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ß«llung»palast herum wegen Terrainanlage im Wasser standen, da» WeltausstellungSgebäude selbst mit allen Anbauten nahm keinerlei er« beblichen Schaden, dagegen litten die Hofeinbauten, namentlich der «yoner Seidenhof. Ueber den Schaden der deutschen Abtheilungen verlautet nicht». In Frankreich scheint unter dem Versailler Kuttenregiment der seinerzeit von dem geisteskranken Deputirten Jean Brunet gestellte Antrag seiner Erfüllung enlgegenzureifen, daß das Land sich unter den Schutz Jesu Christi stelle und ihm die Ehrenpräsidentschast über die Republik verleihe. Der von den Klerikalen jetzt in großartigster Weise betriebene Wallfahrtsschwindel soll zu einem Petitionssturme an die Nationalversammlung benutzt werden, daß dieselbe einen Ge setzentwurf folgenden Inhalts beschließe: „Die Nationalversammlung, Trägerin der Souveränität deS Volkes, beschließt, daß Frankreich offiziell dem heiligen Herzen Jesu geweiht sein und daß eine zu Paris zu bauende Kirche dar Andenken an diesen Akt verewigen soll." Man sieht, daß dies nur eine Wiederholung des Antrags von Brünet in abgeänderter Form ist, deren Sinn einfach darin besteht, daß Frank reich hinfüro offiziel der Herrschaft der Jesuiten geweiht sein soll. Die Sache hat also ihre ganz practische und für die Majorität der Versammlung unstreitig höchst sympathische Seite, zumal auf der letz- leu großen Wallfahrt nach Paray-le-Monial der Jesuitenpater Ver beck in einer feurigen Rede ankündigte, daß Frankreich „die Welt dem Papste wieder unterthänig machen werde." ES liegt keineswegs außerhalb der Möglichkeit, daß das Versailler „OrdnungS- regiment" eines Tages sich vom heiligen Herzen Jesu zu diesem wahn sinnigen Versuche begeistern läßt, wenn nicht Frankreich durch einen Umschwung vor dieser letzten und schwersten Prüfung bewahrt wird. Urtheilt doch selbst die Bismarck'sche Norddeutsche Allgemeine Zeitung in ihrer neuesten Nummer über das unter offiziellem Schutze stehende Treiben det klerikalen Fanatismus in Frankreich in folgender Weise: „Die Demonstrationen mit elsässiischen und polnischen Trauerfahnen bei den letzten Wallfahrten, bei Gelegenheiten, denen franz. Generale und höhere Beamte in offizieller Eigenschaft beiwohnten, können vnßerhalb der Grenzen Frankreichs schwerlich als gleichgiltige Dinge behandelt werden. Fast scheint es, als ob das Land von dem radi kalen Extrem in das noch schlimmere klerikale verfallen soll. Ob Hr. Gambetta den „Umsturz der Throne" predigt, oder „UniverS", das Organ der Majorität der Nationalversammlung, die „Ordnung" mit dem „SyllabuS" identifizirt, ist für die Ruhe und den Frieden Europa'- mindestens gleich bedenklich. In der Sitzung der Nationalversammlung am 30. Juni ver sicherten die klerikalen Deputirten auf ihr Ehrenwort, daß bei den Wallfahrten keine politischen Demonstrationen gemacht würden! Je denfalls fehlt es nicht an antideutschen Kundgebungen, zu denen man die Unterthanen deS deutschen Reiches sogar schon heranzuziehen sucht, während noch deutsche Truppen auf französischem Gebiete stehen. Schöne Aussichten für die Zukunft. Rom, 30. Juni. Gestern ist Oberitalien von einem Erdbeben heimgesucht worden, welches namentlich jenseits des Flusses Piave (nord-östlich von Venedig) sehr heftig austrat. In Verona wurden zwei Erderschütterungen wahrgenommen, von denen die zweite, welche 22 Secunden dauerte, besonders heftig war und einige Häuser be schädigte. In Fletto bei Conegliano stürzte die Kirche ein und be grub 38 Personen. In vier Ortschaften