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VoHcnisiM für Wilsdruff, Tharandt, Rossen, Sievenlehn und die Umgegenden. AmtsölatL für das Königliche GerichtsamL Wilsdruff und den Stadtrath daselbst. 29. Freitag, den 11. April 1873. Anher erstatteter Anzeige zufolge sind in der Nacht vom 29. zum 30. vorigen Monats aus einer Wohnung in Alt tanneberg 8 Stück geräucherte Speckseiten, 8 Stück geräucherte Schrote und 14 Stück geräucherte Würste entwendet worden, was behufs Wiedererlangung des Gestohlenen und Ermittelung des oder der Diebe hiermit öffentlich bekannt gemacht wird. Königliches Gerichtsamt Wilsdruff, am 9. AM 1873. Von dem unterzeichneten Gerichtsamie sollen den 15. April 1873 die zum Nachlasse der Christiane Friederike verw. Plattner, geborne Limbach hier gehörigen Grundstücke Nr. 269 des Ka tasters, Nr. 651 und 997 des Flurbuches und Pol. Nr. 327 und 545 des Grund- und Hhpothekenbuches für hiesige Stadt, welche Grundstücke ohne Berücksichtigung der Oblasten und zwar Polinin Är. 327 auf 145 Thlr. —- —- „ „ 545 „ 417 „ 10,,-- gewürdert worden sind, auf Antrag der Erben freiwilliger Weise an hiesiger Amtsstelle versteigert werden, was unter Bezug nahme auf den hier aushängenden Anschlag hierdurch bekannt gemacht wird. Wilsdruff, am 18. März 1873. Königliches Gerichtsamt. Leonhardi. Gott weiß, warum er Dir es schickt. Zum Osterfest. Wenn nach des Winters trüben Tagen, Mit ihren Leiden, ihren Klagen Der erste Frühlingssonnenstrahl Hinzittert über Berg und Thal, Wie athmet da die Brust so frei; Denn was sie drückte, ist vorbei. Es naht die Sonne aller Sonnen. Die Marterwoche ist zerronnen, Und nun im gold'nen Morgenroth Zu neuem Leben wird der Tod, Wie athmet da die Brust so frei; Denn was sie drückte ist vorbei. Bom Himmelreich dem Königssohne Aufs edle Haupt die Dornenkrone; Der hohen Majestät aus Gott Die Backenstreiche und den Spott: Der Liebe, sonnenklar und wahr. Das Kreuz bei einem Schächerpaar. (Eh. Tgbl.) Das mit der Liebe Augen sehen, Das muß durch Herz und Seele gehen; Wenn aber aus dem herbsten Leid Hervorquillt solche Herrlichkeit, Dann offenbart sich wohl die Hand, Die es bereitet und gesandt. O, daß der Helle Ostermorgen In jedes Herz voll Leid und Sorgen Mit seinem goldnen Strahlenglanz Hinein es glühte voll und ganz: Das Leid, das Dich so niederdrückt, Gott weiß, warum er Dir es schickt. Siehst Du Marias Folterqualen Sich auf dem bleichen Antlitz malen? Zerrissen ist das Mutterherz Vom blutigen Charsreitagsschmerz, Und bang seufzt sie zu Gott hinan: Warum hast Du mir das gethan? Der schweigt; allein in seinem Rathe Getragen von der ew'gen Gnade, Liegt schon für all' ihr Herzeleid Der Trost im Ostertag bereit. Der dämmert, und der Schleier reißt: Gott ist, Gott bleibt der gute Geist. Und kannst Du ihn nicht gleich ergründen Und Dich im Leid nicht wiederfinden, So denke nur das Eine still: Der schickt mir's, der mein Bestes will. Dein Weinen und Dein Grübeln macht Nur düstrer noch die Kummernacht. — O, daß der Helle Ostermorgen In jedes Herz voll Leid und Sorgen Mit seinem goldnen Strahlenglanz Hinein eS glühte voll und ganz: Das Leid, das Dich so niederdrückt, Gott weiß, warum er Dir es schickt! L. Sr. Kurze Betrachtungen auf politischem und religiösem Gebiete. Daß das Neichsgesetz über das Actienuntvesen einer durchgreifen den Umarbeitung dkingend bedarf, hat Lasker in seiner letzten Rede treffend bewiesen. Wie weit die Ausnutzung dieses Reichsgesetzes ge gangen, lehrt der noch gegenwärtig anhaltende Actienschwindel in un zweideutiger Weise. Als erfreulich ist dabei das Entgegenkommen zu bezeichnen, welches der Bundesrath diesem so nothwcndigen Werke angedcihcn ließ. In Bezug auf die Untersuchung gegen den Gehcimen- rath und einstigen Vortragenden Rath des Kaisers, Wagener, ver kündete Lasker, daß die Untersuchungscoinmission hoffentlich bis Ostern mit der Zeugenvernehmung und der Feststellung der Thatsachen zum Abschlusse kommen werde. Schon jetzt sei es mehr denn sicher, daß viel gravirendere Sachen, als anfangs erwartet wurden, an's Licht der Oeffentlichkeit kommen würden und daß selbst die Negierung die Hoffnung, Wagenern zu retten, ansgegeben habe. Hoffen wir auch, daß sich bei den Verhandlungen über das neue Münzgcsetz Lasker gegen die herzlose Ausbeutung des Volkes von Seiten der Goldonkels wende. Fürwahr traurig wäre es und es hieße der Sozialdemokratie in die Hände .arbeiten, wenn gegenwärtig zwei Münzgattungen eingcführt werden sollten: die eine in Gold und stets vollwerthig für reiche Leute, die andere in schlechtem Silber und dem unseligen Curse unterworfen für den Mittelstand und die nie deren Volksschichten. Wenn wir daher die Goldwährung einzig um solchen Preis erkaufen können, daß jdie großen Banken Millionen aus dem Schweiße des Volkes herauspreffen, wenn durch die Ver schlechterung des Silbergeldes der Socialdemokratie berechtigter Stoff zu neuen Agitationen und Wühlereien gegeben wird, dann ist die Einführung der Goldmünzen ein höchst unseliger Mißgriff. Hoffen wir daher, daß unsere Abgeordneten, eingedenk ihrer Pflicht dem Volke gegenüber, ihre Schuldigkeit thun und der Geldsucht jener Volksaus- sanger nicht den kleinsten Finger einräumen! Mittlerweile hatLasker eine gegen zwei Stunden anhaltende Rede über den Actien- und Gründnngs- schwindel im Reichstage gehalten. War es vor acht Wochen das Eisenbahnconcessionswesen, so waren es nun die Gründungen und die Verwaltungen der Actiengescllschaften überhaupt, welche von dem wackeren Vorkämpfer der öffentlichen Moral einer Kritik unterworfen wurden, die theils allgemeinerer sittlicher Natur war, theils die Un zulänglichkeit der bestehenden Gesetzgebung darlcgte und in praktischen Besserungsvorschlägen auslief. Die ganze Rede war geeignet, einen recht betäubenden Eindruck zu machen und zeigte, wie auf dem Ge biete des großindustriellcn Erwerbes die Grenze zwischen berechtigtem Gewinn und professionellem Betrüge mehr und mehr dem allgemeinen Bewußtsein abhanden kommt und die professionellen Betrüger dadurch immer mehr in die gute Gesellschaft einrücken und in geachteteren Gesellschaftsklassen ihre Geschäftsfreunde und Genoffen finden.