Volltext Seite (XML)
Mittwoch, 3V. Dezember 1SV8. Leipziger Tageblatt. Rr. 3SS. 1-S. Jahrg. uszeft rinden. rn Hans Stanffenbach. Roman von B. Coro ny. „Und wenn du auch dieses Geld verspielst?" „Bringe mich nicht um die Geduld und die Fassung! Fortunas Kugel rollt und muß auch mir wieder die Helle Seite zuwenden. Hätte ich aber wirklich noch einmal Pech, dann ist nur ein verschwindend kleiner Teil meines Eigentums verloren, denn ich bin der einzige Erbe der Herrschaft Stauffenbach und des großen Reichtums meines Baters." „Solange dein Vater lebt, steht ihm auch noch die uneingeschränkte Verfügung über dein Vermögen zu, das er, wie ich weiß, dem Enkel un geschmälert erhalten will." „So?" — Immer dicker schwoll die blaue Zornesader auf Wolfs Stirne. „So? Das weißt du? Den Sohn möchte er so kurz als möglich am Zügel halten, um dem Enkel alles geben zu können, wie er dereinst seinem Liebling Günther alles gab. Ich bin es aber müde, mich stets beiseite schieben zu lassen!" „Neidest du etwa deinem eigenen Kinde des Großvaters Liebe?" „Keine Spitzfindigkeiten und Verdrehungen, wenn ich bitten darf! Drei Worte aus das Papier geworfen und die Sache ist erledigt. Wie? — Immer noch: „Nein?" Nur Abneigung gegen mich und Eigensinn veranlassen dich, mir die Gewährung eines so leicht erfüllbaren Wunsches zu weigern?" „Was gegen meine Ueberzeugung und gegen mein Gewissen ist, daS vermag ich nicht zu tun." „Als ob es dir gelänge, mir deine wahren Gründe und Absichten zu verschleiern! Ich errate und kenne sie. Ich will nur ein wenig Klar heit zwischen uns beiden zu schaffen suchen. — Du meinst wohl, ich hätte nichts gewußt, als ich um dich warb?" „Mein Gewissen klagt mich keiner Schuld an. Ich habe nichts zu verbergen." „Du verbargst mir aber dennoch, daß du meinen Vetter Harald liebtest. Wenigstens kann ich mich eines solchen Geständnisses deiner seits nicht erinnern. Und wenn du jetzt in Abrede stellen willst —" Sie erhob abwehrend die Hand. „Ferne sei es von mir, die Wahrheit zu leugnen. Mein Herz ge hörte Harald; aber dieses unschuldige Geheimnis durfte ich als mein letztes Glück, meinen letzten einzigen Schatz für mich behalten. — Habe icb mir wirklich etwas vorzuwerfen, so ist es meine Schwäche, dem gebieterischen Willen des Vaters gegenüber. Karmelitta hätte anders gehandelt. Ich konnte mich zu ihrer Größe und Energie nie auf schwingen. Das ist die einzige Schuld, zu der ich mich anderen und mir selbst gegenüber bekennen muß. Harald wandte sich geringschätzcnd von mir ab, da ich nicht die Kraft besaß, für meine Liebe zu kämpfen. — E: tat recht daran." Ein häßlicher Ausdruck verzerrte Wolfs Antlitz. „Deine törichte Schwärmerei und Ueberspannung läßt dich ganz vergessen, daß du zu mir, deinem Gatten sprichst?" „Ich vergesse nichts; wohl aber denke ich darüber nach, wie es dir möglich wurde, mich an den Altar zu führen, wenn du wußtest, daß ich nur gezwungen gehorchte." „Zwang mich nicht selbst des Vaters Wille?" entgegnete er düster. „Jawohl, du hast recht. — Nicht unsere eigene Entscheidung schloß diesen Bund." „Nein; aber jetzt gibt es Wichtigeres zu tun als Erwägungen an zustellen. Was geschah, das läßt sich nicht mehr ändern und wir werden gut tun, uns nicht gegenseitig Steine in den Weg zu werfen. Vorwärts also! Die Zeit verrinnt sonst nutzlos!" Er reichte ihr die Jeder. Margarete nahm sie nicht, sondern erwiderte: „Meine Antwort gab ich dir bereits." „Du beharrst