bei Jittorio sind 14 Perso nen umgekommen; viele wurden verwundet. Jn Belluno ist der Dom beschädigt worden. Aus Persien schreibt der „Israelit": Bekanntlich hat die Hungers- noth in Persien aufgehört, doch ist noch eine große Theuerung. Man ckann keine Früchte zu kaufen bekommen, mehrere Großhändler kaufen alles noch vorräthige Getreide an sich und halten eS so lange zurück, bis man ihnen das zehnfache der Preises giebt. Auch rin Gouver neur in Persien kauft Alles, was nur aufzutreiben ist, zusammen, wodurch er sich zu bereichern gedenkt. Am meisten kaufen aber die Geistlichen (soll wohl heißen: muhamedanischcn Priester) auf; daher steht rS zu befürchten, daß dieses Jahr die HungerSnoth noch schreck licher sein wird; im vorigen Jahre blieb Manchem noch etwas Ge treide; diese» Jahr aber ist Alles ausgeleert und in die Hände ein zelner Großhändler gekommen; viele Bauern, die im vorigen Jahre Schulden gemacht haben, um ihr Leben zu fristen, muffen jetzt all ihr Getreide verkaufen, um ihre Schulden tilgen zu können. — In einem Kreise Persien» hat man, wie rin anderes jüdisches Blatt, der „Ha- mag.", meldet, Maßregeln ergriffen, um diesen Wucherhandel zu unter drücken. Der Gouverneur von Hamadqn, einer der edelsten Männer Persiens, sah ein, daß, wenn diese Theuerung fortdauere, trotzdem daß Alle» wohlgerathen sei, die HungerSnoth in diesem Jahre noch ärger werden müsse. Er schickte zu dem Oberhaupte der persischen Geistlichkeit und den höheren Geistlichen und legte ihnen die Frage vor: „Welche Strafe kommt demjenigen zu, der sich viel Getreide zu- sammenhäuft zu einer Zeit, wo seine Brüder Hungers sterben?" „Der Tod" antwortete der höchste Geistlich«. Das Urtheil wurde auch so gefällt und viele Geistliche wurden hingerichtet. Sofort sind die Getreidepreise bedeutend hrrabgesunken und damit ist der drohen den HungerSnoth vorgebeugt. Nachrichten aus Jeddo zufolge, ist daselbst der kaiserliche Pa last, der einen Umfang von fünf englischen Meilm hat, total nieder- gehraunt. Um jeden Preis. <i»t«t »i» Yee««»» H«ii»irf. (Fortsetzung.) Nun war also da- furchtbare Geheimniß enthüllt, der Elende entdeckt, der aus schnöder Raublust so viel Menschen hing^opfen; denn daß der Gefangene auch all' die übrigen Mordlharen begangen, konnte Niemandem zweifelhaft sein. In welchem Versteck hatte er seine geraubten Schätze unter- gebracht und wer waren feine Mitschuldigen? Das aus den, ver stockten, Verbrecher herauszupreffen, war noch die einzige Ausgabe und da dursten die härtesten Zwangsmaßregeln nicht gespart wer den. — August Merton blieb standhaft; er legte kein Geständnis ab, obwohl kein Mittel unversucht blieb, ihn mürbe und miüheiljam zu machen. Ein Gedanke lastete nur beständig auf seiner Seele: „Madelon." — Es war das letzte Wort Argentinos gewesen und auch dieser Au-ruf de- Sterbenden wurde zu seinem NaLtheil auS- gelegt. Wahrscheinlich war Merton wegen Madelon mit dem Alren in Streit gerathen, hatte noch einmal auf «ine baldige Hochzeit ge drungen und Argentino ihm die Erfüllung dieses Wunsches ver weigert. — Nun hatte es der Elende für das Beste gehalten, leinen Schwiegervater au- dem Wege zu räumen. — Wie würde Madelon den furchtbaren Schicksalsschlag aufnehmen und ertragen?! Sie, die gewöhnt war, einen lachenden Himmel über sich zu sehen und in kindlicher Harmlosigkeit keine Ahnung davon hatte, welche Schrecken, welche furchtbare Prüfungen hinlec der kleinen Welt lauerten, die sie bisher eingrschloffen . . . August fühlte sich namenlos unglücklich, wenn er an daS alles dachte. — Und