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eingeladeii worden. Jtt dieser Couferenz sollen die besonderen An gelegenheiten der Kirchschullchrer, zn deren Erörterung in gemischten Conferenzen in der Regel zu wenig Zeit übrig bleibt, ausführlicher zur Besprechung gelangen. Nachdem in diesen Tagen die Probefahrten auf der fertiggestellten Bahnstrecke Nossen-Freiberg (Unternehmen der Leipzig-Dresdner Eisenbahn-Compagnie) stattgefunden haben und wie das „L. T." hört, befriedigend ausgefallen sind, darf der officiellen Eröffnung der genannten Linie in den nächsten Tagen entgegengesehen werden. Chemnitz, 11. Juli 1873. Die Zahl der in hiesiger Stadt an Trichinosis erkrankten Personen beläuft sich bereits auf hundert; die polizeilichen Erörterungen über die Entstehung sind noch im Gange, sollen aber jetzt schon auf ein und dieselbe Stelle Hinweisen, wo vor 14 Tagen Fleischwaaren, insbesondere Brühwürstchen entnommen worden sind. Glücklicher Weise sind die Erkrankungen meistentheils leichte. — Vorigen Dienstag Mittag legt die Ehefrau eines in Erd manusdorf wohnhaften Bahnarbciters ihr einjähriges Kind auf ein Bett in der Schlaskammer zum Schlafen. Als sie Abends in der sechsten Stunde nach dem Kinde sieht, findet sie einen Theil des Bettes über das Gesicht des Kindes gezogen und letzteres erstickt vor. Aus Hohenwussen bei Mügeln theilt man folgenden trau rigen Fall mit: Am 8. Juli befanden sich in einem dortigen Kirschen zelte zwei Knechte des Gutsbesitzers Däweritz. Auf einem Tische lag eine dem Kirschcnpächter gehörige Flinte, welche geladen war. Der eine der Knechte ergriff dieselbe und legte im Scherz auf seinen, Kameraden an. „Ich werde Dich gleich todtschießen!" rief er lachend, aber in demselben Augenblicke lag der andere unglückliche Knecht blutend am Boden. Trotz sofortiger ärztlicher Hülfe starb er noch im Laufe der Nacht. Der unfreiwillige Mörder wurde von der heftigsten Reue ergriffen und »nachte auf dem Spreuboden des Herrn Däweritz durch Erhängen seinem Leben ein Ende. In einem Dorfe bei Bingen erschlug der Blitz die Kuh einer alten Wittwe, deren einziger Reichthum das Thier war. Am andern Morgen fand die trostlose Frau eine prächtige Milchkuh in ihrem Stalle. Nach und nach erst kam man auf den stillen Wohlthäter; es war ein jüdischer Geschäftsmann, der das Thier heimlich in den Stall praktizirt rind der Arinen ein Geschenk gemacht hatte. Der Jude hat's gethan sagt man nun dort, während es bei minder löb lichen Dingen heißt: Die Juden haben's gethan. Elsaß. Am 9. Juli Nachmittags hat im Kreise Altkirch ein wolkenbrnchähnlicher Regen sieben Ortschaften der Cantone Hirsingen und Pfirt mit einer Ueberschwemmung heimgesucht. Menschenleben sind dabei nicht zu beklagen, jedoch hat ein erheblicher Verlust air Feldproducten stattgefunden. Der französische Finauzminister Magne, dem man doch ein Urtheil über den Stand der französischen Finanzen Zutrauen darf, hat beantragt, das Budget für die Marine um 1 Million, für das Ministerium des Innern um 12 Millionen, und für die übrigen Ministerien zusammen um 7 Millionen herab zu setzeu. Eine Re duktion des Kriegsbudgets um 20 Millionen ist bereits angenommen. Daraus dürste hervorgehcn, daß ernstliche Bedenken vorliegen müssen, die Steuerschraube noch weiter in die Höhe zu treiben. In Wien können nicht viel Bänke mehr übrig sein, welche noch nicht aus dein Lein» gegangen und zusammengekracht sind. Liquida tion, Auflösung und Concurs stehen auf der Tagesordnung noch immer obenan. Die Werthverminderungen, welche sich für die au der Wiener Börse notirten Papiere von» 1. April bis 16. Juni voll zogen haben, berechnet man auf 569 Millionen Gulden, aber