also auf deiner Weigerung?" „Ich muß es." Aus seinen Augen loderte es wie Wetterleuchten. Noch mäßigte er sich; aber die Stimme versagte ihm fast, als er mit halb warnendem und halb drohendem Tone hervorsticß: „Ich schone dich, weil du krank bist; aber baue nicht zu sehr auf meine Langmut! Für mich handelt es sich um mehr, als du vielleicht begreifst." „Ich begreife alles sehr wohl und verhehle mir den Ernst der Sach lage keineswegs." „Und zögerst dennoch, die Schwierigkeiten beizulegen? Ist dir denn nicht klar, daß du es kannst? Zweifelst du, daß Papa dir das Geld schicken würde?" „Nein." — „Oder fürchtest du etwa, daß eine genaue Abrechnung von dir ver langt wird?" „Auch dies nicht; aber gerade, weil ich die Großmut und das Zart gefühl des Freiherrn Eberhard kenne, und weil er mir stets ein treuer, väterlicher Freund war, könnte ich ihm nach solcher Lüge nie wieder klar in die Augen sehen. Ich biete dir mit ehrlichstem Willen meine Ver mittelung an." Stausseubach lachte schneidend aus. „Ich danke dir für diese Gnade! Ich weiß recht wohl, waS du mit deinen Vermittlungsversuchen be zweckst. Nichts weiter, als mir den Vater noch mehr zu entfremden. Seit du im Hause bist, war dies dein eifrigstes und erfolgreiche« Streben. Du hast mich Zoll um Zoll herabgedrückt in der Meinung deS alten ManneS, dem du mit deiner Duldermiene und Kopfhängerei wie eine Heilige erscheinst." Je länger er sprach, in desto größere Aufregung brachte Wolf sich selbst. Er wußte, daß er ungerecht war; er konnte und wollte aber seinen wachsenden Zorn nicht zügeln. „Weshalb schweigst du?" herrschte er die junge Frau an, deren Augen mit dem Ausdruck schmerzlichen Staunens auf ihn gerichtet blieben. „Weil ich auf solche Vorwürfe und Anklagen nichts zu erwidern habe", antwortete sie. „Wer mich für so niedrig hält, dem gegenüber wäre jede Verteidigung zwecklos. Du tust mir bitteres Unrecht an!" „Wirklich? Deinem Vater wagtest du nicht zu widersprechen, ver weigerst aber energisch mir die Erfüllung einer Bitte, obschon — oder vielmehr gerade weil du mich durch diese Widerspenstigkeit in den Tod treiben könntest." Scheu und unschuldig sah sie ihn an. „Du mußt furchtbar aufgeregt sein, um solche Dinge zu äußern. Ich verstehe dich jetzt noch weniger, als bisher!" „Du lügst! Meine letzte Acußerung dürfte dir sehr verständlich sein! Ist es aber notwendig und zwingst du mich dazu — nun gut, dann will ich noch deutlicher werden!" Er war nicht berauscht; aber aus seinen Augen sprach doch etwas wie Sinnlosigkeit, als er sortfuhr: „Du bist Haralds Geliebte gewesen, ehe du Freifrau von Stauffenbach wurdest." Immer noch sah sie mit dem gleichen Ausdruck fragenden Staunens zu ihm auf. „Ich verhehle dir nicht, daß ich ihn liebte." „Und daß du ihn noch liebst! Seinen Empfindungen kann niemand gebieten, nur für seine Taten ist jeder verantwortlich." > „So, daS gibst du also zu?" „Gewiß! — Ist es nicht des Weibes Pflicht, den Gatten vom Selbst morde abzuhalten?" „Wolf!" „Du mußt mir beistehen. d« mußt es! Hättest du jemals Harald mit einer so schroffen, entschiedenen Abweisung geantwortet?" „Nie würde er von mir das gefordert haben, was wider Ehre und Rechtlichkeit ist." Stauffenbach schenkte der nachdrücklichen Betonung dieser Worte keine Beachtung. Wie eine siedende Welle stieg es in ihm auf. „Margarete, die nächste Viertelstunde entscheidet für mich über Tod und Leben! Verweigerst du mir deine Hilfe, so mache