würde Madelon nicht irre an ihm werden, jetzt, wo alle Welt ihn der unerhörtesten Schandlhaten berüchtigte und keine Stimme sich zu seiner Venheidigung erhob? Der bö,e Stern, an den Argentino geglaubt, warf jetzt auch seine düstern Strahlen über sein eigenes Dasein. — Wohl war Madelon fast zusammengebrochen, als man den Leich nam ihres Vaters in da- Haus brachte. Ihr theurcr Vater lob:! — ermordet! Es kam zu plötzlich, um ihr kindliches Gcmüth nicht in seinen Grundfesten zu erschüttern; aber als man ihr angekundlgt, daß August Merton der Mörder und bereit» verhaftet sei, da versiegten ihre Thränen. Nun durfte sie sich nicht länger verzweifeltem Schmerz überlassen, eS gab eine andere Änfgabe für sie, — den Geliebten zu retten; er war unschuldig, das sagte ihr nicht allein ihr Herz, daran mußte sie glauben wie an das Heiligste; denn eS war ja unmöglich, daß er ein gemeiner Mörder sein und noch dazu bas L^ben feines Schwiegervater» vernichten kounle. Nun erfuhr sie zum Ueberflnß, man behauptete, in August Mer ton den nächtlichen Raubmörder entdeckt zu haben, der so lange die Hauptstadt in Angst und Schrecken versetzt. — Ihr Geliebter jenes Ungeheuer, das so viel Blut getrunken!! — Und wenn alle Welt gegen ihn aufstand und ihn dieser schweren Schuld anklagte — eS war doch nur schändliche Verleumdung und sie empfand einen tiefen Schmerz, daß man e» nur wagen konnte, ihn solcher Verbrechen für fähig zu halten. Ihn, der stets harmlos feines Weges gegangen war und auf dessen offenen Antlitz doch Jeder deutlich lesen konnte, daß er ein herzensguter Mensch fei, der Niemandem etwas zu Leide fügte. August war völlig unschuldig, eine unselige Verstrickung von Zu fällen hatte nur einen schlimmen Schein auf ihn geworfen!—Dieser Gedanke allein hielt Madelon ausrecht; aber was sollte sie zu seiner Rettung thun? — Sie kannte Niemand in dem weiten, großen Paris. — Da erinnerte sie sich daran, daß ihre Tante ihr gesagt, wenn sie einmal die Hülfe einer vornehmen Frau brauche, dann soll sie sich an die Gräfin Riviere wenden und ihr sagen, die Amme von Clemence schicke sie zu ihr und dann werde ihr die Gräfin mit Freuden beistehen, denn sie habe gewiß die alte Madelon noch nicht vergessen. — Wenn sie die vornehme Dame aufsuchte und ihr die Bitte vor trug, sich für August zu verwenden? — Aber wo wohnte die Gräfin. — Sie brauchte nicht viel bei ihren Nachbarn herum zu fragen und fie erfuhr, was sie wünschte. Nnn machte sie sich rasch entschlossen auf den Weg. DaS junge Mädchen war wie verwandelt. Während es sonst scheu und schüchtern sich kaum wenige Schritte aus dem Hause wagte, «Ute rS jetzt hastig seinem Ziele zu. Den Geliebten zu retten, dieser Bedanke allein beseelte ihre Brust und gab ihr plötzlich eine Ent schlossenheit und Thatkrast, die sie selbst noch nicht gekannt hatte. Jetzt stand sie vor dem prächtigen Palais, das ihr al» da» der Gräfin Riviere bezeichnet wurde. Einen Augenblick zögerte sie doch, ehe sie die Klingel zog. Fast entsank ihr der Muth und sie war schon versucht «mzukehren, da sah sie daS blaffe Antlitz de» Geliebten vor sich, seine Augen schienen ihr zuzuwinken. „Er bedarf meiner Hülfe," flüsterte sie vor sich hin und nun zögerte sie uicht länger. Im Palais wurde ihr die Auskunft, daß die alte Gräfin un wohl und nicht zu sprechen sei, wenn fie aber irgend ein Anliegen habe, könne sie eS ebenso gut bei Eomteffe Clemence vorbringen. „Dann melden Sie mich der Lomteffe," antwortete sie nach einige« Nachsinnen, „und sagen Sie, ich brächte einen Gruß von ihrer alten Amme Madelon."