auf ungefähr 700 Mill., wenn die nicht im Courszettel verzeichneten Papiere mit dazu genommen werden. Nach einer Mittheilung im Social-Demokrat wird die Loo- sung der Demokraten künftig nicht sein: „Nieder mit dem Capital", sondern: „Her mit dem Capital!" (Hoffentlich durch Arbeit?) Von der italienisch eit Grenze wird der „N. Fr. Pr." berich tet: Die Aufregung, in welche das Erdbeben vom 29. Juni die Be völkerung versetzt hatte, findet, weit entfernt, sich zu legen, immer neue Anregung in den beinahe täglich sich wiederholenden Stößen, di» sich besonders in Belluno und Umgebung fühlbar machten. Am 6. d. M. verbreitete dort um 5 Uhr früh ein heftiger Stoß Schrecken und Bestürzung. Die Kuppel und eine Scheidemaucr der Domkirche, die zwar unter den vorhergehenden Stöße gelitten und klaffende Sprünge erhalten hatten, stürzten unter »nächtigem Getöse vollends zusammen uud fielen mit solcher Wucht auf die gewölbte Sacristei, daß auch diese zusammenbrach und sümmtliche daselbst verwahrte Kirchcngeräthe und Domschütze unter ihre»» Trümmer»» begrub. Daß die letzteren überhaupt sich noch ai» Ort und Stelle befände»» und nicht schon früher in Sicherheit gebracht wurden, hat darin seinen Grund, daß Niemand das schwankende Gebäude zu betreten wagte. Die nun vollkommen zerstörte Kirche war eines der schönsten mittel alterlichen Baudenkmale und ist deren Ruin deshalb doppelt zu be dauern. Das so heftig auftrctende Naturereigniß und die durch die fortwährend nachfolgenden Erschütterungen hervorgerufene Furcht habe»» einen solchen Eindruck auf die Bevölkerung gemacht, daß bis jetzt 5 Einwohner voi» Belluno als irrsinnig in das Krankenhaus überführt werden mußten. Niemand wagt es, in seinem Hause zu übernachten oder auch nur längere Zeit sich in einen» solche»» aufzu halten. Auch wurde ain letzte»» Sonntag die Messe auf dem Markt platze unter freien» Himmel gelesen. In Pous-d'Alpago, das noch' höher als Belluno im Gebirge liegt, sind die Erschütterungen noch häufiger als in» letzteren Orte. So wurden am ö. d. M. dort nicht weniger als 12 Erschütterungen verzeichnet. Die Stöße sind immer wellenförmig und gehen von Nordost nach Südwest. Vor dein Landgerichte zu St. Ingbert spielte letzte Woche der letzte Act eines Muttergottesschwindels, der vor» 2 Gaunern in Ens heim und Umgegend als einträgliches Geschäft betrieben wordei» war. Ein gewisser Reinbold aus St. Pilt im Elsaß, ein schon wegen Diebstahl bestrafter Landstreicher, hatte darin die Hauptrolle, die zweite ein Dosenmacher Abel aus Ensheim. Letzterer hatte gelesen, daß be sagter Reinbold, durch die bei Kruth im Elsaß erschienene Muttergottes von Epilepsie und Lähmung, woran er angeblich sechs Jahre gelitten, geheilt worden sei. Er dachte, damit ließe sich ein Geschäft machen, ließ sich's da! Geld kosten und reiste nach St. Pilt. Es fiel ihn» nicht schwer, daß er mit ihm nach Ensheim ging und dort, nachdem er durch auffällig zur Schau getragene Frömmigkeit und religiöse Uebungeu eine Anzahl Leute kirre gemacht hatte, mit wohlvorberei- teteu Visionen und Verzuckungen sich producirte. Ain 18. Juni führte er zum ersten Male vor einem größeren Publikum eine derartige Pro duction ii» der Wohnung Abels auf; er fiel in Ohnmacht, was eine Stunde währte, beim Erwache»» erzählte er, daß er während der Zeit die Jungfrau Maria gesehen habe, und daß sie ihm ain 21. wieder erscheinen werde. Zur Beglaubigung wies er Christi Wundmale blutend an seinem Körper auf. Am 21. fanden sich natürlich noch eine größere Menge Leute ein, die das Haus gar nicht alle fassen konnte; es kamen dieselben Verzuckungen und es flossen wieder reich liche Spenden von Solchen, die für irgend