ich dem Elend ein rasches Ende. Der Möglichkeit, weiter zu leben, hast du mich dann be raubt, wie jemand, der dem andern die Kehle zudrückt, oder ihn ertrinken läßt, ohne die helfende Hand auszustrecken. Versiebst du? Das hast du getan, wenn du mir deinen Beistand in der von mir geforderten Weise versagst. Siehe, ich nehme dir sogar die Mühe ab, zu schreiben." Er trat an den Schreibtisch und warf einige Worte auf das Papier. „So! Nun bedarf es nichts weiter mehr, als deines Namenszuges. Unter zeichne also!" „Ich kann es nicht." „Du willst nicht! Du sollst es aber dennoch tun und müßte ich die Jeder in diese widerspenstigen Finger drücken!" In seinen Adern klopfte und hämmerte es, als wollte das wild wogende Blut sie zersprengen. „Laß mich los!" stöhnte Margarete. „Sei nicht so wild, Wolf; ich fürchte mich vor dir." „Unterschreibe! Die Zeit drängt! Unterschreibe, sage ich!" Jetzt fühlte auch die iunge Frau den letzten Nest von Fassung und Ruhe schwinden. Quälendes Angstgefühl drohte sie zu ersticken. „Laß mich los! Laß mich los!" jammerte sie. „Sobald du unterzeichnet hast." „Du kannst und darfst mich nicht zu solcher Lüge zwingen! Tust du es dennoch, so widerruft mein Mund, was meine Hand wider Willen getan." Seiner Sinne nicht mehr mächtig, schüttelte Wolf ihren dünnen Arm und drückte das schwache Handgelenk mit roher Kraft. „Schäme dich, deine Frau und deines Sohnss Mutter zu miß- handeln!" rief die Baronin. „Kein Mann von Ehre und adeliger Ge sinnung wird der schutzlosen Schwäche gegenüber das brutale Recht des Stärkeren ausüben! Du scheust nicht davor zurück, es zu tun. So sei es denn! Du gehst bis an die äußerste Grenze, aber jetzt fühle ich zum ersten Male, daß es eine Schranke gibt zwischen uns beiden. Ich bin bei ihr angelangt und sie zu überschreiten wird mich nichts auf dieser Welt bewegen." Feuerrote Flecken zeichneten sich jetzt auf Frau von Stauffcnbachs Schläfen ab. Man hätte glauben können, das stürmende Blut suche sich dort den Weg nach außen zu bahnen. Auch Wolfs Augen waren rot unterlaufen wie die eines Raubtieres und funkelten das junge Weib mit wildem Ausdruck an. Aber etwas, was stärker war als sie selbst und stärker als ihre Angst und ihr Entsetzen, verbot Margareten, seinem Willen nachzngeben. Er verlieh ihr ungeahnte Widerstandsfähigkeit. (Fortsetzung folgt.) * * * kAuf Wunsch wird der Anfang dieses Roman- neu -inzutretende» Abonnenten kostenlos nachgeliesert.) VS» INMN üel llnlMMellen M Ml, unter keinen llmlönNen klMMelten Mireten § t Onsntbvlirliek rur ^oi^Ioilung von fsusrgsfLsti'siotion k^llssigkviivn , 'Ä vl« kenrln, Seorol, Petroleum, Lplrltu», Xetder, Scdvekel- toklenetolk, lerpeotiaül eie. Viel« liuaüert Xulexeo Im ln- uock Xueleacke mit veltverrvvlztea, «ellvele« Illomerorleuzeo kokrvetreo «usxekllbrtkorLbemIecke pedriben, Krloxzeclillkb, Lergverbe, ua<t kerbeokedrNeo, klrdereleo, Ldew. Vilscliereiea, Oummlkedrllteo, Luckärucicereien, Vecke- «uekkedrikeo, Motorboote, Drogerien, Xuromodil - Qeregeo. Msrllnl ttünvks, ttannovor M fsfent:7Nartim-liiinckr w'-- '.X-.'«Al - ' - ' ..M. - niMriMuM «ElamiM 7^7» > SS l snit l"1 Qr^SkLpOLt ' ver-br-ei-lsiLie 2,2 5k"1l<. bei cies- f>v5t ^lepbon III, llSedit« tlnsreledunuxev. kteker«,»«!». unck vlarktkaUövslLvä 227/228 (Litt« ^ärosso genso deaedtsn.) »Iler Lorten tri»ed««t unS dllUxst. o»»"' ÜMiilljM: „LLUSuUollL« Sloweil". LIumerisrrsngementL, IsWekorstione«, kotiüons Ltxvnv kttlLls tv