Volltext Seite (XML)
Wochenblatt für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Sicbcnlch» »nd dir Umgegenden. Amtsblatt für das Königliche Gerichtsamt Wilsdruff und den Dtadtrath daselbst. 83. Ireiiag, den 13. August 1868. Bekanntmachung. Infolge eines von dem 20. dieses Monats an beginnenden Umbaues der auf dem Wilsdruff-Sachsdorfer Commu- nicationswege befindlichen, über die Saubach führenden Brücke kann von dem genannten Tage an diese Brücke bis auf Weiteres von Fuhrwerk nicht passirt werden, was zur Nachachtung andurch bekannt gemacht wird. Dresden, am 5. August 1869. Königliche A m t s h a u p t m a n n s ch a f t. von Vieth. Voigt. Tag esgeschich te. Wilsdruff, am 12. August 1869. Im Gasthofe zu Groitzsch findet nächsten Sonntag ein Vocal- und Instrumental - Concert zum Besten der Hinterlassenen der im plauenschen Grunde verunglückten Bergleute statt. (Siehe Inserat.) Wie wir hören, wird nächsten Sonntag, den 15. d. M. der hie sige Turnverein sein diesjähriges Schauturnen abhaltcn, wozu die Vereine zu Tharaud, Weisig, Rabenau, Hainsberg, Potschappel, so wie die Turncrfeuerwehr zu Plauen eingeladen sind, sollten sich von Letzterer eine größere Zahl betheiligen, so dürften wir jedenfalls ei nige interessante und zugleich praktische Fencrwchrübungen zu sehen bekommen. Einem in Sachs dorf als Flurschütze commandirt gewesenen Soldat passirte am letztvergangcnen L-onntag das Unglück, daß beim Schießen nach Sperlingen das Gewehr desselben zerplatzte und ihm die linke Hand total verstümmelt wurde, in Folge dessen sein Trans port in das Militärhospital zu Dresden veranlaßt werden mußte. Potschappel, 10. August, Abends 8 Uhr. Vis heute sind 179 Leichen hcrausgeschafft worden. Heute 34, darunter zwei Stei ger, Gebrüder Bähr. Die Leichen sind nur wenig noch an den Klei dern erkenntlich und in voller Verwesung begriffen. Die Zutagefvr- derung geht augenblicklich rasch, da ca. 15 auf einem Haufen liegen. Diejenigen, welche jetzt aus dem Hoffnungsschachte ans Tageslicht kommen, müssen Vielleicht noch eine 'A Stunde lang bei Besinnung gewesen sein, ehe sie gestorben sind, da ein Steiger Bähr in sein Notizbuch ein Lebewohl für Frau und Kinder, Andere mit Kreide an die Zimmerung geschrieben haben: „Lebt wohl Kameraden, wir müssen sterben. Sie sind erstickt, da sämmtliche noch Brod bei sich führten. Potschappel, 11. August, Abends 8'/.^ Uhr. Vis heute sind 200 Leichen hcrausgeschafft worden. Atan hofft in 3 Tagen fertig zu sein. Die bestimmte Zahl der Todten ist 274. Der Steiger Ernst Bähr hat vor seinem Tod ins Notizbuch geschrieben: „Dies hier ist der letzte Ort, wo wir Zuflucht gefunden haben. Ich habe meine Hoffnung aufgegcben, weil die Wetterführung auf Segengottesschacht und Hoffnungsschacht vernichtet ist, der liebe Gott mag die Meinigen und meine lieben Freunde, die mit mir sterben müssen, sowie deren Familien in Schutz nehmen. Ernst Bähr, Untersteiger." Heute sind Notizen zu Tage gekommen, daß Manche bis Montag Mittag 12'/^, sogar bis Abends 7 Uhr gelebt haben. Ein Bergmann Hanisch aus Häslich hat eine Schiefertafel voll geschrieben. Unter den Bcrgleuren in Döhlen geht von Mund zu Mund die Kunde eines Beispiels seltener, echt bergmännischer Berufs- und Pflichttreue bei der Explosion im „Scgen-Gotlesschacht." Als in den Tiefen des Schachtes das Unglück geschehen war, eilten zwei Zim merlinge und drei Förderleute sich zu retten, indem sie das Gestell am Seile erstiegen und auffuhren. Sie machten vorher die beiden am untern Füllort stehenden Anschläger auf die ihnen drohende Ge fahr aufmerksam und forderten sie auf, sich ebenfalls durch Ausfah ren zu retten. „Nein," sagten die Wackern Männer, „vielleicht können wir noch Anderen zu Hilfe eilen;" und sie harrten auf ihrem Posten aus. Wenige Augenblicke später drangen