welche Schäden sich die Hülfe der heiligen Jungfrau erkaufe»» wollten. Jndeß Polizei und Staatsanwaltschaft waren minder gläubig; sie griffen mit rauher Hand ii» das Treibe»» der beiden Schwindler, die ain 30. Juni, Reinbold zu sechs, Abel zu drei Woche» Haft verurtheilt wurden, während welcher Zeit sie wahrscheinlich nicht von solchen Erscheinungen werden heimgesucht werde». (Sy Um jeden Preis. üsuclle von Hermann Hatndorf. (Fortsetzllttg.) Wohl hatte Merton nicht unterlassen, den dämonische»» Drang Argetttino's so viel wie möglich zu entschuldige»» und ih» als einen Unglücklichen dargestellt, der am Meiste»» unter der geerbten, ver zehrenden Leidenschaft für Gold und Juwelen litt; aber Madelon's reine kindliche Seele vermochte das alles nicht zu fassen und immer wieder hallte es wie ein entsetzlicher Wehschrei durch ihr Inneres. — Dieser Mann, der so viel Menschenleben in blinder Wuth hin geopfert, war Dein Vater. — Sie empfand eine»» Abscheu vor sich selbst und hätte vergehen mögen. In diesen» Augenblicke hatte sie keinen andere»» Wunsch, als auf der Stelle zu sterben, »in» das furchtbare Bewußtsein los zu werden, das sie zu Bode» drückte. A» der Erde, dort, wo sie zerschmettert hingesunken, war ihr Platz . . . Auf Clemence konnten natürlich die Bekenntnisse Mertons nicht einen solch' vernichtenden Eindruck machen. Ihre Theilnahme richtete sich mehr auf den Erzähler selbst und mit keinem geringen Interesse betrachtete sie den jungen Menschen, dessen Liebe so grenzenlos ge wesen, daß er dafür Gewissen und Pflicht geopfert. Eine solch' mäch tige Leidenschaft wußte sie zu schätzen. Sie verschwieg, wieviel sie bereits durch die Mittheilung Henri's von der Sache wußte und sagte Merton gern die Erfüllung seiner drmgendcn Bitte zu, Made- lon ii» ihre»» ferneren Schutz zu nehmen und rieth ihn» zugleich, jetzt durch eine offene Aussage vor Gericht seiner Sache eine günstigere Wendung zu geben. Die den Besuchern bewilligte Frist war längst abgelaufen; ein Gefängttißwärler trat ein und erinnerte die Gräfin demüthigst daran, daß er wieder schließen müsse. August beugte sich zu Madelon herab, um ihr ein letztes Lebe wohl zuzuflüstern; wie geistesabwesend richtete sie sich iu die Höhe. Er zog sie noch einmal zärtlich an seine Brust, sie schic» nichts mehr zu empfinden nnd mechanisch folgte sie Clemence, die den» ver zweifelnden jungen Manne beim Scheiden tröstend versicherte, daß sie all' ihre»» Einfluß geltend machen wolle, um seine Befreiung zu be wirken. Er schüttelte nur resignirt das Haupt. Clemence hielt ihr gegebenes Wort. In» Palais ihrer Mutter konnte sie ohnehin schalten und walten, wie ne wollte und die alte Gräfin hatte nichts dagegen, daß sie die hülflose Tochter Argentinos bei sich aufnahm, noch dazu die Nichte der alten Madelon. Hätte sie freilich Alles gewußt, so würde sie sich vor dem jungen Mädchen völlig entsetzt haben. Madelon ließ Alles mit sich geschehen, all' ihr Muth, den sie noch kurz vorher gezeigt, war dahin. Während sic früher eine kind liche Harmlosigkeit vcrrathen, saß sie jetzt düster und schweigsam da; eine unheilbare Schwermuth schien sich ihrer bemächtigt zu haben. Nur die Zeit vermochte hier ihre lindernde Gewalt zu üben, gegen jedes freundliche Trosteswort war sie unzugänglich. Clemence war viel zu klug und wellersahren, um dies weiter zu versuchen; sie überließ Madelon vorläufig ihrem Schmerz, ihre Auf merksamkeit war ohnehin nach einer ganz anderen Seite gerichtet. Sie mußte um jede»» Preis Henri dazu bewegen, daß er durch ein offenes Bekenutniß der Wahrheit die Befreiung des jungen Mensche» bewirkte. Mit Ungeduld erwartete sie seine»» Besuch; aber der Graf ließ