochter und versetzt dieser ebenfalls einen Schlag mit der Art, so daß dieselbe in Ohnmacht fällt, aus welcher sie erst früh erwacht. Die Tochter behauptet, es sei eine verkleidete Mannsperson gewesen, welche diese Grcuelthat verübt und welche sich wahrscheinlich gegen Abend, während sie nach Seelitz gegangen, um das Grab ih res im vergangenen Frühjahre verstorbenen Vaters zu besuchen und während die Mutter vor des Nachbars Thür gesessen, in das Haus ans den Boden geschlichen habe. Die Motive zu dieser That sind noch in Dunkel gehüllt. Hoffentlich gelingt es, den zur Zeit noch unbekannten Thäter zu ermitteln und zur wohlverdienten Strafe zu ziehen. Am 7. Juni erschoß der Vorwcrksbcsitzer Ehrlich oberhalb Gei sing, als er am Aschergraben nach einem Raben schießen wollte, aus Versehen sein 5jähriges Kind. Die Geburten, Todesfälle und Trauungen im Königreich Täck sen während des Jahres 1865 bilden den Gegenstand eines umfäng-