die irrespirablen Gase bis an das Füllort und die pflichttreuen Männer starben an Erstickung, ohne daß sie noch Zeit und Kraft halten, das Zeichen zum Auffahren zu geben. Die Namen dieser Braven sind: Wilhelm Werner und Wilhelm Pietzsch. Ersterer hinterläßt Frau und Kinder. Der Letz tere war zwar verhcirathet, aber kinderlos. Friede sei ihnen und ein ehrendes Angedenken. Die bei der Expedition des „Dresdner Journals" für Pot schappel eingcgangennn Gelder betrugen am Sonnabend Mittag 5700 Thaler. Die Sammlung des „Dr. I." für die Hinterlassenen der im Plauenschen Grunde Verunglückten beläuft sich jetzt auf 9431 Thaler, darunter befinden sich u. A. 600 Thlr., welche der k. sächs. General- consul in Frankfurt a. M. eingesandt hat. In Leipzig waren an verschiedenen Sammelstellen bis zum 10. August 8266 Thlr. für das Döhlener Comitee eingegangen. Beim Rathe der Stadt Leipzig waren bis Sonnabend Nach mittag 2935 Thlr. für Potschappel eingegangen, außerdem hat die Expedition des „Leipz. Tgbl." 393 Thlr. gesammelt. In Zwickau sind für das Döhlener Unterstützungscomitee bis jetzt 910 Thlr. zusammengekommcn. Das am 10. dss. Mts. früh von Dresden nach Riesa fah rende Dampfschiff „Franz Joseph" ist in der Furth unterhalb Meißen am Katzensprungfelsen mit dem stromauf segelnden leeren Kahne eines Schiffes aus Krippen zusammengestoßen. Der Kahn ist mit aller Gewalt mit seiner Kaffe in den rcchtseitigen Radkasten des Dampf schiffes, in welchem sich das Büreau befindet, gefahren und hat den selben durchbohrt und ausgehoben, so daß die im Büreau befind lichen Billets und Papiere von dem herrschenden Winde fortgetrieben worden sind. Der Kahn ist in der Kaffe beschädigt. Ein Theil der erschreckten Paffagiere ward von einem gerade stromab fahrenden Schleppdampfer ausgenommen und weiter befördert. Der „Franz Joseph" mußte liegen bleiben, ebenso der Kahn. (M. Tgbl.) Bei der Wahl eines Abgeordneten zur I. Kammer für die Ober lausitz ist, wie die Sächsische Zeitung meldet, der Rittmeister v. No- stitz-Drzcwiecki auf Wendisch-Paulsdorf, früher Mitglied der II. Kammer, mit großer Majorität gewählt worden. Am 2. August ist der in der Richter'schen Stahlwaarenfabrik zu Neustadt bei Stolpen beschäftigte Fabrikarbeiter Löwenhagk mit beiden Armen unter die Satinirmaschine gekommen und sind ihm die selben furchtbar zermalmt worden; der linke mußte sofort amputirt werden. Bis jetzt lebt der so schwer Verletzte merkwürdigerweise noch. Das Wochenblatt und Anzeiger für Hohenstein-Ernstthal, Ober lungwitz rc. vom 7. August enthält eine von 21 Personen aus Ernst thal unterzeichnete Erklärung: Ernstthal, 5. August. Der Herr Pastor Laube hat am vergange nen Sonntag seiner Predigt ein Referat über das acht Tage 'vorher hier abgehaltene Missionsfest anzufügen für gut befunden und dabei be sonders herorgehoben, daß die bei diesem Missionsfestc gesammelten üblichen Beiträge von ungefähr 27 Thalern meist von Fremden ge steuert worden seien. Der Herr Pastor Laube glaubte daraus eine zu geringe Theilnahme von Seiten der hiesigen Bewohner für die Misnonssache erkennen zu müssen und machte deshalb Wohl seinem betrübten Herzen damit Luft, daß er von der Kanzel herunter der versammelten Gemeinde zurief: „Ihr Ernstthaler, schämt euch," fer ner: „Und ihr alle, die ihr heute da seid, aber vor acht Tngen nicht da wäret, ihr schämt euch auch mit." Der Herr Pastor Laube hat zwar durch seine beliebten Kraftausdrücke, wie unter andern vor ca. einem Jahre bei Abhaltung einer sLommunion: „Wer nur ein- bis zweimal jährlich das heilige Abendmahl genießt, der ist ein geistiger Krüppel" rc., die hiesigen Kirchgemeindeglieder gegen feinere Aus- druckswcise von dieser Seite her einigermaßen abgehärtet; allein wir, die Unterzeichneten, können doch nicht umhin, die obenbercgtc, am